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CL070 Alles strahlt! Von Medizinphysik zu den Gefahren der Raumfahrt
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Diese Folge geht unter die Haut und das buchstäblich! Wir reden über "Strahlung", ein Thema, das sehr oft missverstanden wird. Zum Glück hat Elka lange als Medizinphysikerin gearbeitet und weiß ganz genau, wann Strahlung für uns gefährlich ist und wann nicht. Wir gehen die Sache von Grund auf an und landen am Ende im Weltall, wenn wir uns überlegen, wie gefährlich eine Reise zum Mars für uns wird.
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Von ADHS-Awareness zu Marie Curie
Zum Auftakt erinnern wir kurz an CL044, in der wir über ADHS im naturwissenschaftlichen Kontext gesprochen hatten. Denn Oktober ist der ADHS-Awarness-Monat, aber nicht nur. Er steht auch im Zeichen der pinken Schleife – ist also auch Brustkrebs-Awareness-Monat. Elka, selbst Medizinphysikerin, nimmt das als Anlass und erzählt von ihrem früheren Beruf in der Strahlentherapie und gibt einen Einblick in die Arbeit mit ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung.
Eine strahlende Geschichte – von Röntgen bis Curie
Elka erklärt, dass die Geschichte der medizinischen Bildgebung mit Wilhelm Conrad Röntgen begann, der 1895 die sogenannten X-Strahlen entdeckte. Sein berühmtes erstes Röntgenbild zeigte – entgegen der populären Legende – nicht die Hand seiner Frau, sondern die von Albert von Kölliker.
Marie Curie gilt als eine der Begründerinnen der medizinischen Physik. Gemeinsam mit ihrer Tochter Irène entwickelte sie während des Ersten Weltkriegs die sogenannten „Petite Curies“ – mobile Röntgeneinheiten, die an die Front gebracht wurden, um verletzte Soldaten zu versorgen. Damit retteten sie zahllose Leben und legten die Grundlage für die moderne medizinische Bildgebung.
Ionisierende und nicht-ionisierende Strahlung
Ein bisschen über Strahlung gab es ja auch schon in Folge CL062, aber jetzt geht es ins Detail. Elka erklärt den grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Strahlungsarten. Ionisierende Strahlung – etwa Röntgen-, Gamma- oder Teilchenstrahlung – hat genug Energie, um Elektronen aus Atomen herauszuschlagen. Diese Eigenschaft macht sie nützlich in der Medizin, aber auch gefährlich, wenn sie unkontrolliert auf biologisches Gewebe trifft.
Nicht-ionisierende Strahlung, zu der Radiowellen, Mikrowellen, Infrarotstrahlung und sichtbares Licht zählen, kann keine Elektronen herauslösen, sondern lediglich Materie erwärmen. Elka räumt deswegen auch gleich mit den Mythen rund um 5G und Handystrahlung auf.
Strahlung im Alltag
Strahlung ist allgegenwärtig – von kosmischer Strahlung aus dem All über radioaktive Stoffe in Gestein bis hin zu winzigen Mengen in Lebensmitteln wie Bananen. In Österreich beträgt die natürliche Strahlenbelastung etwa 4,3 Millisievert pro Jahr. Radon in Gebäuden ist dabei die wichtigste Quelle. Lüften hilft, denn frische Luft senkt die Radonkonzentration messbar. Ein Flug von Wien nach New York entspricht etwa der Strahlung von drei Lungenröntgen. Auf jeden Fall sollte man auch zwei wichtige Einheiten für die Strahlung kennen.
Das Becquerel (Bq) misst die Aktivität einer Strahlenquelle – also, wie viele Atomkerne pro Sekunde zerfallen. Eine Banane hat etwa 15 Becquerel aufgrund des radioaktiven Kalium-40.
Das Sievert (Sv) beschreibt dagegen die biologische Wirkung der Strahlung auf den menschlichen Körper. Verschiedene Organe reagieren unterschiedlich empfindlich: Am empfindlichsten sind Gewebe, die sich rasch teilen – etwa rotes Knochenmark, Magen, Darm, Lunge und Brustgewebe.
Wie Strahlung im Körper wirkt
Ebenfalls wichtig für die Auswirkungen auf unseren Körper ist der Unterschied zwischen deterministischen und stochastischen Effekten. Deterministische Wirkungen treten ab bestimmten Dosisgrenzen vorhersehbar auf – etwa Hautrötung, Haarausfall oder Gewebeschäden. Stochastische Effekte wie Krebsrisiko dagegen beruhen auf Wahrscheinlichkeiten: Jede Strahlendosis, so klein sie auch ist, kann theoretisch DNA-Schäden verursachen.
Bekannte historische Beispiele zeigen, wie riskant der unkritische Umgang mit Strahlung einst war – von der „radioaktivsten Therme der Welt“ in Bad Gastein über radioaktive Zahncremes bis hin zu den tragischen „Radium Girls“, die in den 1920ern leuchtende Ziffernblätter mit Radium bemalten und schwer erkrankten.
Strahlung im Weltall – Gefahr für Marsreisende
Nach der Erde geht es ins All, und zur kosmischen Strahlung, die jenseits des Erdmagnetfelds eine zentrale Herausforderung für die Raumfahrt darstellt. Astronaut*innen auf der ISS erhalten täglich rund 0,5 bis 1 Millisievert – so viel wie Menschen auf der Erde in einem ganzen Jahr. Eine Marsmission wäre jedoch ungleich riskanter: Laut NASA-Messungen des Curiosity-Rovers entspricht die Strahlung für eine Hin- und Rückreise rund einem Sievert – also einer gesamten lebenslangen Dosis auf der Erde. Da Metallabschirmungen nur begrenzt helfen, forscht man an alternativen Konzepten: wassergefüllte Wände („Water Curtains“), künstliche Magnetfelder oder sogar biologische Ansätze zur DNA-Reparatur. Auch der Gedanke, Habitate in Mars-Höhlen oder mehrere Meter tief unter der Oberfläche anzulegen, ist Teil der aktuellen Forschung.
Wer den Mars erreichen will, muss den Strahlenschutz neu erfinden. Bevor Menschen dauerhaft auf anderen Himmelskörpern leben können, muss die Wissenschaft noch viele offene Fragen lösen – vom Schutz vor kosmischer Strahlung bis zur biologischen Regeneration nach DNA-Schäden. Bis dahin bleibt Strahlung ein faszinierendes Beispiel dafür, wie eng Wissenschaft, Medizin und Raumfahrt miteinander verwoben sind – und wie wichtig es ist, Faszination und Vorsicht in Balance zu halten.
Termine:
"Cosmic Latte Live" beim Podcast-Festival im Universum Bremen am 15.11.2025. Tickets und Infos gibt es hier
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72 Episoden
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Diese Folge geht unter die Haut und das buchstäblich! Wir reden über "Strahlung", ein Thema, das sehr oft missverstanden wird. Zum Glück hat Elka lange als Medizinphysikerin gearbeitet und weiß ganz genau, wann Strahlung für uns gefährlich ist und wann nicht. Wir gehen die Sache von Grund auf an und landen am Ende im Weltall, wenn wir uns überlegen, wie gefährlich eine Reise zum Mars für uns wird.
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Von ADHS-Awareness zu Marie Curie
Zum Auftakt erinnern wir kurz an CL044, in der wir über ADHS im naturwissenschaftlichen Kontext gesprochen hatten. Denn Oktober ist der ADHS-Awarness-Monat, aber nicht nur. Er steht auch im Zeichen der pinken Schleife – ist also auch Brustkrebs-Awareness-Monat. Elka, selbst Medizinphysikerin, nimmt das als Anlass und erzählt von ihrem früheren Beruf in der Strahlentherapie und gibt einen Einblick in die Arbeit mit ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung.
Eine strahlende Geschichte – von Röntgen bis Curie
Elka erklärt, dass die Geschichte der medizinischen Bildgebung mit Wilhelm Conrad Röntgen begann, der 1895 die sogenannten X-Strahlen entdeckte. Sein berühmtes erstes Röntgenbild zeigte – entgegen der populären Legende – nicht die Hand seiner Frau, sondern die von Albert von Kölliker.
Marie Curie gilt als eine der Begründerinnen der medizinischen Physik. Gemeinsam mit ihrer Tochter Irène entwickelte sie während des Ersten Weltkriegs die sogenannten „Petite Curies“ – mobile Röntgeneinheiten, die an die Front gebracht wurden, um verletzte Soldaten zu versorgen. Damit retteten sie zahllose Leben und legten die Grundlage für die moderne medizinische Bildgebung.
Ionisierende und nicht-ionisierende Strahlung
Ein bisschen über Strahlung gab es ja auch schon in Folge CL062, aber jetzt geht es ins Detail. Elka erklärt den grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Strahlungsarten. Ionisierende Strahlung – etwa Röntgen-, Gamma- oder Teilchenstrahlung – hat genug Energie, um Elektronen aus Atomen herauszuschlagen. Diese Eigenschaft macht sie nützlich in der Medizin, aber auch gefährlich, wenn sie unkontrolliert auf biologisches Gewebe trifft.
Nicht-ionisierende Strahlung, zu der Radiowellen, Mikrowellen, Infrarotstrahlung und sichtbares Licht zählen, kann keine Elektronen herauslösen, sondern lediglich Materie erwärmen. Elka räumt deswegen auch gleich mit den Mythen rund um 5G und Handystrahlung auf.
Strahlung im Alltag
Strahlung ist allgegenwärtig – von kosmischer Strahlung aus dem All über radioaktive Stoffe in Gestein bis hin zu winzigen Mengen in Lebensmitteln wie Bananen. In Österreich beträgt die natürliche Strahlenbelastung etwa 4,3 Millisievert pro Jahr. Radon in Gebäuden ist dabei die wichtigste Quelle. Lüften hilft, denn frische Luft senkt die Radonkonzentration messbar. Ein Flug von Wien nach New York entspricht etwa der Strahlung von drei Lungenröntgen. Auf jeden Fall sollte man auch zwei wichtige Einheiten für die Strahlung kennen.
Das Becquerel (Bq) misst die Aktivität einer Strahlenquelle – also, wie viele Atomkerne pro Sekunde zerfallen. Eine Banane hat etwa 15 Becquerel aufgrund des radioaktiven Kalium-40.
Das Sievert (Sv) beschreibt dagegen die biologische Wirkung der Strahlung auf den menschlichen Körper. Verschiedene Organe reagieren unterschiedlich empfindlich: Am empfindlichsten sind Gewebe, die sich rasch teilen – etwa rotes Knochenmark, Magen, Darm, Lunge und Brustgewebe.
Wie Strahlung im Körper wirkt
Ebenfalls wichtig für die Auswirkungen auf unseren Körper ist der Unterschied zwischen deterministischen und stochastischen Effekten. Deterministische Wirkungen treten ab bestimmten Dosisgrenzen vorhersehbar auf – etwa Hautrötung, Haarausfall oder Gewebeschäden. Stochastische Effekte wie Krebsrisiko dagegen beruhen auf Wahrscheinlichkeiten: Jede Strahlendosis, so klein sie auch ist, kann theoretisch DNA-Schäden verursachen.
Bekannte historische Beispiele zeigen, wie riskant der unkritische Umgang mit Strahlung einst war – von der „radioaktivsten Therme der Welt“ in Bad Gastein über radioaktive Zahncremes bis hin zu den tragischen „Radium Girls“, die in den 1920ern leuchtende Ziffernblätter mit Radium bemalten und schwer erkrankten.
Strahlung im Weltall – Gefahr für Marsreisende
Nach der Erde geht es ins All, und zur kosmischen Strahlung, die jenseits des Erdmagnetfelds eine zentrale Herausforderung für die Raumfahrt darstellt. Astronaut*innen auf der ISS erhalten täglich rund 0,5 bis 1 Millisievert – so viel wie Menschen auf der Erde in einem ganzen Jahr. Eine Marsmission wäre jedoch ungleich riskanter: Laut NASA-Messungen des Curiosity-Rovers entspricht die Strahlung für eine Hin- und Rückreise rund einem Sievert – also einer gesamten lebenslangen Dosis auf der Erde. Da Metallabschirmungen nur begrenzt helfen, forscht man an alternativen Konzepten: wassergefüllte Wände („Water Curtains“), künstliche Magnetfelder oder sogar biologische Ansätze zur DNA-Reparatur. Auch der Gedanke, Habitate in Mars-Höhlen oder mehrere Meter tief unter der Oberfläche anzulegen, ist Teil der aktuellen Forschung.
Wer den Mars erreichen will, muss den Strahlenschutz neu erfinden. Bevor Menschen dauerhaft auf anderen Himmelskörpern leben können, muss die Wissenschaft noch viele offene Fragen lösen – vom Schutz vor kosmischer Strahlung bis zur biologischen Regeneration nach DNA-Schäden. Bis dahin bleibt Strahlung ein faszinierendes Beispiel dafür, wie eng Wissenschaft, Medizin und Raumfahrt miteinander verwoben sind – und wie wichtig es ist, Faszination und Vorsicht in Balance zu halten.
Termine:
"Cosmic Latte Live" beim Podcast-Festival im Universum Bremen am 15.11.2025. Tickets und Infos gibt es hier
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