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Sinnvoll geleitet im Supermarkt
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In unserer Abschlussarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin haben wir die Thematik des Einkaufens für Menschen mit Sehbehinderung beleuchtet. Betreut wurde unsere Bachelor-Arbeit durch Professor Florian Adler. Wir fragten uns, inwiefern Design dazu beitragen kann, Menschen mit Sehbehinderung den selbstständigen Einkauf im Supermarkt zu erleichtern, und entwickelten einen Gestaltungsvorschlag zur besseren Orientierung. Zu Beginn unserer Recherche informierten wir uns über Sehbehinderungen, deren Ursachen und Auswirkungen, und beschäftigten uns mit bereits vorhandenen Hilfsmitteln und Alternativen zum klassischen Einkauf im Supermarkt. Durch eine Umfrage und Interviews tauschten wir uns mit Betroffenen aus und fragten nach Einkaufsgewohnheiten und auftretenden Problemen. Dabei wurden zwei Hauptprobleme deutlich: die schlechte Orientierung im Raum und das erschwerte Auffinden von Produkten. Diese Probleme sollen mit unserem Gestaltungsvorschlag gelöst werden. So besteht unser Konzept aus einem angepassten Supermarktaufbau, einem Leitsystem, das das Mehr-Sinne-Prinzip aufgreift, und einer digitalen Ergänzung. Für eine gute Orientierung an einem Ort ist ein klar strukturierter Aufbau entscheidend. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, mit einem Aufbau zu arbeiten, der nur einen Hauptweg besitzt. Von diesem gehen links und rechts Buchten ab, die im Halbkreis wieder auf den Hauptweg führen. So kann sich der Aufbau leicht gemerkt werden und ein Verlaufen ist unmöglich. Als Nächstes setzten wir uns mit der vorhandenen visuellen Gestaltung in Supermärkten auseinander. Diese muss angepasst werden, damit Menschen mit Sehbehinderung leichter an die benötigten Informationen gelangen. Wir wählten eine Schriftart, die alle Kriterien für gute Leserlichkeit erfüllt. Angemessene Schriftgrößen legten wir unter Beachtung der wichtigen Faktoren Visus, Textart (hier: Signalisationstexte) und Leseabstand fest. Bei der Farbauswahl der Elemente des Leitsystems achteten wir darauf, dass der Kontrast zu den sich darauf befindenden Bildsymbolen und Texten ausreichend ist. Außerdem liegt der Schwerpunkt der Kommunikation auf Bildsymbolen. Diese sind flächig und eindeutig gestaltet, damit sie gut erkannt werden können. Zum Beispiel kennzeichnet ein Apfel die Abteilung „Obst“, und eine Mikrowelle steht für „Fertiggerichte“. Als Hauptelement unseres Leitsystems führt ein taktiler Leitstreifen durch den Supermarkt, der mit dem Langstock erfasst werden kann. Er ist ebenso eine Hilfe für Menschen mit Sehbehinderung, da der Blick nicht vom Boden nach oben auf Schilder abgewandt werden muss und so Blendungen verhindert werden. Des Weiteren hilft die farbliche Zuordnung des Leitstreifens zum jeweiligen Bereich all denen, die ausreichend Farben wahrnehmen können. Zum Beispiel ist der Leitstreifen vor dem Bereich Backwaren hellbraun. Damit die hellen Farben gut wahrgenommen werden können, wird ein dunkler, matter Boden vorausgesetzt. Am Anfang eines neuen Bereichs führt eine Farbfläche auf dem Boden mit Symbol und Bereichsnamen zu der taktilen Zielbestätigung an der ersten Regalfront, welche aus Braille- und Profilschrift besteht – sie ist etwa auf der Höhe von 1,30 Metern angebracht. Zusätzlich findet man auf der ersten Regalfront auch eine visuelle Zielbestätigung. Dazu gehören die schriftliche Bezeichnung des Bereichs und der jeweilige Anfangsbuchstabe, der sich über zwei Drittel der Front erstreckt. Eine Regalbucht besitzt drei Regalfronten. Sie verfügen am oberen Rand jeweils über einen farbigen Streifen mit dem entsprechenden Symbol des Bereichs. Dies dient der Fernwirkung und hilft dabei, sich eine Übersicht zu verschaffen. Als Hilfe zum Auffinden der Produkte im Regal befinden sich Leisten vor den Produkten, auf denen die Produktgruppen gekennzeichnet sind. Durch die Verwendung digitaler Preisschilder kann man alle wichtigen Informationen zum Produkt per Smartphone abrufen und sich diese vergrößern, verkleinern oder vorlesen lassen. Auch wenn heute noch viele ältere Menschen keine Smartphones besitzen oder sich mit der Handhabung schwertun, haben wir uns für eine App entschieden. Zum einen sehen wir großes Potenzial in den Funktionen, und zum anderen sind die zukünftigen älteren Generationen schon mit der Nutzung von Smartphones vertraut. So kann die App zusätzlich helfen, sich besser zu orientieren und die Suche nach einem gewünschten Produkt verkürzen. Sie ist aber nicht zwingend notwendig, um sich im Supermarkt zu orientieren, denn das vorher beschriebene Leitsystem basiert nicht auf der entwickelten App. Die wichtigsten Funktionen der App sind unter anderem die Erstellung einer Einkaufsliste, die Routenführung und Produktsuche sowie die Ansicht des Lageplans mit der Anzeige des eigenen Standpunkts zur groben Orientierung. Wir verstehen unsere Bachelorarbeit zunächst als eine Art Denkanstoß. Zurzeit fehlt sowohl bei Gestalterinnen und Gestaltern als auch bei Entscheidungsträgern das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Thematik. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Austausch mit anderen zu suchen, Feedback zu sammeln und Verbesserungen an unserem Konzept vorzunehmen. In Zukunft soll daraus ein Leitfaden für die Gestaltung inklusiver Supermärkte entstehen, der dann als Grundlage für die Umsetzung dienen könnte.
Maria Scherlies (27) und Svenja Schulz (29) leben in Berlin.
64 Episoden
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In unserer Abschlussarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin haben wir die Thematik des Einkaufens für Menschen mit Sehbehinderung beleuchtet. Betreut wurde unsere Bachelor-Arbeit durch Professor Florian Adler. Wir fragten uns, inwiefern Design dazu beitragen kann, Menschen mit Sehbehinderung den selbstständigen Einkauf im Supermarkt zu erleichtern, und entwickelten einen Gestaltungsvorschlag zur besseren Orientierung. Zu Beginn unserer Recherche informierten wir uns über Sehbehinderungen, deren Ursachen und Auswirkungen, und beschäftigten uns mit bereits vorhandenen Hilfsmitteln und Alternativen zum klassischen Einkauf im Supermarkt. Durch eine Umfrage und Interviews tauschten wir uns mit Betroffenen aus und fragten nach Einkaufsgewohnheiten und auftretenden Problemen. Dabei wurden zwei Hauptprobleme deutlich: die schlechte Orientierung im Raum und das erschwerte Auffinden von Produkten. Diese Probleme sollen mit unserem Gestaltungsvorschlag gelöst werden. So besteht unser Konzept aus einem angepassten Supermarktaufbau, einem Leitsystem, das das Mehr-Sinne-Prinzip aufgreift, und einer digitalen Ergänzung. Für eine gute Orientierung an einem Ort ist ein klar strukturierter Aufbau entscheidend. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, mit einem Aufbau zu arbeiten, der nur einen Hauptweg besitzt. Von diesem gehen links und rechts Buchten ab, die im Halbkreis wieder auf den Hauptweg führen. So kann sich der Aufbau leicht gemerkt werden und ein Verlaufen ist unmöglich. Als Nächstes setzten wir uns mit der vorhandenen visuellen Gestaltung in Supermärkten auseinander. Diese muss angepasst werden, damit Menschen mit Sehbehinderung leichter an die benötigten Informationen gelangen. Wir wählten eine Schriftart, die alle Kriterien für gute Leserlichkeit erfüllt. Angemessene Schriftgrößen legten wir unter Beachtung der wichtigen Faktoren Visus, Textart (hier: Signalisationstexte) und Leseabstand fest. Bei der Farbauswahl der Elemente des Leitsystems achteten wir darauf, dass der Kontrast zu den sich darauf befindenden Bildsymbolen und Texten ausreichend ist. Außerdem liegt der Schwerpunkt der Kommunikation auf Bildsymbolen. Diese sind flächig und eindeutig gestaltet, damit sie gut erkannt werden können. Zum Beispiel kennzeichnet ein Apfel die Abteilung „Obst“, und eine Mikrowelle steht für „Fertiggerichte“. Als Hauptelement unseres Leitsystems führt ein taktiler Leitstreifen durch den Supermarkt, der mit dem Langstock erfasst werden kann. Er ist ebenso eine Hilfe für Menschen mit Sehbehinderung, da der Blick nicht vom Boden nach oben auf Schilder abgewandt werden muss und so Blendungen verhindert werden. Des Weiteren hilft die farbliche Zuordnung des Leitstreifens zum jeweiligen Bereich all denen, die ausreichend Farben wahrnehmen können. Zum Beispiel ist der Leitstreifen vor dem Bereich Backwaren hellbraun. Damit die hellen Farben gut wahrgenommen werden können, wird ein dunkler, matter Boden vorausgesetzt. Am Anfang eines neuen Bereichs führt eine Farbfläche auf dem Boden mit Symbol und Bereichsnamen zu der taktilen Zielbestätigung an der ersten Regalfront, welche aus Braille- und Profilschrift besteht – sie ist etwa auf der Höhe von 1,30 Metern angebracht. Zusätzlich findet man auf der ersten Regalfront auch eine visuelle Zielbestätigung. Dazu gehören die schriftliche Bezeichnung des Bereichs und der jeweilige Anfangsbuchstabe, der sich über zwei Drittel der Front erstreckt. Eine Regalbucht besitzt drei Regalfronten. Sie verfügen am oberen Rand jeweils über einen farbigen Streifen mit dem entsprechenden Symbol des Bereichs. Dies dient der Fernwirkung und hilft dabei, sich eine Übersicht zu verschaffen. Als Hilfe zum Auffinden der Produkte im Regal befinden sich Leisten vor den Produkten, auf denen die Produktgruppen gekennzeichnet sind. Durch die Verwendung digitaler Preisschilder kann man alle wichtigen Informationen zum Produkt per Smartphone abrufen und sich diese vergrößern, verkleinern oder vorlesen lassen. Auch wenn heute noch viele ältere Menschen keine Smartphones besitzen oder sich mit der Handhabung schwertun, haben wir uns für eine App entschieden. Zum einen sehen wir großes Potenzial in den Funktionen, und zum anderen sind die zukünftigen älteren Generationen schon mit der Nutzung von Smartphones vertraut. So kann die App zusätzlich helfen, sich besser zu orientieren und die Suche nach einem gewünschten Produkt verkürzen. Sie ist aber nicht zwingend notwendig, um sich im Supermarkt zu orientieren, denn das vorher beschriebene Leitsystem basiert nicht auf der entwickelten App. Die wichtigsten Funktionen der App sind unter anderem die Erstellung einer Einkaufsliste, die Routenführung und Produktsuche sowie die Ansicht des Lageplans mit der Anzeige des eigenen Standpunkts zur groben Orientierung. Wir verstehen unsere Bachelorarbeit zunächst als eine Art Denkanstoß. Zurzeit fehlt sowohl bei Gestalterinnen und Gestaltern als auch bei Entscheidungsträgern das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Thematik. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Austausch mit anderen zu suchen, Feedback zu sammeln und Verbesserungen an unserem Konzept vorzunehmen. In Zukunft soll daraus ein Leitfaden für die Gestaltung inklusiver Supermärkte entstehen, der dann als Grundlage für die Umsetzung dienen könnte.
Maria Scherlies (27) und Svenja Schulz (29) leben in Berlin.
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