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Herr Verteidigungsminister, werte Regierung: Nein zu Ihrem „neuen Wehrdienst“, Nein zur fortschreitenden Aufrüstung der Gesellschaft!

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Eine neue Phase der Kriegsertüchtigung ist auf den Weg gebracht worden: Die noch amtierende Bundesregierung hat einem Plan des Bundesverteidigungsministers zugestimmt, nach und nach einen „neuen Wehrdienst“ als Vorstufe zur Wiedereinsetzung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht zu schaffen. Statt abzurüsten, statt unsere gesamte Gesellschaft zu befrieden, wird damit weiter unvermindert auf die Tube gedrückt, auf dass der Ernstfall komme? Was waren das für Zeiten 1990, als im östlichen Deutschland die Armee nach und nach aufgelöst wurde. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Große Freude bei Militarisierungsfreunden – und Leitmedien vermelden folgsam

Das noch amtierende Kabinett um Kanzler Olaf Scholz (SPD) winkte ein weiteres aggressives Vorhaben seines Parteikollegen und Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius durch: Ein „neuer“ Wehrdienst soll her. Jetzt brauchen nur noch Bundestag und Bundesrat zuzustimmen, und eine nächste Stufe hin zu einer wehrhaften Demokratie wäre erklommen. Ganz wie Aufrüster, Bedrohungsbeschwörer, Nationalisten, Militaristen, Transatlantiker sich das wünschen, kurz: die sich an der Macht befindenden Akteure der herrschenden politischen Klasse und ihr Gefolge in unserem Land (von dem nie wieder Krieg ausgehen soll?). Nicht nur diese Akteure jubeln, auch die Leitmedien begleiten den Prozess wohlwollend statt kritisch und nachfragend. Mein Eindruck beim Medienkonsum ist, dass in den meisten Redaktionen vor Freude und Begeisterung auf und nieder gehüpft wird bei so viel Wehrhaftigkeit.

Bei der Tagesschau – ein mediales Beispiel – ist zu erfahren, dass der Pistorius-Plan ein Baustein sei. Ein Baustein klingt immer gut. Und weil der Plan eben für gut und wichtig (sicher auch alternativlos) befunden wurde, hat dieser eine erste wichtige Hürde genommen. Welche Hürde?

Ein Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius macht Wehrdienst-Pläne konkret. Das Vorhaben ist ein Baustein, um im Ernstfall 460.000 Soldaten unter Waffen zu haben. Und hat nun eine erste wichtige Hürde genommen.

Dem Tagesschau-Publikum wird mitgeteilt, dass es bald losgeht, dass bald junge Männer Auskunft über sich geben werden müssten, dass die Wehrerfassung wieder installiert werden würde:

Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, könnte es von Mai kommenden Jahres an losgehen. Erklärtes Ziel ist es, dass alle jungen Männer, die vom kommenden Jahr an 18 Jahre alt werden, in einem digitalen Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben müssen, junge Frauen können dies machen.

Das Gesetz zum Neuen Wehrdienst ermöglicht uns, die Wehrerfassung wieder zu installieren, die es seit Aussetzung der Verpflichtung zum Grundwehrdienst 2011 nicht mehr gibt. Wenn es morgen zum Verteidigungsfall käme, wüssten wir nicht, wen wir einziehen könnten, weil es keine vollständige Datengrundlage gibt“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Mit der Aussetzung des Wehrdienstes sind Wehrerfassung und Wehrüberwachung zerschlagen worden, obwohl der Staat gesetzlich dazu verpflichtet ist.“

Warum sollen nun aber die jungen Männer (und Frauen) „ran“? Die Tagesschau weiß Bescheid, und die Klage darüber, dass nach dem Aussetzen der Wehrpflicht einiges den Bach hinunterging, bleibt nicht aus. Trotz Werbekampagnen, trotz Image-Initiativen wollten eben immer noch nicht genug junge Menschen zum Bund. So titelte die Tagesschau:

Zahl der Soldaten war zuletzt weiter im Sinkflug. Die Wehrpflicht war 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, denn gleichzeitig wurden praktisch alle Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Im Wehrpflichtgesetz ist aber weiter festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer auflebt, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt, ohne dass es nach 2011 noch konkrete Vorbereitungen für eine solche Situation gab. Personalsorgen der Bundeswehr haben zuletzt zugenommen und die Zahl der Soldaten war mit Stand Juni sogar unter 180.000 Männer und Frauen gesunken. Es gibt zudem rund 60.000 beorderte – also fest eingebundene – Reservisten. Deutschland braucht im Ernstfall 460.000 Soldaten. Wegen der veränderten Sicherheitslage ist der Bedarf Deutschlands für die Nato-Ziele aber ganz anders. „Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert langfristig einen Verteidigungsumfang von insgesamt rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein großer Teil davon, nämlich rund 260.000, muss aus der Reserve aufwachsen können“, sagt Pistorius.
(Quelle: Tagesschau)

Wo bleibt der mediale Widerstand?

Kein kritisches Wort, kein Hinterfragen kommt seitens des Nachrichten-Flaggschiffs der ARD. Wo sind die Stimmen aus der Opposition? Wo bleibt ein Kommentar, der vielleicht anmahnt, ob wir nicht doch deeskalieren und abrüsten sollten, auch personell? Warum brauchen wir eine halbe Million Menschen in Uniform? Doch nur, wenn es zu einem Krieg kommt. Wenn überhaupt, wenn wir uns friedlich einsetzen, gibt es keinen Krieg. Ist der Krieg bei uns wirklich in Sicht? Vor den Türen tobt schon einer, und wir sind gerade unfähig, dabei zu helfen, diesen zu beenden. Es ist doch anders. Steht – mal offen gesagt, denn nur einer kommt ja in Frage – der Russe vor der Tür? Ist ein anderer Weg wirklich nicht möglich? Ich denke an Willy Brandts Worte der guten Nachbarschaft und des Friedens, der mit dieser einhergeht. Ich erinnere hier auch an den bestehenden militärischen und personellen Unterschied: den Kräftevergleich zwischen uns, dem Westen, und dem Osten, den Russen. Dieser Unterschied ist gravierend, wird jedoch in der Hysterie um „neuen Wehrdienst“, Verteidigungsausgaben, Waffenstationierungen mit keiner Silbe erwähnt.

Elf Mal mehr für Rüstungsausgaben, viel mehr Personal und mehr Menschen als Russland

Beim ZDF fand sich wenigstens Folgendes, ohne aber eben einen aktuellen Kontext herzustellen, der uns Bürgern eine kritische Draufsicht böte. Diese Zahlen sind ernüchternd, und die Frage ergibt sich: Wer bedroht hier eigentlich wen?

Laut dem Bericht bleiben die USA mit einer Summe in Höhe von 916 Milliarden US-Dollar mit weitem Abstand das Land mit den größten Militärausgaben. Auf Platz zwei steht China (schätzungsweise 296 Milliarden US-Dollar), gefolgt von Russland (schätzungsweise 109 Milliarden US-Dollar). Mehr als die Hälfte der weltweiten Militärausgaben entfielen laut der Analyse 2023 auf die Nato-Staaten. Die Mitgliedsstaaten des westlichen Verteidigungsbündnisses gaben vergangenes Jahr demnach zusammen 1.341 Milliarden US-Dollar für das Militär aus.
(Quelle: ZDF)

Der Vergleich zwischen NATO samt USA und Russland ergibt demnach: 1.341 Milliarden US Dollar gegenüber 109 Milliarden US Dollar – elf Mal mehr aufseiten von NATO/USA gegenüber Russland!

Auch beim Personal ist Russland im Hintertreffen. Noch ein Satz zu uns, den Menschen: In Europa leben 745 Millionen Menschen, davon 144 Millionen in Russland, das, nebenbei gesagt, auch ein europäisches Land ist. (Quelle: Statista)

Neuer Wehrdienst, noch mehr Rüstungsausgaben und der Kanzler ganz brav

In den Nachrichten des Deutschlandfunks (DLF) bekam passend zum Baustein „neuer Wehrdienst“ der neue NATO-Generalsekretär Rutte ein Podium, auf dem auch unser Kanzler ganz brav stand. Rutte forderte noch mehr als den als Wahnsinn zu bezeichnenden Etat. Scholz „versprach“, den „eingeschlagenen Weg in den kommenden Jahren weiterzugehen“:

NATO-Generalsekretär Rutte hält die deutschen Verteidigungsausgaben trotz der Erhöhungen für zu niedrig. Deutschland investiere nun erstmals seit drei Jahrzehnten wieder zwei Prozent seines Bruttoinlandproduktes in die Verteidigung. Das sei wichtig für Deutschland und für die NATO, sagte Rutte nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz in Berlin. Alle Alliierten müssten allerdings mehr investieren und er setze darauf, dass Deutschland weiter Schritte in diese Richtung unternehmen werde. In der gegenwärtigen Lage sei eine starke NATO unerlässlich. Scholz versprach, dass man den eingeschlagenen Weg in den kommenden Jahren weitergehen wolle. (…) Nach den jüngsten öffentlichen NATO-Zahlen meldete die Bundesregierung dem Bündnis für dieses Jahr Verteidigungsausgaben in Höhe von 90,6 Milliarden Euro.
(Quelle: DLF)

Der Kanzler versprach brav einem wild gewordenen Niederländer nichts anderes, als den vom Wertewesten entfesselten Rüstungswahnsinn fortzusetzen. Für „die kommenden Jahre“? Ob er dann überhaupt noch im Amt ist? Angesichts des drohenden Endes seiner Regierungskoalition scheint das egal zu sein. Vielleicht weiß der Kanzler ja einen Nachfolger, der wie er selbst anderes im Sinn haben muss als eine Politik, die dem Amtseid gerecht wird. Interessant wäre für die DLF-Zuhörerschaft gewesen, der aktuellen Zahl 90,6 Mrd. Euro für unsere Rüstung die Ausgabenhöhe von vor wenigen Jahren gegenüberzustellen: 45,65 Mrd. Euro (2020). Das ist eine Verdopplung! (Quelle: Bundestag)

Botschaft an den Herrn Verteidigungsminister

Was wäre das für eine Sternstunde der Medien, bei der Tagesschau, beim ZDF oder beim Deutschlandfunk (und anderen Medienformaten), wenn ein Kommentar so beginnen würde: „Herr Verteidigungsminister, werte Regierung: Nein zu Ihrem „neuen Wehrdienst“, Nein zur fortschreitenden Aufrüstung der Gesellschaft!“

Nachtrag: Eine Armee wird aufgelöst, 1990, mitten in Deutschland …

Mit Befehl vom 21. September 1990 werden die Grenztruppen der DDR aufgelöst. Am 24. September 1990 tritt die DDR aus dem Warschauer Pakt aus. Mit dem letzten Tagesbefehl entlässt Rainer Eppelmann am 2. Oktober 1990 alle NVA-Angehörigen aus ihren Verpflichtungen und unterstellt die verbliebenen 89.900 Armeeangehörigen und 48.300 Zivilbeschäftigten dem Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr.
(Quelle: Deutsche Einheit 1990)

Titelbild: penofoto/shutterstock.com

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Eine neue Phase der Kriegsertüchtigung ist auf den Weg gebracht worden: Die noch amtierende Bundesregierung hat einem Plan des Bundesverteidigungsministers zugestimmt, nach und nach einen „neuen Wehrdienst“ als Vorstufe zur Wiedereinsetzung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht zu schaffen. Statt abzurüsten, statt unsere gesamte Gesellschaft zu befrieden, wird damit weiter unvermindert auf die Tube gedrückt, auf dass der Ernstfall komme? Was waren das für Zeiten 1990, als im östlichen Deutschland die Armee nach und nach aufgelöst wurde. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Große Freude bei Militarisierungsfreunden – und Leitmedien vermelden folgsam

Das noch amtierende Kabinett um Kanzler Olaf Scholz (SPD) winkte ein weiteres aggressives Vorhaben seines Parteikollegen und Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius durch: Ein „neuer“ Wehrdienst soll her. Jetzt brauchen nur noch Bundestag und Bundesrat zuzustimmen, und eine nächste Stufe hin zu einer wehrhaften Demokratie wäre erklommen. Ganz wie Aufrüster, Bedrohungsbeschwörer, Nationalisten, Militaristen, Transatlantiker sich das wünschen, kurz: die sich an der Macht befindenden Akteure der herrschenden politischen Klasse und ihr Gefolge in unserem Land (von dem nie wieder Krieg ausgehen soll?). Nicht nur diese Akteure jubeln, auch die Leitmedien begleiten den Prozess wohlwollend statt kritisch und nachfragend. Mein Eindruck beim Medienkonsum ist, dass in den meisten Redaktionen vor Freude und Begeisterung auf und nieder gehüpft wird bei so viel Wehrhaftigkeit.

Bei der Tagesschau – ein mediales Beispiel – ist zu erfahren, dass der Pistorius-Plan ein Baustein sei. Ein Baustein klingt immer gut. Und weil der Plan eben für gut und wichtig (sicher auch alternativlos) befunden wurde, hat dieser eine erste wichtige Hürde genommen. Welche Hürde?

Ein Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius macht Wehrdienst-Pläne konkret. Das Vorhaben ist ein Baustein, um im Ernstfall 460.000 Soldaten unter Waffen zu haben. Und hat nun eine erste wichtige Hürde genommen.

Dem Tagesschau-Publikum wird mitgeteilt, dass es bald losgeht, dass bald junge Männer Auskunft über sich geben werden müssten, dass die Wehrerfassung wieder installiert werden würde:

Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, könnte es von Mai kommenden Jahres an losgehen. Erklärtes Ziel ist es, dass alle jungen Männer, die vom kommenden Jahr an 18 Jahre alt werden, in einem digitalen Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst geben müssen, junge Frauen können dies machen.

Das Gesetz zum Neuen Wehrdienst ermöglicht uns, die Wehrerfassung wieder zu installieren, die es seit Aussetzung der Verpflichtung zum Grundwehrdienst 2011 nicht mehr gibt. Wenn es morgen zum Verteidigungsfall käme, wüssten wir nicht, wen wir einziehen könnten, weil es keine vollständige Datengrundlage gibt“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Mit der Aussetzung des Wehrdienstes sind Wehrerfassung und Wehrüberwachung zerschlagen worden, obwohl der Staat gesetzlich dazu verpflichtet ist.“

Warum sollen nun aber die jungen Männer (und Frauen) „ran“? Die Tagesschau weiß Bescheid, und die Klage darüber, dass nach dem Aussetzen der Wehrpflicht einiges den Bach hinunterging, bleibt nicht aus. Trotz Werbekampagnen, trotz Image-Initiativen wollten eben immer noch nicht genug junge Menschen zum Bund. So titelte die Tagesschau:

Zahl der Soldaten war zuletzt weiter im Sinkflug. Die Wehrpflicht war 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, denn gleichzeitig wurden praktisch alle Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Im Wehrpflichtgesetz ist aber weiter festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer auflebt, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt, ohne dass es nach 2011 noch konkrete Vorbereitungen für eine solche Situation gab. Personalsorgen der Bundeswehr haben zuletzt zugenommen und die Zahl der Soldaten war mit Stand Juni sogar unter 180.000 Männer und Frauen gesunken. Es gibt zudem rund 60.000 beorderte – also fest eingebundene – Reservisten. Deutschland braucht im Ernstfall 460.000 Soldaten. Wegen der veränderten Sicherheitslage ist der Bedarf Deutschlands für die Nato-Ziele aber ganz anders. „Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert langfristig einen Verteidigungsumfang von insgesamt rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein großer Teil davon, nämlich rund 260.000, muss aus der Reserve aufwachsen können“, sagt Pistorius.
(Quelle: Tagesschau)

Wo bleibt der mediale Widerstand?

Kein kritisches Wort, kein Hinterfragen kommt seitens des Nachrichten-Flaggschiffs der ARD. Wo sind die Stimmen aus der Opposition? Wo bleibt ein Kommentar, der vielleicht anmahnt, ob wir nicht doch deeskalieren und abrüsten sollten, auch personell? Warum brauchen wir eine halbe Million Menschen in Uniform? Doch nur, wenn es zu einem Krieg kommt. Wenn überhaupt, wenn wir uns friedlich einsetzen, gibt es keinen Krieg. Ist der Krieg bei uns wirklich in Sicht? Vor den Türen tobt schon einer, und wir sind gerade unfähig, dabei zu helfen, diesen zu beenden. Es ist doch anders. Steht – mal offen gesagt, denn nur einer kommt ja in Frage – der Russe vor der Tür? Ist ein anderer Weg wirklich nicht möglich? Ich denke an Willy Brandts Worte der guten Nachbarschaft und des Friedens, der mit dieser einhergeht. Ich erinnere hier auch an den bestehenden militärischen und personellen Unterschied: den Kräftevergleich zwischen uns, dem Westen, und dem Osten, den Russen. Dieser Unterschied ist gravierend, wird jedoch in der Hysterie um „neuen Wehrdienst“, Verteidigungsausgaben, Waffenstationierungen mit keiner Silbe erwähnt.

Elf Mal mehr für Rüstungsausgaben, viel mehr Personal und mehr Menschen als Russland

Beim ZDF fand sich wenigstens Folgendes, ohne aber eben einen aktuellen Kontext herzustellen, der uns Bürgern eine kritische Draufsicht böte. Diese Zahlen sind ernüchternd, und die Frage ergibt sich: Wer bedroht hier eigentlich wen?

Laut dem Bericht bleiben die USA mit einer Summe in Höhe von 916 Milliarden US-Dollar mit weitem Abstand das Land mit den größten Militärausgaben. Auf Platz zwei steht China (schätzungsweise 296 Milliarden US-Dollar), gefolgt von Russland (schätzungsweise 109 Milliarden US-Dollar). Mehr als die Hälfte der weltweiten Militärausgaben entfielen laut der Analyse 2023 auf die Nato-Staaten. Die Mitgliedsstaaten des westlichen Verteidigungsbündnisses gaben vergangenes Jahr demnach zusammen 1.341 Milliarden US-Dollar für das Militär aus.
(Quelle: ZDF)

Der Vergleich zwischen NATO samt USA und Russland ergibt demnach: 1.341 Milliarden US Dollar gegenüber 109 Milliarden US Dollar – elf Mal mehr aufseiten von NATO/USA gegenüber Russland!

Auch beim Personal ist Russland im Hintertreffen. Noch ein Satz zu uns, den Menschen: In Europa leben 745 Millionen Menschen, davon 144 Millionen in Russland, das, nebenbei gesagt, auch ein europäisches Land ist. (Quelle: Statista)

Neuer Wehrdienst, noch mehr Rüstungsausgaben und der Kanzler ganz brav

In den Nachrichten des Deutschlandfunks (DLF) bekam passend zum Baustein „neuer Wehrdienst“ der neue NATO-Generalsekretär Rutte ein Podium, auf dem auch unser Kanzler ganz brav stand. Rutte forderte noch mehr als den als Wahnsinn zu bezeichnenden Etat. Scholz „versprach“, den „eingeschlagenen Weg in den kommenden Jahren weiterzugehen“:

NATO-Generalsekretär Rutte hält die deutschen Verteidigungsausgaben trotz der Erhöhungen für zu niedrig. Deutschland investiere nun erstmals seit drei Jahrzehnten wieder zwei Prozent seines Bruttoinlandproduktes in die Verteidigung. Das sei wichtig für Deutschland und für die NATO, sagte Rutte nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz in Berlin. Alle Alliierten müssten allerdings mehr investieren und er setze darauf, dass Deutschland weiter Schritte in diese Richtung unternehmen werde. In der gegenwärtigen Lage sei eine starke NATO unerlässlich. Scholz versprach, dass man den eingeschlagenen Weg in den kommenden Jahren weitergehen wolle. (…) Nach den jüngsten öffentlichen NATO-Zahlen meldete die Bundesregierung dem Bündnis für dieses Jahr Verteidigungsausgaben in Höhe von 90,6 Milliarden Euro.
(Quelle: DLF)

Der Kanzler versprach brav einem wild gewordenen Niederländer nichts anderes, als den vom Wertewesten entfesselten Rüstungswahnsinn fortzusetzen. Für „die kommenden Jahre“? Ob er dann überhaupt noch im Amt ist? Angesichts des drohenden Endes seiner Regierungskoalition scheint das egal zu sein. Vielleicht weiß der Kanzler ja einen Nachfolger, der wie er selbst anderes im Sinn haben muss als eine Politik, die dem Amtseid gerecht wird. Interessant wäre für die DLF-Zuhörerschaft gewesen, der aktuellen Zahl 90,6 Mrd. Euro für unsere Rüstung die Ausgabenhöhe von vor wenigen Jahren gegenüberzustellen: 45,65 Mrd. Euro (2020). Das ist eine Verdopplung! (Quelle: Bundestag)

Botschaft an den Herrn Verteidigungsminister

Was wäre das für eine Sternstunde der Medien, bei der Tagesschau, beim ZDF oder beim Deutschlandfunk (und anderen Medienformaten), wenn ein Kommentar so beginnen würde: „Herr Verteidigungsminister, werte Regierung: Nein zu Ihrem „neuen Wehrdienst“, Nein zur fortschreitenden Aufrüstung der Gesellschaft!“

Nachtrag: Eine Armee wird aufgelöst, 1990, mitten in Deutschland …

Mit Befehl vom 21. September 1990 werden die Grenztruppen der DDR aufgelöst. Am 24. September 1990 tritt die DDR aus dem Warschauer Pakt aus. Mit dem letzten Tagesbefehl entlässt Rainer Eppelmann am 2. Oktober 1990 alle NVA-Angehörigen aus ihren Verpflichtungen und unterstellt die verbliebenen 89.900 Armeeangehörigen und 48.300 Zivilbeschäftigten dem Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr.
(Quelle: Deutsche Einheit 1990)

Titelbild: penofoto/shutterstock.com

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