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Die Freiheitsstatue - ein symbolträchtiges Geschenk

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Manage episode 409027325 series 1833401
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Sie zählt zu den bekanntesten Baudenkmälern der Welt: die Freiheitsstatue vor den Toren von New York. Ein Monument der Erhabenheit und effektive Werbeträgerin für die Vereinigten Staaten. Von Florian Kummert

Credits
Autor dieser Folge: Florian Kummert
Regie: Irene Schuck
Es sprachen: Andreas Neumann, Irina Wanka, Julia Fischer, Christian Baumann
Technik: Monika Gsaenger
Redaktion: Iska Schreglmann

Im Interview:
Elizabeth Mitchell, Journalistin und Autorin „Liberty’s Torch“
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

ERZÄHLER

Die Freiheitsstatue im Hafen von New York City. Ihr wurden Sonette, Hymnen, und ein ganzes Musical gewidmet. Aber auch politische Lieder, wie hier 1975 von der „Little River Band“. Der Liedtext von „Statue of Liberty“ lautet:

ZITATOR

Gib mir deine Hungrigen. Gib mir deine Müden, gib mir deine Obdachlosen, gib mir deine Wanderer, Freiheitsstatue, die du im Hafen stehst. Das ist Amerika, wir geben uns etwas mehr Mühe.

ERZÄHLER

„Meine Amerikanerin“ - so nannte sie ihr Schöpfer, der französische Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi. Doch welche Nationalität hat sie? Natürlich ist sie die Amerikanerin schlechthin, und gleichzeitig auch eine Französin, in Frankreich geboren und geschmiedet, und mit dem Schiff über den Atlantik emigriert. Oder hat sie jede Art von Nationalität hinter sich gelassen, ist weit mehr als eine bloße Statue, und weit mehr als die Repräsentantin einer Nation?

OTON Elizabeth Mitchell 1

One of the things that was very moving… would still have that symbol.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Als ich über die Entstehung der Freiheitsstatue geforscht habe, hat mich ein Zitat von ihrem Schöpfer Bartholdi zutiefst bewegt. Er glaubte, die monumentale Statue sei für die Ewigkeit. Sie könnte selbst dann weiterbestehen, wenn es Demokratie und Freiheit in den Vereinigten Staaten nicht mehr gäbe. Wenn dunkle Zeiten kämen, in denen die Freiheit am Verschwinden ist, dann würden wir immer noch zu ihr als Symbol aufblicken können.

ERZÄHLER

Sagt die New Yorker Journalistin Elizabeth Mitchell, die über die Entstehungsgeschichte der Freiheitsstatue ein Buch geschrieben hat, „Liberty’s Torch“ - zu Deutsch: die Fackel der Freiheit. Symbol eines Menschheitstraums, eine der großen Ikonen der modernen Welt.

OTON Elizabeth Mitchell 2

The Statue of Liberty has remained so…So I think it starts there.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Die Freiheitsstatue konnte in so vielen Kulturen einen wichtigen Platz einnehmen, da sie über Jahrzehnte all die Frauen, Männer und Kinder empfangen hat, die in die USA immigriert sind. Mit dem Boot sind sie an der Statue vorbeigefahren, ehe sie im Hafen ankamen und dann nach Ellis Island gebracht wurden. All die Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, die Kriege überlebt haben, die verzweifelt, auch traumatisiert waren. Sie kommen hier an und sehen als erstes ein Symbol der Freiheit und der Hoffnung. Das ist der Grundpfeiler für die Macht ihrer Wirkung.

ERZÄHLER

Als sie im Oktober 1886 enthüllt wird, ist die Freiheitsstatue das höchste Bauwerk auf dem amerikanischen Kontinent. Mit Sockel 93 Meter. Natürlich kann sie an reiner Höhe mit den Wolkenkratzern, die nach ihr in Manhattan in den Himmel schießen, nicht mithalten. Dennoch bleibt sie unter den Monumenten dieser Welt eine Klasse für sich. Ihre Entstehungsgeschichte war aber ein äußerst steiniger Weg.

OTON Elizabeth Mitchell 3

So when I go out to the island… the act of one artist.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Wenn ich die Statue besuche, bin ich immer wieder erstaunt, dass es sie nur gibt, weil ein Künstler hartnäckig seiner Vision gefolgt ist.

MUSIK 2

"The Patriot" - Komponist: John Williams C1108930 001 - Länge: 0'35

ERZÄHLER

Frédéric-Auguste Bartholdi. Geboren am 2. August 1834, in Colmar im Elsass, nahe der deutschen Grenze. Die Familie ist wohlhabend, doch nach dem frühen Tod des Vaters zieht Mutter Charlotte (frz.) mit Frédéric-Auguste und dem älteren Bruder Charles (frz, Schaarl) nach Paris. Sie ist eine unermüdliche Netzwerkerin und ermöglicht ihren Kindern eine gute Bildung. Zudem unterhält sie beste Beziehungen zu Pariser Künstlerkreisen. Frédéric-Auguste erhält Mal- und Zeichen-Unterricht und entdeckt früh seine Liebe zur Bildhauerei.

SOUND Meißel, Steine klopfen

Musik 3

"Till the end of time" - Komponist: Stephan Micus - Album: "Till the end of time" - Länge: 0'30

ERZÄHLER

Bartholdi verehrt die Kunstfertigkeit antiker griechischer und römischer Skulpturen, bei denen oft weibliche Figuren Ideale wie Wahrheit, Weisheit und Freiheit verkörpern. Und er denkt nicht nur groß, sondern monumental. Seine Werke sollen an öffentlichen Plätzen mit gebührendem Abstand zu anderen Gebäuden ihre Wirkung aufs Publikum entfalten können, sollen die Massen in Ehrfurcht versetzen und sie für die Ideale der Aufklärung gewinnen, Ideale, die nicht nur in Bartholdis Umfeld die französische Gesellschaft reformieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse, neue Technologien und der Glaube an den Fortschritt der Zivilisation verändern das Menschenbild.

MUSIK 4

"Maat 4" - Album: Ankh The Sound Of Ancient Egypt - Ausführender: Michael Atherton - Länge: 0'40

ERZÄHLER

Ein Projekt fasziniert Bartholdi im Besonderen: der Suez-Kanal. Ein Mammutwerk an Ingenieurskunst, das das Mittelmeer mit dem Roten Meer und dem Indischen Ozean verbindet und den globalen Schiffsverkehr revolutionieren wird. 1855 reist Bartholdi zum ersten Mal nach Ägypten, fertigt Hunderte von Skizzen und Zeichnungen im Land an und besucht mit den Pyramiden das letzte verbliebene der sieben Weltwunder der Antike. Doch ein anderes Weltwunder regt seine Kreativität an: der Koloss von Rhodos.

SOUND Wellen, Brandung

ERZÄHLER

Die – so wird von der Geschichtsforschung vermutet - über 30 Meter hohe, monumentale Bronze-Statue stand am Hafeneingang von Rhodos, bis sie um 226 vor Christus nach einem Erdbeben einstürzte. Bartholdi plant einen neuen, weiblichen Koloss, eine monumentale Statue am Eingang des Suez-Kanals, Blickfang und Leuchtturm zugleich. Auf einem gewaltigen Sockel steht die Figur einer Ägypterin, in der erhobenen Hand eine Fackel. Arbeitstitel: „Fortschritt“ oder „Ägypten, die das Licht nach Asien bringt“. Bartholdi zeigt seine Pläne dem Vizekönig von Ägypten, dem sogenannten Khediven (SPRICH: Ke'dihwen), der die Entwurfsskizzen und Tonmodelle begutachtet, aber letztlich ablehnt. Der Bildhauer ist zunächst tief enttäuscht, doch bald wird er seine Pläne wieder aus der Schublade holen, und sie leicht modifiziert erneut vorlegen, als ersten Entwurf für die Freiheitsstatue.

MUSIK 5

"Handkerchiefs" - Album: The Outfit (Original Motion Picture Soundtrack) Länge: 1'10

ERZÄHLER

Im Sommer 1865 treffen sich französische Intellektuelle zu einer Dinnerparty vor den Toren von Paris, bei Versailles. Frankreich wird mit eiserner Hand regiert. Napoleon III. hat als Diktator die Macht an sich gerissen. Die Teilnehmer der Dinnerparty sind politische Reformer, Liberale und Demokraten, in Widerstand zu Napoleons repressiver Regierung. Der Gastgeber der Party: Edouard-René Lefebvre des Laboulaye, Juraprofessor und ein großer Verehrer der Vereinigten Staaten. In der jungen Nation sieht er ein weltweites Vorbild für Freiheit und Selbstverwaltung. Laboulaye hat im Laufe der Zeit eine beträchtliche Gefolgschaft angesammelt, die die französisch-amerikanische Zusammenarbeit vertiefen will. Das Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs und damit auch das Ende der Sklaverei verstärkt bei vielen Anwesenden die Ansicht, dass die USA ein wichtiger Verbündeter im Kampf für weltweite Freiheit werden würde.

So erzählt Laboulaye auf der Dinnerparty von der Idee eines Geschenks für den 1876 bevorstehenden 100. Geburtstag der Vereinigten Staaten.

Musik 6

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'35

ERZÄHLER

Einer von seinen Gästen hat sofort eine Vision vor Augen: Frédéric-Auguste Bartholdi. Der Bildhauer schlägt noch an diesem Abend seinem Gastgeber etwas Monumentales vor: eine Statue, die die französisch-amerikanische Freundschaft für immer festigen soll. Die Ägypterin vom Suez-Kanal wird neu geboren als Lady Liberty.

Freiheit ist ein wiederkehrender Bestandteil in Bartholdis Arbeit, etwa in der Reiterstatue von Vercingetorix.

Hier würdigt er den legendären Anführer, der die gallischen Völkerschaften vereinigte, um ihre Freiheit gegen Caesar und die römische Besatzung zu verteidigen. Bartholdi zieht sogar selbst in den Krieg, für seine Heimat, das bedrohte Elsass. Als 1870 der preußisch-französische Krieg ausbricht, geht er zurück nach Colmar und erhält dort den Auftrag einen Trupp an Nationalgardisten zusammenzustellen. Doch dem Ansturm der preußischen Soldaten halten Bartholdi und seine Männer nicht stand. Bald wird das Elsass besetzt. Nach der französischen Kapitulation im Januar 1871 ist Bartholdi am Boden zerstört. Sein Frankreich, die einst so stolze Nation, gleicht nur noch einem Schatten ihrer Selbst.

MUSIK 7

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'25

ERZÄHLER

So richtet Bartholdi all seine Hoffnung auf die Vereinigten Staaten von Amerika, unterstützt von seinem Freund und Förderer Laboulaye, schreibt er:

ZITATOR (Bartholdi)

„Ich werde für die Freiheit kämpfen, ich werde an die freien Völker appellieren! Ich will versuchen die Republik dort zu glorifizieren, bis ich eines Tages sie bei uns wieder vorfinde!“

SOUND Seegang

ERZÄHLER

So überquert Frédéric-Auguste Bartholdi zum ersten Mal in seinem Leben den Atlantik. Im Juni 1871 läuft sein Schiff in den Hafen von New York ein, und er ist sich sicher, in dieser Metropole und nirgends anders wird seine Statue eine Heimat finden. Nur wo? Bartholdi lässt sich den Central Park zeigen, dessen Grünanlagen und künstliche Seen gerade von den Landschaftsarchitekten angelegt werden. Bereits in der Bauphase ein Publikumsmagnet. Aber hier, mitten im Park, die Statue? Der Schatten, der auf die umliegenden Häuser fallen würde, wäre enorm.

ATMO Hafen, Wind, Segelboot

ERZÄHLER

Am nächsten Tag nimmt Bartholdi ein Segelboot, das ihn zu einer der kleinen Inseln vor der Südspitze von Manhattan bringt. Bedloe’s Island, benannt nach einem Holländer, der die Insel im Jahr 1667 gekauft hatte. Später gelangte sie in den Besitz der US-Regierung, die dort eine sternförmige Kaserne errichtete, viele Jahre bei den New Yorkern berüchtigt als Hinrichtungsstätte. Kein Einheimischer hätte an das verrufene Eiland im Hafen gedacht, aber für Bartholdi ist es der perfekte Flecken Erde. Von einem diensthabenden Colonel lässt er sich die Anlage zeigen, wie Elizabeth Mitchell in Bartholdis Tagebüchern las.

OTON Elizabeth Mitchell 4

What did the general in charge think … is lucky for us.

VOICEOVER-Sprecherin

Was sich wohl der Colonel gedacht haben mag, als dieser Franzose auftauchte, und von seinen Plänen für eine riesige weibliche Statue mit einer Fackel in der Hand erzählte? An dem Ort, an dem der Militär Tag für Tag seinen Dienst absolvierte. Es ist schon erstaunlich, dass Bartholdi den Festungsbau sich als Grundlage für die Statue vorstellen konnte - zu unserem Glück.

ERZÄHLER

Doch auf das Hoch folgen viele Tiefs. Bartholdi versucht, die New Yorker für seine Pläne zu begeistern, geht in Kunstvereine und Salons, präsentiert seine Skizzen und Tonmodelle. Die Reaktion bleibt aber kühl, das Interesse gering, die finanzielle Unterstützung minimal. Und Bartholdi? Der gibt nicht auf, im Gegenteil. Er greift tief in die psychologische Trickkiste - in Frankreich und den USA.

OTON Elizabeth Mitchell 5

He had this disastrous time … to get things done.

VOICEOVER-Sprecherin

Er hatte eine furchtbare Zeit in den Staaten. Trotzdem ist er nach Frankreich zurück und erzählt allen: es war großartig, alle lieben die Statue! Wir müssen nur hier in Frankreich das Geld dafür auftreiben. Laboulaye ist begeistert und sagt: Wow, du hast es wirklich geschafft. Also organisiert er Spendengalas und andere Aufrufe für den Bau. Und so stemmt er die Finanzierung der Statue. Die Vereinigten Staaten hingegen müssen den Sockel finanzieren. Aber als sich dann herausstellt, dass in Amerika dafür kaum Geld gesammelt wurde, dreht Bartholdi den Spieß um. Er schwärmt in den USA von der Begeisterung der Franzosen und all den Spendengeldern. So spielt er alle Seiten gegeneinander aus und kommt zum Ziel.

SOUND Klopfen, Hämmern

ERZÄHLER

In seinen Pariser Ateliers macht sich Bartholdi an die Arbeit, die letztlich zehn Jahre dauern soll. Stück für Stück werden die Kupferplatten in Form gehämmert. Eine Pionierarbeit, die alle Beteiligten vor massive Herausforderungen stellt. Denn die äußere Kupferhülle benötigt als innere Stütze ein Stahlgerüst. Es muss sowohl den senkrecht wirkenden Kräften der Schwerkraft widerstehen als auch dem seitlichen, oft heftig wehenden Wind im New Yorker Hafen. Bartholdi findet für die Aufgabe den wohl innovativsten Ingenieur seiner Zeit: Gustave Eiffel.

OTON Elizabeth Mitchell 6

It’s an incredible feat of engineering, … got kicked off the record.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Die Stützkonstruktion ist eine technische Meisterleistung und Eiffel selbst war auch sehr stolz auf das Endprodukt. Er fand das Innere der Statue übrigens viel schöner als ihr Äußeres. Und nur drei Jahre nachdem Bartholdi mit der Freiheitsstatue das höchste Bauwerk der Welt präsentiert hat, übertrumpfte ihn Eiffel selbst mit dem Eiffeltur), der ein paar Meter höher ist. So konnte er Bartholdi entthronen.

Musik 8

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'45

ERZÄHLER

Zum ersten Mal wird die Statue in Paris 1883 aufgebaut. 46 Meter wächst sie dort in die Höhe, und lockt jede Menge Publikum an. Bartholdi verkauft Eintrittstickets für den Aufstieg hoch unter die Krone, in den acht Meter großen Kopf, beeindruckt mit Geschichten über die fünf Meter große Hand und die über sieben Meter 60 langen Sandalen - Schuhgröße 1200. Auch Star-Autor Victor Hugo besucht die überdimensionale Dame und lässt sich zu den Worten hinreißen:

ZITATOR

„Das ist der Freiheitsengel, das ist der Aufklärungsriese“

ERZÄHLER

…was Bartholdi sofort in seine Werbekampagne einbaut.

Sorgen bereiten ihm aber die Amerikaner. Die Spendenaktion zum Bau des steinernen Sockels stockt. Es fehlen 100.000 Dollar. Die High Society von New York, all die reichen Unternehmer und ihre Familien geben kaum etwas. Retter in der Not wird der New Yorker Zeitungsverleger Joseph Pulitzer, der sich bei einer Paris-Reise von der symbolischen Wucht der Statue begeistern lässt. Seine Zeitung, The World, dümpelt eher erfolglos vor sich hin. Doch die Kampagne, die er zur Rettung der Statue ersinnt, hat politischen Sprengstoff in sich. Pulitzer attackiert den Geldadel, permanent. Elizabeth Mitchell:

OTON Elizabeth Mitchell 7

He would run that campaign … Bartholdi was thrilled.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Die Kampagne setzt auf den Slogan: die Reichen hassen die Freiheit. Wir dagegen, das arbeitende Volk der Vereinigten Staaten, müssen zeigen, wie wichtig sie uns ist. Und Pulitzer betont: alle, die auch nur einen Penny spenden, sehen ihren Namen in der Zeitung gedruckt. Ein genialer Schachzug, denn die Zeitungen finden bei den Spendenden reißenden Absatz. Die Kampagne bringt so das nötige Geld zusammen und der Sockel kann gebaut werden. Und Bartholdi ist begeistert.

ERZÄHLER

So kann Lady Liberty in 220 Kisten verpackt den Atlantik überqueren und findet ihr endgültiges Zuhause im Hafen von New York, auf Bedloe’s Island, nun umbenannt in Liberty Island.

SOUND Fanfaren-Musik

ERZÄHLER

Am 28. Oktober 1886 wird die Freiheitsstatue feierlich enthüllt. Viele New Yorker strömen zum Hafen, um der Zeremonie beizuwohnen. Die Massen schwenken kleine amerikanische und französische Fahnen. Dazu Kanonenschüsse und Trommelwirbel. Bartholdi hat die Ehre, den mit einer französischen Fahne verdeckten Kopf der Statue zu enthüllen.

Musik 9

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 1'05

ERZÄHLER

US-Präsident Grover Cleveland ist persönlich anwesend und weiht die Statue mit den Worten ein:

ZITATOR (falls möglich, für Cleveland)

„Wir werden nie vergessen, dass die Freiheit hier in Amerika ihr Zuhause gefunden hat. Ihr Licht soll die Dunkelheit der Ignoranz durchdringen und gegen die Unterdrückung der Menschen aufbegehren, solange bis die Freiheit die Welt erleuchtet.“

ERZÄHLER

Eine Armada an Schiffen salutiert. Unruhe ins Geschehen bringt nur ein kleines Boot, das Frauenrechtlerinnen gemietet haben, die Suffragetten. Runde um Runde umkreist das Boot Liberty Island, während die Frauen mit einem Megaphon den Ehrengästen auf der Insel kritische Worte entgegenschleudern. Sie fordern die Gleichbehandlung von Frauen und echauffieren sich darüber, dass unter den fast 600 Ehrengästen sich nur zwei Frauen befinden. Dabei hat das frisch enthüllte Symbol der Freiheit ein entschieden weibliches Antlitz.

Wem aber sieht das Gesicht der Freiheitsstatue ähnlich? In vielen Artikeln und Büchern über Lady Liberty ist zu lesen, Bartholdi hätte darin seine über alles geliebte Mutter verewigt. Elizabeth Mitchell ist anderer Meinung.

OTON Elizabeth Mitchell 8

When I was doing all the research … It has to be constantly cultivated.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Ich habe bei den Recherchen all die Entwürfe und Modelle verglichen, und keines der Gesichter ähnelt dem der Mutter. Dabei war Bartholdi eigentlich sehr talentiert darin, Gesichter zu imitieren. Dann stieß ich auf ein Foto von Bartholdis Bruder Charles und das sah der Statue zum Verwechseln ähnlich, was ich interessant finde. Denn sein Bruder hatte mit Anfällen zu kämpfen und einen völligen Nervenzusammenbruch. Und Frédéric-Auguste musste seinen Bruder in ein Sanatorium einweisen. Dort hat er ihn einmal die Woche besucht und saß stundenlang an seiner Seite. Charles hat ins Leere gestarrt und geschwiegen, aber Bartholdi hat ihn gezeichnet, immer wieder. Und so ergibt es einen Sinn, dass er ihn in seinem wichtigsten Werk, dieser kolossalen Statue verewigt, den Bruder, den er an den Nebel des Wahnsinns verloren hat. Interessant ist auch, dass das Gesicht besorgt dreinblickt. Was sinnvoll ist, denn die Freiheit zu tragen ist eine große Bürde. Man muss ständig um sie kämpfen. Freiheit behält man nicht für immer, sondern man muss sie permanent pflegen.

ERZÄHLER

Zeitungsberichte in den USA sind voll des Lobes für die Wirkung der Statue und das Genie ihres Schöpfers. Doch Bartholdis Ruhm und sein Bekanntheitsgrad verblassen schnell. Er kehrt zurück nach Frankreich, wo er wieder bescheidenere Denkmäler kreiert, ehe er 1904 stirbt. Bald spricht keiner mehr - wie noch kurz nach der Einweihung - von der „Bartholdi-Statue“. Dafür spricht alle Welt von der Freiheitsstatue, die so vieles wird: Touristenmagnet, Werbeikone und vor allem: Symbol der Hoffnung. Ein Symbol, das durch die New Yorker Dichterin Emma Lazarus eine poetische Stimme bekommt. Die Tochter sephardischer Juden besucht Armenhäuser, kämpft für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Einwandernden und wird zur Fürsprecherin für deren Belange. 1883 verfasst sie das Sonett „The New Colossus - Der neue Koloss“. Das Sonett wird später auf einer Bronzetafel am Sockel der Freiheitsstatue verewigt und seit Generationen immer wieder zitiert.

Musik 10

"Skies" - Komponist: Alexandre Desplat - Album: The Tree Of Life (Original Motion Picture Soundtrack) - Länge: 0'50

ERZÄHLER

Denn in nur wenigen Strophen verpackt Emma Lazarus die inspirierende Kraft des Monuments, die Sehnsucht nach Freiheit, Würde und Individualität verwandelt sie in pure Poesie.

ZITATORIN

Hier, seeumspült, am Torweg der sinkenden Sonne, soll eine milde Frau mit einer Fackel stehen. Ihr Name lautet Mutter der Verbannten.

Ihr alten Länder, behaltet euren Reichtum! Gebt mir die Armen, die Müden, die Bedrängten, die sich danach sehnen, frei zu atmen.

Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen,

Hoch halt' ich mein Licht am gold’nen Tor!“


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Credits
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Die Freiheitsstatue im Hafen von New York City. Ihr wurden Sonette, Hymnen, und ein ganzes Musical gewidmet. Aber auch politische Lieder, wie hier 1975 von der „Little River Band“. Der Liedtext von „Statue of Liberty“ lautet:

ZITATOR

Gib mir deine Hungrigen. Gib mir deine Müden, gib mir deine Obdachlosen, gib mir deine Wanderer, Freiheitsstatue, die du im Hafen stehst. Das ist Amerika, wir geben uns etwas mehr Mühe.

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„Meine Amerikanerin“ - so nannte sie ihr Schöpfer, der französische Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi. Doch welche Nationalität hat sie? Natürlich ist sie die Amerikanerin schlechthin, und gleichzeitig auch eine Französin, in Frankreich geboren und geschmiedet, und mit dem Schiff über den Atlantik emigriert. Oder hat sie jede Art von Nationalität hinter sich gelassen, ist weit mehr als eine bloße Statue, und weit mehr als die Repräsentantin einer Nation?

OTON Elizabeth Mitchell 1

One of the things that was very moving… would still have that symbol.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Als ich über die Entstehung der Freiheitsstatue geforscht habe, hat mich ein Zitat von ihrem Schöpfer Bartholdi zutiefst bewegt. Er glaubte, die monumentale Statue sei für die Ewigkeit. Sie könnte selbst dann weiterbestehen, wenn es Demokratie und Freiheit in den Vereinigten Staaten nicht mehr gäbe. Wenn dunkle Zeiten kämen, in denen die Freiheit am Verschwinden ist, dann würden wir immer noch zu ihr als Symbol aufblicken können.

ERZÄHLER

Sagt die New Yorker Journalistin Elizabeth Mitchell, die über die Entstehungsgeschichte der Freiheitsstatue ein Buch geschrieben hat, „Liberty’s Torch“ - zu Deutsch: die Fackel der Freiheit. Symbol eines Menschheitstraums, eine der großen Ikonen der modernen Welt.

OTON Elizabeth Mitchell 2

The Statue of Liberty has remained so…So I think it starts there.

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Die Freiheitsstatue konnte in so vielen Kulturen einen wichtigen Platz einnehmen, da sie über Jahrzehnte all die Frauen, Männer und Kinder empfangen hat, die in die USA immigriert sind. Mit dem Boot sind sie an der Statue vorbeigefahren, ehe sie im Hafen ankamen und dann nach Ellis Island gebracht wurden. All die Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, die Kriege überlebt haben, die verzweifelt, auch traumatisiert waren. Sie kommen hier an und sehen als erstes ein Symbol der Freiheit und der Hoffnung. Das ist der Grundpfeiler für die Macht ihrer Wirkung.

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Als sie im Oktober 1886 enthüllt wird, ist die Freiheitsstatue das höchste Bauwerk auf dem amerikanischen Kontinent. Mit Sockel 93 Meter. Natürlich kann sie an reiner Höhe mit den Wolkenkratzern, die nach ihr in Manhattan in den Himmel schießen, nicht mithalten. Dennoch bleibt sie unter den Monumenten dieser Welt eine Klasse für sich. Ihre Entstehungsgeschichte war aber ein äußerst steiniger Weg.

OTON Elizabeth Mitchell 3

So when I go out to the island… the act of one artist.

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Wenn ich die Statue besuche, bin ich immer wieder erstaunt, dass es sie nur gibt, weil ein Künstler hartnäckig seiner Vision gefolgt ist.

MUSIK 2

"The Patriot" - Komponist: John Williams C1108930 001 - Länge: 0'35

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Frédéric-Auguste Bartholdi. Geboren am 2. August 1834, in Colmar im Elsass, nahe der deutschen Grenze. Die Familie ist wohlhabend, doch nach dem frühen Tod des Vaters zieht Mutter Charlotte (frz.) mit Frédéric-Auguste und dem älteren Bruder Charles (frz, Schaarl) nach Paris. Sie ist eine unermüdliche Netzwerkerin und ermöglicht ihren Kindern eine gute Bildung. Zudem unterhält sie beste Beziehungen zu Pariser Künstlerkreisen. Frédéric-Auguste erhält Mal- und Zeichen-Unterricht und entdeckt früh seine Liebe zur Bildhauerei.

SOUND Meißel, Steine klopfen

Musik 3

"Till the end of time" - Komponist: Stephan Micus - Album: "Till the end of time" - Länge: 0'30

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Bartholdi verehrt die Kunstfertigkeit antiker griechischer und römischer Skulpturen, bei denen oft weibliche Figuren Ideale wie Wahrheit, Weisheit und Freiheit verkörpern. Und er denkt nicht nur groß, sondern monumental. Seine Werke sollen an öffentlichen Plätzen mit gebührendem Abstand zu anderen Gebäuden ihre Wirkung aufs Publikum entfalten können, sollen die Massen in Ehrfurcht versetzen und sie für die Ideale der Aufklärung gewinnen, Ideale, die nicht nur in Bartholdis Umfeld die französische Gesellschaft reformieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse, neue Technologien und der Glaube an den Fortschritt der Zivilisation verändern das Menschenbild.

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Ein Projekt fasziniert Bartholdi im Besonderen: der Suez-Kanal. Ein Mammutwerk an Ingenieurskunst, das das Mittelmeer mit dem Roten Meer und dem Indischen Ozean verbindet und den globalen Schiffsverkehr revolutionieren wird. 1855 reist Bartholdi zum ersten Mal nach Ägypten, fertigt Hunderte von Skizzen und Zeichnungen im Land an und besucht mit den Pyramiden das letzte verbliebene der sieben Weltwunder der Antike. Doch ein anderes Weltwunder regt seine Kreativität an: der Koloss von Rhodos.

SOUND Wellen, Brandung

ERZÄHLER

Die – so wird von der Geschichtsforschung vermutet - über 30 Meter hohe, monumentale Bronze-Statue stand am Hafeneingang von Rhodos, bis sie um 226 vor Christus nach einem Erdbeben einstürzte. Bartholdi plant einen neuen, weiblichen Koloss, eine monumentale Statue am Eingang des Suez-Kanals, Blickfang und Leuchtturm zugleich. Auf einem gewaltigen Sockel steht die Figur einer Ägypterin, in der erhobenen Hand eine Fackel. Arbeitstitel: „Fortschritt“ oder „Ägypten, die das Licht nach Asien bringt“. Bartholdi zeigt seine Pläne dem Vizekönig von Ägypten, dem sogenannten Khediven (SPRICH: Ke'dihwen), der die Entwurfsskizzen und Tonmodelle begutachtet, aber letztlich ablehnt. Der Bildhauer ist zunächst tief enttäuscht, doch bald wird er seine Pläne wieder aus der Schublade holen, und sie leicht modifiziert erneut vorlegen, als ersten Entwurf für die Freiheitsstatue.

MUSIK 5

"Handkerchiefs" - Album: The Outfit (Original Motion Picture Soundtrack) Länge: 1'10

ERZÄHLER

Im Sommer 1865 treffen sich französische Intellektuelle zu einer Dinnerparty vor den Toren von Paris, bei Versailles. Frankreich wird mit eiserner Hand regiert. Napoleon III. hat als Diktator die Macht an sich gerissen. Die Teilnehmer der Dinnerparty sind politische Reformer, Liberale und Demokraten, in Widerstand zu Napoleons repressiver Regierung. Der Gastgeber der Party: Edouard-René Lefebvre des Laboulaye, Juraprofessor und ein großer Verehrer der Vereinigten Staaten. In der jungen Nation sieht er ein weltweites Vorbild für Freiheit und Selbstverwaltung. Laboulaye hat im Laufe der Zeit eine beträchtliche Gefolgschaft angesammelt, die die französisch-amerikanische Zusammenarbeit vertiefen will. Das Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs und damit auch das Ende der Sklaverei verstärkt bei vielen Anwesenden die Ansicht, dass die USA ein wichtiger Verbündeter im Kampf für weltweite Freiheit werden würde.

So erzählt Laboulaye auf der Dinnerparty von der Idee eines Geschenks für den 1876 bevorstehenden 100. Geburtstag der Vereinigten Staaten.

Musik 6

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'35

ERZÄHLER

Einer von seinen Gästen hat sofort eine Vision vor Augen: Frédéric-Auguste Bartholdi. Der Bildhauer schlägt noch an diesem Abend seinem Gastgeber etwas Monumentales vor: eine Statue, die die französisch-amerikanische Freundschaft für immer festigen soll. Die Ägypterin vom Suez-Kanal wird neu geboren als Lady Liberty.

Freiheit ist ein wiederkehrender Bestandteil in Bartholdis Arbeit, etwa in der Reiterstatue von Vercingetorix.

Hier würdigt er den legendären Anführer, der die gallischen Völkerschaften vereinigte, um ihre Freiheit gegen Caesar und die römische Besatzung zu verteidigen. Bartholdi zieht sogar selbst in den Krieg, für seine Heimat, das bedrohte Elsass. Als 1870 der preußisch-französische Krieg ausbricht, geht er zurück nach Colmar und erhält dort den Auftrag einen Trupp an Nationalgardisten zusammenzustellen. Doch dem Ansturm der preußischen Soldaten halten Bartholdi und seine Männer nicht stand. Bald wird das Elsass besetzt. Nach der französischen Kapitulation im Januar 1871 ist Bartholdi am Boden zerstört. Sein Frankreich, die einst so stolze Nation, gleicht nur noch einem Schatten ihrer Selbst.

MUSIK 7

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'25

ERZÄHLER

So richtet Bartholdi all seine Hoffnung auf die Vereinigten Staaten von Amerika, unterstützt von seinem Freund und Förderer Laboulaye, schreibt er:

ZITATOR (Bartholdi)

„Ich werde für die Freiheit kämpfen, ich werde an die freien Völker appellieren! Ich will versuchen die Republik dort zu glorifizieren, bis ich eines Tages sie bei uns wieder vorfinde!“

SOUND Seegang

ERZÄHLER

So überquert Frédéric-Auguste Bartholdi zum ersten Mal in seinem Leben den Atlantik. Im Juni 1871 läuft sein Schiff in den Hafen von New York ein, und er ist sich sicher, in dieser Metropole und nirgends anders wird seine Statue eine Heimat finden. Nur wo? Bartholdi lässt sich den Central Park zeigen, dessen Grünanlagen und künstliche Seen gerade von den Landschaftsarchitekten angelegt werden. Bereits in der Bauphase ein Publikumsmagnet. Aber hier, mitten im Park, die Statue? Der Schatten, der auf die umliegenden Häuser fallen würde, wäre enorm.

ATMO Hafen, Wind, Segelboot

ERZÄHLER

Am nächsten Tag nimmt Bartholdi ein Segelboot, das ihn zu einer der kleinen Inseln vor der Südspitze von Manhattan bringt. Bedloe’s Island, benannt nach einem Holländer, der die Insel im Jahr 1667 gekauft hatte. Später gelangte sie in den Besitz der US-Regierung, die dort eine sternförmige Kaserne errichtete, viele Jahre bei den New Yorkern berüchtigt als Hinrichtungsstätte. Kein Einheimischer hätte an das verrufene Eiland im Hafen gedacht, aber für Bartholdi ist es der perfekte Flecken Erde. Von einem diensthabenden Colonel lässt er sich die Anlage zeigen, wie Elizabeth Mitchell in Bartholdis Tagebüchern las.

OTON Elizabeth Mitchell 4

What did the general in charge think … is lucky for us.

VOICEOVER-Sprecherin

Was sich wohl der Colonel gedacht haben mag, als dieser Franzose auftauchte, und von seinen Plänen für eine riesige weibliche Statue mit einer Fackel in der Hand erzählte? An dem Ort, an dem der Militär Tag für Tag seinen Dienst absolvierte. Es ist schon erstaunlich, dass Bartholdi den Festungsbau sich als Grundlage für die Statue vorstellen konnte - zu unserem Glück.

ERZÄHLER

Doch auf das Hoch folgen viele Tiefs. Bartholdi versucht, die New Yorker für seine Pläne zu begeistern, geht in Kunstvereine und Salons, präsentiert seine Skizzen und Tonmodelle. Die Reaktion bleibt aber kühl, das Interesse gering, die finanzielle Unterstützung minimal. Und Bartholdi? Der gibt nicht auf, im Gegenteil. Er greift tief in die psychologische Trickkiste - in Frankreich und den USA.

OTON Elizabeth Mitchell 5

He had this disastrous time … to get things done.

VOICEOVER-Sprecherin

Er hatte eine furchtbare Zeit in den Staaten. Trotzdem ist er nach Frankreich zurück und erzählt allen: es war großartig, alle lieben die Statue! Wir müssen nur hier in Frankreich das Geld dafür auftreiben. Laboulaye ist begeistert und sagt: Wow, du hast es wirklich geschafft. Also organisiert er Spendengalas und andere Aufrufe für den Bau. Und so stemmt er die Finanzierung der Statue. Die Vereinigten Staaten hingegen müssen den Sockel finanzieren. Aber als sich dann herausstellt, dass in Amerika dafür kaum Geld gesammelt wurde, dreht Bartholdi den Spieß um. Er schwärmt in den USA von der Begeisterung der Franzosen und all den Spendengeldern. So spielt er alle Seiten gegeneinander aus und kommt zum Ziel.

SOUND Klopfen, Hämmern

ERZÄHLER

In seinen Pariser Ateliers macht sich Bartholdi an die Arbeit, die letztlich zehn Jahre dauern soll. Stück für Stück werden die Kupferplatten in Form gehämmert. Eine Pionierarbeit, die alle Beteiligten vor massive Herausforderungen stellt. Denn die äußere Kupferhülle benötigt als innere Stütze ein Stahlgerüst. Es muss sowohl den senkrecht wirkenden Kräften der Schwerkraft widerstehen als auch dem seitlichen, oft heftig wehenden Wind im New Yorker Hafen. Bartholdi findet für die Aufgabe den wohl innovativsten Ingenieur seiner Zeit: Gustave Eiffel.

OTON Elizabeth Mitchell 6

It’s an incredible feat of engineering, … got kicked off the record.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Die Stützkonstruktion ist eine technische Meisterleistung und Eiffel selbst war auch sehr stolz auf das Endprodukt. Er fand das Innere der Statue übrigens viel schöner als ihr Äußeres. Und nur drei Jahre nachdem Bartholdi mit der Freiheitsstatue das höchste Bauwerk der Welt präsentiert hat, übertrumpfte ihn Eiffel selbst mit dem Eiffeltur), der ein paar Meter höher ist. So konnte er Bartholdi entthronen.

Musik 8

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 0'45

ERZÄHLER

Zum ersten Mal wird die Statue in Paris 1883 aufgebaut. 46 Meter wächst sie dort in die Höhe, und lockt jede Menge Publikum an. Bartholdi verkauft Eintrittstickets für den Aufstieg hoch unter die Krone, in den acht Meter großen Kopf, beeindruckt mit Geschichten über die fünf Meter große Hand und die über sieben Meter 60 langen Sandalen - Schuhgröße 1200. Auch Star-Autor Victor Hugo besucht die überdimensionale Dame und lässt sich zu den Worten hinreißen:

ZITATOR

„Das ist der Freiheitsengel, das ist der Aufklärungsriese“

ERZÄHLER

…was Bartholdi sofort in seine Werbekampagne einbaut.

Sorgen bereiten ihm aber die Amerikaner. Die Spendenaktion zum Bau des steinernen Sockels stockt. Es fehlen 100.000 Dollar. Die High Society von New York, all die reichen Unternehmer und ihre Familien geben kaum etwas. Retter in der Not wird der New Yorker Zeitungsverleger Joseph Pulitzer, der sich bei einer Paris-Reise von der symbolischen Wucht der Statue begeistern lässt. Seine Zeitung, The World, dümpelt eher erfolglos vor sich hin. Doch die Kampagne, die er zur Rettung der Statue ersinnt, hat politischen Sprengstoff in sich. Pulitzer attackiert den Geldadel, permanent. Elizabeth Mitchell:

OTON Elizabeth Mitchell 7

He would run that campaign … Bartholdi was thrilled.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Die Kampagne setzt auf den Slogan: die Reichen hassen die Freiheit. Wir dagegen, das arbeitende Volk der Vereinigten Staaten, müssen zeigen, wie wichtig sie uns ist. Und Pulitzer betont: alle, die auch nur einen Penny spenden, sehen ihren Namen in der Zeitung gedruckt. Ein genialer Schachzug, denn die Zeitungen finden bei den Spendenden reißenden Absatz. Die Kampagne bringt so das nötige Geld zusammen und der Sockel kann gebaut werden. Und Bartholdi ist begeistert.

ERZÄHLER

So kann Lady Liberty in 220 Kisten verpackt den Atlantik überqueren und findet ihr endgültiges Zuhause im Hafen von New York, auf Bedloe’s Island, nun umbenannt in Liberty Island.

SOUND Fanfaren-Musik

ERZÄHLER

Am 28. Oktober 1886 wird die Freiheitsstatue feierlich enthüllt. Viele New Yorker strömen zum Hafen, um der Zeremonie beizuwohnen. Die Massen schwenken kleine amerikanische und französische Fahnen. Dazu Kanonenschüsse und Trommelwirbel. Bartholdi hat die Ehre, den mit einer französischen Fahne verdeckten Kopf der Statue zu enthüllen.

Musik 9

"Fire Fighting" - Ausführender und Komponist: Antony Partos - Album: Rams (Original Motion Picture Score) - Länge: 1'05

ERZÄHLER

US-Präsident Grover Cleveland ist persönlich anwesend und weiht die Statue mit den Worten ein:

ZITATOR (falls möglich, für Cleveland)

„Wir werden nie vergessen, dass die Freiheit hier in Amerika ihr Zuhause gefunden hat. Ihr Licht soll die Dunkelheit der Ignoranz durchdringen und gegen die Unterdrückung der Menschen aufbegehren, solange bis die Freiheit die Welt erleuchtet.“

ERZÄHLER

Eine Armada an Schiffen salutiert. Unruhe ins Geschehen bringt nur ein kleines Boot, das Frauenrechtlerinnen gemietet haben, die Suffragetten. Runde um Runde umkreist das Boot Liberty Island, während die Frauen mit einem Megaphon den Ehrengästen auf der Insel kritische Worte entgegenschleudern. Sie fordern die Gleichbehandlung von Frauen und echauffieren sich darüber, dass unter den fast 600 Ehrengästen sich nur zwei Frauen befinden. Dabei hat das frisch enthüllte Symbol der Freiheit ein entschieden weibliches Antlitz.

Wem aber sieht das Gesicht der Freiheitsstatue ähnlich? In vielen Artikeln und Büchern über Lady Liberty ist zu lesen, Bartholdi hätte darin seine über alles geliebte Mutter verewigt. Elizabeth Mitchell ist anderer Meinung.

OTON Elizabeth Mitchell 8

When I was doing all the research … It has to be constantly cultivated.

VOICEOVER-SPRECHERIN

Ich habe bei den Recherchen all die Entwürfe und Modelle verglichen, und keines der Gesichter ähnelt dem der Mutter. Dabei war Bartholdi eigentlich sehr talentiert darin, Gesichter zu imitieren. Dann stieß ich auf ein Foto von Bartholdis Bruder Charles und das sah der Statue zum Verwechseln ähnlich, was ich interessant finde. Denn sein Bruder hatte mit Anfällen zu kämpfen und einen völligen Nervenzusammenbruch. Und Frédéric-Auguste musste seinen Bruder in ein Sanatorium einweisen. Dort hat er ihn einmal die Woche besucht und saß stundenlang an seiner Seite. Charles hat ins Leere gestarrt und geschwiegen, aber Bartholdi hat ihn gezeichnet, immer wieder. Und so ergibt es einen Sinn, dass er ihn in seinem wichtigsten Werk, dieser kolossalen Statue verewigt, den Bruder, den er an den Nebel des Wahnsinns verloren hat. Interessant ist auch, dass das Gesicht besorgt dreinblickt. Was sinnvoll ist, denn die Freiheit zu tragen ist eine große Bürde. Man muss ständig um sie kämpfen. Freiheit behält man nicht für immer, sondern man muss sie permanent pflegen.

ERZÄHLER

Zeitungsberichte in den USA sind voll des Lobes für die Wirkung der Statue und das Genie ihres Schöpfers. Doch Bartholdis Ruhm und sein Bekanntheitsgrad verblassen schnell. Er kehrt zurück nach Frankreich, wo er wieder bescheidenere Denkmäler kreiert, ehe er 1904 stirbt. Bald spricht keiner mehr - wie noch kurz nach der Einweihung - von der „Bartholdi-Statue“. Dafür spricht alle Welt von der Freiheitsstatue, die so vieles wird: Touristenmagnet, Werbeikone und vor allem: Symbol der Hoffnung. Ein Symbol, das durch die New Yorker Dichterin Emma Lazarus eine poetische Stimme bekommt. Die Tochter sephardischer Juden besucht Armenhäuser, kämpft für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Einwandernden und wird zur Fürsprecherin für deren Belange. 1883 verfasst sie das Sonett „The New Colossus - Der neue Koloss“. Das Sonett wird später auf einer Bronzetafel am Sockel der Freiheitsstatue verewigt und seit Generationen immer wieder zitiert.

Musik 10

"Skies" - Komponist: Alexandre Desplat - Album: The Tree Of Life (Original Motion Picture Soundtrack) - Länge: 0'50

ERZÄHLER

Denn in nur wenigen Strophen verpackt Emma Lazarus die inspirierende Kraft des Monuments, die Sehnsucht nach Freiheit, Würde und Individualität verwandelt sie in pure Poesie.

ZITATORIN

Hier, seeumspült, am Torweg der sinkenden Sonne, soll eine milde Frau mit einer Fackel stehen. Ihr Name lautet Mutter der Verbannten.

Ihr alten Länder, behaltet euren Reichtum! Gebt mir die Armen, die Müden, die Bedrängten, die sich danach sehnen, frei zu atmen.

Schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen,

Hoch halt' ich mein Licht am gold’nen Tor!“


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