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Wütend, aber wiederholend: Tara-Louise Wittwers „Nemesis’ Töchter" bleibt an der Oberfläche

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„Was Tara sagt“ – 700.000 Follower auf Instagram

Tara-Louise Wittwer erklärt und bespricht feministische Perspektiven auf ihrem Instagram-Account „Was Tara sagt“, sie kontert auf TikTok sexistischen Männern, die Dating-Tipps geben und postet humorvolle Clips, in denen sie einen Arzt spielt, der nicht weiß, was Endometriose bedeutet. Sie versteht ihre Inhalte als Einstieg in das Thema Feminismus und will andere Frauen darin bestärken, strukturelle Ungleichheiten zu erkennen. Tara-Louise Wittwer beschreibt in ihrem Buch „Nemesis‘ Töchter“ nun auch ihren eigenen Weg, der sie von einer einverstandenen Mitläuferin des Patriarchats zu einer, wie sie sagt, wachen und wütenden Frau gemacht habe. Deshalb der Titel Nemesis – die ursprünglich antike Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit wurde im Laufe der Zeit zu einer Rachegöttin umgedeutet und damit zum abschreckenden Frauenbeispiel.
Nemesis ist das passiert, was vielen Frauen früher oder später im Leben passiert: Ihr Handeln wurde fehlinterpretiert, sie wurde missverstanden, Opfer falscher Narrative, die sich verselbstständigt haben. Und so wurde aus ihr, deren Name wortwörtlich eigentlich "Zuteilung des Gebührenden" bedeutet, eine rachsüchtige und unkontrollierbare Göttin, die alles niedermäht, was ihr in den Weg kommt. Dieses Narrativ ist so faul, wie es alt ist. Es geht schneller, es ist eine Abkürzung, um vor allem weibliche Wut in irgendeiner Weise abzustrafen

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Eine weibliche Wut, die tief sitzt

Nun soll die Wut aber wiederkehren und damit auch Gerechtigkeit für die Frauen – Gründe dafür gibt es genug und Wittwer zählt sie auf: Opfer von Gewalt zu sein, belächelt zu werden, den Mental Load als Ehefrau und Mutter zu tragen, Körper- und Schönheitsidealen unterworfen zu sein, doppelt so viel leisten zu müssen, um Karriere zu machen wie ein Mann – die Liste ist endlos:
Das alles ist female rage, das alles führt zu female rage. Zu einer Wut, die so tief in uns sitzt, dass sie seit Generationen vergraben ist. Es ist ein grundlegendes Gefühl von Einsamkeit, von sich-missverstanden-fühlen, von "Ich weiß eh, es wird wieder so sein."

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Insta-Wutmonolog in Buchform

Mit allem, was Tara-Louise Wittwer in diesem zweihundert Seiten langen Insta-Wutmonolog in Buchform aufführt, hat sie vollkommen Recht. Nur leider bleibt der Eindruck von Erkenntnislosigkeit. Denn Frauen wissen, dass sie nachts alleine nicht durch den Park gehen können – Mütter wissen, dass sie überlastet sind – und wir wissen, dass Hexenverfolgungen im Mittelalter Massenmorde an Frauen waren. Die vielen Aufzählungen, die oft wie eine Sammlung ihrer bisherigen Instagram-Beiträge anmuten, und die den frauenfeindlichen Phänomenen nur oberflächlich auf den Grund gehen, nehmen großen Raum ein. Da bleibt wenig Reflexion über Wege aus der vorhandenen Ungerechtigkeit. Hier kommt die Autorin über ein allgemeines Gefühl von Schwesterlichkeit und gegenseitiger weiblicher Unterstützung nicht hinaus.

Solidarität allein reicht nicht

Solidarität unter Frauen und Schwesterlichkeit ist kein Konsens, sondern ein Kompass, nach dem ich leben will. Frauen, die sich nicht gegenseitig unterstützen, werden geschwächt - nicht unbedingt als Individuum, aber strukturell, gesellschaftlich und politisch. Sobald ich auf der Straße unterwegs bin und eine Frau sehe, lächele ich sie an. Weil ich weiß, sie wurde auch schon belogen oder betrogen.

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Deshalb bleibt am Ende die Frage offen, wie Female Rage genutzt werden kann, um Veränderungen herbeizuführen – Frauen, die sich auf der Straße zulächeln, werden die Gewalt des Patriarchats jedenfalls nicht stoppen können.
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„Was Tara sagt“ – 700.000 Follower auf Instagram

Tara-Louise Wittwer erklärt und bespricht feministische Perspektiven auf ihrem Instagram-Account „Was Tara sagt“, sie kontert auf TikTok sexistischen Männern, die Dating-Tipps geben und postet humorvolle Clips, in denen sie einen Arzt spielt, der nicht weiß, was Endometriose bedeutet. Sie versteht ihre Inhalte als Einstieg in das Thema Feminismus und will andere Frauen darin bestärken, strukturelle Ungleichheiten zu erkennen. Tara-Louise Wittwer beschreibt in ihrem Buch „Nemesis‘ Töchter“ nun auch ihren eigenen Weg, der sie von einer einverstandenen Mitläuferin des Patriarchats zu einer, wie sie sagt, wachen und wütenden Frau gemacht habe. Deshalb der Titel Nemesis – die ursprünglich antike Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit wurde im Laufe der Zeit zu einer Rachegöttin umgedeutet und damit zum abschreckenden Frauenbeispiel.
Nemesis ist das passiert, was vielen Frauen früher oder später im Leben passiert: Ihr Handeln wurde fehlinterpretiert, sie wurde missverstanden, Opfer falscher Narrative, die sich verselbstständigt haben. Und so wurde aus ihr, deren Name wortwörtlich eigentlich "Zuteilung des Gebührenden" bedeutet, eine rachsüchtige und unkontrollierbare Göttin, die alles niedermäht, was ihr in den Weg kommt. Dieses Narrativ ist so faul, wie es alt ist. Es geht schneller, es ist eine Abkürzung, um vor allem weibliche Wut in irgendeiner Weise abzustrafen

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Eine weibliche Wut, die tief sitzt

Nun soll die Wut aber wiederkehren und damit auch Gerechtigkeit für die Frauen – Gründe dafür gibt es genug und Wittwer zählt sie auf: Opfer von Gewalt zu sein, belächelt zu werden, den Mental Load als Ehefrau und Mutter zu tragen, Körper- und Schönheitsidealen unterworfen zu sein, doppelt so viel leisten zu müssen, um Karriere zu machen wie ein Mann – die Liste ist endlos:
Das alles ist female rage, das alles führt zu female rage. Zu einer Wut, die so tief in uns sitzt, dass sie seit Generationen vergraben ist. Es ist ein grundlegendes Gefühl von Einsamkeit, von sich-missverstanden-fühlen, von "Ich weiß eh, es wird wieder so sein."

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Insta-Wutmonolog in Buchform

Mit allem, was Tara-Louise Wittwer in diesem zweihundert Seiten langen Insta-Wutmonolog in Buchform aufführt, hat sie vollkommen Recht. Nur leider bleibt der Eindruck von Erkenntnislosigkeit. Denn Frauen wissen, dass sie nachts alleine nicht durch den Park gehen können – Mütter wissen, dass sie überlastet sind – und wir wissen, dass Hexenverfolgungen im Mittelalter Massenmorde an Frauen waren. Die vielen Aufzählungen, die oft wie eine Sammlung ihrer bisherigen Instagram-Beiträge anmuten, und die den frauenfeindlichen Phänomenen nur oberflächlich auf den Grund gehen, nehmen großen Raum ein. Da bleibt wenig Reflexion über Wege aus der vorhandenen Ungerechtigkeit. Hier kommt die Autorin über ein allgemeines Gefühl von Schwesterlichkeit und gegenseitiger weiblicher Unterstützung nicht hinaus.

Solidarität allein reicht nicht

Solidarität unter Frauen und Schwesterlichkeit ist kein Konsens, sondern ein Kompass, nach dem ich leben will. Frauen, die sich nicht gegenseitig unterstützen, werden geschwächt - nicht unbedingt als Individuum, aber strukturell, gesellschaftlich und politisch. Sobald ich auf der Straße unterwegs bin und eine Frau sehe, lächele ich sie an. Weil ich weiß, sie wurde auch schon belogen oder betrogen.

Quelle: Tara-Louise Wittwer – Nemesis' Töchter. 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt

Deshalb bleibt am Ende die Frage offen, wie Female Rage genutzt werden kann, um Veränderungen herbeizuführen – Frauen, die sich auf der Straße zulächeln, werden die Gewalt des Patriarchats jedenfalls nicht stoppen können.
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