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Nikolaus vs. Nepomuk
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Der Ort:
Am Betonbrückenpfeiler der Bahnhofs Stadlau im 22.Bezirk befindet sich eine von Werner Feiersinger gefertigte künstlerische Stahlkonstruktion, die die Gestalt des Heilige Nepomuk darstellt. Die Arbeit wurde 2010 angebracht und ist ein Verweis auf die Schutzfunktion für Brücken dieses christlichen Märtyrers aus dem 14.Jahrhundert. Nach dem Abklingen des boomenden Nepomuk-Kults im 18. und 19.Jahrhundert, stellt diese neuere Arbeit eine auffällige Besonderheit dar.
Der Inhalt:
Nepomuk war ein kirchlicher Würdenträger im Prag des 14.Jahrhundert, der nach einem Streit zwischen König Wenzel und dem Erzbischof von Prag als Bauernopfer in der Moldau von der säkularen Staatsmacht in der Moldau ertränkt wurde. Im Zuge des 18.Jahrhunderts wurde der katholische Kult um den Heiligen Nikolaus sukzessive durch den des Heiligen Nepomuks abgelöst. Während zuvor an Brücken und Gewässern Statuen von Nikolaus zum Schutz aufgestellt wurden, wurden danach zu Ehren des böhmischen Nepomuks zahlreiche Kapellen und Kirchen errichtet. Das Herrscherhaus Habsburg machte sich den Kult um den Heiligen, der vor allem bei den niedrigen Ständen in Böhmen und Mähren beliebt war, für politische Zwecke zu Nutzen. Schon Karl VI nützte die allgemeine Popularität dieses Märtyrers, und seine Tochter Maria-Theresia versuchte im Zuge des österreichischen Erbfolgekrieges die nördlichen Erblande durch besondere Pflege des Andenkens an Nepomuk diese an sich zu binden. Der Kult nahm zum Teil solche Ausmaße an, dass ihn Joseph II zeitweilig verbot. Im Laufe der Jahrhunderte wurden Nepomuk zahlreiche Statuen und Kapellen gewidmet. Vor allem die Orden der Zisterzienser und Jesuiten pflegten den Kult. Die Jesuiten nahmen damit insbesondere Bezug auf die Funktion Nepomuks als Beichtvater, da sie bis Mitte des 18.Jahrhunderts traditionell die Beichte der Mitglieder des Hauses Habsburg abgenommen haben. Die Verehrung war aber auch ein lukratives Geschäft, da eine Vielzahl von Künstlern für die Produktion von Statuen und Abbildungen beauftragt wurden. Der Heilige Nikolaus erlebte erst wieder eine Renaissance mit dem Weihnachtsmann, dessen Erscheinung mit dem spendierfreudigen kleinasiatischen Bischof aus dem 4.Jahrhundert n.u.Z. assoziiert wurde. Das Andenken hingegen an Nepomuk verschwand im öffentlichen Bewusstsein immer mehr. Nur mehr die wenigsten wissen über die Hintergründe dieses Heiligen, der vor allem zu Zwecke der Gegenreformation gegen die evangelische Kirche verwendet wurde, Bescheid.
Der Gast:
Mag.Christian Stadelmann ist Ethnologe, Kulturwissenschafter und Kustos am Technischen Museum Wien für den Sammlungsbereich „Alltag“. Nebenbei beschäftigt er sich vor allem mit religiösen Motiven in der Alltagskultur.
Tipps und Tricks:
Zum Lesen: Werner Telesko, Stefanie Linsboth, Sabine Miesgang: Verehrung des hl. Johannes von Nepomuk in Ostösterreich. Der Heiligenkult im Spannungsfeld von Frömmigkeitspraxis und Medialisierung. Zum Gratis-Download: https://land-noe.at/noe/stuf78.html Thomas Hauschild: Weihnachtsmann. Die wahre Geschichte. 2016
Zum Schauen: Jake Kasdan: Red One-Alarmstufe Weihnachten. 2024
37 Episoden
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Am Betonbrückenpfeiler der Bahnhofs Stadlau im 22.Bezirk befindet sich eine von Werner Feiersinger gefertigte künstlerische Stahlkonstruktion, die die Gestalt des Heilige Nepomuk darstellt. Die Arbeit wurde 2010 angebracht und ist ein Verweis auf die Schutzfunktion für Brücken dieses christlichen Märtyrers aus dem 14.Jahrhundert. Nach dem Abklingen des boomenden Nepomuk-Kults im 18. und 19.Jahrhundert, stellt diese neuere Arbeit eine auffällige Besonderheit dar.
Der Inhalt:
Nepomuk war ein kirchlicher Würdenträger im Prag des 14.Jahrhundert, der nach einem Streit zwischen König Wenzel und dem Erzbischof von Prag als Bauernopfer in der Moldau von der säkularen Staatsmacht in der Moldau ertränkt wurde. Im Zuge des 18.Jahrhunderts wurde der katholische Kult um den Heiligen Nikolaus sukzessive durch den des Heiligen Nepomuks abgelöst. Während zuvor an Brücken und Gewässern Statuen von Nikolaus zum Schutz aufgestellt wurden, wurden danach zu Ehren des böhmischen Nepomuks zahlreiche Kapellen und Kirchen errichtet. Das Herrscherhaus Habsburg machte sich den Kult um den Heiligen, der vor allem bei den niedrigen Ständen in Böhmen und Mähren beliebt war, für politische Zwecke zu Nutzen. Schon Karl VI nützte die allgemeine Popularität dieses Märtyrers, und seine Tochter Maria-Theresia versuchte im Zuge des österreichischen Erbfolgekrieges die nördlichen Erblande durch besondere Pflege des Andenkens an Nepomuk diese an sich zu binden. Der Kult nahm zum Teil solche Ausmaße an, dass ihn Joseph II zeitweilig verbot. Im Laufe der Jahrhunderte wurden Nepomuk zahlreiche Statuen und Kapellen gewidmet. Vor allem die Orden der Zisterzienser und Jesuiten pflegten den Kult. Die Jesuiten nahmen damit insbesondere Bezug auf die Funktion Nepomuks als Beichtvater, da sie bis Mitte des 18.Jahrhunderts traditionell die Beichte der Mitglieder des Hauses Habsburg abgenommen haben. Die Verehrung war aber auch ein lukratives Geschäft, da eine Vielzahl von Künstlern für die Produktion von Statuen und Abbildungen beauftragt wurden. Der Heilige Nikolaus erlebte erst wieder eine Renaissance mit dem Weihnachtsmann, dessen Erscheinung mit dem spendierfreudigen kleinasiatischen Bischof aus dem 4.Jahrhundert n.u.Z. assoziiert wurde. Das Andenken hingegen an Nepomuk verschwand im öffentlichen Bewusstsein immer mehr. Nur mehr die wenigsten wissen über die Hintergründe dieses Heiligen, der vor allem zu Zwecke der Gegenreformation gegen die evangelische Kirche verwendet wurde, Bescheid.
Der Gast:
Mag.Christian Stadelmann ist Ethnologe, Kulturwissenschafter und Kustos am Technischen Museum Wien für den Sammlungsbereich „Alltag“. Nebenbei beschäftigt er sich vor allem mit religiösen Motiven in der Alltagskultur.
Tipps und Tricks:
Zum Lesen: Werner Telesko, Stefanie Linsboth, Sabine Miesgang: Verehrung des hl. Johannes von Nepomuk in Ostösterreich. Der Heiligenkult im Spannungsfeld von Frömmigkeitspraxis und Medialisierung. Zum Gratis-Download: https://land-noe.at/noe/stuf78.html Thomas Hauschild: Weihnachtsmann. Die wahre Geschichte. 2016
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