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38. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 177 K04

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Wie unterscheiden sich unmarked state und unmarked space? Das veranschaulicht die Recht/Unrecht-Differenz: Recht und Unrecht werden voneinander unterschieden. Beide Seiten der Unterscheidung werden jeweils als Zustand markiert (marked state). Diese Unterscheidung wird dann aber nicht als Einheit des Unterschiedenen in die Umwelt eingeführt, sondern als Unterscheidung. Die Umwelt ist begrifflich gar nicht Teil der Unterscheidung, sie ist das ausgeschlossene Dritte. Weder ihre räumliche Existenz noch ihr Zustand werden mit dem Code mitbezeichnet. Sie existiert natürlich trotzdem, aber eben nur als unmarked space. Sie ist der nicht bezeichnete Raum, in den hinein die Unterscheidung als Unterscheidung gezogen wird, ohne den Raum „mitzuerwähnen“. Stattdessen operiert das System auf beiden Seiten des Codes und führt die Unterscheidung als Unterscheidung auf beiden Seiten des Codes wieder in das Unterschiedene ein (re-entry). Die Unterscheidung verhindert, dass eine Seite unmittelbar als die „richtige“ praktiziert werden könnte. Sie zwingt zur normativen Prüfung beider Seiten. Anders operiert das System bei der Selbstunterscheidung, der System/Umwelt-Differenz. Auch hier werden zunächst sowohl das System als auch die Umwelt jeweils als Zustand markiert (marked state). Bei allen folgenden Operationen des Rechtssystems spielt die Umwelt jedoch keine Rolle. Das System operiert nur auf „seiner“ Seite des Codes, der Systemseite. Die Differenz existiert nur, um sich selbst abzugrenzen. Was nun jeweils Recht und was Unrecht ist, wird vom System selbst nach internen Normen konstruiert und systemspezifisch bezeichnet (Rechtsprechung, Jurisdiktion, diction, lat.: Ausdrucksweise, Wortwahl). Aus der zweiwertigen Codierung des Systems folgt auch, dass das System nicht teleologisch operiert. Ein System hat kein Ziel, nach dessen Erreichen es seine Operationen einstellen würde. Im Gegenteil. Ziele setzt sich das System selbst im System, jedoch nur als Episoden, um die weitere Autopoiesis (Selbstreproduktion) zu stabilisieren. Das System ist auf Unendlichkeit um der Unendlichkeit wegen angelegt; zu diesem Zweck setzt es sich selbst endliche Ziele, die als Basis für weitere Operationen dienen und diese stabilisieren. Jede Operation verändert den Systemzustand immer gleichzeitig auf beiden Seiten des Codes. Dies eröffnet die Möglichkeit, anschließende Operationen ebenfalls auf beiden Seiten erneut auf Recht- oder Unrechtmäßigkeit zu überprüfen. Z.B.: Ist es rechtmäßig, dass ein rechtmäßig Verurteilter so und so behandelt wird? Die Rechtmäßigkeit der Unterscheidung, also die Rechtmäßigkeit des Codes, wird so bei jeder einzelnen Operation immer neu bestätigt. Anders gesagt, die Code-Anwendung garantiert eine permanente Selbstbestätigung. Die Zweiwertigkeit des Codes ist zugleich eine Bedingung der Autopoises. Nur auf Basis eines zweiwertigen Codes ist das System auf operativer Ebene schnell entscheidungsfähig und kann Urteile fällen, mit denen es sich als System selbst bestätigt. Ein dreiwertiger Code wäre nicht praktikabel, da er eine nicht mehr operationable Komplexität und Verlangsamung erzeugen würde. Ein Beispiel dafür ist die Unterscheidung Recht/Unrecht/Gemeinnutz im Mittelalter. Die „mehrwertige“ Logik wurde als „Derogation“ (teilweise Aufhebung, Außerkraftsetzung) des Rechts erkannt. Genauso verhielt es sich noch im 18. Jh. mit der „Staatsräson“. Unrecht ist demnach nicht zu ahnden, wenn dies die öffentliche Ordnung oder den Frieden gefährde. Kurz, ein dreiwertiger Code setzt die Funktionsfähigkeit des Systems außer Kraft. Beide Versuche wurden aufgegeben, allerdings ohne tiefere Einsicht, warum „Ausnahmen“ von der Recht/Unrecht-Unterscheidung nicht funktionieren können. Versuche, den binären Code um weitere Werte zu ergänzen, laufen bis heute unter Begriffen wie Sonderrechte, Ausnahmerechte und Dispensen (lat.: Erlassen einer Pflicht) vom Typ ius eminens („herausragendes Recht“).
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