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Wie verhindern wir, dass PolitikerInnen zu Lobbyisten werden?

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Deutschlands Lobbyismus-Gesetze sind zu lasch. Ein Land zeigt, wie es besser geht.

Bei einem sind sich alle Stammtische dieser Republik einig: Wenn SpitzenpolitikerInnen nach ihrer Amtszeit in die Wirtschaft wechseln, dann riecht das nach Korruption. Beispiele für umstrittene Wechsel gibt es einige: Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der nach seiner Kanzlerschaft bei Nord Stream einstieg, oder die Ex-Bundesminister Ronald Pofalla und Dirk Niebel. Der eine wechselte zur Deutschen Bahn, der andere zu Rheinmetall.

Derartige “Drehtürkarrieren” direkt von der Politik in die Wirtschaft haben immer ein Geschmäckle, insbesondere wenn Interessenskonflikte im Spiel sind. Aber was ist eine berufliche Alternative für SpitzenpolitikerInnen nach ihrem Mandat? In Folge 48 erläutern wir, warum nicht der Wechsel von der Politik in die Wirtschaft oder gar Lobbyismus an sich das Problem ist, sondern die fehlende Kontrolle des Lobbyismus.

Der Drehtür-Effekt: Von der Politik in die Wirtschaft

Anfang des Jahres 2020 wurde bekannt, dass der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt wurde. Im Mai 2020 gab es eine ähnliche Meldung: Laut Medienberichten wird Andrea Nahles ab August 2020 Leiterin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation werden – eine Unterbehörde mit rund 1400 Beschäftigten, die die Ansprüche der Beamten des früheren Staatsunternehmens Deutsche Bundespost betreut. Damit schlug sie nach ihrem Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin zwar einen anderen Weg ein, doch auch Andrea Nahles steht in der Kritik.

Obwohl ihr neuer Job weder in der Wirtschaft noch im Lobbyismus angesiedelt ist, wird er kritisch kommentiert wie beispielsweise vom Handelsblatt als “Job mit Beigeschmack”. Es scheint, dass man als PolitikerIn nicht nur während der Amtszeit viel falsch machen kann, sondern auch danach wenig richtig.

Das Problem ist eigentlich nicht, dass Menschen nach politischen Karrieren einen Job in der Wirtschaft ergreifen (irgendwas müssen sie ja arbeiten), sondern wie sie ihre politischen Netzwerke und ihr Insiderwissen dort dann nutzen. Der Interessenkonflikt zwischen Politik und Wirtschaft wird zu einem Problem, wenn sich Unternehmen unlautere Vorteile verschaffen, indem sie ehemalige PolitikerInnen unmittelbar nach deren Amtszeit bei sich einstellen.

Von richtiger Korruption könnte man dann sprechen, wenn bereits während der Mandatszeit über eine Folgebeschäftigung verhandelt wird und dadurch politische Entscheidungen zu Gunsten des neuen Arbeitgeber beeinflusst würden. Dass eine derartige Bevorteilung während der Amtszeit in Deutschland passiert, kann wissenschaftlich jedoch nicht bestätigt werden.

Die Frage muss also sein: Wie kann verhindert werden, dass ausscheidende PolitikerInnen ihre Machtposition für die Interessen einzelner Wirtschaftsunternehmen missbrauchen?

Lösung: Klares und strenges Lobbyregister unterstützt die Karenzzeit

Eine Karenzzeit ist die naheliegendste Lösung, wenn man den schnellen Wechsel von der Politik in die Wirtschaft unterbinden möchte. Sie ist eine Art Sperrfrist oder auch Abkühlungsphase, die regelt, dass eine bestimmte Frist eingehalten werden muss, bevor PolitikerInnen nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt eine neue Position außerhalb der Politik antreten dürfen. Dadurch sollen Interessenskonflikte zwischen der neuen und der alten Stelle vermieden werden.

In Deutschland gibt es seit Juli 2015 ein Karenzzeit-Gesetz für PolitikerInnen auf nationaler Ebene. Sie umfasst die Kanzlerin, MinisterInnen sowie Parlamentarische StaatssekretärInnen. Einige deutsche Bundesländer haben ähnliche Regelungen einer verbindlichen Karenzzeit übernommen.

Die seit 2015 geltende Sperrfrist kann aktuell zwischen 12 und 18 Monaten nach Ausscheiden betragen. In dieser Zeit muss eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes angezeigt werden und auf Interessenkonflikte geprüft werden. Für die Prüfung wurde eine 3-köpfige Kommission eingerichtet aus dem einstigen Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), Ex-Verfassungsrichter Michael Gerhardt und der ehemaligen Hamburger Senatorin Krista Sager (Grüne). Sie sprechen mit Wechselwilligen und überprüfen deren Lebensläufe. Bei Verstößen ist die Kommission jedoch relativ machtlos: echte Sanktionen gibt es nicht. Und die Dauer von 12 bis 18 Monate wird von den Transparenzorganisationen Lobbycontrol und Transparency Deutschland als zu kurz kritisiert.

Das Karenzzeit-Gesetz muss verbessert werden. Als Beispiel dafür kann Kanada dienen. Zum einen gibt es dort eine Sperrfrist von ganzen fünf Jahren und zum anderen ein strenges Lobbyregister. Letzteres hilft, die Karenzzeit durchzusetzen. Das Registrierungs- und Meldesystem ist verpflichtend für alle als Lobbyisten tätigen Personen. Diese müssen bei der Registrierung nicht nur ihre persönlichen Daten angeben, sondern auch alle ihre Klienten, der Bereich ihrer Lobbyarbeit und jegliche öffentlichen Ämter, die sie bisher innehatten. Ein eigener Kommissar für Interessenskonflikte berät und überprüft PolitikerInnen und LobbyistInnen. Bei einem Verstoß kann kann die Kommission Strafen bis zu 34.000 Euro verhängen.

Zugabe: Petition für ein Lobbyregister

Ihr seid für klare und strenge Regeln, die geheimen Lobbyismus verhindern können? Dann unterstützt die Petition “Schluss mit geheimem Lobbyismus!” von abgeordnetenwatch.de.

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Bei einem sind sich alle Stammtische dieser Republik einig: Wenn SpitzenpolitikerInnen nach ihrer Amtszeit in die Wirtschaft wechseln, dann riecht das nach Korruption. Beispiele für umstrittene Wechsel gibt es einige: Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der nach seiner Kanzlerschaft bei Nord Stream einstieg, oder die Ex-Bundesminister Ronald Pofalla und Dirk Niebel. Der eine wechselte zur Deutschen Bahn, der andere zu Rheinmetall.

Derartige “Drehtürkarrieren” direkt von der Politik in die Wirtschaft haben immer ein Geschmäckle, insbesondere wenn Interessenskonflikte im Spiel sind. Aber was ist eine berufliche Alternative für SpitzenpolitikerInnen nach ihrem Mandat? In Folge 48 erläutern wir, warum nicht der Wechsel von der Politik in die Wirtschaft oder gar Lobbyismus an sich das Problem ist, sondern die fehlende Kontrolle des Lobbyismus.

Der Drehtür-Effekt: Von der Politik in die Wirtschaft

Anfang des Jahres 2020 wurde bekannt, dass der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt wurde. Im Mai 2020 gab es eine ähnliche Meldung: Laut Medienberichten wird Andrea Nahles ab August 2020 Leiterin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation werden – eine Unterbehörde mit rund 1400 Beschäftigten, die die Ansprüche der Beamten des früheren Staatsunternehmens Deutsche Bundespost betreut. Damit schlug sie nach ihrem Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin zwar einen anderen Weg ein, doch auch Andrea Nahles steht in der Kritik.

Obwohl ihr neuer Job weder in der Wirtschaft noch im Lobbyismus angesiedelt ist, wird er kritisch kommentiert wie beispielsweise vom Handelsblatt als “Job mit Beigeschmack”. Es scheint, dass man als PolitikerIn nicht nur während der Amtszeit viel falsch machen kann, sondern auch danach wenig richtig.

Das Problem ist eigentlich nicht, dass Menschen nach politischen Karrieren einen Job in der Wirtschaft ergreifen (irgendwas müssen sie ja arbeiten), sondern wie sie ihre politischen Netzwerke und ihr Insiderwissen dort dann nutzen. Der Interessenkonflikt zwischen Politik und Wirtschaft wird zu einem Problem, wenn sich Unternehmen unlautere Vorteile verschaffen, indem sie ehemalige PolitikerInnen unmittelbar nach deren Amtszeit bei sich einstellen.

Von richtiger Korruption könnte man dann sprechen, wenn bereits während der Mandatszeit über eine Folgebeschäftigung verhandelt wird und dadurch politische Entscheidungen zu Gunsten des neuen Arbeitgeber beeinflusst würden. Dass eine derartige Bevorteilung während der Amtszeit in Deutschland passiert, kann wissenschaftlich jedoch nicht bestätigt werden.

Die Frage muss also sein: Wie kann verhindert werden, dass ausscheidende PolitikerInnen ihre Machtposition für die Interessen einzelner Wirtschaftsunternehmen missbrauchen?

Lösung: Klares und strenges Lobbyregister unterstützt die Karenzzeit

Eine Karenzzeit ist die naheliegendste Lösung, wenn man den schnellen Wechsel von der Politik in die Wirtschaft unterbinden möchte. Sie ist eine Art Sperrfrist oder auch Abkühlungsphase, die regelt, dass eine bestimmte Frist eingehalten werden muss, bevor PolitikerInnen nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt eine neue Position außerhalb der Politik antreten dürfen. Dadurch sollen Interessenskonflikte zwischen der neuen und der alten Stelle vermieden werden.

In Deutschland gibt es seit Juli 2015 ein Karenzzeit-Gesetz für PolitikerInnen auf nationaler Ebene. Sie umfasst die Kanzlerin, MinisterInnen sowie Parlamentarische StaatssekretärInnen. Einige deutsche Bundesländer haben ähnliche Regelungen einer verbindlichen Karenzzeit übernommen.

Die seit 2015 geltende Sperrfrist kann aktuell zwischen 12 und 18 Monaten nach Ausscheiden betragen. In dieser Zeit muss eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes angezeigt werden und auf Interessenkonflikte geprüft werden. Für die Prüfung wurde eine 3-köpfige Kommission eingerichtet aus dem einstigen Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), Ex-Verfassungsrichter Michael Gerhardt und der ehemaligen Hamburger Senatorin Krista Sager (Grüne). Sie sprechen mit Wechselwilligen und überprüfen deren Lebensläufe. Bei Verstößen ist die Kommission jedoch relativ machtlos: echte Sanktionen gibt es nicht. Und die Dauer von 12 bis 18 Monate wird von den Transparenzorganisationen Lobbycontrol und Transparency Deutschland als zu kurz kritisiert.

Das Karenzzeit-Gesetz muss verbessert werden. Als Beispiel dafür kann Kanada dienen. Zum einen gibt es dort eine Sperrfrist von ganzen fünf Jahren und zum anderen ein strenges Lobbyregister. Letzteres hilft, die Karenzzeit durchzusetzen. Das Registrierungs- und Meldesystem ist verpflichtend für alle als Lobbyisten tätigen Personen. Diese müssen bei der Registrierung nicht nur ihre persönlichen Daten angeben, sondern auch alle ihre Klienten, der Bereich ihrer Lobbyarbeit und jegliche öffentlichen Ämter, die sie bisher innehatten. Ein eigener Kommissar für Interessenskonflikte berät und überprüft PolitikerInnen und LobbyistInnen. Bei einem Verstoß kann kann die Kommission Strafen bis zu 34.000 Euro verhängen.

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