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Die letzte Landung

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====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====

Am 13. September 1962 wollte der Fotograf Jim Meads eigentlich ein Familienfoto mit Kampfjet aufnehmen, schoss dann aber ein legendäres Bild mit dem niemand hätte rechnen können.

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Transkript

Einer der besten Ratschläge, den man Fotografinnen und Fotografen geben kann, ist, die Kamera immer dabei und bereitzuhaben, denn man weiß eigentlich nie, wann sich die Gelegenheit zu einem spektakulären Foto ergibt.

Als Jim Meads am 13. September 1962 mit seinen zweijährigen und dreijährigen Söhnen unterwegs war, hatte er die Kamera allerdings nicht zufällig dabei, sondern hatte die Absicht, ein spektakuläres Familienfoto zu machen. Der Brite wohnte in der Nähe eines Flughafens der Airforce und die arbeitete zu der Zeit an einem Hochgeschwindigkeitskampfjet. Sein Nachbar war der Pilot Bob Sowray und der hatte ihm gesteckt, dass er am darauffolgenden Tag eine dieser Wundermaschinen testfliegen durfte.

Und die English Electric Lightning F1 war ein big deal, das war zu der Zeit die einzige Kampfmaschine in Großbritannien, die schneller als Mach 2 fliegen konnte, also zweifache Schallgeschwindigkeit beherrschte. Außerdem konnte dieses Kampfflugzeug praktisch vertikal starten, sobald sie also eine gewisse Flughöhe erreicht hatte, konnte sie die Nase in den Himmel drehen und wie eine Rakete an Höhe gewinnen.

Jim Meads wusste also, diese Maschine würde am darauffolgenden Tag in seiner Nachbarschaft starten und landen und da wollte er ein Familienfoto mit seinen zwei Jungs, die damals zwei und drei waren, machen. Kleinkinder, die mit offenem Mund ein landendes Kampfflugzeug bestaunen, wenn man das richtig macht, stelle ich mir das süß vor.

Er stapft an jenem 19. September 1962 also mit Kamera und Kindern querfeldein, um möglichst nah an das Flugfeld zu kommen. Es war inzwischen zu ein paar Änderungen gekommen und es war nicht mehr sein Nachbar, der am Steuer dieses Flugzeugs sitzen würde, sondern ein hoch respektierter, berühmter Testpilot, der einen Vorführflug mit dieser Maschine jetzt nun machen sollte.

Während sich der Testpilot auf dem Startlandefeld bereitmacht und Jim mit seinen Kindern über den Acker stapft, mäht ein dritter, Mick Sutterby, zu dem Zeitpunkt 23 Jahre alt, die Wiese, über die Jim versucht, in die Nähe der Startlandebahn zu kommen. Er hatte einen Hilfsjob angenommen und hatte den Auftrag, die Wiesen rund um den Flughafen zu mähen. Und die Familie, die da über diese Wiese stapfte, die war nicht nur im Weg, sondern Mick wusste auch: Die hatten da eigentlich nichts verloren. Also nahm Mick sich vor, die Familie zu verscheuchen, sobald er in die Nähe kam. Er hielt sowieso gerade mit seinem Traktor in die Richtung, passte also.

Während er das so dachte, hob hinter ihm die Lightning ab und Jim, der Fotograf, machte sich bereit fürs Foto. Es war ein Prototyp, eine von gerade mal 20 Maschinen, die zu der Zeit in Großbritannien getestet wurde. Trotzdem rechnete der Testpilot George Aird eigentlich nicht mit Problemen. Er hatte gerade seine ersten Vorführmanöver abgeschlossen und wollte mit dem Flieger zur Landung ansetzen, als aus seiner leckenden Treibstoffleitung austretendes Kerosin Feuer fing und relativ schnell die Steuersysteme verbrannte. George hoffte, dass er den Flieger trotzdem noch herunterbringen könnte.

Er war in 30 Metern Höhe, als er endgültig die Kontrolle über die Maschine verlor und sie sich erst in die Höhe und dann mit der Nase Richtung Boden richtete. 30 Meter Höhe, 200 Stundenkilometer, die Nase auf den Boden gerichtet, ganz schlechte Kombination für einen Kampfpiloten. George Aird war trainiert und er reagierte genau richtig: Er zog sofort den Schleudersitz.

Jim war zu der Zeit eigentlich schon ready. Er hatte seine Kinder drapiert, er hatte die Kamera im Anschlag, als er sah, dass irgendwas schiefgeht. Allerdings bemerkte er auch, dass Mick Sutterby mit seinem Traktor auf sein Bild zufuhr und eigentlich schon im Begriff war, die Komposition zu ruinieren.

Und dann geht alles ganz schnell. Die Maschine beginnt, seltsam zu klingen und zu rauchen, geht in Trudeln über und als Mick das auf seinem Traktor hört, richtet er sich auf, sieht sich um und blickt auf eine unglaubliche Szene.

Jim hingegen hatte die Kamera sowieso schon in der Hand. Sein Bild zeigt einen direkt auf den Boden zusteuernden Kampfjet, den ungefähr in 30 Metern Höhe gerade aus der Maschine geschleuderten Kampfpiloten, einen Traktor und den auf dem Traktor entsetzt zum Flieger schauenden Mick.

Was für eine Aufnahme. Mick erzählt später, dass es gar nicht zu einer Explosion gekommen war, als die Maschine auf dem Boden aufschlug, es hat nur ein lautes „Wuff!“ gemacht und dann war es um die Maschine geschehen.

George Aird hatte auch Glück. Eigentlich war die Höhe nicht mehr ausreichend, um sicher auszusteigen. Er durchschlug das Dach eines Gewächshauses, wurde beim Aufprall bewusstlos und wachte dann durch die einsetzende Sprinkleranlage auf. Er hatte zwar zwei gebrochene Beine, aber die würden heilen. Er sagt später, dass er zuerst gedacht hat, er wäre im Himmel, denn aus seiner Perspektive war er von lauter Pflanzen umgeben und blickte in den Himmel, aus dem es irgendwie nass zu regnen schien, denn die Sprinkleranlage hatte gerade eingesetzt.

Und Jim hatte ein sensationelles Foto geschossen, zwar ohne seine Söhne, aber dafür mit einem abstürzenden Kampfjet, Sekunden vor dem Aufprall, und dem, was Fotograf*innen „Foreground Interest“ nennen würden, also dem Traktor mit dem verdutzt zurückschauenden Mick im Bild. Alles Zufall, Glück, aber eine großartige Komposition und ein toller Schnappschuss.

Den Jim dann erstmal niemandem zeigen durfte. Die British Army konfisziert das Bild, zumindest so lange, wie der Absturz untersucht wird, hat er niemandem davon zu erzählen und dieses Bild auch niemandem sonst zu zeigen.

Als er das Bild letztlich dann zurückbekommt, versucht er, es an die Presse zu verkaufen. Die Zeitung „Daily Mail“ lehnt den Kauf des Bildes ab, das wäre ja wohl offensichtlich eine Bildmanipulation, das kann niemals echt sein. Aber Jim lässt sich nicht entmutigen und fragt andere Zeitungen an und schließlich kauft der „Daily Mirror“ für knapp umgerechnet 22000 Euro die Rechte an dem Bild.

Das war also ein Familienschnappschuss, der sich durchaus gelohnt hat. Und ich vermute mal, Jim hat dieser Aufnahme einen Ehrenplatz in seinem Familienalbum eingeräumt.

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Einer der besten Ratschläge, den man Fotografinnen und Fotografen geben kann, ist, die Kamera immer dabei und bereitzuhaben, denn man weiß eigentlich nie, wann sich die Gelegenheit zu einem spektakulären Foto ergibt.

Als Jim Meads am 13. September 1962 mit seinen zweijährigen und dreijährigen Söhnen unterwegs war, hatte er die Kamera allerdings nicht zufällig dabei, sondern hatte die Absicht, ein spektakuläres Familienfoto zu machen. Der Brite wohnte in der Nähe eines Flughafens der Airforce und die arbeitete zu der Zeit an einem Hochgeschwindigkeitskampfjet. Sein Nachbar war der Pilot Bob Sowray und der hatte ihm gesteckt, dass er am darauffolgenden Tag eine dieser Wundermaschinen testfliegen durfte.

Und die English Electric Lightning F1 war ein big deal, das war zu der Zeit die einzige Kampfmaschine in Großbritannien, die schneller als Mach 2 fliegen konnte, also zweifache Schallgeschwindigkeit beherrschte. Außerdem konnte dieses Kampfflugzeug praktisch vertikal starten, sobald sie also eine gewisse Flughöhe erreicht hatte, konnte sie die Nase in den Himmel drehen und wie eine Rakete an Höhe gewinnen.

Jim Meads wusste also, diese Maschine würde am darauffolgenden Tag in seiner Nachbarschaft starten und landen und da wollte er ein Familienfoto mit seinen zwei Jungs, die damals zwei und drei waren, machen. Kleinkinder, die mit offenem Mund ein landendes Kampfflugzeug bestaunen, wenn man das richtig macht, stelle ich mir das süß vor.

Er stapft an jenem 19. September 1962 also mit Kamera und Kindern querfeldein, um möglichst nah an das Flugfeld zu kommen. Es war inzwischen zu ein paar Änderungen gekommen und es war nicht mehr sein Nachbar, der am Steuer dieses Flugzeugs sitzen würde, sondern ein hoch respektierter, berühmter Testpilot, der einen Vorführflug mit dieser Maschine jetzt nun machen sollte.

Während sich der Testpilot auf dem Startlandefeld bereitmacht und Jim mit seinen Kindern über den Acker stapft, mäht ein dritter, Mick Sutterby, zu dem Zeitpunkt 23 Jahre alt, die Wiese, über die Jim versucht, in die Nähe der Startlandebahn zu kommen. Er hatte einen Hilfsjob angenommen und hatte den Auftrag, die Wiesen rund um den Flughafen zu mähen. Und die Familie, die da über diese Wiese stapfte, die war nicht nur im Weg, sondern Mick wusste auch: Die hatten da eigentlich nichts verloren. Also nahm Mick sich vor, die Familie zu verscheuchen, sobald er in die Nähe kam. Er hielt sowieso gerade mit seinem Traktor in die Richtung, passte also.

Während er das so dachte, hob hinter ihm die Lightning ab und Jim, der Fotograf, machte sich bereit fürs Foto. Es war ein Prototyp, eine von gerade mal 20 Maschinen, die zu der Zeit in Großbritannien getestet wurde. Trotzdem rechnete der Testpilot George Aird eigentlich nicht mit Problemen. Er hatte gerade seine ersten Vorführmanöver abgeschlossen und wollte mit dem Flieger zur Landung ansetzen, als aus seiner leckenden Treibstoffleitung austretendes Kerosin Feuer fing und relativ schnell die Steuersysteme verbrannte. George hoffte, dass er den Flieger trotzdem noch herunterbringen könnte.

Er war in 30 Metern Höhe, als er endgültig die Kontrolle über die Maschine verlor und sie sich erst in die Höhe und dann mit der Nase Richtung Boden richtete. 30 Meter Höhe, 200 Stundenkilometer, die Nase auf den Boden gerichtet, ganz schlechte Kombination für einen Kampfpiloten. George Aird war trainiert und er reagierte genau richtig: Er zog sofort den Schleudersitz.

Jim war zu der Zeit eigentlich schon ready. Er hatte seine Kinder drapiert, er hatte die Kamera im Anschlag, als er sah, dass irgendwas schiefgeht. Allerdings bemerkte er auch, dass Mick Sutterby mit seinem Traktor auf sein Bild zufuhr und eigentlich schon im Begriff war, die Komposition zu ruinieren.

Und dann geht alles ganz schnell. Die Maschine beginnt, seltsam zu klingen und zu rauchen, geht in Trudeln über und als Mick das auf seinem Traktor hört, richtet er sich auf, sieht sich um und blickt auf eine unglaubliche Szene.

Jim hingegen hatte die Kamera sowieso schon in der Hand. Sein Bild zeigt einen direkt auf den Boden zusteuernden Kampfjet, den ungefähr in 30 Metern Höhe gerade aus der Maschine geschleuderten Kampfpiloten, einen Traktor und den auf dem Traktor entsetzt zum Flieger schauenden Mick.

Was für eine Aufnahme. Mick erzählt später, dass es gar nicht zu einer Explosion gekommen war, als die Maschine auf dem Boden aufschlug, es hat nur ein lautes „Wuff!“ gemacht und dann war es um die Maschine geschehen.

George Aird hatte auch Glück. Eigentlich war die Höhe nicht mehr ausreichend, um sicher auszusteigen. Er durchschlug das Dach eines Gewächshauses, wurde beim Aufprall bewusstlos und wachte dann durch die einsetzende Sprinkleranlage auf. Er hatte zwar zwei gebrochene Beine, aber die würden heilen. Er sagt später, dass er zuerst gedacht hat, er wäre im Himmel, denn aus seiner Perspektive war er von lauter Pflanzen umgeben und blickte in den Himmel, aus dem es irgendwie nass zu regnen schien, denn die Sprinkleranlage hatte gerade eingesetzt.

Und Jim hatte ein sensationelles Foto geschossen, zwar ohne seine Söhne, aber dafür mit einem abstürzenden Kampfjet, Sekunden vor dem Aufprall, und dem, was Fotograf*innen „Foreground Interest“ nennen würden, also dem Traktor mit dem verdutzt zurückschauenden Mick im Bild. Alles Zufall, Glück, aber eine großartige Komposition und ein toller Schnappschuss.

Den Jim dann erstmal niemandem zeigen durfte. Die British Army konfisziert das Bild, zumindest so lange, wie der Absturz untersucht wird, hat er niemandem davon zu erzählen und dieses Bild auch niemandem sonst zu zeigen.

Als er das Bild letztlich dann zurückbekommt, versucht er, es an die Presse zu verkaufen. Die Zeitung „Daily Mail“ lehnt den Kauf des Bildes ab, das wäre ja wohl offensichtlich eine Bildmanipulation, das kann niemals echt sein. Aber Jim lässt sich nicht entmutigen und fragt andere Zeitungen an und schließlich kauft der „Daily Mirror“ für knapp umgerechnet 22000 Euro die Rechte an dem Bild.

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