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Karnivoren - Wie Pflanzen zu Fleischfressern wurden

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Für Charles Darwin waren sie die "schönsten Pflanzen der Welt": Pflanzen, die mit raffinierten Fallen Insekten fangen. Karnivoren haben ihre ökologische Nische in nährstoffarmen Umgebungen gefunden.

CREDITS:

Autor: Julius Bretzel

Regie: Irene Schuck

Sprecher:innen: Christian Baumann, Peter Veit

Redaktion: Katharina Hübel

Im Interview:

Christine BERNHAUSER (Fachgärtnerin im Botanischer Garten München-Nymphenburg)

Ines KREUZER (Biologin am Lehrstuhl für molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Uni Würzburg)


Mit Tieren sprechen – Verständigung von Mensch und Tier auf Augenhöhe

Warum verstehen sich Mensch und Tier, obwohl sie nicht die gleiche Sprache sprechen? Natalie Putsche erfährt einiges über die Kommunikation von Vögeln, Kühen, Wölfen, Pferden, Füchsen, Katzen und Schweinen und erlebt ganz besondere Freundschaften.

Weiterführende Links:

Botanischer Garten München-Nymphenburg

https://botmuc.snsb.de

Biozentrum der Universität Würzburg

https://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de

Unsere Podcast-Tipps:

Können Pflanzen fühlen und denken? Je detaillierter Pflanzen untersucht werden, desto mehr Hinweise gibt es auf Intelligenz und Sensibilität. Pflanzen kommunizieren untereinander und rufen bei einem Angriff sogar „um Hilfe“. Das hört ihr hier bei Radiowissen:

https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/koennen-pflanzen-fuehlen-und-denken-alles-natur/32725

Klimafit dank „neuer Gentechnik“: Können wir diese Pflanzen züchten?

Häufige Dürre, neue Schädlinge – der Klimawandel belastet die Landwirtschaft. Können klimafitte Sorten, mit neuer Gentechnik schnell gezüchtet, solche Probleme lösen? Oder können wir die Risiken dieser neuen Technologie noch nicht einschätzen? – Das hört ihr hier bei „IQ Wissenschaft und Forschung“:

https://www.ardaudiothek.de/episode/urn:ard:episode:43481b1d2e9851b4/

Literatur-Tipps:

- Thomas Carow: „Karnivoren. Die Welt der fleischfressenden Pflanzen“ – gibt einen guten Überblick über Vielfalt der karnivoren Arten und ihrer Lebensweisen, veranschaulicht mit sensationellen Bildern.

- Wilhelm Barthlott et al.: „Karnivoren - Biologie und Kultur Fleischfressender Pflanzen“ – neben der Beschreibung zahlreicher Arten sind auch Aufzucht und Pflege der Pflanzen Thema des Buches

- Charles Darwin: „Insectivorous plants“ (1875) - Darwins wegweisende Untersuchungen zu Karnivoren sind als Digitalisat frei im Internet lesbar: https://darwin-online.org.uk/content/frameset?itemID=F1217&viewtype=side&pageseq=1

- Rainer Hedrich et al.: „On the Origin of Carnivory: Molecular Physiology and Evolution of Plants on an Animal Diet“ (2021) – Dieses Paper aus dem Forscherteam der Universität Würzburg gibt einen detaillierten Einblick in die Evolutionsbiologie von Karnivoren: https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-arplant-080620-010429

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an [email protected].

Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Radiowissen
JETZT ENTDECKEN

Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

SPRECHER:

Durch Lüftungsgitter dringen Insekten ins Innere des Glaspavillons. Ob sie wieder herauskommen, ist fraglich. Denn das Gewächshaus im Botanischen Garten in München ist eines von mehreren, die mit einer Fülle an fleischfressenden Pflanzen, sogenannten Karnivoren, bepflanzt sind.

OT 01 BERNHAUSER Drosera Südafrika

Hier finden wir die Drosera, die ist eigentlich eine der größten Gruppen der Karnivoren. Und hier sehen wir einige Drosera, also Sonnentau, aus Südafrika.

SPRECHER:

Unterschiedlich große Pflanzen mit roten, glänzenden Blättern wachsen im Gewächshaus. Hausherrin über die Karnivorenhäuser ist Christine Bernhauser. Seit 15 Jahren kümmert sich die Gärtnerin im Botanischen Garten München-Nymphenburg um die fleischfressenden Pflanzen. Und die sind im Sommer ein wahrer Publikumsmagnet.

OT 03 BERNHAUSER zwei Fragen

Also zum einen werde ich ganz, ganz oft gefragt, muss man die füttern? Da kann ich immer sagen, nee, die kümmern sich da selber, zum Glück, weil wenn ich das auch noch machen müsste, dann wäre ich ziemlich beschäftigt. Und das andere eben: Ist es gefährlich, wenn ich dahin lang, wird mir da der Finger abgebissen oder so? Und das passiert natürlich nicht.

SPRECHER:

Im Botanischen Garten in München leben Karnivoren aus aller Welt, auf ihrem Speiseplan stehen: Insekten. Christine Bernhauser hat sie in den gläsernen Pavillons nach Herkunftsländern geordnet. In Form, Farbe und Fallentyp unterscheiden sich die fleischfressenden Pflanzen je nach Art stark. Manche wachsen als Schläuche wie U-Boot-Periskope nach oben, andere locken die Beute mit kleinen klebrigen Blättern in Bodennähe.

OT 04 Bernhauser drüben Dionaea

Und hier drüben haben wir die berühmteste fleischfressende Pflanze, die Dionaea muscipula. Das ist die Venusfliegenfalle, die schon so mancher in der Kindheit mit mehr oder weniger Erfolg kultiviert hat.

Musik 2

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz Länge: 0'52

SPRECHER:

Die Blätter der Venusfliegenfalle ähneln einem zahnbesetzten Kiefer. Sie sind zu tiefroten Klappfallen entwickelt, die mit Nektar Insekten anlocken und in Bruchteilen einer Sekunde zuklappen können, um die gefangene Beute anschließend zu verdauen. Ihr ursprünglicher, natürlicher Lebensraum beschränkt sich auf ein relativ kleines Gebiet im Osten der USA. Gleichermaßen warm, feucht und gemäßigt muss es sein, der Boden soll sauer sein und darf nur wenige Nährstoffe haben. Bedingungen, die an den Küsten und auf den Sandhügeln von North und South Carolina herrschen, in Mooren und Sümpfen.

ZITATOR (DARWIN):

Diese Pflanze, die wegen der Schnelligkeit und Kraft ihrer Bewegungen allgemein Venusfliegenfalle genannt wird, ist eine der wunderbarsten der Welt.

SPRECHER:

schreibt der berühmte britische Naturforscher und Evolutionstheoretiker Charles Darwin in seinem Buch „Insectivorous Plants“ von 1875. Knapp hundert Jahre zuvor war die Venusfliegenfalle erst von einem Londoner Kaffeehändler und Hobby-Naturforscher entdeckt worden. Seine Berichte über fleischfressende Pflanzen waren ungläubig von der damaligen Wissenschaftswelt abgetan worden. Doch Darwin war fasziniert – und auf der Suche nach weiteren Belegen für seine ebenfalls heiß diskutierte Evolutionstheorie. Die Karnivoren könnten ihm dabei helfen, hatte er angenommen. Sensibilisiert für diese sonderbaren Gewächse, fand Darwins erste persönliche Begegnung mit einer fleischfressenden Pflanze direkt vor seiner Haustür statt.

Musik 3

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - 0'21

ZITATOR (DARWIN):

Im Sommer 1860 war ich überrascht, wie viele Insekten sich an den Blättern des Gemeinen Sonnentaus in einer Heide in Sussex verfangen hatten. Ich hatte gehört, dass Insekten auf diese Weise gefangen werden, wusste aber nichts weiter darüber.

SPRECHER:

Nach seiner Begegnung mit Drosera (Betonung erste Silbe) rotundifolia beschrieb und untersuchte Darwin die Pflanzen und ihre charakteristischen Klebfallen genauer. Darwin ist damit ein Pionier der Karnivorenforschung:

Musik 4

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - Länge:

ZITATOR (DARWIN):

Die gesamte Oberseite ist mit drüsentragenden Fäden oder Tentakeln, wie ich sie aufgrund ihrer Wirkungsweise nennen werde, bedeckt. (…) Die Drüsen sind jeweils von großen Tropfen eines äußerst zähflüssigen Sekrets umgeben, die in der Sonne glitzern und der Pflanze den poetischen Namen „Sonnentau“ eingebracht haben.

SPRECHER:

Insekten werden von den unzähligen Tropfen betört und gehen dem Sonnentau buchstäblich auf den Leim. Die Blätter rollen sich anschließend um die Beute und verdauen sie mit einem Sekret. Darwin untersuchte, was passiert, wenn er etwa kleine Fleischstückchen, aber auch Papier, Holzkohle oder verschiedene Salze auf die klebrigen Tropfen legt. Wann produziert die Pflanze Verdauungssekret? Wann reagiert sie mit einer Bewegung der Blätter?

Musik 5

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - 0'11

ZITATOR (DARWIN):

In vier Fällen bewirkten kleine Partikel rohen Fleisches eine starke Beugung der Tentakel binnen fünf bis sechs Minuten. Ein anderer Tentakel änderte seine Position deutlich, wenn auch nur geringfügig, binnen 10 Sekunden.

SPRECHER:

Mit seiner Veröffentlichung „Insectivorous Plants“, die damals von vielen Menschen gelesen wurde, rückte Darwin die fleischfressenden Pflanzen nicht nur erstmals ins Blickfeld der Forschung und der breiten Öffentlichkeit. Sondern sorgte vor allem für eine Erkenntnis, die damals radikal war: Auch Pflanzen können Beute fangen; das passte nicht in eine Weltordnung, in der Pflanzen passive Geschöpfe sein sollten. Darwins Arbeit veränderte so die Sicht der Menschen auf Pflanzen und deren Anpassungsfähigkeiten – bis heute.


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CREDITS:

Autor: Julius Bretzel

Regie: Irene Schuck

Sprecher:innen: Christian Baumann, Peter Veit

Redaktion: Katharina Hübel

Im Interview:

Christine BERNHAUSER (Fachgärtnerin im Botanischer Garten München-Nymphenburg)

Ines KREUZER (Biologin am Lehrstuhl für molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Uni Würzburg)


Mit Tieren sprechen – Verständigung von Mensch und Tier auf Augenhöhe

Warum verstehen sich Mensch und Tier, obwohl sie nicht die gleiche Sprache sprechen? Natalie Putsche erfährt einiges über die Kommunikation von Vögeln, Kühen, Wölfen, Pferden, Füchsen, Katzen und Schweinen und erlebt ganz besondere Freundschaften.

Weiterführende Links:

Botanischer Garten München-Nymphenburg

https://botmuc.snsb.de

Biozentrum der Universität Würzburg

https://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de

Unsere Podcast-Tipps:

Können Pflanzen fühlen und denken? Je detaillierter Pflanzen untersucht werden, desto mehr Hinweise gibt es auf Intelligenz und Sensibilität. Pflanzen kommunizieren untereinander und rufen bei einem Angriff sogar „um Hilfe“. Das hört ihr hier bei Radiowissen:

https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/koennen-pflanzen-fuehlen-und-denken-alles-natur/32725

Klimafit dank „neuer Gentechnik“: Können wir diese Pflanzen züchten?

Häufige Dürre, neue Schädlinge – der Klimawandel belastet die Landwirtschaft. Können klimafitte Sorten, mit neuer Gentechnik schnell gezüchtet, solche Probleme lösen? Oder können wir die Risiken dieser neuen Technologie noch nicht einschätzen? – Das hört ihr hier bei „IQ Wissenschaft und Forschung“:

https://www.ardaudiothek.de/episode/urn:ard:episode:43481b1d2e9851b4/

Literatur-Tipps:

- Thomas Carow: „Karnivoren. Die Welt der fleischfressenden Pflanzen“ – gibt einen guten Überblick über Vielfalt der karnivoren Arten und ihrer Lebensweisen, veranschaulicht mit sensationellen Bildern.

- Wilhelm Barthlott et al.: „Karnivoren - Biologie und Kultur Fleischfressender Pflanzen“ – neben der Beschreibung zahlreicher Arten sind auch Aufzucht und Pflege der Pflanzen Thema des Buches

- Charles Darwin: „Insectivorous plants“ (1875) - Darwins wegweisende Untersuchungen zu Karnivoren sind als Digitalisat frei im Internet lesbar: https://darwin-online.org.uk/content/frameset?itemID=F1217&viewtype=side&pageseq=1

- Rainer Hedrich et al.: „On the Origin of Carnivory: Molecular Physiology and Evolution of Plants on an Animal Diet“ (2021) – Dieses Paper aus dem Forscherteam der Universität Würzburg gibt einen detaillierten Einblick in die Evolutionsbiologie von Karnivoren: https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-arplant-080620-010429

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Durch Lüftungsgitter dringen Insekten ins Innere des Glaspavillons. Ob sie wieder herauskommen, ist fraglich. Denn das Gewächshaus im Botanischen Garten in München ist eines von mehreren, die mit einer Fülle an fleischfressenden Pflanzen, sogenannten Karnivoren, bepflanzt sind.

OT 01 BERNHAUSER Drosera Südafrika

Hier finden wir die Drosera, die ist eigentlich eine der größten Gruppen der Karnivoren. Und hier sehen wir einige Drosera, also Sonnentau, aus Südafrika.

SPRECHER:

Unterschiedlich große Pflanzen mit roten, glänzenden Blättern wachsen im Gewächshaus. Hausherrin über die Karnivorenhäuser ist Christine Bernhauser. Seit 15 Jahren kümmert sich die Gärtnerin im Botanischen Garten München-Nymphenburg um die fleischfressenden Pflanzen. Und die sind im Sommer ein wahrer Publikumsmagnet.

OT 03 BERNHAUSER zwei Fragen

Also zum einen werde ich ganz, ganz oft gefragt, muss man die füttern? Da kann ich immer sagen, nee, die kümmern sich da selber, zum Glück, weil wenn ich das auch noch machen müsste, dann wäre ich ziemlich beschäftigt. Und das andere eben: Ist es gefährlich, wenn ich dahin lang, wird mir da der Finger abgebissen oder so? Und das passiert natürlich nicht.

SPRECHER:

Im Botanischen Garten in München leben Karnivoren aus aller Welt, auf ihrem Speiseplan stehen: Insekten. Christine Bernhauser hat sie in den gläsernen Pavillons nach Herkunftsländern geordnet. In Form, Farbe und Fallentyp unterscheiden sich die fleischfressenden Pflanzen je nach Art stark. Manche wachsen als Schläuche wie U-Boot-Periskope nach oben, andere locken die Beute mit kleinen klebrigen Blättern in Bodennähe.

OT 04 Bernhauser drüben Dionaea

Und hier drüben haben wir die berühmteste fleischfressende Pflanze, die Dionaea muscipula. Das ist die Venusfliegenfalle, die schon so mancher in der Kindheit mit mehr oder weniger Erfolg kultiviert hat.

Musik 2

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz Länge: 0'52

SPRECHER:

Die Blätter der Venusfliegenfalle ähneln einem zahnbesetzten Kiefer. Sie sind zu tiefroten Klappfallen entwickelt, die mit Nektar Insekten anlocken und in Bruchteilen einer Sekunde zuklappen können, um die gefangene Beute anschließend zu verdauen. Ihr ursprünglicher, natürlicher Lebensraum beschränkt sich auf ein relativ kleines Gebiet im Osten der USA. Gleichermaßen warm, feucht und gemäßigt muss es sein, der Boden soll sauer sein und darf nur wenige Nährstoffe haben. Bedingungen, die an den Küsten und auf den Sandhügeln von North und South Carolina herrschen, in Mooren und Sümpfen.

ZITATOR (DARWIN):

Diese Pflanze, die wegen der Schnelligkeit und Kraft ihrer Bewegungen allgemein Venusfliegenfalle genannt wird, ist eine der wunderbarsten der Welt.

SPRECHER:

schreibt der berühmte britische Naturforscher und Evolutionstheoretiker Charles Darwin in seinem Buch „Insectivorous Plants“ von 1875. Knapp hundert Jahre zuvor war die Venusfliegenfalle erst von einem Londoner Kaffeehändler und Hobby-Naturforscher entdeckt worden. Seine Berichte über fleischfressende Pflanzen waren ungläubig von der damaligen Wissenschaftswelt abgetan worden. Doch Darwin war fasziniert – und auf der Suche nach weiteren Belegen für seine ebenfalls heiß diskutierte Evolutionstheorie. Die Karnivoren könnten ihm dabei helfen, hatte er angenommen. Sensibilisiert für diese sonderbaren Gewächse, fand Darwins erste persönliche Begegnung mit einer fleischfressenden Pflanze direkt vor seiner Haustür statt.

Musik 3

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - 0'21

ZITATOR (DARWIN):

Im Sommer 1860 war ich überrascht, wie viele Insekten sich an den Blättern des Gemeinen Sonnentaus in einer Heide in Sussex verfangen hatten. Ich hatte gehört, dass Insekten auf diese Weise gefangen werden, wusste aber nichts weiter darüber.

SPRECHER:

Nach seiner Begegnung mit Drosera (Betonung erste Silbe) rotundifolia beschrieb und untersuchte Darwin die Pflanzen und ihre charakteristischen Klebfallen genauer. Darwin ist damit ein Pionier der Karnivorenforschung:

Musik 4

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - Länge:

ZITATOR (DARWIN):

Die gesamte Oberseite ist mit drüsentragenden Fäden oder Tentakeln, wie ich sie aufgrund ihrer Wirkungsweise nennen werde, bedeckt. (…) Die Drüsen sind jeweils von großen Tropfen eines äußerst zähflüssigen Sekrets umgeben, die in der Sonne glitzern und der Pflanze den poetischen Namen „Sonnentau“ eingebracht haben.

SPRECHER:

Insekten werden von den unzähligen Tropfen betört und gehen dem Sonnentau buchstäblich auf den Leim. Die Blätter rollen sich anschließend um die Beute und verdauen sie mit einem Sekret. Darwin untersuchte, was passiert, wenn er etwa kleine Fleischstückchen, aber auch Papier, Holzkohle oder verschiedene Salze auf die klebrigen Tropfen legt. Wann produziert die Pflanze Verdauungssekret? Wann reagiert sie mit einer Bewegung der Blätter?

Musik 5

"Massive Particles" - Komponist und Ausführender: Thomas Strønen - Album: Pohlitz - 0'11

ZITATOR (DARWIN):

In vier Fällen bewirkten kleine Partikel rohen Fleisches eine starke Beugung der Tentakel binnen fünf bis sechs Minuten. Ein anderer Tentakel änderte seine Position deutlich, wenn auch nur geringfügig, binnen 10 Sekunden.

SPRECHER:

Mit seiner Veröffentlichung „Insectivorous Plants“, die damals von vielen Menschen gelesen wurde, rückte Darwin die fleischfressenden Pflanzen nicht nur erstmals ins Blickfeld der Forschung und der breiten Öffentlichkeit. Sondern sorgte vor allem für eine Erkenntnis, die damals radikal war: Auch Pflanzen können Beute fangen; das passte nicht in eine Weltordnung, in der Pflanzen passive Geschöpfe sein sollten. Darwins Arbeit veränderte so die Sicht der Menschen auf Pflanzen und deren Anpassungsfähigkeiten – bis heute.


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