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Die Kreativität ihrer Mitarbeiter nutzen (Episode 6)

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Eine Warnung vorweg: Ich werde heute nicht über Kreativitäts-Workshops, Brainstorming-Sessions oder Innovation Labs reden. Dies sind zwar cool klingende Methoden, um mal kreativ zu sein und ein Problem zu lösen. Mich interessiert aber, diese Fähigkeiten generell freizusetzen und ein System zu kreieren, in welchem Eigenverantwortlichkeit und selbstständige Problemlösung fest eingebaut sind. Sie sind ja schließlich hier, um die Verschwendung zu stoppen, und die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen besser zu nutzen. Deswegen geht es heute viel um Organisationstheorie. Obwohl, Organisationspraxis passt vielleicht besser J

Letzte Woche hatte ich schon einmal komplexe und komplizierte Systeme unterschieden. Beide Arten System sind auf den ersten Blick nicht klar verständlich, ein kompliziertes System lässt sich aber durch Analyse durchblicken. Ein komplexes System ist durch die vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen auch nach eingehender Analyse nicht vorhersehbar, da es eben auf kleinste Änderungen unter Umständen sehr extrem reagiert. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, da sie uns einen Hinweis gibt, wie wir mit dem jeweiligen System umgehen sollten.

Diese Unterscheidung sowie die zwei weiteren Kategorien „Offensichtlich“ und „Chaotisch“ hat Dave Snowden (nicht mit dem Whistleblower verwandt) in seinem Cynefin (Aussprache: küNEwen) – Modell sehr gut beschrieben. Das Wort Cynefin bedeutet auf Walisisch so etwas wie „Lebensraum“ und schreibt sich deswegen auch nicht annähernd so, wie man es erwarten würde. Das Modell ist sehr hilfreich, um Probleme zu kategorisieren und zu entscheiden, wie ich mit ihnen umgehe. Ich werde es in einer zukünftigen Episode noch mal detaillierter vorstellen. In der Vorbereitung habe ich festgestellt, dass es sonst für heute zu viel wird.

Für heute ist nur die Unterscheidung in „kompliziert“ und „komplex“ wichtig. Snowden empfiehlt einen radikal unterschiedlichen Umgang mit beiden Systemen, was ich sehr sinnvoll finde.

Es ist gar nicht nötig und schon gar nicht effizient, ein komplexes System zu verstehen. Sie sollten nur wissen, wie sie es behandeln müssen. Wir stufen ein System natürlich eher als komplex oder chaotisch ein, wenn wir es nicht verstehen oder es aus unserer Sichtweise irgendwie irrational reagiert. Möglicherweise ist es auch denkbar, das System irgendwann zu einem „nur“ komplizierten zu machen. Es ist aber trotzdem nicht sinnvoll, alle Systeme so lange zu analysieren, bis sie uns nur noch kompliziert scheinen, auch wenn mir manch Operations-Research-Liebhaber da nicht zustimmt. Es gibt ein besseres Vorgehen, mit so einem komplexen System umzugehen.

Hierzu ein Beispiel: Ein gutes Beispiel ist ein Bienenstock. Er besteht aus Tieren, die alle genau gleich sind – gut, bis auf die Königin. Die einzelnen Elemente des Systems sind somit verständlich, wenn auch nicht unbedingt auf den ersten Blick – eine Biene ist also kompliziert. Es ist aber keinesfalls so, dass die Königin zentral alle steuert und genau entscheidet wer jetzt Honig sammelt, am Stock weiterbaut, oder sich um den Nachwuchs kümmert. Dafür ist das Gesamtsystem zu komplex.

Die Königin bekommt Futter und Nachwuchs und hat keinerlei disziplinarischen Einfluss auf die anderen Bienen. Ein Bienenstock besteht also aus unabhängigen Elementen, die alle auf die jeweils ihnen verfügbaren Informationen reagieren. Die Aktionen einer einzelnen Biene sind wahrscheinlich wiederum relativ einfach zu verstehen: Sie schläft, frisst, sammelt Futter, bewacht den Nachwuchs… aber alle Bienen zusammen schaffen ein komplexes System, welches wahrscheinlich unmöglich zentral zu steuern ist.

Aufgrund einer Evolution von 20 Millionen Jahren klappt dieses Zusammenspiel auch ganz gut. Als Firma hat man diese Zeit wohl leider eher nicht. Das heißt nicht, dass sie in ihrer Firma alles zentral steuern sollen, weil sie keine 20 Millionen Jahre haben. Es heißt aber auch nicht, dass sie alle Prozesse und Hierarchien abschaffen und einfach die Selbstorganisation ausrufen sollen…Dann würden sie sich nämlich wieder benehmen, als müsste die Bienenkönigin zentral eine neue Futtersammelstrategie durchsetzen, und das tut sie eben aus gutem Grund nicht.

Damit würden sie ihren eigenen langfristigen Interessen schaden, weil sie in beiden Fällen ihre Mitarbeiter erschöpft zurücklassen und so die Eigenmotivation zerstören.

Was ist also die Lösung? Wie haben die Bienen das geschafft? Schließlich sind sie ja jetzt auch nicht soooo intelligent…

Die Antwort ist doch die Evolution. Ich gehe nicht von einem intelligenten Schöpfer aus, wir sind ja nicht in den Staaten. Durch 20 Millionen Jahre zufälliges ausprobieren ist ein komplexes, perfekt austariertes System entstanden. Ich verspreche ihnen: Durch kluges Ausprobieren geht es bedeutend schneller.

Sie sollten, wie die Bienenkönigin, in einem komplexen System auf keinen Fall der Meinung sein, dass sie von oben die Situation komplett überblicken und mit ihrem Wissen die bestmögliche Alternative wählen. Nehmen sie sich ein Beispiel an der Evolution, und lassen sie ihre Arbeiterbienen selbst Ideen sammeln. Und auch ausprobieren!

Das setzt in ihrem Unternehmen zwei Voraussetzungen voraus: Ihre Bienen haben alle Informationen die sie brauchen, und das Recht, Experimente durchzuführen.

Was heißt das genau? Generell haben die Leute, die am nähesten an der Situation dran sind, die besten Informationen über den aktuellen Zustand des Systems – logisch. Also die Biene, nicht die Königin. Ihre Mitarbeiter an der Linie, nicht sie. Auch das Management darf sich mal die Kundenbeschwerden anschauen oder bei Sonderschichten in der Produktion auftauchen, um zu helfen. Über dieses Lean-Prinzip habe ich ja bereits einmal für die Wertstromanalyse geredet, es heißt Gemba, „am Ort des Geschehens“. Trotzdem werden sie nie alle Details so gut kennen wie die Fachkräfte, die direkt am Produkt arbeiten. Um den evolutionären Vorteil unserer Hirne auszunutzen damit sie keine 20 Millionen Jahre brauchen, benötigen ihre Bienen allerdings noch eine Art Information: Und zwar eine Information über den Zielzustand des Systems, nämlich ihrer Firma. Die Mitarbeiter sollten die Vision des Unternehmens kennen, damit ihnen die Richtung klar ist. Zusätzlich kann man durch klare Unternehmenswerte auch sicherstellen, dass alle auf dem Pfad der Tugend bleiben.

Die zweite Voraussetzung ist, dass die Mitarbeiter auch das Recht haben, kleine Veränderungen auszuprobieren. Wenn das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist, wird die Veränderung rückgängig gemacht – wenn nicht, bleibt man dabei.

Was so unschuldig klingt, müssen sie unbedingt mit Vorsicht genießen. Es bedeutet nämlich für die meisten Unternehmen eine fundamentale Änderungen der Unternehmenskultur, da oft noch eine hierarchiebasierte Command-and-Control-Kultur herrscht – und kein Vertrauen in die Mitarbeiter. Wenn sie die Kreativität und Lösungskompetenz ihrer Mitarbeiter nutzen wollen, müssen sie ihnen dieses Vertrauen aber zuteilwerden lassen und zulassen, dass sie Entscheidungen alleine treffen. Sie müssen also als Führungskraft die Macht über Entscheidungen abgeben. Andererseits müssen die Mitarbeiter lernen, dass mit großer Macht eine große Verantwortung einhergeht. Das musste Spiderman ja auch erstmal verstehen…

Sinnvollerweise liegt die Verantwortung für solche Entscheidungen immer möglichst nah am Problem, da so am wenigsten Informationen bei der stillen Post verlorengehen und die Entscheidungsgeschwindigkeit am höchsten ist. Gleichzeitig sollte immer klar sein, wer verantwortlich ist. Und das ist genau eine Person, nach dem Highlander-Prinzip: Es kann nur einen geben! Wenn nämlich viele verantwortlich sind, fühlt sich am Ende niemand angesprochen: Toll, ein anderer macht’s!

Deswegen ist auch ein direkter Übergang in die Selbstorganisation nicht ratsam, da sich dieses Verantwortungsgefühl erst entwickeln muss.

Daher würde ich ihnen empfehlen, mal locker anzufangen: Nämlich mit Fragen! So laden sie ihre Mitarbeiter ein, sich am Problemlösungsprozess zu beteiligen. Sie beweisen, dass sie an der Erfahrung und am Wissen ihrer Fachkräfte interessiert sind. Verdoppeln sie ihr Frage-zu-Aussage-Verhältnis, und sie werden überrascht sein, wie viele gute Ideen sie bekommen. Meistens gibt es Verbesserungsvorschläge, die schon seit Jahren in den Köpfen der Mitarbeiter schlummern. Es traut sich nur niemand, so etwas offen vorzuschlagen – dafür gibt es ja schließlich Experten! Nur Fragen sie NICHT nach den Ursachen des Problems, das wäre wieder eine Analyse und hilft nicht – außer, sie wollen unbedingt einen Schuldigen an die Wand stellen. Dann sollten sie sich aber auch nicht wundern, wenn ihre Mitarbeiter so Risikoscheu werden, dass sie gar keine Vorschläge mehr machen.

Am Anfang können sie dann selbst auswählen, mit welcher der Ideen sie anfangen. Erbitten sie die Hilfe ihrer Mitarbeiter bei der Umsetzung und fragen sie am Ende, was diese vom Ergebnis halten. Ein gut bewertetes Experiment wird weitergeführt, ein schlechtes verworfen.

Mit der Zeit lernt ihre Organisation von solchen Experimenten und es werden sich immer mehr Leute trauen, einen Vorschlag zu machen. Nach und nach können sie diesen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung dann den Teams selbst überlassen. Und dafür braucht es noch nicht mal eine KVP-Abteilung oder ein prämiertes Ideenmanagement.

Nächste Woche werde ich erst wie geplant eine Episode zu Kanban machen, also eher ein Prozessthema. Auch wenn es nicht nur um die Produktion gehen wird, sondern auch um ihre Arbeit. In der Woche danach hole ich dann noch mal größer zu den Organisationsthemen und dem Cynefin-Modell aus.

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Eine Warnung vorweg: Ich werde heute nicht über Kreativitäts-Workshops, Brainstorming-Sessions oder Innovation Labs reden. Dies sind zwar cool klingende Methoden, um mal kreativ zu sein und ein Problem zu lösen. Mich interessiert aber, diese Fähigkeiten generell freizusetzen und ein System zu kreieren, in welchem Eigenverantwortlichkeit und selbstständige Problemlösung fest eingebaut sind. Sie sind ja schließlich hier, um die Verschwendung zu stoppen, und die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen besser zu nutzen. Deswegen geht es heute viel um Organisationstheorie. Obwohl, Organisationspraxis passt vielleicht besser J

Letzte Woche hatte ich schon einmal komplexe und komplizierte Systeme unterschieden. Beide Arten System sind auf den ersten Blick nicht klar verständlich, ein kompliziertes System lässt sich aber durch Analyse durchblicken. Ein komplexes System ist durch die vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen auch nach eingehender Analyse nicht vorhersehbar, da es eben auf kleinste Änderungen unter Umständen sehr extrem reagiert. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, da sie uns einen Hinweis gibt, wie wir mit dem jeweiligen System umgehen sollten.

Diese Unterscheidung sowie die zwei weiteren Kategorien „Offensichtlich“ und „Chaotisch“ hat Dave Snowden (nicht mit dem Whistleblower verwandt) in seinem Cynefin (Aussprache: küNEwen) – Modell sehr gut beschrieben. Das Wort Cynefin bedeutet auf Walisisch so etwas wie „Lebensraum“ und schreibt sich deswegen auch nicht annähernd so, wie man es erwarten würde. Das Modell ist sehr hilfreich, um Probleme zu kategorisieren und zu entscheiden, wie ich mit ihnen umgehe. Ich werde es in einer zukünftigen Episode noch mal detaillierter vorstellen. In der Vorbereitung habe ich festgestellt, dass es sonst für heute zu viel wird.

Für heute ist nur die Unterscheidung in „kompliziert“ und „komplex“ wichtig. Snowden empfiehlt einen radikal unterschiedlichen Umgang mit beiden Systemen, was ich sehr sinnvoll finde.

Es ist gar nicht nötig und schon gar nicht effizient, ein komplexes System zu verstehen. Sie sollten nur wissen, wie sie es behandeln müssen. Wir stufen ein System natürlich eher als komplex oder chaotisch ein, wenn wir es nicht verstehen oder es aus unserer Sichtweise irgendwie irrational reagiert. Möglicherweise ist es auch denkbar, das System irgendwann zu einem „nur“ komplizierten zu machen. Es ist aber trotzdem nicht sinnvoll, alle Systeme so lange zu analysieren, bis sie uns nur noch kompliziert scheinen, auch wenn mir manch Operations-Research-Liebhaber da nicht zustimmt. Es gibt ein besseres Vorgehen, mit so einem komplexen System umzugehen.

Hierzu ein Beispiel: Ein gutes Beispiel ist ein Bienenstock. Er besteht aus Tieren, die alle genau gleich sind – gut, bis auf die Königin. Die einzelnen Elemente des Systems sind somit verständlich, wenn auch nicht unbedingt auf den ersten Blick – eine Biene ist also kompliziert. Es ist aber keinesfalls so, dass die Königin zentral alle steuert und genau entscheidet wer jetzt Honig sammelt, am Stock weiterbaut, oder sich um den Nachwuchs kümmert. Dafür ist das Gesamtsystem zu komplex.

Die Königin bekommt Futter und Nachwuchs und hat keinerlei disziplinarischen Einfluss auf die anderen Bienen. Ein Bienenstock besteht also aus unabhängigen Elementen, die alle auf die jeweils ihnen verfügbaren Informationen reagieren. Die Aktionen einer einzelnen Biene sind wahrscheinlich wiederum relativ einfach zu verstehen: Sie schläft, frisst, sammelt Futter, bewacht den Nachwuchs… aber alle Bienen zusammen schaffen ein komplexes System, welches wahrscheinlich unmöglich zentral zu steuern ist.

Aufgrund einer Evolution von 20 Millionen Jahren klappt dieses Zusammenspiel auch ganz gut. Als Firma hat man diese Zeit wohl leider eher nicht. Das heißt nicht, dass sie in ihrer Firma alles zentral steuern sollen, weil sie keine 20 Millionen Jahre haben. Es heißt aber auch nicht, dass sie alle Prozesse und Hierarchien abschaffen und einfach die Selbstorganisation ausrufen sollen…Dann würden sie sich nämlich wieder benehmen, als müsste die Bienenkönigin zentral eine neue Futtersammelstrategie durchsetzen, und das tut sie eben aus gutem Grund nicht.

Damit würden sie ihren eigenen langfristigen Interessen schaden, weil sie in beiden Fällen ihre Mitarbeiter erschöpft zurücklassen und so die Eigenmotivation zerstören.

Was ist also die Lösung? Wie haben die Bienen das geschafft? Schließlich sind sie ja jetzt auch nicht soooo intelligent…

Die Antwort ist doch die Evolution. Ich gehe nicht von einem intelligenten Schöpfer aus, wir sind ja nicht in den Staaten. Durch 20 Millionen Jahre zufälliges ausprobieren ist ein komplexes, perfekt austariertes System entstanden. Ich verspreche ihnen: Durch kluges Ausprobieren geht es bedeutend schneller.

Sie sollten, wie die Bienenkönigin, in einem komplexen System auf keinen Fall der Meinung sein, dass sie von oben die Situation komplett überblicken und mit ihrem Wissen die bestmögliche Alternative wählen. Nehmen sie sich ein Beispiel an der Evolution, und lassen sie ihre Arbeiterbienen selbst Ideen sammeln. Und auch ausprobieren!

Das setzt in ihrem Unternehmen zwei Voraussetzungen voraus: Ihre Bienen haben alle Informationen die sie brauchen, und das Recht, Experimente durchzuführen.

Was heißt das genau? Generell haben die Leute, die am nähesten an der Situation dran sind, die besten Informationen über den aktuellen Zustand des Systems – logisch. Also die Biene, nicht die Königin. Ihre Mitarbeiter an der Linie, nicht sie. Auch das Management darf sich mal die Kundenbeschwerden anschauen oder bei Sonderschichten in der Produktion auftauchen, um zu helfen. Über dieses Lean-Prinzip habe ich ja bereits einmal für die Wertstromanalyse geredet, es heißt Gemba, „am Ort des Geschehens“. Trotzdem werden sie nie alle Details so gut kennen wie die Fachkräfte, die direkt am Produkt arbeiten. Um den evolutionären Vorteil unserer Hirne auszunutzen damit sie keine 20 Millionen Jahre brauchen, benötigen ihre Bienen allerdings noch eine Art Information: Und zwar eine Information über den Zielzustand des Systems, nämlich ihrer Firma. Die Mitarbeiter sollten die Vision des Unternehmens kennen, damit ihnen die Richtung klar ist. Zusätzlich kann man durch klare Unternehmenswerte auch sicherstellen, dass alle auf dem Pfad der Tugend bleiben.

Die zweite Voraussetzung ist, dass die Mitarbeiter auch das Recht haben, kleine Veränderungen auszuprobieren. Wenn das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist, wird die Veränderung rückgängig gemacht – wenn nicht, bleibt man dabei.

Was so unschuldig klingt, müssen sie unbedingt mit Vorsicht genießen. Es bedeutet nämlich für die meisten Unternehmen eine fundamentale Änderungen der Unternehmenskultur, da oft noch eine hierarchiebasierte Command-and-Control-Kultur herrscht – und kein Vertrauen in die Mitarbeiter. Wenn sie die Kreativität und Lösungskompetenz ihrer Mitarbeiter nutzen wollen, müssen sie ihnen dieses Vertrauen aber zuteilwerden lassen und zulassen, dass sie Entscheidungen alleine treffen. Sie müssen also als Führungskraft die Macht über Entscheidungen abgeben. Andererseits müssen die Mitarbeiter lernen, dass mit großer Macht eine große Verantwortung einhergeht. Das musste Spiderman ja auch erstmal verstehen…

Sinnvollerweise liegt die Verantwortung für solche Entscheidungen immer möglichst nah am Problem, da so am wenigsten Informationen bei der stillen Post verlorengehen und die Entscheidungsgeschwindigkeit am höchsten ist. Gleichzeitig sollte immer klar sein, wer verantwortlich ist. Und das ist genau eine Person, nach dem Highlander-Prinzip: Es kann nur einen geben! Wenn nämlich viele verantwortlich sind, fühlt sich am Ende niemand angesprochen: Toll, ein anderer macht’s!

Deswegen ist auch ein direkter Übergang in die Selbstorganisation nicht ratsam, da sich dieses Verantwortungsgefühl erst entwickeln muss.

Daher würde ich ihnen empfehlen, mal locker anzufangen: Nämlich mit Fragen! So laden sie ihre Mitarbeiter ein, sich am Problemlösungsprozess zu beteiligen. Sie beweisen, dass sie an der Erfahrung und am Wissen ihrer Fachkräfte interessiert sind. Verdoppeln sie ihr Frage-zu-Aussage-Verhältnis, und sie werden überrascht sein, wie viele gute Ideen sie bekommen. Meistens gibt es Verbesserungsvorschläge, die schon seit Jahren in den Köpfen der Mitarbeiter schlummern. Es traut sich nur niemand, so etwas offen vorzuschlagen – dafür gibt es ja schließlich Experten! Nur Fragen sie NICHT nach den Ursachen des Problems, das wäre wieder eine Analyse und hilft nicht – außer, sie wollen unbedingt einen Schuldigen an die Wand stellen. Dann sollten sie sich aber auch nicht wundern, wenn ihre Mitarbeiter so Risikoscheu werden, dass sie gar keine Vorschläge mehr machen.

Am Anfang können sie dann selbst auswählen, mit welcher der Ideen sie anfangen. Erbitten sie die Hilfe ihrer Mitarbeiter bei der Umsetzung und fragen sie am Ende, was diese vom Ergebnis halten. Ein gut bewertetes Experiment wird weitergeführt, ein schlechtes verworfen.

Mit der Zeit lernt ihre Organisation von solchen Experimenten und es werden sich immer mehr Leute trauen, einen Vorschlag zu machen. Nach und nach können sie diesen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung dann den Teams selbst überlassen. Und dafür braucht es noch nicht mal eine KVP-Abteilung oder ein prämiertes Ideenmanagement.

Nächste Woche werde ich erst wie geplant eine Episode zu Kanban machen, also eher ein Prozessthema. Auch wenn es nicht nur um die Produktion gehen wird, sondern auch um ihre Arbeit. In der Woche danach hole ich dann noch mal größer zu den Organisationsthemen und dem Cynefin-Modell aus.

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