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ERF Plus - Bibel heute Gegen falschen Gottesdienst

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Manage episode 439018275 series 2309775
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„Im letzten D-Zug-Wagen“ so heißt eine Erzählung von Wilhelm Schäfer. Sie berichtet von sieben Menschen, die in einem Zugabteil zusammensitzen, genauer: im letzten Wagen eines D-Zuges. Die sieben Menschen kennen einander nicht. Da ist ein derber Herr aus Soest, man nennt ihn den „roten Müller“. Dann ein Kaplan aus Köln, ein reicher Unternehmer im Pelzmantel, ein Arbeiter, ein Student, eine Mutter mit ihrem Säugling.

Diese sieben werden aus ihrer Reiseruhe aufgeschreckt durch einen Zwischenfall. Ein Pferd ist auf die Schienen gelaufen. Der Zugführer muss eine Notbremsung vornehmen. Die plötzliche Erschütterung des Zuges versetzt die sieben Reisenden in Todesschrecken. Und während der Zug steht und die nötigen Arbeiten gemacht werden, beginnen die sieben Menschen ein Gespräch über den Tod. Jeder von ihnen tut das auf eine für ihn charakteristische Weise. Der „rote Müller“ z.B. behandelt das Thema Tod mit derben Sprüchen. Mit Schweinerippchen und Bier könne man sich über fast alles hinweghelfen, so auch über die Frage nach dem Tod.

Anders der reiche Unternehmer. Er setzt sich philosophisch mit dem Thema auseinander. Er zeigt, dass er nicht nur Geld, sondern auch Bildung besitzt. Der Student wischt die Frage mit unbekümmerter Selbstgewissheit vom Tisch: „Was geht mich der Tod an? Ich wette, dass ich noch sehr lange lebendig bin.“

Der Arbeiter beschäftigt sich mit seinem Werkzeug. Die Mutter ist ganz auf ihr Kind konzentriert. Und der Geistliche schließlich steuert halbherzig und wenig überzeugend ein paar Bibelworte und fromme Sätze bei.

Was alle noch nicht wissen: während sie so über den Tod reden, nähert sich von hinten ein Schnellzug … Als sie es begreifen, ist es zu spät. Beim Zusammenprall der beiden Züge wird der letzte D-Zug-Wagen völlig zertrümmert. Keine der sieben Personen überlebt.

Das Beklemmende an dieser Erzählung ist nicht nur der Unfall, der geschildert wird. Beklemmend ist auch, wie angesichts der tödlichen Bedrohung die sieben Menschen ihre alten Spiele fortsetzen. Sie alle machen so weiter wie bisher. In völliger Verkennung der Situation greifen sie angesichts des Todes auf die Mittel zurück, mit denen sie sonst das Leben bewältigen.

Dies ist genau der Eindruck, unter dem auch der Prophet Jeremia steht. Jeremia, Bote Gottes am Ende des siebten Jahrhunderts vor Christus, sieht eine tödliche Gefahr zukommen auf sein Volk: das Gericht Gottes. Gottes Werkzeug in diesem Gericht sind die Babylonier, die sich anschicken, Israel zu vernichten. Aber keiner außer Jeremia erkennt den Ernst der Lage, und alle spielen ihre alten Spiele weiter.

Alle in Israel setzen auf das, worauf sie immer gesetzt haben: die Reichen auf ihr Geld, die Weisen auf ihr Wissen und ihre Bildung, die Starken auf ihre Muskeln und ihre Waffen. Vor allem sind alle so selbstgewiss, dass sie es hinnehmen oder sogar selbst vorantreiben, dass in Jerusalem der Glaube an den einen, einzigen Gott, Jahwe, untergraben, verfremdet und in sein Gegenteil verkehrt wird. Man fragt nicht mehr nach dem Gott der Väter, sondern feiert die modernen Kulte der heidnischen Umwelt. Gleichzeitig entwickelt man intensive Formen von Opferkulten im Tempel und öffnet das Gotteshaus für andere Religionen. Unser heutiger Bibelabschnitt setzt geradezu eine Steigerung abartiger Götzenverehrung gegenüber der vorangehenden Tempelrede in Jeremia 7,1 – 15 voraus.

Zunächst geht es um den Kult der Himmelskönigin Ischtar (Vers 16 – 20).

Schon in seiner Tempelrede hatte Jeremia angemahnt, dass das Volk unbekannten fremden Göttern nachlaufe (Jer 7,6 + 9). Unverhülltes Heidentum verdrängt inzwischen in den Städten und besonders in der Hauptstadt Jerusalem die Anbetung Gottes. Offensichtlich können Städte besonders anfällig sein für neue Religiosität.

Von der Himmelskönigin erhofft man sich ein gesichertes Leben in Wohlstand und Ruhe. Möglicherweise beschäftigte sich die Bevölkerung nach der Niederlage von Meggido 609 und dem Tod des frommen Königs Josias mit der Schuldfrage: War der Reformweg Josias vielleicht gar nicht richtig? Sind uns die Götter böse, weil wir ihre Heiligtümer vernichtet und ihre Kultstätten zerstört haben?

Vielleicht waren solche eher im magischen Naturglauben verhafteten Gedanken und Befürchtungen der Auslöser, sich nun erst recht auf die Verehrung der Himmelskönigin Ischtar einzulassen. Als Göttin der Fruchtbarkeit und des Venussterns wurde sie im ganzen orientalischen Raum verehrt. Hier befriedigte das ausgeprägte weibliche Element – das im Jahwe–Glauben so fehlte – das natürliche religiöse Bedürfnis vieler Menschen.

Anschaulich wird in unserem Bibeltext geschildert, wie „volkstümlich“ der Ischtar-Kult gepflegt werden konnte: Schon die Kinder werden zum Holzsammeln im Wald gebraucht, die Väter entzünden die Opferfeuer, die Mütter widmen sich dem Kuchenbacken. Ähnlich unserem Weihnachtsgebäck wurden Sterne gebacken, aber auch Abbildungen der Ischtar. Ein Teil davon wurde der Göttin als Opfer dargebracht, der Rest von den Menschen verzehrt. Der Götzendienst prägte den Lebensrhythmus und ergriff das gesamte Familienleben.

Dieses Verhalten verletzt Gott. Und er sorgt dafür, dass der von der Göttin erwartete Wohlstand vernichtet wird. Was die Menschen sich von ihr ersehnen – Menschen und Tiere, Bäume und Früchte – wird vernichtet. 587 v. Chr. wird das Angekündigte zur grauenvollen Wirklichkeit: Jerusalem brennt nieder. Das Land wird verwüstet.

Wie unausweichlich Gottes Reaktion ist, zeigt sich daran, dass Gott sich sogar der Fürbitte seines Propheten verschließt. Das, was seit Mose (2. Mose 32,11) unverzichtbar zum prophetischen Amt gehört – nämlich: das Anliegen des Volkes vor Gott zu bringen, wird Jeremia ausdrücklich untersagt (V.16). Er erträgt dieses Fürbitteverbot, wenn auch, wie es scheint, mit schwerem Herzen. Deshalb fragt Gott ihn: „Siehst du denn nicht, was sie tun?“ Mit Recht hat Luther angemerkt, dass niemand unter den Christen sich auf dieses Verbot der Fürbitte berufen soll, es sei denn, er habe wie Jeremia einen persönlichen Befehl erhalten.

Die Frage, worauf Sie und ich uns verlassen, angesichts des Gerichtes Gottes, ist eine Frage auf Leben und Tod. Nicht nur zur Zeit des Jeremia, sondern auch zu unserer Zeit. Denn alles, was sich als Alternative zu Gott anbietet, ist ein Beschleuniger des Todes und des Tödlichen in unserem Leben.

Im zweiten Teil unserer heutigen Bibellese geht es um verkehrten Opferdienst (Vers 21 – 28).

Neben der Verehrung heidnischer Gottheiten blühte im Juda des Königs Jojakim ein lebendiger Opferkult auf, der sich in einem regen Opferdienst äußerte. Der Glaube war den Menschen etwas wert. Man kaufte seine Opfertiere und ließ sie für Gott schlachten. Beim Brandopfer wurde das ganze Tier Gott dargebracht, beim Schlachtopfer konnte ein Teil des Fleisches von den Menschen gegessen werden. In aller Schärfe weist Jeremia im Auftrag Gottes die Opferpraktiken zurück. Dass Gott die Kulte für die Himmelskönigin ablehnt, ist verständlich, aber warum gilt das auch für den ureigenen Gottesdienst seines Volkes im Tempel? Opfer gehören doch zur Geschichte Israels von Abel über Noah bis zu Mose beim Bundesschluss am Sinai (2. Mose 24)!

Auch hier spricht Gott sein Nein nicht ohne Begründung. Er prangert den „Heilsautomatismus“ an. Der Betrieb im Tempel läuft ohne innere Beteiligung. Mehr noch: Was sich als äußerlich völlig intakt darstellt, ist bei genauem Hinsehen – und das tut Gott – geradezu ins Gegenteil verkehrt. So lesen wir in Vers 24: „Aber sie wollen nicht hören noch ihre Ohren mir zukehren, sondern wandeln nach ihrem eigenen Rat und nach ihrem verstockten und bösen Herzen und kehren mir den Rücken zu und nicht das Angesicht.“
Das heißt doch: Längst haben die Israeliten Gott den Rücken zugekehrt, seine Gebote und Lebensmaßstäbe außer Kraft gesetzt und aufgehört, sich auf Gott und seinen Willen auszurichten.

Es ist nicht das Opfer im Tempel, das die Antwort Gottes heraufbeschwört. Sondern dass der Mensch, der sich selbst vergöttert und zum Maßstab aller Dinge erklärt, weiter Opfer darbringt. Diese meinen nicht mehr Gott, sondern sind entweder eine Tradition, die man pflegt, oder Götzendienst, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Hier dient der christliche Glaube, ja die Bibel nur noch zur Rechtfertigung des eigenen Lebens. Korrektur ist nicht mehr gewünscht.

Wenn der Mensch sich von Gott abwendet, verliert jede liturgische Tradition, so schön sie auch ist, ihren Sinn. Gott reagiert und rottet die Wahrheit aus ihrem Reden aus. So zu lesen in Vers 28.

Darin, dass das Gottesvolk auf Gott hört und das Gehörte tut, entscheidet sich Sinn oder Unsinn des Gottesdienstes. Wenn wir den Gottesdienst in lebendigem Hören auf Gott und Gehorchen feiern, dann haben auch Rituale und Formen ihren Platz. Wir tauen das tiefgefrorene, verdichtete Gotteslob mit der Glut unserer Herzen auf. Was wir so Gott geben, schenkt er uns gesegnet und verlebendigt zurück. Als Christen dürfen wir fröhlich bekennen: Das Kreuz, an dem Jesus für meine Sünden stirbt, ist meine Aufwertung, ja Wertbestimmung schlechthin. Alles, was wir darüber hinaus machen, bleibt weit dahinter zurück. Es geht um Leben und Tod!

Autor: Pastor Hartmuth Wahnung


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„Im letzten D-Zug-Wagen“ so heißt eine Erzählung von Wilhelm Schäfer. Sie berichtet von sieben Menschen, die in einem Zugabteil zusammensitzen, genauer: im letzten Wagen eines D-Zuges. Die sieben Menschen kennen einander nicht. Da ist ein derber Herr aus Soest, man nennt ihn den „roten Müller“. Dann ein Kaplan aus Köln, ein reicher Unternehmer im Pelzmantel, ein Arbeiter, ein Student, eine Mutter mit ihrem Säugling.

Diese sieben werden aus ihrer Reiseruhe aufgeschreckt durch einen Zwischenfall. Ein Pferd ist auf die Schienen gelaufen. Der Zugführer muss eine Notbremsung vornehmen. Die plötzliche Erschütterung des Zuges versetzt die sieben Reisenden in Todesschrecken. Und während der Zug steht und die nötigen Arbeiten gemacht werden, beginnen die sieben Menschen ein Gespräch über den Tod. Jeder von ihnen tut das auf eine für ihn charakteristische Weise. Der „rote Müller“ z.B. behandelt das Thema Tod mit derben Sprüchen. Mit Schweinerippchen und Bier könne man sich über fast alles hinweghelfen, so auch über die Frage nach dem Tod.

Anders der reiche Unternehmer. Er setzt sich philosophisch mit dem Thema auseinander. Er zeigt, dass er nicht nur Geld, sondern auch Bildung besitzt. Der Student wischt die Frage mit unbekümmerter Selbstgewissheit vom Tisch: „Was geht mich der Tod an? Ich wette, dass ich noch sehr lange lebendig bin.“

Der Arbeiter beschäftigt sich mit seinem Werkzeug. Die Mutter ist ganz auf ihr Kind konzentriert. Und der Geistliche schließlich steuert halbherzig und wenig überzeugend ein paar Bibelworte und fromme Sätze bei.

Was alle noch nicht wissen: während sie so über den Tod reden, nähert sich von hinten ein Schnellzug … Als sie es begreifen, ist es zu spät. Beim Zusammenprall der beiden Züge wird der letzte D-Zug-Wagen völlig zertrümmert. Keine der sieben Personen überlebt.

Das Beklemmende an dieser Erzählung ist nicht nur der Unfall, der geschildert wird. Beklemmend ist auch, wie angesichts der tödlichen Bedrohung die sieben Menschen ihre alten Spiele fortsetzen. Sie alle machen so weiter wie bisher. In völliger Verkennung der Situation greifen sie angesichts des Todes auf die Mittel zurück, mit denen sie sonst das Leben bewältigen.

Dies ist genau der Eindruck, unter dem auch der Prophet Jeremia steht. Jeremia, Bote Gottes am Ende des siebten Jahrhunderts vor Christus, sieht eine tödliche Gefahr zukommen auf sein Volk: das Gericht Gottes. Gottes Werkzeug in diesem Gericht sind die Babylonier, die sich anschicken, Israel zu vernichten. Aber keiner außer Jeremia erkennt den Ernst der Lage, und alle spielen ihre alten Spiele weiter.

Alle in Israel setzen auf das, worauf sie immer gesetzt haben: die Reichen auf ihr Geld, die Weisen auf ihr Wissen und ihre Bildung, die Starken auf ihre Muskeln und ihre Waffen. Vor allem sind alle so selbstgewiss, dass sie es hinnehmen oder sogar selbst vorantreiben, dass in Jerusalem der Glaube an den einen, einzigen Gott, Jahwe, untergraben, verfremdet und in sein Gegenteil verkehrt wird. Man fragt nicht mehr nach dem Gott der Väter, sondern feiert die modernen Kulte der heidnischen Umwelt. Gleichzeitig entwickelt man intensive Formen von Opferkulten im Tempel und öffnet das Gotteshaus für andere Religionen. Unser heutiger Bibelabschnitt setzt geradezu eine Steigerung abartiger Götzenverehrung gegenüber der vorangehenden Tempelrede in Jeremia 7,1 – 15 voraus.

Zunächst geht es um den Kult der Himmelskönigin Ischtar (Vers 16 – 20).

Schon in seiner Tempelrede hatte Jeremia angemahnt, dass das Volk unbekannten fremden Göttern nachlaufe (Jer 7,6 + 9). Unverhülltes Heidentum verdrängt inzwischen in den Städten und besonders in der Hauptstadt Jerusalem die Anbetung Gottes. Offensichtlich können Städte besonders anfällig sein für neue Religiosität.

Von der Himmelskönigin erhofft man sich ein gesichertes Leben in Wohlstand und Ruhe. Möglicherweise beschäftigte sich die Bevölkerung nach der Niederlage von Meggido 609 und dem Tod des frommen Königs Josias mit der Schuldfrage: War der Reformweg Josias vielleicht gar nicht richtig? Sind uns die Götter böse, weil wir ihre Heiligtümer vernichtet und ihre Kultstätten zerstört haben?

Vielleicht waren solche eher im magischen Naturglauben verhafteten Gedanken und Befürchtungen der Auslöser, sich nun erst recht auf die Verehrung der Himmelskönigin Ischtar einzulassen. Als Göttin der Fruchtbarkeit und des Venussterns wurde sie im ganzen orientalischen Raum verehrt. Hier befriedigte das ausgeprägte weibliche Element – das im Jahwe–Glauben so fehlte – das natürliche religiöse Bedürfnis vieler Menschen.

Anschaulich wird in unserem Bibeltext geschildert, wie „volkstümlich“ der Ischtar-Kult gepflegt werden konnte: Schon die Kinder werden zum Holzsammeln im Wald gebraucht, die Väter entzünden die Opferfeuer, die Mütter widmen sich dem Kuchenbacken. Ähnlich unserem Weihnachtsgebäck wurden Sterne gebacken, aber auch Abbildungen der Ischtar. Ein Teil davon wurde der Göttin als Opfer dargebracht, der Rest von den Menschen verzehrt. Der Götzendienst prägte den Lebensrhythmus und ergriff das gesamte Familienleben.

Dieses Verhalten verletzt Gott. Und er sorgt dafür, dass der von der Göttin erwartete Wohlstand vernichtet wird. Was die Menschen sich von ihr ersehnen – Menschen und Tiere, Bäume und Früchte – wird vernichtet. 587 v. Chr. wird das Angekündigte zur grauenvollen Wirklichkeit: Jerusalem brennt nieder. Das Land wird verwüstet.

Wie unausweichlich Gottes Reaktion ist, zeigt sich daran, dass Gott sich sogar der Fürbitte seines Propheten verschließt. Das, was seit Mose (2. Mose 32,11) unverzichtbar zum prophetischen Amt gehört – nämlich: das Anliegen des Volkes vor Gott zu bringen, wird Jeremia ausdrücklich untersagt (V.16). Er erträgt dieses Fürbitteverbot, wenn auch, wie es scheint, mit schwerem Herzen. Deshalb fragt Gott ihn: „Siehst du denn nicht, was sie tun?“ Mit Recht hat Luther angemerkt, dass niemand unter den Christen sich auf dieses Verbot der Fürbitte berufen soll, es sei denn, er habe wie Jeremia einen persönlichen Befehl erhalten.

Die Frage, worauf Sie und ich uns verlassen, angesichts des Gerichtes Gottes, ist eine Frage auf Leben und Tod. Nicht nur zur Zeit des Jeremia, sondern auch zu unserer Zeit. Denn alles, was sich als Alternative zu Gott anbietet, ist ein Beschleuniger des Todes und des Tödlichen in unserem Leben.

Im zweiten Teil unserer heutigen Bibellese geht es um verkehrten Opferdienst (Vers 21 – 28).

Neben der Verehrung heidnischer Gottheiten blühte im Juda des Königs Jojakim ein lebendiger Opferkult auf, der sich in einem regen Opferdienst äußerte. Der Glaube war den Menschen etwas wert. Man kaufte seine Opfertiere und ließ sie für Gott schlachten. Beim Brandopfer wurde das ganze Tier Gott dargebracht, beim Schlachtopfer konnte ein Teil des Fleisches von den Menschen gegessen werden. In aller Schärfe weist Jeremia im Auftrag Gottes die Opferpraktiken zurück. Dass Gott die Kulte für die Himmelskönigin ablehnt, ist verständlich, aber warum gilt das auch für den ureigenen Gottesdienst seines Volkes im Tempel? Opfer gehören doch zur Geschichte Israels von Abel über Noah bis zu Mose beim Bundesschluss am Sinai (2. Mose 24)!

Auch hier spricht Gott sein Nein nicht ohne Begründung. Er prangert den „Heilsautomatismus“ an. Der Betrieb im Tempel läuft ohne innere Beteiligung. Mehr noch: Was sich als äußerlich völlig intakt darstellt, ist bei genauem Hinsehen – und das tut Gott – geradezu ins Gegenteil verkehrt. So lesen wir in Vers 24: „Aber sie wollen nicht hören noch ihre Ohren mir zukehren, sondern wandeln nach ihrem eigenen Rat und nach ihrem verstockten und bösen Herzen und kehren mir den Rücken zu und nicht das Angesicht.“
Das heißt doch: Längst haben die Israeliten Gott den Rücken zugekehrt, seine Gebote und Lebensmaßstäbe außer Kraft gesetzt und aufgehört, sich auf Gott und seinen Willen auszurichten.

Es ist nicht das Opfer im Tempel, das die Antwort Gottes heraufbeschwört. Sondern dass der Mensch, der sich selbst vergöttert und zum Maßstab aller Dinge erklärt, weiter Opfer darbringt. Diese meinen nicht mehr Gott, sondern sind entweder eine Tradition, die man pflegt, oder Götzendienst, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Hier dient der christliche Glaube, ja die Bibel nur noch zur Rechtfertigung des eigenen Lebens. Korrektur ist nicht mehr gewünscht.

Wenn der Mensch sich von Gott abwendet, verliert jede liturgische Tradition, so schön sie auch ist, ihren Sinn. Gott reagiert und rottet die Wahrheit aus ihrem Reden aus. So zu lesen in Vers 28.

Darin, dass das Gottesvolk auf Gott hört und das Gehörte tut, entscheidet sich Sinn oder Unsinn des Gottesdienstes. Wenn wir den Gottesdienst in lebendigem Hören auf Gott und Gehorchen feiern, dann haben auch Rituale und Formen ihren Platz. Wir tauen das tiefgefrorene, verdichtete Gotteslob mit der Glut unserer Herzen auf. Was wir so Gott geben, schenkt er uns gesegnet und verlebendigt zurück. Als Christen dürfen wir fröhlich bekennen: Das Kreuz, an dem Jesus für meine Sünden stirbt, ist meine Aufwertung, ja Wertbestimmung schlechthin. Alles, was wir darüber hinaus machen, bleibt weit dahinter zurück. Es geht um Leben und Tod!

Autor: Pastor Hartmuth Wahnung


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