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Stellungnahme von Gorbatschow nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl | 14.5.1986

26:53
 
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Zwei Wochen nach der Havarie schildert Michael Gorbatschow die sowjetische Sicht der Katastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl. In einer knapp halbstündigen Fernsehansprache weist er auf den "außerordentlichen und gefährlichen Charakter der Geschehnisse" vor Ort hin. Er erläutert, wie es zu dem Unfall kommen konnte und versichert, dass alle Anstrengungen unternommen worden seien, um die Menschen zu informieren, die Havarie zu beseitigen und die schweren Folgen zu begrenzen.

Erste Bilanz der Katastrophe

Trotz der eingeleiteten Maßnahmen seien bei der Havarie zwei Menschen ums Leben gekommen. 299 lägen mit Strahlenerkrankungen unterschiedlichen Grades in Krankenhäusern, davon seien bereits sieben Menschen in Folge der Verstrahlung gestorben. Gorbatschow spricht allen Betroffen sein Mitgefühl aus und versichert, dass die sowjetische Regierung für die Familien der Todesopfer und Geschädigten sorgen werde. Er könne "mit Fug und Recht [...] sagen, bei aller Schwere des Geschehenen konnte der Schaden in entscheidendem Maße, dank des Mutes und des Könnens der Menschen, dank ihrer Pflichttreue, Dank der Dynamik der Handlungen aller, die sich an der Beseitigung der Folgen der Havarie beteiligten, in Grenzen gehalten werden."

Kritik an der "Hetze" des Westens

Gorbatschow würdigt die Anteilnahme des Auslands, in erster Linie von Seiten der sozialistischen Länder. An den "Regierungen, Politikern und Massenmedien einiger NATO-Länder, besonders der USA" übt er heftige Kritik. Sie hätten eine "zügellose antisowjetischen Hetze entfacht. Was sie in diesen Tagen nicht alles redeten und schrieben, von tausenden Opfern, Massengräbern, vom ausgestorbenen Kiew, davon dass der ganze Boden der Ukraine vergiftet ist. Alles in allem haben wir es fürwahr mit einem aufgetürmten Berg gewissenloser und böswilliger Lügen zu tun." In Bezug auf die vom Westen kritisierte Informationspolitik der Sowjetunion verwies Gorbatschow an die Adresse der USA: "Alle erinnern sich noch daran, dass die amerikanischen Behörden zehn Tage brauchten, um den eigenen Kongress zu informieren, und Monate, um die Weltöffentlichkeit davon in Kenntnis zu setzen, welche Tragödie sich 1979 im Kernkraftwerk Three Miles Island ereignet hatte."

Ost-West-Dialog in Gefahr

Durch dieses Vorgehen behinderten die USA und ihre engsten Verbündeten den Dialog zwischen Ost und West und hätten eine Möglichkeit gefunden, das nukleare Wettrüsten zu rechtfertigen. Im Gegensatz dazu verstehe die Sowjetunion den Unfall im Kernkraftwerk als "weiteres Alarmsignal dafür, dass die nukleare Epoche ein neues politisches Denken erfordere." Der außenpolitische Kurs der Sowjetunion, der auf dem 27. Parteitag der KPdSU ausgearbeitet worden war, sei der richtige: Die vollständige Beseitigung der Kernwaffen und die Schaffung eines allumfassenden Systems der internationalen Sicherheit. Gorbatschow führte weiter aus: "Heute sind in verschiedenen Ländern der Welt mehr als 370 Kernreaktoren in Betrieb. Das ist die Realität. Man kann sich die Zukunft der Weltwirtschaft ohne die Entwicklung der Kernenergie schwer vorstellen. In unserem Land sind heute 40 Reaktoren mit einer Gesamtkapazität von mehr als 28 Millionen Kilowatt in Betrieb. Bekanntlich bringt das friedliche Atom der Menschheit nicht wenig Nutzen. Es versteht sich aber, dass wir alle verpflichtet sind, mit noch größerer Umsicht vorzugehen und die Anstrengung von Wissenschaft und Technik auf die Gewährleistung einer sicheren Meisterung der gewaltigen und ungeheuren Kräfte zu konzentrieren, die im Atomkern stecken." Das Atomzeitalter fordere mit Macht ein neues Herangehen an die internationalen Beziehungen. Es gehe um die Beendigung des "todbringende Wettrüstens" und eine radikale Verbesserung des internationalen Klimas.

Reaktionen auf die Rede

Die verspätete Rede fand im Westen unterschiedliche Aufnahme. Das Echo aus Washington war vergleichsweise milde. Führende amerikanische Zeitungen gestanden dem Parteichef sogar zu, dass seine Kritik an den maßlosen Übertreibungen verschiedener westlicher Medien ihre Berechtigung habe.
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Erste Bilanz der Katastrophe

Trotz der eingeleiteten Maßnahmen seien bei der Havarie zwei Menschen ums Leben gekommen. 299 lägen mit Strahlenerkrankungen unterschiedlichen Grades in Krankenhäusern, davon seien bereits sieben Menschen in Folge der Verstrahlung gestorben. Gorbatschow spricht allen Betroffen sein Mitgefühl aus und versichert, dass die sowjetische Regierung für die Familien der Todesopfer und Geschädigten sorgen werde. Er könne "mit Fug und Recht [...] sagen, bei aller Schwere des Geschehenen konnte der Schaden in entscheidendem Maße, dank des Mutes und des Könnens der Menschen, dank ihrer Pflichttreue, Dank der Dynamik der Handlungen aller, die sich an der Beseitigung der Folgen der Havarie beteiligten, in Grenzen gehalten werden."

Kritik an der "Hetze" des Westens

Gorbatschow würdigt die Anteilnahme des Auslands, in erster Linie von Seiten der sozialistischen Länder. An den "Regierungen, Politikern und Massenmedien einiger NATO-Länder, besonders der USA" übt er heftige Kritik. Sie hätten eine "zügellose antisowjetischen Hetze entfacht. Was sie in diesen Tagen nicht alles redeten und schrieben, von tausenden Opfern, Massengräbern, vom ausgestorbenen Kiew, davon dass der ganze Boden der Ukraine vergiftet ist. Alles in allem haben wir es fürwahr mit einem aufgetürmten Berg gewissenloser und böswilliger Lügen zu tun." In Bezug auf die vom Westen kritisierte Informationspolitik der Sowjetunion verwies Gorbatschow an die Adresse der USA: "Alle erinnern sich noch daran, dass die amerikanischen Behörden zehn Tage brauchten, um den eigenen Kongress zu informieren, und Monate, um die Weltöffentlichkeit davon in Kenntnis zu setzen, welche Tragödie sich 1979 im Kernkraftwerk Three Miles Island ereignet hatte."

Ost-West-Dialog in Gefahr

Durch dieses Vorgehen behinderten die USA und ihre engsten Verbündeten den Dialog zwischen Ost und West und hätten eine Möglichkeit gefunden, das nukleare Wettrüsten zu rechtfertigen. Im Gegensatz dazu verstehe die Sowjetunion den Unfall im Kernkraftwerk als "weiteres Alarmsignal dafür, dass die nukleare Epoche ein neues politisches Denken erfordere." Der außenpolitische Kurs der Sowjetunion, der auf dem 27. Parteitag der KPdSU ausgearbeitet worden war, sei der richtige: Die vollständige Beseitigung der Kernwaffen und die Schaffung eines allumfassenden Systems der internationalen Sicherheit. Gorbatschow führte weiter aus: "Heute sind in verschiedenen Ländern der Welt mehr als 370 Kernreaktoren in Betrieb. Das ist die Realität. Man kann sich die Zukunft der Weltwirtschaft ohne die Entwicklung der Kernenergie schwer vorstellen. In unserem Land sind heute 40 Reaktoren mit einer Gesamtkapazität von mehr als 28 Millionen Kilowatt in Betrieb. Bekanntlich bringt das friedliche Atom der Menschheit nicht wenig Nutzen. Es versteht sich aber, dass wir alle verpflichtet sind, mit noch größerer Umsicht vorzugehen und die Anstrengung von Wissenschaft und Technik auf die Gewährleistung einer sicheren Meisterung der gewaltigen und ungeheuren Kräfte zu konzentrieren, die im Atomkern stecken." Das Atomzeitalter fordere mit Macht ein neues Herangehen an die internationalen Beziehungen. Es gehe um die Beendigung des "todbringende Wettrüstens" und eine radikale Verbesserung des internationalen Klimas.

Reaktionen auf die Rede

Die verspätete Rede fand im Westen unterschiedliche Aufnahme. Das Echo aus Washington war vergleichsweise milde. Führende amerikanische Zeitungen gestanden dem Parteichef sogar zu, dass seine Kritik an den maßlosen Übertreibungen verschiedener westlicher Medien ihre Berechtigung habe.
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