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Geheimsprachen, Whiskey und Ingenieurskunst - das Mausefallenmuseum

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BITTE NICHT ANFASSEN! #1 – Das Mausefallenmuseum

In der ersten Folge von BITTE NICHT ANFASSEN! reisen wir in die wundersame Welt der Mausefallen. Klingt leicht übertrieben? Definitely not. Denn seit dem Mausefallen Museum in Neroth in der Eifel wissen wir, was Mausefallen mit Ingenieurskunst, Geheimsprachen, Whiskeyproduktion und Europäischer Geschichte zu tun haben. Ein Roadtrip durch das 19. Jahrhundert.

SHOW NOTES

Fotos:

Überblick über die Nerother Mausefallen
Die Wasserfalle nach dem deutschen Reichspatent

Infos zum Museum:

Mausefallenmuseum Neroth
Mühlenweg 1A
54570 Neroth
https://www.eifel.info/en/a-mausefallenmuseum-neroth

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über BITTE NICHT ANFASSEN!:

Woran denkst du beim Wort Museum? An weltberühmte Ausstellungsstücke wie Sarkophage ägyptischer Pharaonen, an Gemälde von Picasso oder an technische Erfindungen wie das Automobil? Denkst du an das Deutsche Museum in München, das Pergamon-Museum in Berlin oder an das Städel in Frankfurt? Wir – das sind Ralph Würschinger und Lukas Fleischmann – denken beim Wort Museum an etwas Anderes: an Milbenkäse, Mausefallen, an Flipper-Automaten, Nummernschilder oder auch an Gartenzwerge. Denn die schätzungsweise 7.000 Museen in Deutschland haben so viel mehr zu bieten als das Angebot der großen Häuser. Mit „BITTE NICHT ANFASSEN – Museum mal anders“ begeben wir uns an kleine Orte, in Seitengassen großer Städte, um die kleinen und alternativen Ausstellungen zu finden, von denen du vermutlich noch nie gehört hast. Pro Monat erscheint eine Folge, für die einer von uns beiden ein besonderes Museum besucht und sich mit dem jeweils anderen darüber austauscht. Dabei kommen Museumsbetreiberinnen und -betreiber zu Wort, aber auch die Exponate an sich werden hörbar gemacht. Dieser Podcast ist für Museumsliebhaber, für Mitarbeiter aus dem Museumsbereich und für alle, die sich für Kunst, Kultur und Technik-Geschichte interessieren und skurrile Stories mögen. BITTE NICHT ANFASSEN! ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr. Mehr Infos auf https://www.escucha.de/bitte-nicht-anfassen/

Wenn ihr als Museum darüber nachdenkt, ob Podcasting etwas für euch ist – hier sind 10 gute Gründe dafür: https://www.escucha.de/gruende-fuer-museumspodcasts/

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Transkript:

Ralph

Hey, ich bin Ralph

Lukas

und ich bin Lukas und in diesem Podcast nehmen wir euch zu Museen aus ganz Deutschland und darüber hinaus mit. Aber es geht nicht um die großen berühmten Museen, sondern um kleine Alternative, skurrile und manchmal auch ganz schön lustige Museen.

Ralph

Wir wollen wissen, was Menschen dazu bringt, Dinge zu sammeln und Ihnen ein Museum zu widmen. In jeder Folge stellt einer von uns dem anderen und euch natürlich ein Museum vor, das er besucht hat und jetzt geht es los.

Intro

Bitte nicht anfassen, Museum mal anders. Ein Podcast von Escucha.

Lukas

Tja Ralph, heute nehme ich dich mit zu Geheimsprachen, ich nehm dich mit zu Ingenieursmeisterleistungen, ich erzähl dir was von europäischer Geschichte und ich erklär dir was Whisky Produktion mit Mausefallen zu tun hat.

Ralph

Ja, sehr spannend bin ich für alles offen.

Lukas

Kannst du dir vielleicht vorstellen, was das Objekt ist, über das das Museum gibt?

Ralph

Irgendwas Lokalgeschichtliches? Keine Ahnung.

Lukas

Nein, tatsächlich geht es um Letzteres. Es geht um die Mausefallen, denn ich war im Mausefallenmuseum in Neroth. Neroth wird dir sicherlich nichts sagen, vermute ich mal, das ist ein kleines Dorf in der Eifel, also ganz im Westen Deutschlands. Als ich da war, Mitte Dezember, war das Dorf wie ausgestorben, da war wirklich nichts los.

Lukas

Ich war aber schon ein bisschen angefixt von diesem Museum, weil als ich an dem Ortsschild von Neroth vorbeigefahren bin, stand schon auf dem Ortsschild “Mausefallenmuseum”; bin schon von vornherein davon ausgegangen, dass diese Mausefallen und das Museum über die Mausefallen für die Nerother ganz schön wichtig sind. Ich hab mich da mit Helga Wallenborn getroffen. Sie kümmert sich seit 7 Jahren um das Museum und sie hat mir sozusagen eine kleine exklusive Führung gegeben durch die mehr als 500 verschiedenen Mausefallen, Ratten fallen und Maulwurfsfallen, die in diesem Mausefallenmuseum ausgestellt sind.

Ralph

Warum ist das denn genau in Neroth? Also gibt es da irgendwie eine besondere Geschichte? Was haben die denn mit Mausefallen zu tun?

Lukas

Dazu gibt es nicht nur eine besondere Geschichte, es gibt im Prinzip ganz viele verschiedene Geschichten, die alle irgendwie ineinander verwoben sind, und deswegen habe ich dir diesen Teaser am Anfang gesagt. Also prinzipiell kannst du sagen, dass Neroth im Mittelalter mal relativ reich war.

Lukas

Aber gerade in der Neuzeit, also so ab dem 17.18. Jahrhundert, konnten die Menschen dort von der Landwirtschaft nicht mehr leben. Du musst dir vorstellen, dass die allermeisten Menschen in dieser Zeit Bauern waren und dass man dafür natürlich auch gute, fruchtbare Böden braucht und gerade in der Nerother Gegend ist das eben nicht so der Fall und das heißt, dass die Menschen, die damals sehr arm waren, natürlich auch irgendwann mal sagen, Sie wollten irgendwohin anders emigrieren. Viele sind in die USA gegangen.

Lukas

Andere in die Slowakei und da gab es vor allem einen, ein gewisser Klaes, der lernte dort Drahtbinden also, das heißt aus Draht verschiedene Sachen zu binden und verschiedene Objekte zu machen und mit den Skills kam er zurück nach Neroth und hat dann angefangen, einfach Sachen zu reparieren, indem er Draht benutzt hat, um kaputte Dinge zusammen zu binden. Daraus haben die das so weiterentwickelt, dass sie angefangen haben, aus Draht Mausefallen zu konstruieren, denn Mäuse und Ratten waren zu dieser Zeit eigentlich überall ne riesengroße Plage.

Lukas

Und je effektiver die Mausefallen waren, desto häufiger wurden sie gekauft und so haben die Nerother angefangen, ihre Mausefallen in der ganzen Gegend zu verkaufen. Und die waren dabei richtig erfinderisch und zwar so erfinderisch, dass es sogar Mausefallen Typen gibt, die nach den Nerothern benannt sind.

Ralph

Da wollte ich tatsächlich gerade fragen, ich dachte dann hast du irgendwie umgedreht die Mausefalle und dann war “Made in Neroth” draufgestanden.

Lukas

So in der Richtung ja genau da hören wir mal rein, was Helga Wallenborn dazu zu sagen hat.

Helga Wallenborn

Jetzt heißt sie Nerother Rundfalle. Es ist eine Reusenfalle, die 2 Eingänge hat, die innen angespitzt sind, so dass die Mäuse nicht mehr rauskönnen und ein Türchen, damit man die Mäuse wieder herausnehmen kann, ob lebend oder tot, neuerdings lebend in Nachbars Garten bringen und früher haben die Mäuse, also Speck und Käse gemocht. Heute gibt es Nutella, Schokolade und Erdnussbutter.

Lukas

Falls du dir diese Nerother Mausefalle, also diese Nerother Rundfalle, wir kommen nämlich später dazu, dass es noch mehrere andere gab, die kannst du dir irgendwie vorstellen wie ein Iglu. Du weißt ja wie ein Iglu aussieht, wie so ne Küchenschüssel, die umgedreht ist und die ist komplett aus Drahtgebunden. Und diese Eingänge für die Mäuse sind wie so Reusen. Das heißt, sie kommen von außen in die Falle rein, aber dann gehen diese Drähte zusammen und sie kommen nicht mehr raus. ich habe noch nie so eine Mausefalle gesehen. Es sieht aber auf jeden Fall super Fancy und super effektiv aus, und zwar so effektiv, dass diese Drahtbinderarbeiten so erfolgreich waren, dass sie eigentlich in die ganze Welt exportiert worden sind.

Ralph

Wie groß ist denn dann so eine Rundfalle? Weil wenn ich an ein Iglu denke; Da haben mehrere Leute Platz und haben jetzt in so einer Falle dann auch mehrere Mäuse Platz?

Lukas

Absolut also die gibt es in verschiedenen Größen, aber ich würde mal sagen da passen locker so 5 – 10 Mäuse rein. Also das ist gar kein Problem, die sind da drinnen und das ist natürlich eine Falle aus Nerother Produktion, die dafür sorgt, dass die Mäuse überleben.

Lukas

Eine andere Falle, die aus Neroth kommt, die witzigerweise irische Falle genannt wird, obwohl sie in Irland Deutsche oder Nerother Falle genannt wird. Die geht nämlich nicht so zimperlich mit den Mäusen um, da ist es nämlich leider anders. Diese Falle killt die Mäuse.

Ralph

Ist es dann so ne Art Bügelfalle?

Lukas

Ja, so in der Richtung. Wir hören mal kurz an, wie sich das anhört, denn das hat mir Helga gezeigt.

Helga Wallenborn

So ich löse jetzt aus. An dieser Federung ist vorne ein Galgen. Dieser Galgen wird mit einem Faden nach unten gespannt und die Maus muss erst, wenn sie an den Köder will, der hinter dem Faden ist, den Faden durchbeißen. Ja, und das war’s dann, sie bricht das Genick. Und dadurch, dass überall ein Köder drin ist, gehen mehrere Mäuse rein. Diese Fallen hier gab es mit 3, 6, 9 und 12 Löchern.

Ralph

Ei ei ei. Das klingt irgendwie sehr brutal, aber na gut, wenn natürlich gleich das Genick gebrochen ist, dann unterscheidet sich das jetzt auch nicht von so einer herkömmlichen Falle.

Lukas

Ja, absolut also, vor allem musst du dir diese Nerother Holzfalle so vorstellen, dass es die in verschiedenen Größeneinheiten gibt. Die gibt es entweder als dreier, Sechser oder Zwölfer Einheit. Das Design stammt tatsächlich aus dem 19. Jahrhundert. Das, was natürlich ein bisschen, ja skurril für uns anmutet, ist, dass diese Mäuse sozusagen in diese Falle gelockt werden und wenn dieser Auslöser getätigt wird und dieser Galgen dann hochzieht, dann bleiben diese Mäuse erstmal in diesen Fallen hängen. Also man hat damals tatsächlich gewartet, bis so viele Mäuse wie möglich in dieser Falle drin sind und hat dann alle Mäuse genommen an der Falle, hat die hingetragen, wo man sie entsorgen wollte, hat ein Mechanismus geöffnet und dann sind diese Mäuse aus dieser Falle alle rausgefallen. Also du siehst, es ist ein wahnsinnig, ja wie soll man sagen ökonomisiertes Mäusefangen. Die Nerother haben das damals echt auf die Spitze getrieben, weil diese Nerother Falle, also die Falle die Mäuse nicht fängt, sondern die Mäuse tötet.

Lukas

Die ist für die Verhältnisse extrem klein, also diese klassischen Mausefallen, die wir kennen, sind ja vergleichsweise groß, sind ja deutlich grösser als die Mäuse selbst und bei dieser Nerother Falle ist es umgekehrt. Die haben wirklich den Platz, ich würde mal sagen, optimal ausgenutzt. Die Mausefallenproduktion in Neroth ging bis in die 1960 er Jahre.

Lukas

Danach wurde das alles ausgelagert nach Asien und die Mausefallenproduktion da kam zum Erliegen. Erst 1985 hat sich dann der Heimatverein gegründet und die wollten aus dieser Mausefallentradition; wollten halt auf die aufmerksam machen und haben dann das Museum gegründet. Und tatsächlich seit ein paar Jahren, also seit ungefähr 10 Jahren, bauen die Nerother wieder Mausefallen. Vor allem diese Nerother Rundfalle, aber sie benutzen ihre Draht-Skills auch, um daraus zum Beispiel Topfuntersetzer aus Draht zu bauen. Also das kann man dann noch alles kaufen, es schaut auch richtig schön aus.

Lukas

Die Mausefallenproduktion ist immer weiterentwickelt worden und vor allem ist sie nicht nur in Neroth weiterentwickelt worden, sondern auch auf der ganzen Welt und das sieht man daran, dass im Nerother Mausefallenmuseum Mausefallen aus der ganzen Welt ausgestellt sind. Wir haben da zum Beispiel, um einfach nur ein paar Länder zu nennen, Mausefallen aus Jemen, aus Pakistan, Irak, Australien, Ungarn, Slowakei, Polen, Kenia und Kambodscha.

Ralph

War da irgendeine Mausefalle dabei, die du besonders herausragend fandest?

Lukas

Also prinzipiell finde ich alle Mausefallen faszinierend, weil du kannst dir nicht vorstellen, was es für verschiedene Mechanismen gibt, Mausefallen zu konstruieren und vor allem auch entweder die Mäuse zu fangen oder halt umzubringen. Was ich total spannend fand, war die Mausefalle aus Kenia. Die kannst du dir vorstellen wie einen Bogen, also ein Bogen von Pfeil und Bogen, das heißt ein Stab, der mit 2 Schnüren an den Enden verbunden ist und der dadurch in Spannung gebracht wird. Am einen Ende dieses Bogens ist ein kleines Körbchen dran, da ist ein Köder drin. Und wenn die Maus dahin geht, löst dieser Köder aus. Dann wird der Mechanismus ausgelöst. Ich dachte, als das gesehen hab, dass die Maus nur gefangen wird, doch dann hat mir Helga Wallenborn gesagt, dass das nicht so ist.

Helga Wallenborn

Die wird darin kräftig umgebracht. Und zwar bei der Falle aus Kenia – die Kambodscha arbeitet genauso – wird das Hölzchen, dass Sie da jetzt in diesem Bogen, der mit Seil gespannt ist, sehen, vorne in das Körbchen hineingesteckt und das Seil das übrig ist, ist im Körbchen dann drin und wird zur Schlinge. Die Maus muss, wenn sie an den Köder will, der vorne an dem Hölzchen dran ist, erst mit dem Kopf durch die Schlinge und das wars und weil der Bogen hier gespannt war, kriegt sie noch einen Freiflug.

Ralph

Ich bin ein bisschen verwirrt. Also wie genau funktioniert das jetzt? Die geht durch die Schlinge, dann zieht sich die Schlinge um die Maus herum und dadurch, dass dieses Seil gespannt ist, wird die halt weggeschleudert und bricht dadurch das Genick, oder wie?

Lukas

Diese Falle ist so, dass wenn die Maus diesen Mechanismus auslöst – das hatte Helga gerade erklärt – dann wird diese Schlinge zugezogen, das heißt, diese Schlinge zieht sich durch die Bogenspannung in Richtung Mausehals und bricht der Maus das Genick.

Ralph

Aber stellt man die Falle im Haus auf oder außen?

Lukas

Die kannst du draußen und drinnen aufstellen. Das ist gar kein Problem

Ralph

Wieviel Meter fliegt die denn?

Lukas

Ich weiß es nicht. Wir haben sie nicht ausgelöst. Das ist auf jeden Fall total faszinierend wie viele verschiedene Mechanismen es gibt, das auf die Spitze zu treiben. Eine Mausefalle, auf die ist Helga Wallenborn ganz besonders stolz. Das ist nämlich die Mausefalle die automatische Wasserfalle nach dem Deutschen Reichspatent aus dem Jahr 1910 und die kann fast wie am Fließband Mäuse fangen und umbringen. Und auch die haben wir uns angeguckt. Da hat sie mir dazu was erklärt.

Helga Wallenborn

Das Teil hat vorne einen Vorbau. An der Seite dieses Vorbaus kann man Köder hintun, der kann aber nicht gefressen werden, weil es ein Gitter ist. In der Mitte dieses Vorbaus ist ein Eingang und in diesem Eingang ist eine Wippe. Und wenn die Maus in den Eingang reintritt, geht die Tür zu. So. Und dann muss sie hier an diesem Radteil, das hier an der Seite hochgeht, hochklettern, der Widerhaken geht rüber, sie kommt hier oben an und hat oben ein Loch, durch das sie durchkrabbelt und hier hinten auf das zweite Blech gelangt, das auf dem Aufbau des Wasserbehälters ist. Sie tritt auf das Blech und saust ins Wasser und macht die Tür auf für die nächste Maus.

Ralph

Boah, ist das kompliziert ohne ****** weil das ist, wenn man das nicht sieht und nur hört, wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist der Vorbau nicht mit Wasser gefüllt. Es gibt danach aber noch einen zweiten Bau. Genau da wird die Maus dann hin gelotst und dort ist Wasser drin und dann, sobald die Maus in diesem Wasserbecken ist, wird der Eingang von dem Vorbau für die nächste Maus geöffnet und die Maus in dem Wasserbecken ist gefangen.

Lukas

So in der Richtung, genau, also du kannst es dir vorstellen. Im Prinzip sieht diese Falle aus wie ein großes L. Der untere Teil des Ls ist sozusagen dieser Vorraum, wo der Köder hinter diesem Gitter ist. Das ist halt das, was Helga gerade auch erzählt hat und da muss die Maus rein und ab dem Zeitpunkt, wo die drin ist, kracht hinter ihr eine Tür zu. Die Maus hat nur eine Richtung, in der sie gehen kann, und das ist eine kleine Leiter, die quasi bei dem hohen Teil des Ls also entlang geht, und diese Leiter muss sie hoch, das ist die einzige Möglichkeit.

Lukas

Diese hat, wenn sie da hoch geht und am Dach, also ganz oben am L angekommen ist, dann öffnet sich von dem Gewicht der Maus öffnet sich das Blech und die Maus fällt in das Wasser und diese mechanische Energie wird über einen anderen Mechanismus verwendet, um vorne die Tür wieder aufzumachen. Das heißt im Prinzip ist diese Mausefalle so lang aktiv und ersäuft so lange Mäuse bis der Wassertank voll mit toten Mäusen ist. Damit dieser erneute Mechanismus nicht mehr auslösen kann.

Ralph

Die Mäuse, die ertrinken dann?

Lukas

Die Mäuse ertrinken dann, genau. Die fallen von oben in dieses Wasser rein, aber kommen von unten nicht mehr hoch und die ertrinken dann genau.

Ralph

Ich würde sagen, eine Meisterleistung der Ingenieurskunst, aber ich verstehe nicht ganz warum das teilweise so aufwendige Erfindungen sind.

Lukas

Na überleg mal, so aufwendig ist es ja gar nicht, denn diese deutsche Wasserfalle von 1910 die kannst du ja überall hinstellen, du brauchst nur einen einzigen Köder. Der Köder wird nicht mehr aufgefressen, weil der gar nicht berührt wird und du lässt sie einfach stehen und kannst damit im Prinzip so viele Mäuse fangen, bis dieser Wasser voll ist, wenn du eine normale Mausefalle hast, die löst einmal aus und dann ist die tote Maus da drinnen oder die gefangene Maus da drinnen bis du die Falle holst. Und da kannst du einfach sehr viele Mäuse fangen, ohne irgendwas dafür zu machen. Also das ist schon gar nicht so blöd und, und das wusste ich auch nicht, diese Mausefallen vor allem diese deutsche Mausefalle, die ist richtig, richtig, richtig begehrt, auch unter Sammlern und davon gibt es einige. Unter anderem auch Menschen, die natürlich Mausefallen an das Mausefallemuseum in Neroth spenden. Die kommen aus der ganzen Welt.

Lukas

Und es gibt aber tatsächlich den Fall eines Zahnarztes, der unbedingt die deutsche Mausefalle kaufen wollte. Und da hören wir jetzt auch mal kurz rein.

Helga Wallenborn

Der unbedingt diese Falle mit dem Deutschen Reichspatent haben wollte und lange gebettelt hat und Fallen geschickt hat, Blumen geschickt hat, selbst vorbeikam. Die Falle ist immer noch da, und die geht auch nicht weg.

Ralph

Sehr sehr skurril, dass er sogar Blumen schickt und alle möglichen, ja, Versuche wagt, da diese Falle zu bekommen. Also ich habe noch nie gehört, dass jemand Mausefallen sammelt. Da kann es ja nicht so viele Leute geben, oder doch?

Lukas

Da gibt es tatsächlich ein paar und das Spannende ist auch, dass diese Mausefallen teilweise richtig, richtig teuer sind. Eine funktionierende Mausefalle mit diesem Deutschen Reichspatent kostet auf Flohmärkten bis zu 1.000 €, wenn du die jetzt kaufst. Also das ist so, dass sie auch mittlerweile einen gewissen monetären Wert haben tatsächlich.

Ralph

Ich hab noch eine Frage zu Helga, die Helga, die gehört, zu dem Heimatverein, oder was ist da ihre Verbindung zu den Mausefallen?

Lukas

Genau, die Helga ist eine gebürtige Nerotherin und hat da lange als Schulrektorin gearbeitet und seitdem sie in Pension ist, hat sie quasi nach einem neuen Projekt gesucht und dann hat sie die Leitung des Mausefallenmuseums übernommen. Interessanterweise hat sie sich dann auch dieses Drahtbinden beigebracht. Und sie kann mittlerweile sogar wieder ein paar Brocken einer alten Geheimsprache, die die Mausefallenhändler untereinander benutzt haben und zwar das Jenisch und wie sich das anhört dazu hat sie mir 2 Sätze eingesprochen.

Helga Wallenborn

Jenisch-Beispiel

Lukas

Was heißt das auf Deutsch?

Helga Wallenborn

Der Junge und das Mädchen verstehen gar nichts.

Lukas

Können Sie das drunter bitte aussprechen?

Helga Wallenborn

Jenisch-Beispiel 2. Übersetzung: Jetzt haben Sie gut gegessen, nichts bezahlt und jetzt sind weg.

Ralph

Nie gehört. Also ich habe nie gehört von dieser Sprache. Kannst du mir darüber ein bisschen was erzählen?

Lukas

Ja, natürlich also das Jenisch ist eine Mischung aus dem Jiddischen und Rotwelsch. Jiddisch kennt man ja und Rotwelsch…

Ralph

Ist die Gauner Sprache oder so?

Lukas

Genau genau. Das ist eine Sprache, die haben verschiedene Händler benutzt, im 19. Jahrhundert, aber eben auch und besonders die Mausefallenhändler und das ist tatsächlich als Geheimsprache konzipiert. Das heißt diese Krämer, die dann im ganzen Deutschen Reich und darüber hinaus unterwegs waren, haben diese Sprache genutzt, um miteinander zu kommunizieren, damit die anderen nicht verstehen, was sie untereinander kommunizieren. Die haben sich da Tipps gegeben, in welche Herberge man gehen sollte. Bei welchem Wirt man essen sollte und so weiter und wo man am besten die Finger davon lassen sollte. Und das hat nämlich auch mit der Lebensweise dieser Menschen zu tun. Die Nerother sind tatsächlich im 19. Jahrhundert aus Neroth im ganzen Deutschen Reich zu Fuß unterwegs gewesen und haben die Mausefallen, die sie gebaut haben, an einem Ring um die Schulter dabeigehabt und sind sozusagen von Dorf zu Dorf gezogen und haben die Mausefallen verkauft. Die weiteste Route ging tatsächlich bis nach Königsberg, das heutige Kaliningrad, und damit Russland.

Ralph

Und diese Sprache wurde wirklich nur von den Mausefallenkrämern verwendet?

Lukas

Nein, sie wurde von vielen fahrenden Händlern verwendet, also Jenisch wurde auch nicht nur in Neroth gesprochen, es gibt auch Nachweise aus dem Saarland, es gibt auch Nachweis aus dem Rheinland. Es gibt auch Nachweise aus Luxemburg.

Lukas

Aber man weiß, dass sich diese Mausefallenhändler sehr häufig und sehr aktiv auf Jenisch unterhalten haben. Das ist natürlich was, was total speziell ist, weil überleg dir mal, dass du dir als Berufsstand eine eigene Sprache entwickelst, damit dich andere Menschen nicht verstehen. Das ist schon wirklich was Besonderes. Und übrigens noch ein zweiter Fun Fact zu diese Geschichte: Die Händler haben nicht nur eine Geheimsprache genutzt, und ich sage jetzt bewusst die Händler, weil die fahrenden Händler waren wirklich Männer. In der Zeit haben nämlich die Frauen zu Hause an Mausefallen weitergebaut und haben alle 14 Tage Mausefallenpakete in verschiedene Dörfer und Städte per Post geschickt, sodass die Händler, wenn sie ihren ersten Ring an Mausefallen verkauft hatten, jeweils Nachschub hatten. Diese lange Mausefallen-Handelstour, zum Beispiel eine bis nach Königsberg, die ging über ein Jahr. Das heißt, sie haben sich ein Jahr nicht gesehen, weil die das ganze Jahr durch das ganze Deutsche Reich damals gelaufen sind.

Lukas

Das deutsche Kaiserreich. Ihre Mausefallen verkauft haben und alle 14 Tage ihren Mausefallenvorrat wieder aufgefüllt haben, während sie sich die ganze Zeit auf Jenisch unterhalten.

Ralph

Unfassbar also wirklich unfassbar, dass das Geschäft mit den Mausefallen so gebrummt hat, dass man sogar von Neroth bis noch Russland geht und dass man damit auch Geld verdienen kann.

Lukas

Also ich meine es war natürlich nicht viel. Es waren arme Menschen, das muss man auch wirklich sagen, und das haben die nur deswegen gemacht, weil sie von der Landwirtschaft halt nicht leben konnte, ne, aber es ist auf jeden Fall so, dass das eine Geschichte hat und das ist eben den Nerothern auch wichtig, dass diese Geschichte nach wie vor erzählt wird. Und im Mausefallenmuseum Neroth ist es so, dass man natürlich neben einem klassischen Museum mit ein paar Vitrinen, wo man auch diese Fallen aus der ganzen Welt sieht, da gibt es auch noch eine Werkstatt und in dieser Werkstatt siehst du nach wie vor, wie die Nerother damals die Mausefallen gemacht haben. Das sieht erstmal aus wie eine ganz normale Werkstatt, verschiedene Werkzeuge, Zangen, Hämmerchen usw. Aber wenn man da vor Ort ist kriegt man so ein bisschen den Eindruck davon, wie die damals produziert worden sind.

Ralph

Haben die dann irgendwann auch Fallen für größere Tiere gebaut?

Lukas

Nein, das waren immer nur Mause-, Ratten- oder Maulwurffallen.

Ralph

Du hattest am Anfang ja gesagt, dass es heute auch um Whisky geht. Wie war das gemeint?

Lukas

Das war insofern gemeint, als dass eine der größten Importeure von Nerother Mausefallen tatsächlich Schottland und Irland waren. Das sind noch in den 1960 er Jahren Bestellungen nachweisbar mit mehreren 1000 Bestellungen.

Lukas

Der einfache Grund dafür man durfte damals kein Gift und keinen Dünger auf die Felder geben, weil man damals schon gemerkt hat, dass der Whisky dadurch schlecht schmeckt. Gleichzeitig hat es aber Plagegeister wie Mäuse und Ratten natürlich im feuchten Klima von Irland und Schottland gegeben, und deswegen hat man versucht, möglichst effizient und möglichst kostengünstig Mausefallen aufzustellen und die besten und effizientesten kamen aus Neroth.

Ralph

Also das ist ja so viel, was du mir heute erzählt hats, von dem ich noch nie gehört hab.

Lukas

Ja, das ging mir auch so bei meinem Besuch.

Ralph

Ja, wer besucht dann jetzt das Museum in Neroth?

Lukas

Im Jahr gibt es 3.000 – 4000 Besucher:innen das kommt natürlich ganz drauf an. In Corona Zeiten war weniger los und das ist ganz unterschiedlich also entweder alte Menschen, die tatsächlich auf einer Kaffeefahrt sind und die dann mit dem Bus vorbeifahren. Es gibt teilweise auch Schulklassen, die dahin gehen, aber auch Leute, die zum Beispiel Eifelwanderungen machen und da über Neroth und dadurch gehen. Und dadurch, dass das Museum in ganz Neroth relativ prominent ausgeschildert ist, kommt man da auch immer mal wieder hin. Wenn du in das Museum mal gehen solltest, und das würde ich jedem empfehlen. Das ist wirklich total interessant, dann wird man sehr schnell beeindruckt davon sein, was es alles für Möglichkeiten gibt, Mäuse zu fangen oder um die Ecke zu bringen. Und da sind der menschlichen Fantasie wenig Grenzen gesetzt.

Ralph

Also ich muss sagen, ich bin so zwiegespalten, weil ich finde das total faszinierend, aber wenn ich dann höre wieder diese Mäuse umkommen drin. Dann schmerzt das tatsächlich ein bisschen, aber es gibt ja auch Lebendfallen, hast du gemeint.

Lukas

Ja ja vor allem diese Nerother Rundfalle, diese Iglu-Falle, die wir ganz am Anfang vorgestellt haben, da werden die darin gefangen und das hat ja auch Helga gesagt, dass das heutzutage eher der Fall ist, dass sie nicht mehr umgebracht werden. Aber du musst halt überlegen: Ich meine Mäuse waren Krankheitsüberträger. Mäuse haben Ernten vernichtet und damals war es halt häufig eine Entscheidung, lebt die Familie oder lebt die Maus und dann ist die Entscheidung keine schwierige, die dazu fällen.

Lukas

Ich glaub so mit Tier rechten und wie man damit neuestens umgeht, das ist halt so eine Geschichte, die wahrscheinlich erst in ein paar Jahrzehnten so wirklich im Bewusstsein von Menschen ist und ich denk mir vorher wird das recht egal gewesen sein.

Ralph

Ja, da hast du recht. Ja, na gut gut, Lukas, vielen Lieben Dank für den Einblick in diese skurrile Welt der Mausefallen.

Lukas

Jederzeit und gerne.

Ralph

Also wenn euch die Folge gefallen hat, wenn euch der Podcast gefällt, dann abonniert uns doch gerne lasst uns eine Bewertung da. Wir freuen uns auch immer über Feedback. Ihr findet auch unsere Kontaktadresse in der Beschreibung des Podcasts und wir freuen uns aufs nächste Mal.

Lukas

Absolut. bis dahin tschüss.

Ralph

Ciao.

über BITTE NICHT ANFASSEN!:

Schätzungsweise 7.000 Museen gibt es in Deutschland. Und klar, die Großen sind bekannt. Aber was ist eigentlich mit den Kleinen und Alternativen? Diejenigen, die sich um Milbenkäse, Mausefallen und Wurzeln drehen? Genau für die gibt es BITTE NICHT ANFASSEN! mit Ralph Würschinger und Lukas Fleischmann. Dieser Podcast ist für Museumsliebhaber und Kulturinteressierte und für alle, die skurrile Geschichten mögen. Pro Monat erscheint eine Folge, für die einer der beiden ein besonderes Museum besucht hat und sich mit dem jeweils anderen darüber austauscht. Dabei kommen auch die Museumsbetreiber zu Wort. BITTE NICHT ANFASSEN! ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr.
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Podcast-Credits:

Sprecher: Lukas Fleischmann, Ralph Würschinger
Produktion: Escucha GbR
Podcast-Grafik: Tobias Trauth https://www.instagram.com/don_t_obey/
Intro/Outro: Patrizia Nath (Sprecherin) https://www.patrizianath.com/, Lukas Fleischmann (Musik)

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Der Beitrag Das Mausefallenmuseum erschien zuerst auf Escucha.

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Kapitel

1. Intro (00:00:00)

2. Teasing auf den Inhalt der Folge (00:00:40)

3. Die Geschichte von Neroth (00:02:05)

4. Die Nerother Rundfalle (00:04:05)

5. Die irische Falle (00:05:38)

6. Das Mausefallenmuseum in Neroth (00:08:14)

7. Mausefallenproduktion in Neroth (00:08:47)

8. Die kenianische Falle (00:09:18)

9. Die automatische Wasserfalle (00:09:36)

10. Der sammelnde Zahnarzt (00:15:26)

11. Über Helga Wallenborn (00:16:30)

12. Geheimsprache Jenisch (00:17:11)

13. Reisende Händler (00:19:14)

14. Mäuse als Gefahr für Whiskey (00:21:13)

15. Wer das Mausefallenmuseum besucht (00:22:10)

16. Resümee (00:23:00)

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über BITTE NICHT ANFASSEN!:

Woran denkst du beim Wort Museum? An weltberühmte Ausstellungsstücke wie Sarkophage ägyptischer Pharaonen, an Gemälde von Picasso oder an technische Erfindungen wie das Automobil? Denkst du an das Deutsche Museum in München, das Pergamon-Museum in Berlin oder an das Städel in Frankfurt? Wir – das sind Ralph Würschinger und Lukas Fleischmann – denken beim Wort Museum an etwas Anderes: an Milbenkäse, Mausefallen, an Flipper-Automaten, Nummernschilder oder auch an Gartenzwerge. Denn die schätzungsweise 7.000 Museen in Deutschland haben so viel mehr zu bieten als das Angebot der großen Häuser. Mit „BITTE NICHT ANFASSEN – Museum mal anders“ begeben wir uns an kleine Orte, in Seitengassen großer Städte, um die kleinen und alternativen Ausstellungen zu finden, von denen du vermutlich noch nie gehört hast. Pro Monat erscheint eine Folge, für die einer von uns beiden ein besonderes Museum besucht und sich mit dem jeweils anderen darüber austauscht. Dabei kommen Museumsbetreiberinnen und -betreiber zu Wort, aber auch die Exponate an sich werden hörbar gemacht. Dieser Podcast ist für Museumsliebhaber, für Mitarbeiter aus dem Museumsbereich und für alle, die sich für Kunst, Kultur und Technik-Geschichte interessieren und skurrile Stories mögen. BITTE NICHT ANFASSEN! ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr. Mehr Infos auf https://www.escucha.de/bitte-nicht-anfassen/

Wenn ihr als Museum darüber nachdenkt, ob Podcasting etwas für euch ist – hier sind 10 gute Gründe dafür: https://www.escucha.de/gruende-fuer-museumspodcasts/

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Transkript:

Ralph

Hey, ich bin Ralph

Lukas

und ich bin Lukas und in diesem Podcast nehmen wir euch zu Museen aus ganz Deutschland und darüber hinaus mit. Aber es geht nicht um die großen berühmten Museen, sondern um kleine Alternative, skurrile und manchmal auch ganz schön lustige Museen.

Ralph

Wir wollen wissen, was Menschen dazu bringt, Dinge zu sammeln und Ihnen ein Museum zu widmen. In jeder Folge stellt einer von uns dem anderen und euch natürlich ein Museum vor, das er besucht hat und jetzt geht es los.

Intro

Bitte nicht anfassen, Museum mal anders. Ein Podcast von Escucha.

Lukas

Tja Ralph, heute nehme ich dich mit zu Geheimsprachen, ich nehm dich mit zu Ingenieursmeisterleistungen, ich erzähl dir was von europäischer Geschichte und ich erklär dir was Whisky Produktion mit Mausefallen zu tun hat.

Ralph

Ja, sehr spannend bin ich für alles offen.

Lukas

Kannst du dir vielleicht vorstellen, was das Objekt ist, über das das Museum gibt?

Ralph

Irgendwas Lokalgeschichtliches? Keine Ahnung.

Lukas

Nein, tatsächlich geht es um Letzteres. Es geht um die Mausefallen, denn ich war im Mausefallenmuseum in Neroth. Neroth wird dir sicherlich nichts sagen, vermute ich mal, das ist ein kleines Dorf in der Eifel, also ganz im Westen Deutschlands. Als ich da war, Mitte Dezember, war das Dorf wie ausgestorben, da war wirklich nichts los.

Lukas

Ich war aber schon ein bisschen angefixt von diesem Museum, weil als ich an dem Ortsschild von Neroth vorbeigefahren bin, stand schon auf dem Ortsschild “Mausefallenmuseum”; bin schon von vornherein davon ausgegangen, dass diese Mausefallen und das Museum über die Mausefallen für die Nerother ganz schön wichtig sind. Ich hab mich da mit Helga Wallenborn getroffen. Sie kümmert sich seit 7 Jahren um das Museum und sie hat mir sozusagen eine kleine exklusive Führung gegeben durch die mehr als 500 verschiedenen Mausefallen, Ratten fallen und Maulwurfsfallen, die in diesem Mausefallenmuseum ausgestellt sind.

Ralph

Warum ist das denn genau in Neroth? Also gibt es da irgendwie eine besondere Geschichte? Was haben die denn mit Mausefallen zu tun?

Lukas

Dazu gibt es nicht nur eine besondere Geschichte, es gibt im Prinzip ganz viele verschiedene Geschichten, die alle irgendwie ineinander verwoben sind, und deswegen habe ich dir diesen Teaser am Anfang gesagt. Also prinzipiell kannst du sagen, dass Neroth im Mittelalter mal relativ reich war.

Lukas

Aber gerade in der Neuzeit, also so ab dem 17.18. Jahrhundert, konnten die Menschen dort von der Landwirtschaft nicht mehr leben. Du musst dir vorstellen, dass die allermeisten Menschen in dieser Zeit Bauern waren und dass man dafür natürlich auch gute, fruchtbare Böden braucht und gerade in der Nerother Gegend ist das eben nicht so der Fall und das heißt, dass die Menschen, die damals sehr arm waren, natürlich auch irgendwann mal sagen, Sie wollten irgendwohin anders emigrieren. Viele sind in die USA gegangen.

Lukas

Andere in die Slowakei und da gab es vor allem einen, ein gewisser Klaes, der lernte dort Drahtbinden also, das heißt aus Draht verschiedene Sachen zu binden und verschiedene Objekte zu machen und mit den Skills kam er zurück nach Neroth und hat dann angefangen, einfach Sachen zu reparieren, indem er Draht benutzt hat, um kaputte Dinge zusammen zu binden. Daraus haben die das so weiterentwickelt, dass sie angefangen haben, aus Draht Mausefallen zu konstruieren, denn Mäuse und Ratten waren zu dieser Zeit eigentlich überall ne riesengroße Plage.

Lukas

Und je effektiver die Mausefallen waren, desto häufiger wurden sie gekauft und so haben die Nerother angefangen, ihre Mausefallen in der ganzen Gegend zu verkaufen. Und die waren dabei richtig erfinderisch und zwar so erfinderisch, dass es sogar Mausefallen Typen gibt, die nach den Nerothern benannt sind.

Ralph

Da wollte ich tatsächlich gerade fragen, ich dachte dann hast du irgendwie umgedreht die Mausefalle und dann war “Made in Neroth” draufgestanden.

Lukas

So in der Richtung ja genau da hören wir mal rein, was Helga Wallenborn dazu zu sagen hat.

Helga Wallenborn

Jetzt heißt sie Nerother Rundfalle. Es ist eine Reusenfalle, die 2 Eingänge hat, die innen angespitzt sind, so dass die Mäuse nicht mehr rauskönnen und ein Türchen, damit man die Mäuse wieder herausnehmen kann, ob lebend oder tot, neuerdings lebend in Nachbars Garten bringen und früher haben die Mäuse, also Speck und Käse gemocht. Heute gibt es Nutella, Schokolade und Erdnussbutter.

Lukas

Falls du dir diese Nerother Mausefalle, also diese Nerother Rundfalle, wir kommen nämlich später dazu, dass es noch mehrere andere gab, die kannst du dir irgendwie vorstellen wie ein Iglu. Du weißt ja wie ein Iglu aussieht, wie so ne Küchenschüssel, die umgedreht ist und die ist komplett aus Drahtgebunden. Und diese Eingänge für die Mäuse sind wie so Reusen. Das heißt, sie kommen von außen in die Falle rein, aber dann gehen diese Drähte zusammen und sie kommen nicht mehr raus. ich habe noch nie so eine Mausefalle gesehen. Es sieht aber auf jeden Fall super Fancy und super effektiv aus, und zwar so effektiv, dass diese Drahtbinderarbeiten so erfolgreich waren, dass sie eigentlich in die ganze Welt exportiert worden sind.

Ralph

Wie groß ist denn dann so eine Rundfalle? Weil wenn ich an ein Iglu denke; Da haben mehrere Leute Platz und haben jetzt in so einer Falle dann auch mehrere Mäuse Platz?

Lukas

Absolut also die gibt es in verschiedenen Größen, aber ich würde mal sagen da passen locker so 5 – 10 Mäuse rein. Also das ist gar kein Problem, die sind da drinnen und das ist natürlich eine Falle aus Nerother Produktion, die dafür sorgt, dass die Mäuse überleben.

Lukas

Eine andere Falle, die aus Neroth kommt, die witzigerweise irische Falle genannt wird, obwohl sie in Irland Deutsche oder Nerother Falle genannt wird. Die geht nämlich nicht so zimperlich mit den Mäusen um, da ist es nämlich leider anders. Diese Falle killt die Mäuse.

Ralph

Ist es dann so ne Art Bügelfalle?

Lukas

Ja, so in der Richtung. Wir hören mal kurz an, wie sich das anhört, denn das hat mir Helga gezeigt.

Helga Wallenborn

So ich löse jetzt aus. An dieser Federung ist vorne ein Galgen. Dieser Galgen wird mit einem Faden nach unten gespannt und die Maus muss erst, wenn sie an den Köder will, der hinter dem Faden ist, den Faden durchbeißen. Ja, und das war’s dann, sie bricht das Genick. Und dadurch, dass überall ein Köder drin ist, gehen mehrere Mäuse rein. Diese Fallen hier gab es mit 3, 6, 9 und 12 Löchern.

Ralph

Ei ei ei. Das klingt irgendwie sehr brutal, aber na gut, wenn natürlich gleich das Genick gebrochen ist, dann unterscheidet sich das jetzt auch nicht von so einer herkömmlichen Falle.

Lukas

Ja, absolut also, vor allem musst du dir diese Nerother Holzfalle so vorstellen, dass es die in verschiedenen Größeneinheiten gibt. Die gibt es entweder als dreier, Sechser oder Zwölfer Einheit. Das Design stammt tatsächlich aus dem 19. Jahrhundert. Das, was natürlich ein bisschen, ja skurril für uns anmutet, ist, dass diese Mäuse sozusagen in diese Falle gelockt werden und wenn dieser Auslöser getätigt wird und dieser Galgen dann hochzieht, dann bleiben diese Mäuse erstmal in diesen Fallen hängen. Also man hat damals tatsächlich gewartet, bis so viele Mäuse wie möglich in dieser Falle drin sind und hat dann alle Mäuse genommen an der Falle, hat die hingetragen, wo man sie entsorgen wollte, hat ein Mechanismus geöffnet und dann sind diese Mäuse aus dieser Falle alle rausgefallen. Also du siehst, es ist ein wahnsinnig, ja wie soll man sagen ökonomisiertes Mäusefangen. Die Nerother haben das damals echt auf die Spitze getrieben, weil diese Nerother Falle, also die Falle die Mäuse nicht fängt, sondern die Mäuse tötet.

Lukas

Die ist für die Verhältnisse extrem klein, also diese klassischen Mausefallen, die wir kennen, sind ja vergleichsweise groß, sind ja deutlich grösser als die Mäuse selbst und bei dieser Nerother Falle ist es umgekehrt. Die haben wirklich den Platz, ich würde mal sagen, optimal ausgenutzt. Die Mausefallenproduktion in Neroth ging bis in die 1960 er Jahre.

Lukas

Danach wurde das alles ausgelagert nach Asien und die Mausefallenproduktion da kam zum Erliegen. Erst 1985 hat sich dann der Heimatverein gegründet und die wollten aus dieser Mausefallentradition; wollten halt auf die aufmerksam machen und haben dann das Museum gegründet. Und tatsächlich seit ein paar Jahren, also seit ungefähr 10 Jahren, bauen die Nerother wieder Mausefallen. Vor allem diese Nerother Rundfalle, aber sie benutzen ihre Draht-Skills auch, um daraus zum Beispiel Topfuntersetzer aus Draht zu bauen. Also das kann man dann noch alles kaufen, es schaut auch richtig schön aus.

Lukas

Die Mausefallenproduktion ist immer weiterentwickelt worden und vor allem ist sie nicht nur in Neroth weiterentwickelt worden, sondern auch auf der ganzen Welt und das sieht man daran, dass im Nerother Mausefallenmuseum Mausefallen aus der ganzen Welt ausgestellt sind. Wir haben da zum Beispiel, um einfach nur ein paar Länder zu nennen, Mausefallen aus Jemen, aus Pakistan, Irak, Australien, Ungarn, Slowakei, Polen, Kenia und Kambodscha.

Ralph

War da irgendeine Mausefalle dabei, die du besonders herausragend fandest?

Lukas

Also prinzipiell finde ich alle Mausefallen faszinierend, weil du kannst dir nicht vorstellen, was es für verschiedene Mechanismen gibt, Mausefallen zu konstruieren und vor allem auch entweder die Mäuse zu fangen oder halt umzubringen. Was ich total spannend fand, war die Mausefalle aus Kenia. Die kannst du dir vorstellen wie einen Bogen, also ein Bogen von Pfeil und Bogen, das heißt ein Stab, der mit 2 Schnüren an den Enden verbunden ist und der dadurch in Spannung gebracht wird. Am einen Ende dieses Bogens ist ein kleines Körbchen dran, da ist ein Köder drin. Und wenn die Maus dahin geht, löst dieser Köder aus. Dann wird der Mechanismus ausgelöst. Ich dachte, als das gesehen hab, dass die Maus nur gefangen wird, doch dann hat mir Helga Wallenborn gesagt, dass das nicht so ist.

Helga Wallenborn

Die wird darin kräftig umgebracht. Und zwar bei der Falle aus Kenia – die Kambodscha arbeitet genauso – wird das Hölzchen, dass Sie da jetzt in diesem Bogen, der mit Seil gespannt ist, sehen, vorne in das Körbchen hineingesteckt und das Seil das übrig ist, ist im Körbchen dann drin und wird zur Schlinge. Die Maus muss, wenn sie an den Köder will, der vorne an dem Hölzchen dran ist, erst mit dem Kopf durch die Schlinge und das wars und weil der Bogen hier gespannt war, kriegt sie noch einen Freiflug.

Ralph

Ich bin ein bisschen verwirrt. Also wie genau funktioniert das jetzt? Die geht durch die Schlinge, dann zieht sich die Schlinge um die Maus herum und dadurch, dass dieses Seil gespannt ist, wird die halt weggeschleudert und bricht dadurch das Genick, oder wie?

Lukas

Diese Falle ist so, dass wenn die Maus diesen Mechanismus auslöst – das hatte Helga gerade erklärt – dann wird diese Schlinge zugezogen, das heißt, diese Schlinge zieht sich durch die Bogenspannung in Richtung Mausehals und bricht der Maus das Genick.

Ralph

Aber stellt man die Falle im Haus auf oder außen?

Lukas

Die kannst du draußen und drinnen aufstellen. Das ist gar kein Problem

Ralph

Wieviel Meter fliegt die denn?

Lukas

Ich weiß es nicht. Wir haben sie nicht ausgelöst. Das ist auf jeden Fall total faszinierend wie viele verschiedene Mechanismen es gibt, das auf die Spitze zu treiben. Eine Mausefalle, auf die ist Helga Wallenborn ganz besonders stolz. Das ist nämlich die Mausefalle die automatische Wasserfalle nach dem Deutschen Reichspatent aus dem Jahr 1910 und die kann fast wie am Fließband Mäuse fangen und umbringen. Und auch die haben wir uns angeguckt. Da hat sie mir dazu was erklärt.

Helga Wallenborn

Das Teil hat vorne einen Vorbau. An der Seite dieses Vorbaus kann man Köder hintun, der kann aber nicht gefressen werden, weil es ein Gitter ist. In der Mitte dieses Vorbaus ist ein Eingang und in diesem Eingang ist eine Wippe. Und wenn die Maus in den Eingang reintritt, geht die Tür zu. So. Und dann muss sie hier an diesem Radteil, das hier an der Seite hochgeht, hochklettern, der Widerhaken geht rüber, sie kommt hier oben an und hat oben ein Loch, durch das sie durchkrabbelt und hier hinten auf das zweite Blech gelangt, das auf dem Aufbau des Wasserbehälters ist. Sie tritt auf das Blech und saust ins Wasser und macht die Tür auf für die nächste Maus.

Ralph

Boah, ist das kompliziert ohne ****** weil das ist, wenn man das nicht sieht und nur hört, wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist der Vorbau nicht mit Wasser gefüllt. Es gibt danach aber noch einen zweiten Bau. Genau da wird die Maus dann hin gelotst und dort ist Wasser drin und dann, sobald die Maus in diesem Wasserbecken ist, wird der Eingang von dem Vorbau für die nächste Maus geöffnet und die Maus in dem Wasserbecken ist gefangen.

Lukas

So in der Richtung, genau, also du kannst es dir vorstellen. Im Prinzip sieht diese Falle aus wie ein großes L. Der untere Teil des Ls ist sozusagen dieser Vorraum, wo der Köder hinter diesem Gitter ist. Das ist halt das, was Helga gerade auch erzählt hat und da muss die Maus rein und ab dem Zeitpunkt, wo die drin ist, kracht hinter ihr eine Tür zu. Die Maus hat nur eine Richtung, in der sie gehen kann, und das ist eine kleine Leiter, die quasi bei dem hohen Teil des Ls also entlang geht, und diese Leiter muss sie hoch, das ist die einzige Möglichkeit.

Lukas

Diese hat, wenn sie da hoch geht und am Dach, also ganz oben am L angekommen ist, dann öffnet sich von dem Gewicht der Maus öffnet sich das Blech und die Maus fällt in das Wasser und diese mechanische Energie wird über einen anderen Mechanismus verwendet, um vorne die Tür wieder aufzumachen. Das heißt im Prinzip ist diese Mausefalle so lang aktiv und ersäuft so lange Mäuse bis der Wassertank voll mit toten Mäusen ist. Damit dieser erneute Mechanismus nicht mehr auslösen kann.

Ralph

Die Mäuse, die ertrinken dann?

Lukas

Die Mäuse ertrinken dann, genau. Die fallen von oben in dieses Wasser rein, aber kommen von unten nicht mehr hoch und die ertrinken dann genau.

Ralph

Ich würde sagen, eine Meisterleistung der Ingenieurskunst, aber ich verstehe nicht ganz warum das teilweise so aufwendige Erfindungen sind.

Lukas

Na überleg mal, so aufwendig ist es ja gar nicht, denn diese deutsche Wasserfalle von 1910 die kannst du ja überall hinstellen, du brauchst nur einen einzigen Köder. Der Köder wird nicht mehr aufgefressen, weil der gar nicht berührt wird und du lässt sie einfach stehen und kannst damit im Prinzip so viele Mäuse fangen, bis dieser Wasser voll ist, wenn du eine normale Mausefalle hast, die löst einmal aus und dann ist die tote Maus da drinnen oder die gefangene Maus da drinnen bis du die Falle holst. Und da kannst du einfach sehr viele Mäuse fangen, ohne irgendwas dafür zu machen. Also das ist schon gar nicht so blöd und, und das wusste ich auch nicht, diese Mausefallen vor allem diese deutsche Mausefalle, die ist richtig, richtig, richtig begehrt, auch unter Sammlern und davon gibt es einige. Unter anderem auch Menschen, die natürlich Mausefallen an das Mausefallemuseum in Neroth spenden. Die kommen aus der ganzen Welt.

Lukas

Und es gibt aber tatsächlich den Fall eines Zahnarztes, der unbedingt die deutsche Mausefalle kaufen wollte. Und da hören wir jetzt auch mal kurz rein.

Helga Wallenborn

Der unbedingt diese Falle mit dem Deutschen Reichspatent haben wollte und lange gebettelt hat und Fallen geschickt hat, Blumen geschickt hat, selbst vorbeikam. Die Falle ist immer noch da, und die geht auch nicht weg.

Ralph

Sehr sehr skurril, dass er sogar Blumen schickt und alle möglichen, ja, Versuche wagt, da diese Falle zu bekommen. Also ich habe noch nie gehört, dass jemand Mausefallen sammelt. Da kann es ja nicht so viele Leute geben, oder doch?

Lukas

Da gibt es tatsächlich ein paar und das Spannende ist auch, dass diese Mausefallen teilweise richtig, richtig teuer sind. Eine funktionierende Mausefalle mit diesem Deutschen Reichspatent kostet auf Flohmärkten bis zu 1.000 €, wenn du die jetzt kaufst. Also das ist so, dass sie auch mittlerweile einen gewissen monetären Wert haben tatsächlich.

Ralph

Ich hab noch eine Frage zu Helga, die Helga, die gehört, zu dem Heimatverein, oder was ist da ihre Verbindung zu den Mausefallen?

Lukas

Genau, die Helga ist eine gebürtige Nerotherin und hat da lange als Schulrektorin gearbeitet und seitdem sie in Pension ist, hat sie quasi nach einem neuen Projekt gesucht und dann hat sie die Leitung des Mausefallenmuseums übernommen. Interessanterweise hat sie sich dann auch dieses Drahtbinden beigebracht. Und sie kann mittlerweile sogar wieder ein paar Brocken einer alten Geheimsprache, die die Mausefallenhändler untereinander benutzt haben und zwar das Jenisch und wie sich das anhört dazu hat sie mir 2 Sätze eingesprochen.

Helga Wallenborn

Jenisch-Beispiel

Lukas

Was heißt das auf Deutsch?

Helga Wallenborn

Der Junge und das Mädchen verstehen gar nichts.

Lukas

Können Sie das drunter bitte aussprechen?

Helga Wallenborn

Jenisch-Beispiel 2. Übersetzung: Jetzt haben Sie gut gegessen, nichts bezahlt und jetzt sind weg.

Ralph

Nie gehört. Also ich habe nie gehört von dieser Sprache. Kannst du mir darüber ein bisschen was erzählen?

Lukas

Ja, natürlich also das Jenisch ist eine Mischung aus dem Jiddischen und Rotwelsch. Jiddisch kennt man ja und Rotwelsch…

Ralph

Ist die Gauner Sprache oder so?

Lukas

Genau genau. Das ist eine Sprache, die haben verschiedene Händler benutzt, im 19. Jahrhundert, aber eben auch und besonders die Mausefallenhändler und das ist tatsächlich als Geheimsprache konzipiert. Das heißt diese Krämer, die dann im ganzen Deutschen Reich und darüber hinaus unterwegs waren, haben diese Sprache genutzt, um miteinander zu kommunizieren, damit die anderen nicht verstehen, was sie untereinander kommunizieren. Die haben sich da Tipps gegeben, in welche Herberge man gehen sollte. Bei welchem Wirt man essen sollte und so weiter und wo man am besten die Finger davon lassen sollte. Und das hat nämlich auch mit der Lebensweise dieser Menschen zu tun. Die Nerother sind tatsächlich im 19. Jahrhundert aus Neroth im ganzen Deutschen Reich zu Fuß unterwegs gewesen und haben die Mausefallen, die sie gebaut haben, an einem Ring um die Schulter dabeigehabt und sind sozusagen von Dorf zu Dorf gezogen und haben die Mausefallen verkauft. Die weiteste Route ging tatsächlich bis nach Königsberg, das heutige Kaliningrad, und damit Russland.

Ralph

Und diese Sprache wurde wirklich nur von den Mausefallenkrämern verwendet?

Lukas

Nein, sie wurde von vielen fahrenden Händlern verwendet, also Jenisch wurde auch nicht nur in Neroth gesprochen, es gibt auch Nachweise aus dem Saarland, es gibt auch Nachweis aus dem Rheinland. Es gibt auch Nachweise aus Luxemburg.

Lukas

Aber man weiß, dass sich diese Mausefallenhändler sehr häufig und sehr aktiv auf Jenisch unterhalten haben. Das ist natürlich was, was total speziell ist, weil überleg dir mal, dass du dir als Berufsstand eine eigene Sprache entwickelst, damit dich andere Menschen nicht verstehen. Das ist schon wirklich was Besonderes. Und übrigens noch ein zweiter Fun Fact zu diese Geschichte: Die Händler haben nicht nur eine Geheimsprache genutzt, und ich sage jetzt bewusst die Händler, weil die fahrenden Händler waren wirklich Männer. In der Zeit haben nämlich die Frauen zu Hause an Mausefallen weitergebaut und haben alle 14 Tage Mausefallenpakete in verschiedene Dörfer und Städte per Post geschickt, sodass die Händler, wenn sie ihren ersten Ring an Mausefallen verkauft hatten, jeweils Nachschub hatten. Diese lange Mausefallen-Handelstour, zum Beispiel eine bis nach Königsberg, die ging über ein Jahr. Das heißt, sie haben sich ein Jahr nicht gesehen, weil die das ganze Jahr durch das ganze Deutsche Reich damals gelaufen sind.

Lukas

Das deutsche Kaiserreich. Ihre Mausefallen verkauft haben und alle 14 Tage ihren Mausefallenvorrat wieder aufgefüllt haben, während sie sich die ganze Zeit auf Jenisch unterhalten.

Ralph

Unfassbar also wirklich unfassbar, dass das Geschäft mit den Mausefallen so gebrummt hat, dass man sogar von Neroth bis noch Russland geht und dass man damit auch Geld verdienen kann.

Lukas

Also ich meine es war natürlich nicht viel. Es waren arme Menschen, das muss man auch wirklich sagen, und das haben die nur deswegen gemacht, weil sie von der Landwirtschaft halt nicht leben konnte, ne, aber es ist auf jeden Fall so, dass das eine Geschichte hat und das ist eben den Nerothern auch wichtig, dass diese Geschichte nach wie vor erzählt wird. Und im Mausefallenmuseum Neroth ist es so, dass man natürlich neben einem klassischen Museum mit ein paar Vitrinen, wo man auch diese Fallen aus der ganzen Welt sieht, da gibt es auch noch eine Werkstatt und in dieser Werkstatt siehst du nach wie vor, wie die Nerother damals die Mausefallen gemacht haben. Das sieht erstmal aus wie eine ganz normale Werkstatt, verschiedene Werkzeuge, Zangen, Hämmerchen usw. Aber wenn man da vor Ort ist kriegt man so ein bisschen den Eindruck davon, wie die damals produziert worden sind.

Ralph

Haben die dann irgendwann auch Fallen für größere Tiere gebaut?

Lukas

Nein, das waren immer nur Mause-, Ratten- oder Maulwurffallen.

Ralph

Du hattest am Anfang ja gesagt, dass es heute auch um Whisky geht. Wie war das gemeint?

Lukas

Das war insofern gemeint, als dass eine der größten Importeure von Nerother Mausefallen tatsächlich Schottland und Irland waren. Das sind noch in den 1960 er Jahren Bestellungen nachweisbar mit mehreren 1000 Bestellungen.

Lukas

Der einfache Grund dafür man durfte damals kein Gift und keinen Dünger auf die Felder geben, weil man damals schon gemerkt hat, dass der Whisky dadurch schlecht schmeckt. Gleichzeitig hat es aber Plagegeister wie Mäuse und Ratten natürlich im feuchten Klima von Irland und Schottland gegeben, und deswegen hat man versucht, möglichst effizient und möglichst kostengünstig Mausefallen aufzustellen und die besten und effizientesten kamen aus Neroth.

Ralph

Also das ist ja so viel, was du mir heute erzählt hats, von dem ich noch nie gehört hab.

Lukas

Ja, das ging mir auch so bei meinem Besuch.

Ralph

Ja, wer besucht dann jetzt das Museum in Neroth?

Lukas

Im Jahr gibt es 3.000 – 4000 Besucher:innen das kommt natürlich ganz drauf an. In Corona Zeiten war weniger los und das ist ganz unterschiedlich also entweder alte Menschen, die tatsächlich auf einer Kaffeefahrt sind und die dann mit dem Bus vorbeifahren. Es gibt teilweise auch Schulklassen, die dahin gehen, aber auch Leute, die zum Beispiel Eifelwanderungen machen und da über Neroth und dadurch gehen. Und dadurch, dass das Museum in ganz Neroth relativ prominent ausgeschildert ist, kommt man da auch immer mal wieder hin. Wenn du in das Museum mal gehen solltest, und das würde ich jedem empfehlen. Das ist wirklich total interessant, dann wird man sehr schnell beeindruckt davon sein, was es alles für Möglichkeiten gibt, Mäuse zu fangen oder um die Ecke zu bringen. Und da sind der menschlichen Fantasie wenig Grenzen gesetzt.

Ralph

Also ich muss sagen, ich bin so zwiegespalten, weil ich finde das total faszinierend, aber wenn ich dann höre wieder diese Mäuse umkommen drin. Dann schmerzt das tatsächlich ein bisschen, aber es gibt ja auch Lebendfallen, hast du gemeint.

Lukas

Ja ja vor allem diese Nerother Rundfalle, diese Iglu-Falle, die wir ganz am Anfang vorgestellt haben, da werden die darin gefangen und das hat ja auch Helga gesagt, dass das heutzutage eher der Fall ist, dass sie nicht mehr umgebracht werden. Aber du musst halt überlegen: Ich meine Mäuse waren Krankheitsüberträger. Mäuse haben Ernten vernichtet und damals war es halt häufig eine Entscheidung, lebt die Familie oder lebt die Maus und dann ist die Entscheidung keine schwierige, die dazu fällen.

Lukas

Ich glaub so mit Tier rechten und wie man damit neuestens umgeht, das ist halt so eine Geschichte, die wahrscheinlich erst in ein paar Jahrzehnten so wirklich im Bewusstsein von Menschen ist und ich denk mir vorher wird das recht egal gewesen sein.

Ralph

Ja, da hast du recht. Ja, na gut gut, Lukas, vielen Lieben Dank für den Einblick in diese skurrile Welt der Mausefallen.

Lukas

Jederzeit und gerne.

Ralph

Also wenn euch die Folge gefallen hat, wenn euch der Podcast gefällt, dann abonniert uns doch gerne lasst uns eine Bewertung da. Wir freuen uns auch immer über Feedback. Ihr findet auch unsere Kontaktadresse in der Beschreibung des Podcasts und wir freuen uns aufs nächste Mal.

Lukas

Absolut. bis dahin tschüss.

Ralph

Ciao.

über BITTE NICHT ANFASSEN!:

Schätzungsweise 7.000 Museen gibt es in Deutschland. Und klar, die Großen sind bekannt. Aber was ist eigentlich mit den Kleinen und Alternativen? Diejenigen, die sich um Milbenkäse, Mausefallen und Wurzeln drehen? Genau für die gibt es BITTE NICHT ANFASSEN! mit Ralph Würschinger und Lukas Fleischmann. Dieser Podcast ist für Museumsliebhaber und Kulturinteressierte und für alle, die skurrile Geschichten mögen. Pro Monat erscheint eine Folge, für die einer der beiden ein besonderes Museum besucht hat und sich mit dem jeweils anderen darüber austauscht. Dabei kommen auch die Museumsbetreiber zu Wort. BITTE NICHT ANFASSEN! ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr.
Weitere Infos auf https://www.escucha.de/
Kontakt
Instagram: https://www.instagram.com/bittenichtanfassen_podcast/
E-Mail: info[at]escucha.de

Podcast-Credits:

Sprecher: Lukas Fleischmann, Ralph Würschinger
Produktion: Escucha GbR
Podcast-Grafik: Tobias Trauth https://www.instagram.com/don_t_obey/
Intro/Outro: Patrizia Nath (Sprecherin) https://www.patrizianath.com/, Lukas Fleischmann (Musik)

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Der Beitrag Das Mausefallenmuseum erschien zuerst auf Escucha.

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Kapitel

1. Intro (00:00:00)

2. Teasing auf den Inhalt der Folge (00:00:40)

3. Die Geschichte von Neroth (00:02:05)

4. Die Nerother Rundfalle (00:04:05)

5. Die irische Falle (00:05:38)

6. Das Mausefallenmuseum in Neroth (00:08:14)

7. Mausefallenproduktion in Neroth (00:08:47)

8. Die kenianische Falle (00:09:18)

9. Die automatische Wasserfalle (00:09:36)

10. Der sammelnde Zahnarzt (00:15:26)

11. Über Helga Wallenborn (00:16:30)

12. Geheimsprache Jenisch (00:17:11)

13. Reisende Händler (00:19:14)

14. Mäuse als Gefahr für Whiskey (00:21:13)

15. Wer das Mausefallenmuseum besucht (00:22:10)

16. Resümee (00:23:00)

30 Episoden

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