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Optimismus als einzige Option – der designierte Stuttgarter Generalmusikdirektor Nicholas Carter
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Meditation gegen den Stau im Kopf
Vor der Premiere meditiert Nicholas Carter. Für mindestens eine halbe Stunde sitzt der Dirigent dann im Dunklen, achtet auf seinen Atem und versucht nicht an die schwierigen Passagen von Prokofjews Oper zu denken. Das sei kein buddhistisches Ritual, aber es helfe ihm den Stau im Kopf zu vermeiden. Nicholas Carter wurde in Melbourne geboren und stammt aus keiner musikalischen Familie. Als er mit 9 Jahren in Kontakt mit orchestraler Musik und Oper kommt, ist er sofort fasziniert. Bereits mit 20 Jahren dirigierte Nicholas Carter dann seine erste Oper. Er studierte an der University of Melbourne Klavier und Gesang und stand Vladimir Ashkenazy als Co-Dirigent in Sydney zur Seite.Die warmherzigen Stuttgarter passen zum Australier
Im Mai 2024 dirigert er Richard Wagners „Rheingold“ in der Staatsoper Stuttgart. Irgendetwas hat offenbar bei den Klängen zwischen Nicholas Carter und dem Stuttgarter Orchester gefunkt.Mein Eindruck schon von Anfang an war, dass wir uns gut verstehen würden. Bei unserer Probe und der Vorstellung habe ich das Gefühl gehabt, dass ich spontan sein konnte.Ein gutes Zeichen dafür, dass man eine gute Beziehung für die nächsten Jahre aufbauen könne, erzählt Carter. Im November 2024 unterschrieb Carter seinen Vertrag und wurde vom Stuttgarter Opernintendant Viktor Schoner als „Teamplayer durch und durch“ bezeichnet. Und der warmherzige Kontakt mit dem Orchester passt laut Carter zu seiner australischen Seele. Die Australier seien offene Menschen und man ist auch auf der Arbeit schnell befreundet.Quelle: Nicholas Carter, designierter GMD der Staatsoper Stuttgart ab 2026/27
Das Theater als Forum in Zeiten von Social Media
Eine seiner größten Herausforderungen sieht Carter darin, möglichst viele Menschen für die Oper zu begeistern und die Stimmung in der Stadt einzufangen. Die Stuttgarter seien ein ambitioniertes und ehrgeiziges Publikum. Dem designierten Generalmusikdirektor ist es deswegen wichtig eine Balance zwischen Tradition, Identität und der Zukunft zu finden.Es gibt nichts Besseres, als wenn man in ein Theater kommt und es ausverkauft ist, das zeigt irgendwas ganz Gesundes in der Gesellschaft.Für Carter ist das Theater ein Forum in dem Menschen zusammenkommen, sich austauschen und aus alten Kunstwerken immer wieder Neues lernen können. Gerade dann, wenn heutzutage viele auf Social Media auf ihren eigenen Kanälen unterwegs sind. Grund zur Zuversicht ist für ihn dabei auch die jüngere Generation. „Es gibt für mich keine andere Option als optimistisch zu sein. Es gibt auch mehrere Studien, die zeigen, die nächste Generation, die sogenannte Gen Z, die interessieren sich eigentlich mehr für klassische Musik als die Boomer-Generation. Ich bin auch optimistisch, wenn ich hier ins Haus komme. Es ist eine schöne Mischung aus älteren Zuschauern und jüngeren.“ – Nicholas Carter, designierter Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart ab 2026/27Quelle: Nicholas Carter, Dirigent
814 Episoden
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Meditation gegen den Stau im Kopf
Vor der Premiere meditiert Nicholas Carter. Für mindestens eine halbe Stunde sitzt der Dirigent dann im Dunklen, achtet auf seinen Atem und versucht nicht an die schwierigen Passagen von Prokofjews Oper zu denken. Das sei kein buddhistisches Ritual, aber es helfe ihm den Stau im Kopf zu vermeiden. Nicholas Carter wurde in Melbourne geboren und stammt aus keiner musikalischen Familie. Als er mit 9 Jahren in Kontakt mit orchestraler Musik und Oper kommt, ist er sofort fasziniert. Bereits mit 20 Jahren dirigierte Nicholas Carter dann seine erste Oper. Er studierte an der University of Melbourne Klavier und Gesang und stand Vladimir Ashkenazy als Co-Dirigent in Sydney zur Seite.Die warmherzigen Stuttgarter passen zum Australier
Im Mai 2024 dirigert er Richard Wagners „Rheingold“ in der Staatsoper Stuttgart. Irgendetwas hat offenbar bei den Klängen zwischen Nicholas Carter und dem Stuttgarter Orchester gefunkt.Mein Eindruck schon von Anfang an war, dass wir uns gut verstehen würden. Bei unserer Probe und der Vorstellung habe ich das Gefühl gehabt, dass ich spontan sein konnte.Ein gutes Zeichen dafür, dass man eine gute Beziehung für die nächsten Jahre aufbauen könne, erzählt Carter. Im November 2024 unterschrieb Carter seinen Vertrag und wurde vom Stuttgarter Opernintendant Viktor Schoner als „Teamplayer durch und durch“ bezeichnet. Und der warmherzige Kontakt mit dem Orchester passt laut Carter zu seiner australischen Seele. Die Australier seien offene Menschen und man ist auch auf der Arbeit schnell befreundet.Quelle: Nicholas Carter, designierter GMD der Staatsoper Stuttgart ab 2026/27
Das Theater als Forum in Zeiten von Social Media
Eine seiner größten Herausforderungen sieht Carter darin, möglichst viele Menschen für die Oper zu begeistern und die Stimmung in der Stadt einzufangen. Die Stuttgarter seien ein ambitioniertes und ehrgeiziges Publikum. Dem designierten Generalmusikdirektor ist es deswegen wichtig eine Balance zwischen Tradition, Identität und der Zukunft zu finden.Es gibt nichts Besseres, als wenn man in ein Theater kommt und es ausverkauft ist, das zeigt irgendwas ganz Gesundes in der Gesellschaft.Für Carter ist das Theater ein Forum in dem Menschen zusammenkommen, sich austauschen und aus alten Kunstwerken immer wieder Neues lernen können. Gerade dann, wenn heutzutage viele auf Social Media auf ihren eigenen Kanälen unterwegs sind. Grund zur Zuversicht ist für ihn dabei auch die jüngere Generation. „Es gibt für mich keine andere Option als optimistisch zu sein. Es gibt auch mehrere Studien, die zeigen, die nächste Generation, die sogenannte Gen Z, die interessieren sich eigentlich mehr für klassische Musik als die Boomer-Generation. Ich bin auch optimistisch, wenn ich hier ins Haus komme. Es ist eine schöne Mischung aus älteren Zuschauern und jüngeren.“ – Nicholas Carter, designierter Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart ab 2026/27Quelle: Nicholas Carter, Dirigent
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×Eine Liebe zur Qualität im künstlerischen Bereich und ein Engagement der Stadt und des Landes: Das sind die zwei Säulen, die die Opernfestspiele Heidenheim auf die Erfolgsspur gebracht haben. Matthias Jochner ist Kulturamtsleiter in Heidenheim und Flötist im von Marcus Bosch geleiteten Festspielorchester. Anlässlich der Auszeichnung Heidenheims bei den Opera Awards in Brüssel spricht er über die Wiederentdeckung früher Verdi-Opern, die vielleicht schönste Freiluftbühne Europas und die Zukunft der Festspiele.…
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1 Hamlet im italienischen Barock: Die Sopranistin Roberta Mameli beschwört „The Ghosts of Hamlet” 6:01
Etwa 40 Hamlet-Opern gibt es seit dem Jahr 1812. Und von William Shakespeare wimmelt die Musik des 19. Jahrhunderts ohnehin, sei es nun bei Mendelssohn, Berlioz oder Verdi. Doch was hat der italienische Barock mit Hamlet zu tun? Das lernt man auf einem neuen Album mit „vergessenen Arien des italienischen Barocks“, das unter dem Titel „Ghosts of Hamlet“ erscheint, „Hamlets Geister“. Albrecht Selge findet lodernden und zarten Gesang darauf.…
Venedig, 1695. Abenddämmerung, die Domglocke beschallt den Markusplatz. Eine junge Frau steht in einem schmalen, schwach beleuchteten Hauseingang und schaut auf. Für manche gibt die Glocke die Zeit an. Für andere markiert sie Feiertage, Ratsversammlungen, öffentliche Hinrichtungen. Für die junge Frau jedoch bedeutet das Läuten, dass sie und ihre Kolleginnen auf die Straße müssen. Ihre Arbeitszeit beginnt. Quelle: aus Harriet Constable: „Die Melodie der Lagune“ Harriet Constable macht kein Geheimnis daraus, aus welchen Verhältnissen ihre Protagonistin Anna Maria stammt. Ihre Mutter war eine Prostituierte, die ihr Kind aus der Not heraus in einem Waisenhaus abgeben musste. Davon gab es in Venedig nicht wenige, aber das Ospedale della Pietà hatte noch den besten Ruf. Hier war Antonio Vivaldi der musikalische Leiter. Sein berühmtes Mädchenorchester erlangte beachtlichen Ruhm und lockte zahlreiche Italienreisende an. Doch für die kleine Anna Maria ist der Alltag erst einmal von ganz anderen Dingen bestimmt: „Waschen, schrubben, nähen, bügeln, Gemüse putzen, Wasser kochen, scheuern, sauber machen. Erst nach dem Mittagsgebet haben die Mädchen frei“, schreibt Constable. Die Autorin zeichnet ein facettenreiches Bild vom Leben im Waisenhaus. Das war extrem kontrastreich. Körperliche Züchtigungen gehörten zur Tagesordnung und die Order „Bete und arbeite“ gab den Takt vor. Auf der anderen Seite erhielten die Mädchen sehr früh Zugang zu einer fundierten, musikalischen Ausbildung. Der steinige Weg zur Geigen-Virtuosin Stiefel schaben über den Holzfußboden, als alle zum Instrumentenschrank eilen. Etwa zwanzig Geigenkästen liegen in den Regalen, verschrammt und beschädigt, gespendet von wohlhabenden Venezianern, die einmal auf den darin befindlichen Geigen gespielt haben und sie dann nicht mehr brauchten. Quelle: aus Harriet Constable: „Die Melodie der Lagune“ Dass der Unterricht damals nicht von Walddorf-Pädagogik geprägt war, sondern mit harter Hand durchgeführt wurde, führt die Autorin bildhaft aus. Die Mädchen wurden für das Orchester mehr oder weniger streng abgerichtet, denn es war eine sprudelnde Einnahmequelle für die Einrichtung. Die Autorin begleitet ihre Protagonistin auf dem langen und steinigen Weg zur angesehenen Geigen-Virtuosin. Nach und nach wird sie zu einer herausragenden Vivaldi-Interpretin, viele seiner Stücke sind ihr gewidmet. Das Verhältnis der beiden zueinander wird dabei sehr differenziert erzählt und ausgeschmückt. „Die Melodie der Lagune“ ist ein Roman und eben kein staubtrockenes Handbuch der Musikwissenschaft. Trotzdem gelingen der Autorin mit leichter Hand sehr gute Werkbeschreibungen. Absolut lesenswerte Lebensgeschichte Die historische Anna Maria della Pietà starb 1782 hochbetagt im Alter von 86 Jahren. Das Waisenhaus hat sie nie verlassen, ihre Versuche, ein bürgerliches Leben außerhalb zu führen, scheiterten an den Umständen der Zeit. Auch ihr Œuvre als Komponistin blieb lange in tiefen Schubladen versteckt. Der Rahmen der Selbstbestimmung war für Frauen in dieser Epoche extrem eingeschränkt. Harriet Constable erzählt auf 380 Seiten eine spannende und absolut lesenswerte Lebensgeschichte. „Ich habe diesen Roman geschrieben, weil einige der berühmtesten Musikstücke der Welt einen anderen Ursprung haben, als wir bislang dachten“, schreibt Constable in ihrem Buch. „Sie stammen von Hunderten Mädchen und Frauen. Ich hoffe, Sie fragen sich jetzt, was es noch alles zu entdecken gibt.“…
Vielleicht bin ich ja einer der letzten Menschen, der noch CDs sammelt. Aber ich finde, auch für Leute wie mich sollten sich die Marketing-Fritzen bei den Labels noch ein bisschen Mühe geben. Als mir die Redaktion die neuesten Klassik-CDs vorgelegt hat, entstand bei mir ehrlich gesagt erst mal kein großer Kaufrausch. Die meisten Plattencover sehen aus, als hätte man die aktuellen Pop-Alben durch eine KI gejagt mit der Anweisung: „Wir hätten gerne das gleiche, nur in seriös.“ Klassik ist optisch eine ernste Angelegenheit Beim ersten Blick auf die Neuveröffentlichungen fällt auf: Klassik scheint vor allem für junge Männer eine äußerst ernste Angelegenheit zu sein. So blickt ein Oboist auf seinem Klassik-Pop-Crossover-Album ein bisschen so drein, als hätte er weder Lust auf die Musik von Vivaldi noch auf Billy Eilish gehabt. Gut, letzteres kann ich verstehen. Oder liegt es nur an dem blauen Licht, das ihn ein bisschen wie Heuli-Schlumpf aussehen lässt. Sein Manager wird's wissen. Ein junger Pianist hingegen sieht erst mal aus wie ein rockiger Typ, der mit Pulli und Tattoos die Klassik-Branche mit ein wenig „Street Credibility“ aufmischen möchte. Eingespielt hat er aber Titel wie „Wir setzen uns mit Tränen nieder“ und „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen?“ und genauso bedröppelt hundeblickt er mir auch vom Cover entgegen. Natürlich, man kann auch mit Tätowierung ein gefühlvoller Typ sein, das heißt aber nicht, dass man die ganze Zeit nur in Moll spielen muss. Doch lieber wie die Musikschullehrerin mit Sodbrennen Dinge, die ich besonders gerne nicht mag sind Konzeptalben und politisch motivierte Musik. Joan Baez nutze ich zum Beispiel nur, um Einbrecher zu vertreiben. Deswegen fremdele ich auch sehr mit einem Album, bei dem sich die Künstlerin mit Klavierneueinspielungen für Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung einsetzen möchte. Bei so viel gutem Willem schone ich erst mal meine Gehörgänge und freue mich direkt über das wohltuend konservative CD-Cover einer anderen Pianistin, die auf ihrer neuen Platte zwar dasteht wie eine Musikschullehrerin mit leichtem Sodbrennen, aber immerhin eine Partitur in Händen hält und einem das Gefühl vermittelt, sie hätte sie nicht nur gelesen, sondern auch verstanden. Geradezu markig blickt ein 74-jähriger Klavier-Veteran drein, wenn er selbstbewusst seine neuen Schubert-Einspielungen in einem Berliner Mehrparteien-Treppenhaus präsentiert. Wenn man die CD allerdings umdreht und sich das abgebildete Schubert-Portrait ansieht, muss man leider konstatieren, dass der gute alte Franz den „Bad-Ass-Lookalike-Contest“ auch dieses Mal wieder für sich entscheidet. Tja, entweder man hat es oder man hat es eben nicht. Zeit, dass sich die Marketingleute wieder mal Mühe geben Jetzt können Sie natürlich sagen, letztlich ist es egal, was auf der Verpackung abgebildet ist. Man kauft ja auch die Cornflakes, nicht die Schachtel. Andererseits betrachte ich CDs immer noch als Gesamtkunstwerk und dazu gehört eben auch das Cover, das Booklet, die Aufmachung der Silberscheibe. Die Künstler liefern bestimmt tolle Arbeit auf all den erwähnten Alben ab. Zeit, dass sich auch die Marketingleute wieder mal Mühe geben. Es ist ganz einfach: Nicht immer schauen, was gerade Trend ist! Zurück zu den Wurzeln, ein bisschen mehr Spaß, Ironie, Selbstbewusstsein und auch Übertreibungskunst, das ging doch früher auch: „Mantovani – Ein Klang verzaubert Millionen“, „Bach – Ein Feuerwerk des Barock“, „Karajan-Dirigent des Jahrhunderts“... Ich würd's kaufen.…
Wo ist Heimat? Diese Frage stellte der Sänger und Cellist Abel Selaocoe mit seinem ersten Album „Where is home“, auf dem er Werke von Johann Sebastian Bach mit südafrikanischen Gesängen verband. Mit „Hymns of Bantu“ scheint er darauf eine Antwort gefunden zu haben: Er hat Hymnen seiner südafrikanischen Vorfahren gemeinsam mit dem Ensemble Manchester Collective neu arrangiert und beim Label Warner Classics eingespielt. Doch auch auf diesem Album gehen westliche Barockmusik und südafrikanische Traditionels wieder überraschende Symbiosen ein. Thilo Braun stellt es im heutigen Album-Tipp vor.…
Ernst vs. Unterhaltung Ein Schlagerstar wie Helene Fischer führt pro Konzerttour ungefähr sechs Millionen Euro an die GEMA ab, an Fischer werden aber auch vergleichbare Summen ausgeschüttet. E-Musik ist weit weniger populär und zugleich viel aufwändiger zu produzieren. Deshalb erhalten GEMA-Mitglieder dieser Sparte seit Jahrzehnten etwas mehr als sie am Musikmarkt in Zahlen wert sind: Das ist ein lange tradiertes Solidaritätsprinzip in der GEMA. Die Unterscheidung in E und U sei für Außenstehende heute durchaus merkwürdig, räumt der Komponist Moritz Eggert ein. Sie sei allerdings Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts im gegenseitigen Einvernehmen auch mit den Vertretern eher unterhaltsamer Musik getroffen worden. Diese Solidarität, so Eggert, existiere bis heute. Ich war gerade bei den Filmmusiktagen in Halle bei der Verleihung des Lebenswerkpreises an Christian Bruhn, der ja lange auch Vorsitzender des Aufsichtsrats bei der GEMA war. Der selber jetzt aus der Schlager- und aus der Filmmusikszene kommt. Und das Allererste, was er gesagt hat bei seiner Rede, war, dass er sehr wohl weiß, was der Unterschied zwischen einer Sinfonie von Mozart und seiner Arbeit ist. Quelle: Moritz Eggert, Komponist Aus 10% werden 1,3% Die GEMA möchte die Unterscheidung von „E“ und „U“ jetzt aufheben. Was künftig an Lizenzeinnahmen hereinkommt, will die GEMA anders verteilen, und zwar weitgehend ohne unterschiedliche Gewichtung der Werke. Eine Rolle bei der Bemessung sollen dann nur noch die Werklängen spielen und nicht, wie früher, zum Beispiel die Größe der Besetzung oder eben die Einstufung in „Ernst“ oder „Unterhaltend“. Die E-Musik ist bisher bei den Tantiemen-Ausschüttungen der GEMA besonders berücksichtigt worden. Das ist überhaupt erst möglich, weil die GEMA von allen ihren Einnahmen immer zehn Prozent zurückhält – „für kulturelle und soziale Zwecke“, wie es heißt. Moritz Eggert ist Präsident des Deutschen Komponist:innenverbandes und selbst ordentliches Mitglied der GEMA – und kennt die Regeln sehr genau: „ Also man muss sich vorstellen: Es gibt diese Zehn Prozent Abzug. Die gehen aber keineswegs, wie viele denken, in die E-Musik, sondern die gehen erst mal in einen großen Topf für soziale Abgaben und für die Wertung U und für die Wertung E. Innerhalb dieses Zehn Prozent Topfs kriegt die E-Musik einen dreißigprozentigen Anteil, also einen Aufschlag, ja. Das ist dieser einzige Punkt, wo E-Musik begünstigt wird. Wenn man jetzt aber mal schaut, wie sich diese Zahlen auswirken, ich kann die Zahlen mal hervorholen vom Geschäftsjahr 2023, da kann man zum Beispiel sehen, dass an die E-Musik von den Einnahmen der GEMA insgesamt 1,3 Prozent ausgeschüttet wurden. Also Sie können sich vorstellen, das geht jetzt hier nicht um riesige Summen, die irgendwie verteilt werden.“ – Moritz Eggert Perspektive für Nachwuchskomponisten Es geht nicht um riesige Summen, aber es geht durchaus um Geld. Komponisten von zeitgenössischer E-Musik leben oft in prekären Verhältnissen. Für sie geht es darum, ob sie ihren Beruf professionell ausüben können. Gerade Nachwuchskomponisten wie der fünfundzwanzigjährige Fabian Blum stellen sich diese Frage. Dem bisherigen Abrechnungsmodell der GEMA nach „E“ und „U“ steht Blum zwiespältig gegenüber, aber er sieht auch die Vorteile. „ Weil es gab halbwegs konkrete Faktoren, die natürlich auch schwammig sind, wo man zwischen E und U unterscheiden kann. Also über den Kontext, also was für ein Konzert das ist oder dergleichen, das hat schon irgendwie automatisch stattgefunden. Und man muss auch sagen, dieses System funktioniert nicht so gut. Also bei mir im letzten Jahr gab's nur ein Stück, was richtig abgerechnet worden ist. Was natürlich für mich persönlich nicht so gut ist, aber das spielt natürlich für die Masse jetzt keine Rolle. Aber so was passiert unter dem alten System und wird unter dem neuen System genauso passieren.“ – Fabian Blum Die GEMA in der Kritik – Auch bei den Weihnachtsmärkten 2024 Reformbedarf Immerhin sind es mehrere hundert Euro, die Fabian Blum durch die fälschliche Abrechnung in der Sparte Unterhaltungsmusik vermutlich verloren gegangen sind. „ Ich kenne keine Menschen momentan in der E-Musik, die keinen Reformbedarf sehen. Also es geht nicht darum, eine Reform zu verhindern. Also es wird sehr gerne auch von der anderen Seite so geframt nach dem Motto, wir wollen diese Reform verhindern. Deshalb haben wir momentan irgendwie in der E-Musik diese Angewohnheit: Ja, wir wollen eine Reform, aber wir wollen beteiligt werden. Es wird in jedem Wortbeitrag gefühlt momentan gesagt, und es kommt scheinbar nicht an.“ – Fabian Blum Doch wo genau kommt so etwas nicht an? Denn offenbar gibt es ja Gesprächsrunden – und die GEMA: Ist das nicht die Summe ihrer Mitglieder, also der professionellen Komponierenden, Liedtextdichter und Musikverleger in Deutschland? Die GEMA ist allerdings genau aus diesem Grund gleichzeitig auch eine riesige Gesellschaft mit einem Vorstand und fast tausend Mitarbeitenden – und offenbar auch mit so vielen bürokratischen Regelungen, dass diese Regelungen auch zu Willkür verleiten können. So jedenfalls sieht es Moritz Eggert mit Blick auf den derzeitigen GEMA-Vorstand. „ Was sie wollen, ist, diese Kulturgelder selbstbestimmt verteilen zu können. Das heißt, sie wollen neue Akzente setzen. Und das wurde auch bei der letzten GEMA-Versammlung in Berlin auch ein bisschen schon beschrieben. Und da kam sofort quasi als Konzept, dass man dann lauter Gremien hat und Ausschüsse, die dann darüber entscheiden, wie dieses Geld verteilt wird.“ – Moritz Eggert Der Internationale Markt Aus dem Vorstand der GEMA ist zu hören, dass man auch weiterhin zehn Prozent der Einnahmen für kulturelle und soziale Zwecke ausschütten wolle – sprich: verstärkt für die zeitgenössische E-Musik. Nur sei diese Regelung den internationalen Musikrechte-Inhabern ein Dorn im Auge. Gemeint sind damit wohl vor allem die großen Musikkonzerne. Wenn also schon die zehn Prozent Sozialmittel gegen den freien internationalen Markt verteidigt werden, so will die GEMA innerhalb dieser zehn Prozent nicht auch noch die Privilegierung von Komponierenden zeitgenössischer E-Musik rechtfertigen – zumal diese Musik sukzessive immer weniger Aufführungen habe, laut GEMA. Das aber könnte man zu Teilen auch der schwindenden öffentlichen Kulturförderung anlasten. Und man fragt sich, ob da die GEMA, gemessen an ihrer Größe und Macht, nicht mehr Widerstand leisten könnte: Widerstand, um nicht selbst in den Strudel des um sich greifenden Kulturabbaus gezogen zu werden.…
Die erste Nocturne der Welt John Fields Nocturnes fühlen sich beim Hören vertraut und gleichzeitig flüchtig an. Da hat man sich gerade an eine Tonart, einen Gestus oder Rhythmus gewöhnt und schon wird man ganz wo anders hingeführt, aber nie fallen gelassen. Einige von Fields Stücken haben eine perlende Virtuosität, wie man sie auch aus Frederic Chopins Nocturnes kennt. Der Vergleich mit Chopin liegt also nahe. Aber man sollte dabei bedenken, dass John Field seine erste Nocturne - und damit die erste Nocturne überhaupt – im Jahr 1812 geschrieben hat. Da war Chopin gerade zwei Jahre alt! John Field ist für Alice Sara Ott ein selbstständiger Komponist, den man sowieso nicht auf den Vergleiche reduzieren kann. Ich finde, dass John Field eine sehr, sehr spezielle Sprache hat. In seiner Musik sieht man, was für ein unglaublich toller Interpret und Improvisator er gewesen ist. [...] Und gleichzeitig ist es auch Musik, die alles in sich trägt. Es gibt Melancholie, es gibt Schmerz, es gibt Trauer, es gibt Freude, es gibt Schönheit. Und man verlässt diese musikalische Welt mit so einem ganz leichten Herzen. Quelle: Alice Sara Ott, Pianistin Eine bekannte Melodie Als Alice Sara Ott an der Nocturne Nummer 9 arbeitet, führen sie ihre Gedanken immer wieder zu Fields Zeitgenossen Ludwig van Beethoven und dessen sogenannter Mondscheinsonate. Das dortige Trauermarsch-Motiv findet man sowohl bei Mozart, als auch bei Beethoven und eben auch bei Fields Nocturne Nr. 9. Für Alice Sara Ott gibt es verschiedene Gründe, warum die Verbindung der beiden Komponisten Sinn ergibt. Erstmal hatten beide enormen Einfluss auf die Entwicklung der Musikgeschichte. Und dass der eine zu DEM Komponisten wurde und der andere vergessen, ist an sich schon interessant. Aber über musikgeschichtliche Zusammenhänge hinaus denkt sie für ihre Konzertgestaltung immer auch an ihr Publikum. Bei Beethoven hat man diesen Weltschmerz und man kann dem nicht entkommen und man leidet mit jeder Note oft mit. Und man ist wirklich gezwungen, sich mit seinem eigenen hässlichen Abbild auseinanderzusetzen. Und dann ist es vielleicht auch ganz schön, dann diese Leichtigkeit und vielleicht auch manchmal Nichtigkeit im John Field zu erleben und dann diese Balance zu haben. [...] Beethoven, der zieht einen wirklich runter und der zerreißt einen von innen. Und das macht John Field nicht. Quelle: Alice Sara Ott, Pianistin…
Das renommierte SWR Experimentalstudio forscht und arbeitet seit über 50 Jahren an neuen Klängen. Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen gehören zu den Gründervätern, Luigi Nono prägte das Studio in den 1980er Jahren. Heute sind es viele internationale Komponisten und Komponistinnen aller Generationen, die in gemeinsam mit den Klangregisseur:innen im Freiburger Spezial-Studio Neues entwickeln. Da das sanierungsbedürftige Heimatgebäude des SWR Freiburg zum Verkauf steht, wurde intensiv ein passender neuer Standort gesucht – und nun gefunden.…
Was wäre, wenn Gustav Mahler, Richard Strauss oder Hugo Wolf für A-cappella-Chor komponiert hätten? Wenn sie die Möglichkeiten moderner Chortechnik gekannt hätten? Diese Frage stellte sich Clytus Gottwald - und erschuf daraus ein faszinierendes neues Repertoire. Morgen Abend würdigt das SWR Vokalensemble seinen hundertsten Geburtstag mit einem Konzert in der Evangelischen Kirche Gaisburg. Eine musikalische Zeitreise in die Klangwelt des Fin de Siècle - neu gedacht für Chor. Eva Pobeschin über die Transkriptionen von Clytus Gottwald.…
Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt und vor den Job die Bewerbung. Ob es da einen Zusammenhang gibt, hat Lars Reichow in seinem Song des Monats Februar ergründet.
Kurz vor der Bundestagswahl haben die Gewerkschaften der freien Szene und der Orchester eine Analyse herausgegeben, in der sie die Parteiprogramme an ihren Forderungen messen. Die anschauliche Tabelle kommt genau zur richtigen Zeit, findet Hannah Schmidt.
„Es ist wichtig, dass wir Musiker etwas Aktuelles aussagen.“ Das fordert die Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Zwei Jahre lang war sie Associated Artist im SWR Experimentalstudio, aktuell ist sie Artist in Residence beim SWR Symphonieorchester, und sie sucht dort nicht zuletzt neue Konzertformen für drängende Themen. „Im Namen des Friedens“ heißt das von ihr entwickelte Projekt, in dem Experimentalstudio und Symphonieorchester beteiligt sind. Im November hat es in Stuttgart, Freiburg und Berlin stattgefunden. Heute Abend ist es hier in SWR Kultur zu hören.…
Wer kennt sie nicht: Mozarts „Kleine Nachtmusik“! Aber kennen wir sie wirklich? In einer neuen Reihe für SWR Kultur Treffpunkt Klassik beleuchtet der Dirigent Reinhard Goebel eines der populärsten Werke der klassischen Musik – und das mit kritischem Blick in die Noten und einer gehörigen Portion Humor. In der vierten und letzten Folge zeigt Goebel, mit welchen Kunstmitteln Mozart seine Streicherserenade zu einem krönenden Abschluss führt.…
Am 20. Februar 2025 jährt sich ein Todestag zum 100sten Mal: der von Marco Enrico Bossi. Ein Name, den man kaum noch kennt – aber zu Lebzeiten war der italienische Komponist und Orgelvirtuose sehr berühmt. Auch in Deutschland. Bossi hatte einen schönen Spitznamen, den ihm der Dichter Gabriele D'Annunzio gegeben hat: "Hoher Herr der Klänge" hat er ihn genannt. Das macht neugierig – und mehr über Bossi verrät uns jetzt Sylvia Roth.…
Ein tragischer Anfang Ein schöner Zufall: Das Einhard-Gymnasium in Aachen, an dem Christoph Eschenbach sein Abitur gemacht hat, liegt in der Robert-Schumann-Straße. Und die musikalischen Qualitäten des damaligen Schülers waren früh bekannt: „ So konnte man am 12. Dezember 1955 in den Aachener Nachrichten in einer Konzertkritik lesen, dass ‚ der Untersekundaner Christoph Eschenbach das Klavierkonzert in A-dur von K. v. Dittersdorf zum glanzvollen Mittelstück des instrumentalen Teils werden ließ ‘ “. Der Schüler Christoph ist beliebt: geschätzt für seinen Humor, interessiert vor allem an Literatur und Philosophie. Die Grundzüge seiner Kindheit erzählt Autorin Margarete Zander schon auf den ersten Seiten, kurz und knapp: „ Er ist am 20. Februar 1940 in Breslau geboren und verlor früh seine Familie: Seine Mutter starb kurz nach seiner Geburt, sein Vater fiel 1943 im Krieg. Seine Großmutter, bei der er aufwuchs, starb während der Flucht Anfang 1946, da war er fünf Jahre alt.“ Einer der ersten Förderer von Lang Lang Eschenbachs Leben ist ebenso reich wie bunt: Klavierstudium in Köln, Dirigier-Studium in Hamburg. Preise als Pianist, mit 32 Debüt als Dirigent. Posten in Zürich, Houston, beim NDR, Philadelphia, Paris, Washington. Dazu Festivalleiter in Schleswig-Holstein und beim Sommerfestival des Chicago Symphony Orchestra. Und immer wieder besitzt er ein waches Auge und Ohr, um junge Talente zu fördern, von Tzimon Barto bis Lang Lang. „ Als Christoph Eschenbach Lang Lang das erste Mal traf, da war der Pianist noch mit seinem Vater unterwegs. Der setzte mit überstarkem Ehrgeiz alles daran, dass sein Sohn möglichst vielen und einflussreichen Musikern vorspielte. Die Repertoireliste hätte kaum länger sein können. Christoph Eschenbach nahm das erst einmal gelassen zur Kenntnis.“ Gelassenheit – das ist vielleicht eines der Markenzeichen des Christoph Eschenbach, zumindest mit zunehmenden Jahren. Natürlich kommt in diesem neuen Buch auch Lang Lang selbst zu Wort. Er nennt Eschenbach einen „echten Musiker“ (was auch immer das heißen mag), er sei auch sehr speziell, was Farben angeht und den Atem, die Zeit in der Musik. Beliebt bei den Orchestermitgliedern Margarete Zander, bekannt als Autorin und Hörfunkjournalistin, erklärt im Vorwort eine gewisse Verblüffung: Sie war in Houston und wollte Orchestermitglieder zu Christoph Eschenbach befragen; normalerweise ist die Resonanz bei solchen Anfragen minimal oder gleich null. Diesmal aber standen die Mitglieder fast Schlange. Sie alle wollten etwas über ihren Chef erzählen. Viele Begegnungen mit Eschenbach selbst und mit zahlreichen Weggefährten bildeten schließlich die wichtigsten Quellen für den nun vorliegenden Band. Die Biografie: „Ein buntes Tableau“ Margarete Zander erzählt sehr anschaulich und kurzweilig. Sie führt ihre Leserinnen und Leser geschickt durch ein vielfarbiges Künstlerleben. Mal nimmt sie selbst moderierend die Fäden in die Hand, mal lässt sie Eschenbach selbst berichten. Sie druckt Dokumente von und über Eschenbach – ein Gedicht aus Schulzeiten, Reden bei Preisverleihungen, ein Märchen, das Tzimon Barto über Eschenbach verfasst hat –, sie hat sich durch Archive gegraben und etliche Rezensionen ausgewertet, sie hat Aussagen von Künstlerinnen und Künstlern gesammelt – ein buntes Tableau, ein geschickt zusammengetragenes Mosaik. Wie so oft bei solchen Musiker-Biografien entgeht auch dieses Buch nicht der Gefahr einer zu intensiven Belobigung oder Bewunderung, etwa durch die Interviewpartner. Dennoch: Das Buch ist gründlich gearbeitet und genau, außerdem ist es plastisch in seiner Darstellung – und im besten Sinne unterhaltsam, denn es legt immer wieder auch den Blick frei: auf den Menschen Christoph Eschenbach. 264 Seiten umfasst der neue Band von Margarete Zander: „Christoph Eschenbach. Lebensatem Musik“, erschienen zu einem Preis von 24 Euro im Berliner Jaron-Verlag.…
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