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20. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 087, K. 02

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Wie gelangt Expertenwissen aus der Umwelt ins System? Wie kann das System dabei autonom bleiben? Im Recht spielt die Unterscheidung der Leitdifferenz (Recht/Unrecht) eine größere Rolle als in jedem anderen System. Um konsistent zu entscheiden, wird zwischen internen Normen und externen Fakten unterschieden. Erkennbar ist dies am Wechsel zwischen Selbst- und Fremdreferenz: Bei Selbstreferenz bezieht sich die Kommunikation auf rechtsinterne Normen. Bei Fremdreferenz bezieht sie sich auf Ereignisse in der Umwelt, die mittels Kognition ermittelt werden. Auch hierbei handelt es sich um eine interne Operation. Diese Zwei-Seiten-Form ist auf beiden Seiten anschlussfähig: Die Normenstruktur wird komplexer, aber auch Verweise auf rechtsexterne Kriterien gewinnen an Bedeutung. Externe Kriterien können in der Umwelt vorhandene Normen („Gewohnheitsrecht”) oder Wissenskomplexe (Stand der Forschung) sein. Expertenwissen bekommt zunehmend mehr Bedeutung. Doch selbst wenn das Recht externe Normen bestätigt oder Begriffe übernimmt, handelt es sich um eine interne Entscheidung, dies zu tun. Anführungszeichen markieren typisch eine Distanz gegenüber Begrifflichkeiten. Warum Rechtsprechung keiner moralischen Begründung bedarf, wurde bereits erläutert. (Moral ist pluralistisch, eine Frage der Perspektive. Stattdessen geht es um konsistentes Entscheiden auf Basis rechtlicher Normen.) Doch selbst wenn ein Richter auf externe Moralvorstellungen zu sprechen käme, wäre dies eine rechtlich begründete Operation. Das System kann sich also einer externen Ressource wie Moral bedienen, indem es sie nach internen Normen behandelt. Die paradoxe Frage, wie etwas Externes intern sein kann, löst sich mit der Figur des re-entry („Kreuzen der Grenze der Form”, „Crossing”) auf. Externe Informationen kreuzen die Grenze zwischen Umwelt und System, indem das System selbst diese Operation vornimmt. Auch die Gesetzgebung findet extern statt, im politischen System. Aus Perspektive des Rechtssystems handelt es sich um externe Anlässe für rechtliche Normierungen. Politische Motive oder ökonomische Interessen können dort hereinspielen. Das Recht jedoch, das sich auf bestehende Gesetze bezieht, operiert davon unberührt und autonom. Es berücksichtigt nur rechtlich verwertbare Informationen auf der Basis interner Normen. Bei der Verfassungsauslegung der USA wurde z.B. nie versucht, die ursprünglichen Absichten durch Forschung zu ermitteln. Die Frage, was ein Gesetzgeber ursprünglich bezweckt haben könnte, ist ein politischer Interpretationsversuch. Fremdreferenz ist somit kein Hinweis auf eine „Verwischung” von Grenzen. Sie ist basaler Bestandteil der Selbstreproduktion. Systeme interpenetrieren sich zwar gegenseitig, die durch Kognition ermittelten Informationen verarbeiten sie jedoch nach internen Normen. Es handelt sich um einen normalen Vorgang von Unsicherheitsabsorption: In eine unbekannte, nicht fassbare Welt wird eine kleine, bekannte hineinkopiert. In diesem Modell können Probleme überschaut und gelöst werden (z.B. in der Politik mit Parteiprogrammen). Dies erzeugt Bindung an eigene Normen. So wird auch wissenschaftliches Expertenwissen als „Tatsachenwissen” in eine Form gebracht, die der Entscheidungsfindung dient. Ein Teil der Wissenschaftlichkeit kann dabei verlorengehen. Auch Irrtümer kann das Recht nicht ausschließen. Es bleibt jedoch eine rechtliche Entscheidung, ob darauf reagiert werden muss. Unsicherheitsabsorption erweist sich somit als basaler Bestandteil der Autopoiesis. Sie ermöglicht dem System, Expertenwissen aus der Umwelt ins System zu holen und gleichzeitig seine Autonomie zu wahren. Ausführlicher gehen wir auf „Unsicherheitsabsorption” auf unserer Homepage ein: https://www.luhmaniac.de/
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