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39. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 182 K04

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Die Rationalitätskonstrukte der funktional ausdifferenzierten Systeme funktionieren deshalb so gut, weil sie die zweiwertige Logik verwenden. Zweiwertige Systemcodes wie Recht/Unrecht entfalten permanent ihre eigene Paradoxie: Zwei gegensätzliche Werte, die einander strikt ausschließen, repräsentieren die Einheit des Systems. Sie sind gleichzeitig relevant, können jedoch nie gleichzeitig benutzt werden. Sie können ihre Unterscheidung in sich selbst einführen (re-entry) und sich damit selbst begründen: Es kann rechtmäßig begründet werden, warum etwas Recht oder Unrecht ist. Ebenso kann die Unterscheidung zwischen Zahlung/Nichtzahlung in der Wirtschaft mit Zahlen belegt werden. Die Wissenschaft kann nicht gleichzeitig etwas für wahr und für unwahr erklären, die Medizin nicht gleichzeitig heilen/nicht heilen. Der Medizin-Code verdeckt, dass gar nicht jeder Kranke geheilt werden kann: Darum gibt es unheilbare Krankheiten, lebensverlängernde Maßnahmen, „Leben mit der Krankheit“ usw. Der zweite Werte ist stets ein Negativwert. Er zwingt dazu, seine Anwendung mitzuprüfen: die Möglichkeit von Unrecht, von Unwahrheit, Nichtzahlung, ausbleibender Heilung. Die Letztentscheidung erscheint dadurch als kontingente Entscheidung: Sie hätte auch anders ausfallen können. Man kann mit systeminternen Codes und Normen begründen, ob etwas rechtens, bezahlt, wahr oder heilsam ist – oder nicht. Die Anwendung zweiwertiger Codes setzt voraus, dass ein System die Fähigkeit zur Beobachtung zweiter Ordnung hat, sich also selbst beobachten kann. Beobachtung erster Ordnung, unreflektierte Äußerungen, sind zwar trotzdem möglich. Sie können jedoch keine Entscheidung herbeiführen. Das fehlende Prüfen beider Seiten des Codes würde als unzureichend erkannt werden. Erst die Anwendung beider Seiten des Codes durch ein Kreuzen der Grenze dieser Form führt außerdem zur Schließung von Funktionssystemen gegenüber der Umwelt (wie das 2. Kapitel schon gezeigt hatte). Das Crossing der Grenze bedeutet eine „Technisierung“ des Codes. Ein Wert bezieht sich auf den anderen. Die Anwendung hängt nicht von Umweltbedingungen ab, sondern nur von einfachen systeminternen Fragen: In welchem Gesetz steht das? Welche Forschung bestätigt das? Wo ist der Zahlungsbeleg? Wer hat das Medikament zugelassen? Die „humane“ Seite der Technisierung besteht darin, dass der negative Wert auf eben technische Weise an den positiven gekoppelt ist. Unrecht, Unwahrheit, Nichtzahlung oder Nichtheilung werden zwangsläufig mitdargestellt, ohne dass man darauf besonders hinweisen müsste. Es ist nicht nötig, Motive darzulegen, weswegen man einen Beweis für das eine oder das andere sucht. Es braucht dafür kein „Subjekt“, keinen „Verstand“ und keine „Vernunft“. Die Rationalität des Systems erledigt die Entscheidung. Technisierung kann als Bedingung für rationales Entscheiden gesehen werden. Dabei begrenzt die Code-Form, was jeweils als rational zu gelten hat. Juridische Rationalität (moralisch-sittliche Herleitung des Rechtes) ist nicht das gleiche wie gesamtgesellschaftliche Rationalität, sondern eben nur – Systemrationalität. Ob das Individuum sie anerkennen und befolgen wird, ist offen. Was in einem System „vernünftig“ ist, kann der Gesellschaft als unvernünftig erscheinen. Technisierung bedeutet Selbstkontrolle von Systemen. Fehler beim Entscheidungsvorgang werden als Anomalie behandelt. Dann wird auf Basis des Codes ein Weg entwickelt, der die Prüfung beider Seiten des Codes wieder sicherstellt, damit der Fehler sich nicht wiederholen kann.
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