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Bericht 6 - Kurz beim Arzt: Teil 1

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Arztbesuche machen mich krank

2.) Bericht 01: Kurz zum Arzt – Teil 1

  • "PRAXIS DOKTOR HAUSMEIER, SIE WÜNSCHEN?"

  • "Guten Morgen, mein Name ist Phil Anthrop, ich habe eine Platzwunde an der Stirn - die ist nicht groß, aber sie blutet und ich würde die gerne versorgen lassen, bevor sich da eine Narbe…"

  • "WAR DAS EIN ARBEITSUNFALL? DANN KÖNNEN WIR SIE LEIDER NICHT AUFNEHMEN."

  • "Ähm, nein, das war kein Arbeitsunfall, das ist…"

  • "SIND SIE SCHON PATIENT BEI UNS?"

  • "Nein, das nicht, ich bin vor kurzem erst hergezogen…"

  • "WIR KÖNNEN LEIDER NIEMANDEM AUFNEHMEN."

  • "Also ich möchte ja auch eigentlich nur gerade die Wunde behandelt wissen, ich wohne zu Fuß nur 2 Minuten…"

  • "SIND SIE PRIVATVERSICHERT?"

  • "N…nee das nicht…"

  • "WIR KÖNNEN LEIDER KEINEN MEHR AUFNEHMEN… WER IST DENN IHR HAUSARZT?"

  • "Das ist Doktor Schmalz, aber durch den Umzug ist der jetzt 40km…"

  • "DANN MÜSSEN SIE ZU DEM FAHREN."

  • "Mir läuft Blut aus dem Kopf!!!"

Heute ist Ärztetag. Zu diesem Anlass habe ich - minutiös abgestimmt - direkt mehrere Termine auf den heutigen Tag gelegt. Ja, das ist gewagt - aber so nutze ich einen Urlaubstag wenigstens effizient aus. Und meistens brauche ich eh nicht lange für die Routine-Untersuchungen.

Ich habe also rechtzeitig herumtelefoniert, um mir die Termine möglichst passend zu reservieren. Damit das klappt, rief ich zuerst bei dem Arzt an, bei dem ich damit rechne, am wenigsten zeitnah einen Termin zu bekommen:

  • "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"

  • "Äh, wo bin ich da jetzt?"

  • "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"

  • "Ah, äh, mein Name ist Phil Anthrop, ich hätte gerne einen Termin…"

  • "Donnerstag, 01.02.2021um11:20UhrBringenSieWartezeitmit."

So oder so ähnlich liefen dann auch die anderen Gespräche ab, nur dass ich es dabei wie auch immer geschafft habe, den 01.02. als Wunschdatum irgendwie so in den Hörer zu schreien, dass es tatsächlich registriert, verstanden und berücksichtigt wurde.

Nun ist also der Tag gekommen: Station 1: Hausarzt, Blutabnahme.

Ich komme 5 Minuten vor Öffnung - und damit 20 Minuten vor meinem Termin - an der Praxis an und reihe mich in die beachtliche Schlange an Rentnern ein. Wie ein silber-weißer Schlauch war dieser auch schon von meinem ein Stück weit entfernten Innenstadt-Parkplatz aus zu erkennen und das Röcheln, Husten und gegenseitige Wehklagen gut zu vernehmen.

Man kennt sich und muss sich natürlich gegenseitig auf dem Laufenden halten, was genau sich alles, seit dem man sich erst gestern in der selben Schlange getroffen hat, alles noch weiter verschlechtert hat. Dabei fällt auf, dass es wohl weniger darum geht, ein wechselseitiges Gespräch zu führen, sondern mehr darum, selber aktiv zu klagen. So reden alle gleichzeitig und durcheinander; zuhörend wirkt dabei niemand.

Erstaunlich, wo doch aber scheinbar wirklich alle wissen, wie es um den Gesundheitszustand von "Inge" steht. Denn wenn man gerade nicht von sich selber redet, redet man von Inge. "Hast du das von Inge gehört?" hört man von allen Seiten und ohne dass jemand darauf antwortet wird dann, nach der Wiedergabe des eigenen Status, über den Status von eben jener Inge gesprochen. Warum man sich gegenseitig erzählt, was scheinbar eh jeder weiß, kann ich nicht ganz nachvollziehen - aber da gibt es so vieles, was ich nicht nachvollziehen kann.

Dann öffnet sich die Tür - und die Stampede nimmt seinen Lauf. Die die Tür öffnende und offensichtlich erfahrene Arzthelferin ergreift direkt die Flucht ins Innere der Praxis, denn was der in Bewegung geratene graue Lawine an Schnelligkeit fehlt, macht sie mit Resolutheit wieder wett.

Ich, der die Wartezeit damit verbracht hat, den perfekten Laufweg zu erdenken und diesen immer wieder bis zum Startschuss im Kopf durchzugehen, schaffe es mit einigen Körpertäuschungen und Finten tatsächlich noch als erster in den Empfangsraum der Praxis - auch weil die silberne Flut kurz an einer Stufe brandet.

Nach abgeschlossener Anmeldung betrete ich also das Wartezimmer. Darin sitzen bereits drei ältere Herrschaften, die ihre Pflichtarbeitszeit augenscheinlich bereits seit längerem erfolgreich hinter sich gebracht haben. Wie zur Höllen haben die das geschafft? Gibt es hier einen VIP-Eingang? Oder sitzen die seit gestern noch immer hier? Der deutsche Rentner scheint mir jedenfalls vor nichts zurück zu schrecken, um die arbeitnehmerfreundlichen Uhrzeiten zu blockieren.

Ich nehme also neben einem Stapel "Lesezirkel"-Zeitschriften Platz und warte, während sich das Wartezimmer durch die nachrückende Rentnerschaft langsam weiter füllt. Im Sog derer mitgerissen wurde dann scheinbar noch eine Mutter mit ihrem circa fünf Jahre alten Sohn, welche neben mir Platz nehmen. Ich warte weiter und zücke mein Handy.

Trotz der Ablenkung beschleicht mich ein merkwürdiges Gefühl. Ohne mein Gesicht vom Handydisplay zu wenden wandern meine Augen nach rechts. Mein Blick kollidiert förmlich mit dem Kopf des Fünfjährigen, der sich vom Schoß seiner Mutter über einen freien Platz hinweg zur mir hinüber biegt. Nur wenige Zentimeter trennen mich von der schniefenden Rotznase.

  • "Ähm…Entschuldigung!?", entfährt es mir mehr zu der Mutter als zu dem Jungen.

  • "Kinder sind nicht Corona-gefährdet, da brauchen Sie keinen Angst zu haben wegen dem fehlenden Mundschutz oder der Abstandsregel".

  • "Okay, von der Abstandsregel haben Sie scheinbar gehört; wie sieht es aus mit der ANSTANDSRegel? Regt sich da evtl. was bei Ihnen?"

Empört zieht die Mutti ihr weiterhin auf mein Handy starrendes Balg zu sich auf den Schoß zurück. Unfassbar, welche Macht leuchtende Displays über Kinder haben! Aber sind wir Erwachsenen besser? Ertappt stecke ich mein Handy in meine Tasche. Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und lege beide Hände auf die Armlernen.

Ich schaue mich um…

Ich tipple mit den Fingern beider Hände auf den Armlehnen herum…

Doch bevor ich dem Drang, das Handy wieder hervor zu holen, erliegen kann passiert es:

  • "Inge Müller bitte in Zimmer 1."

Ehrfürchtig haften meine Augen an der älteren Dame, die sich von ihrem Stuhl erhebt und das Wartezimmer zur Tür hinaus verlässt.

Das war sie also: Inge Müller. Die Grand-Dame der Wartezimmer!

Natürlich ist sie vor allen anderen hier an der Reihe und natürlich gebührt niemandem geringen als ihr "Zimmer 1".

  • "Herr Anthrop bitte in Zimmer 6…nee 7."

Na gut, dann wäre das also auch geklärt…

Ich betrete "Zimmer 6…nee 7" und lege schon mal meine Armbeuge frei. Gleich werde ich sicher wieder für meine guten Wehnen gelobt. Mein wohl einziges Highlight heute. Neben der Begegnung mit Inge.

Die Arzthelferin rauscht herein, begrüßt mich kurz und tippt in ihrem PC herum. Dann wendet sie sich zu mir.

  • "BITTE EINMAL DEN ARM… ACH HABEN SIE SCHON. DANN LASSEN SIE MICH MAL KURZ SCHAUEN: JA, DAS SOLLTE KLAPPEN. SIE HABEN ABER WIRKLICH GUTE WEHNEN."

  • "Sie sollten die mal sehen, wie die nach nur 5 Minuten mit den Psychopaten aus meinem Büro auf der Arbeit aussehen…"

  • "WIE BITTE?"

  • "Ach nix, nix"

  • "SO, DANN GIBT ES JETZT EINEN KLEINEN PIIIEKS!"

  • "Macht nix, wenn ich dann gleich noch ein paar Gummibärchen bekommen, weil ich so tapfer war…?"

  • "DIE GUMMIBÄRCHEN SIND NUR FÜR DIE KINDER!"

  • "Ach, aber die Ansage "jetzt gibt es einen kleinen Pieks" etwa nicht?"

  • "WIE BITTE?"

  • "Ach nix, nix".

  • "SO, DAS WAR ES AUCH SCHON".

  • „Also… es soll schon ein großes(!) Blutbild werden."

  • "JA JA, DAS HABE ICH ALLES IM SYSTEM GELESEN. HIER, NOCH EIN PFLASTER DRAUF. DAS WAR ES DANN AUCH…. OH NEE MOMENT, DA HABE ICH EINE AMPULLE VERGESSEN. DAS TUT MIR LEID. DANN MUSS ICH SIE NOCHMAL AN DEM ANDEREN ARM PIEKSEN."

  • "Ach, das passiert schon mal. Ich hätte Sie ja auch nochmal an das große Blutbild erinnern können…"

  • "JA MAN KANN NICHT AN ALLES DENKEN… JETZT IST ES ABER AUCH DAS LETZTE MAL"

  • "Das ist gut, weil noch einen Arm habe ich nicht."

Mit Armen wie Christiane F. verlasse ich dann die Praxis und blicke auf die Uhr: Gerade noch rechtzeitig, so kann ich direkt weiter zur Station in Teil 2: dem Zahnarzt!

…FORTSETZUNG FOLGT…

WEITERE QUELLEN: Intro und Outro: Instrumental von StuBeatZ - http://bit.ly/MMH-Beatz Soundeffekte: www.salamisound.de

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  • "PRAXIS DOKTOR HAUSMEIER, SIE WÜNSCHEN?"

  • "Guten Morgen, mein Name ist Phil Anthrop, ich habe eine Platzwunde an der Stirn - die ist nicht groß, aber sie blutet und ich würde die gerne versorgen lassen, bevor sich da eine Narbe…"

  • "WAR DAS EIN ARBEITSUNFALL? DANN KÖNNEN WIR SIE LEIDER NICHT AUFNEHMEN."

  • "Ähm, nein, das war kein Arbeitsunfall, das ist…"

  • "SIND SIE SCHON PATIENT BEI UNS?"

  • "Nein, das nicht, ich bin vor kurzem erst hergezogen…"

  • "WIR KÖNNEN LEIDER NIEMANDEM AUFNEHMEN."

  • "Also ich möchte ja auch eigentlich nur gerade die Wunde behandelt wissen, ich wohne zu Fuß nur 2 Minuten…"

  • "SIND SIE PRIVATVERSICHERT?"

  • "N…nee das nicht…"

  • "WIR KÖNNEN LEIDER KEINEN MEHR AUFNEHMEN… WER IST DENN IHR HAUSARZT?"

  • "Das ist Doktor Schmalz, aber durch den Umzug ist der jetzt 40km…"

  • "DANN MÜSSEN SIE ZU DEM FAHREN."

  • "Mir läuft Blut aus dem Kopf!!!"

Heute ist Ärztetag. Zu diesem Anlass habe ich - minutiös abgestimmt - direkt mehrere Termine auf den heutigen Tag gelegt. Ja, das ist gewagt - aber so nutze ich einen Urlaubstag wenigstens effizient aus. Und meistens brauche ich eh nicht lange für die Routine-Untersuchungen.

Ich habe also rechtzeitig herumtelefoniert, um mir die Termine möglichst passend zu reservieren. Damit das klappt, rief ich zuerst bei dem Arzt an, bei dem ich damit rechne, am wenigsten zeitnah einen Termin zu bekommen:

  • "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"

  • "Äh, wo bin ich da jetzt?"

  • "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"

  • "Ah, äh, mein Name ist Phil Anthrop, ich hätte gerne einen Termin…"

  • "Donnerstag, 01.02.2021um11:20UhrBringenSieWartezeitmit."

So oder so ähnlich liefen dann auch die anderen Gespräche ab, nur dass ich es dabei wie auch immer geschafft habe, den 01.02. als Wunschdatum irgendwie so in den Hörer zu schreien, dass es tatsächlich registriert, verstanden und berücksichtigt wurde.

Nun ist also der Tag gekommen: Station 1: Hausarzt, Blutabnahme.

Ich komme 5 Minuten vor Öffnung - und damit 20 Minuten vor meinem Termin - an der Praxis an und reihe mich in die beachtliche Schlange an Rentnern ein. Wie ein silber-weißer Schlauch war dieser auch schon von meinem ein Stück weit entfernten Innenstadt-Parkplatz aus zu erkennen und das Röcheln, Husten und gegenseitige Wehklagen gut zu vernehmen.

Man kennt sich und muss sich natürlich gegenseitig auf dem Laufenden halten, was genau sich alles, seit dem man sich erst gestern in der selben Schlange getroffen hat, alles noch weiter verschlechtert hat. Dabei fällt auf, dass es wohl weniger darum geht, ein wechselseitiges Gespräch zu führen, sondern mehr darum, selber aktiv zu klagen. So reden alle gleichzeitig und durcheinander; zuhörend wirkt dabei niemand.

Erstaunlich, wo doch aber scheinbar wirklich alle wissen, wie es um den Gesundheitszustand von "Inge" steht. Denn wenn man gerade nicht von sich selber redet, redet man von Inge. "Hast du das von Inge gehört?" hört man von allen Seiten und ohne dass jemand darauf antwortet wird dann, nach der Wiedergabe des eigenen Status, über den Status von eben jener Inge gesprochen. Warum man sich gegenseitig erzählt, was scheinbar eh jeder weiß, kann ich nicht ganz nachvollziehen - aber da gibt es so vieles, was ich nicht nachvollziehen kann.

Dann öffnet sich die Tür - und die Stampede nimmt seinen Lauf. Die die Tür öffnende und offensichtlich erfahrene Arzthelferin ergreift direkt die Flucht ins Innere der Praxis, denn was der in Bewegung geratene graue Lawine an Schnelligkeit fehlt, macht sie mit Resolutheit wieder wett.

Ich, der die Wartezeit damit verbracht hat, den perfekten Laufweg zu erdenken und diesen immer wieder bis zum Startschuss im Kopf durchzugehen, schaffe es mit einigen Körpertäuschungen und Finten tatsächlich noch als erster in den Empfangsraum der Praxis - auch weil die silberne Flut kurz an einer Stufe brandet.

Nach abgeschlossener Anmeldung betrete ich also das Wartezimmer. Darin sitzen bereits drei ältere Herrschaften, die ihre Pflichtarbeitszeit augenscheinlich bereits seit längerem erfolgreich hinter sich gebracht haben. Wie zur Höllen haben die das geschafft? Gibt es hier einen VIP-Eingang? Oder sitzen die seit gestern noch immer hier? Der deutsche Rentner scheint mir jedenfalls vor nichts zurück zu schrecken, um die arbeitnehmerfreundlichen Uhrzeiten zu blockieren.

Ich nehme also neben einem Stapel "Lesezirkel"-Zeitschriften Platz und warte, während sich das Wartezimmer durch die nachrückende Rentnerschaft langsam weiter füllt. Im Sog derer mitgerissen wurde dann scheinbar noch eine Mutter mit ihrem circa fünf Jahre alten Sohn, welche neben mir Platz nehmen. Ich warte weiter und zücke mein Handy.

Trotz der Ablenkung beschleicht mich ein merkwürdiges Gefühl. Ohne mein Gesicht vom Handydisplay zu wenden wandern meine Augen nach rechts. Mein Blick kollidiert förmlich mit dem Kopf des Fünfjährigen, der sich vom Schoß seiner Mutter über einen freien Platz hinweg zur mir hinüber biegt. Nur wenige Zentimeter trennen mich von der schniefenden Rotznase.

  • "Ähm…Entschuldigung!?", entfährt es mir mehr zu der Mutter als zu dem Jungen.

  • "Kinder sind nicht Corona-gefährdet, da brauchen Sie keinen Angst zu haben wegen dem fehlenden Mundschutz oder der Abstandsregel".

  • "Okay, von der Abstandsregel haben Sie scheinbar gehört; wie sieht es aus mit der ANSTANDSRegel? Regt sich da evtl. was bei Ihnen?"

Empört zieht die Mutti ihr weiterhin auf mein Handy starrendes Balg zu sich auf den Schoß zurück. Unfassbar, welche Macht leuchtende Displays über Kinder haben! Aber sind wir Erwachsenen besser? Ertappt stecke ich mein Handy in meine Tasche. Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und lege beide Hände auf die Armlernen.

Ich schaue mich um…

Ich tipple mit den Fingern beider Hände auf den Armlehnen herum…

Doch bevor ich dem Drang, das Handy wieder hervor zu holen, erliegen kann passiert es:

  • "Inge Müller bitte in Zimmer 1."

Ehrfürchtig haften meine Augen an der älteren Dame, die sich von ihrem Stuhl erhebt und das Wartezimmer zur Tür hinaus verlässt.

Das war sie also: Inge Müller. Die Grand-Dame der Wartezimmer!

Natürlich ist sie vor allen anderen hier an der Reihe und natürlich gebührt niemandem geringen als ihr "Zimmer 1".

  • "Herr Anthrop bitte in Zimmer 6…nee 7."

Na gut, dann wäre das also auch geklärt…

Ich betrete "Zimmer 6…nee 7" und lege schon mal meine Armbeuge frei. Gleich werde ich sicher wieder für meine guten Wehnen gelobt. Mein wohl einziges Highlight heute. Neben der Begegnung mit Inge.

Die Arzthelferin rauscht herein, begrüßt mich kurz und tippt in ihrem PC herum. Dann wendet sie sich zu mir.

  • "BITTE EINMAL DEN ARM… ACH HABEN SIE SCHON. DANN LASSEN SIE MICH MAL KURZ SCHAUEN: JA, DAS SOLLTE KLAPPEN. SIE HABEN ABER WIRKLICH GUTE WEHNEN."

  • "Sie sollten die mal sehen, wie die nach nur 5 Minuten mit den Psychopaten aus meinem Büro auf der Arbeit aussehen…"

  • "WIE BITTE?"

  • "Ach nix, nix"

  • "SO, DANN GIBT ES JETZT EINEN KLEINEN PIIIEKS!"

  • "Macht nix, wenn ich dann gleich noch ein paar Gummibärchen bekommen, weil ich so tapfer war…?"

  • "DIE GUMMIBÄRCHEN SIND NUR FÜR DIE KINDER!"

  • "Ach, aber die Ansage "jetzt gibt es einen kleinen Pieks" etwa nicht?"

  • "WIE BITTE?"

  • "Ach nix, nix".

  • "SO, DAS WAR ES AUCH SCHON".

  • „Also… es soll schon ein großes(!) Blutbild werden."

  • "JA JA, DAS HABE ICH ALLES IM SYSTEM GELESEN. HIER, NOCH EIN PFLASTER DRAUF. DAS WAR ES DANN AUCH…. OH NEE MOMENT, DA HABE ICH EINE AMPULLE VERGESSEN. DAS TUT MIR LEID. DANN MUSS ICH SIE NOCHMAL AN DEM ANDEREN ARM PIEKSEN."

  • "Ach, das passiert schon mal. Ich hätte Sie ja auch nochmal an das große Blutbild erinnern können…"

  • "JA MAN KANN NICHT AN ALLES DENKEN… JETZT IST ES ABER AUCH DAS LETZTE MAL"

  • "Das ist gut, weil noch einen Arm habe ich nicht."

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