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Franz Kafka – In der Strafkolonie

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Er ist eine Seltsamkeit, dieser Apparat. In einer Strafkolonie, irgendwo in tropischen Gefilden, da steht er und verrichtet sein grausames Werk: Er ist Folter- und Vollstreckungsinstrument in einem, Teil eines sadistischen Rechtssystems.

Ein Offizier, ein Forschungsreisender, ein Soldat und ein Verurteilter

Die Szene einer Vollstreckung beschreibt Franz Kafka in seiner Erzählung: Ein Reisender, eingeladen vom Offizier der Strafkolonie, beobachtet wie ein nackter Verurteilter bäuchlings auf die Maschine aufgeschnallt wird. Ein komplexer Apparat, zusammengesetzt aus drei Teilen, Bett, Egge und ein Schreibgerät: Eine Nadel schreibt dem Gequälten den Richtspruch am ganzen Körper in die Haut ein. 12 Stunden soll die Folter dauern, versteht der Delinquent schließlich sein Urteil, stirbt er. Die Folter als Instrument auf dem Weg zur Erkenntnis.

Der Richter wird zum Gerichteten

Soll unter Leitung des neuen Kommandanten der Kolonie dieses Gerichtsverfahren bestehen bleiben? Der Forschungsreisende urteilt: Nein. Der Offizier wird nun zum Verurteilten und selbst Teil des Vollstreckungsprogramms. „Sei gerecht“, lautet das Urteil, etwas, was die Maschine nicht einschreiben kann. Sie zerstört sich selbst, aber nicht ohne den Offizier vorher blutig niederzumetzeln.

Splatter mit Tiefgang

Zu viel für schwache Gemüter: Bei der berühmten öffentlichen Lesung „Der Strafkolonie“ 1916 fielen Zuhörer:innen in Ohnmacht. Es ist eine splatterhafte Horrorschockergeschichte mit vielfältigen Deutungsmöglichkeiten. Eine davon zeigt, dass, wie so oft, der wahre Horror im Realen liegt: 1914 geschrieben, entstand die Geschichte im Angesicht des aufziehenden Ersten Weltkriegs, einer Zeit, in der technische Entwicklungen fatale Folgen für die Menschheit hatten – Folterapparate überall.

Warum „In der Strafkolonie“ lesen?

Ohnmacht durch Technik, bürokratische Überforderung, ständige Überwachung und Kriegsgewalt: Themen, die uns heute, im Jahr von Kafkas 100. Todestag und im Digitalen Zeitalter, sehr alltäglich vorkommen. Ob Kafka lesen uns über solche Krisen hinwegtröstet? Vielleicht nicht. Aber Grausiges in eine so ästhetische Erzählung zu verwandeln, verdient Hochachtung: Das kann wirklich nur Kafka.
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Ein Offizier, ein Forschungsreisender, ein Soldat und ein Verurteilter

Die Szene einer Vollstreckung beschreibt Franz Kafka in seiner Erzählung: Ein Reisender, eingeladen vom Offizier der Strafkolonie, beobachtet wie ein nackter Verurteilter bäuchlings auf die Maschine aufgeschnallt wird. Ein komplexer Apparat, zusammengesetzt aus drei Teilen, Bett, Egge und ein Schreibgerät: Eine Nadel schreibt dem Gequälten den Richtspruch am ganzen Körper in die Haut ein. 12 Stunden soll die Folter dauern, versteht der Delinquent schließlich sein Urteil, stirbt er. Die Folter als Instrument auf dem Weg zur Erkenntnis.

Der Richter wird zum Gerichteten

Soll unter Leitung des neuen Kommandanten der Kolonie dieses Gerichtsverfahren bestehen bleiben? Der Forschungsreisende urteilt: Nein. Der Offizier wird nun zum Verurteilten und selbst Teil des Vollstreckungsprogramms. „Sei gerecht“, lautet das Urteil, etwas, was die Maschine nicht einschreiben kann. Sie zerstört sich selbst, aber nicht ohne den Offizier vorher blutig niederzumetzeln.

Splatter mit Tiefgang

Zu viel für schwache Gemüter: Bei der berühmten öffentlichen Lesung „Der Strafkolonie“ 1916 fielen Zuhörer:innen in Ohnmacht. Es ist eine splatterhafte Horrorschockergeschichte mit vielfältigen Deutungsmöglichkeiten. Eine davon zeigt, dass, wie so oft, der wahre Horror im Realen liegt: 1914 geschrieben, entstand die Geschichte im Angesicht des aufziehenden Ersten Weltkriegs, einer Zeit, in der technische Entwicklungen fatale Folgen für die Menschheit hatten – Folterapparate überall.

Warum „In der Strafkolonie“ lesen?

Ohnmacht durch Technik, bürokratische Überforderung, ständige Überwachung und Kriegsgewalt: Themen, die uns heute, im Jahr von Kafkas 100. Todestag und im Digitalen Zeitalter, sehr alltäglich vorkommen. Ob Kafka lesen uns über solche Krisen hinwegtröstet? Vielleicht nicht. Aber Grausiges in eine so ästhetische Erzählung zu verwandeln, verdient Hochachtung: Das kann wirklich nur Kafka.
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