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27.01.1945: Das Konzentrationslager Auschwitz wird befreit

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Gegen 15 Uhr erreichten Soldaten der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz

Es war gegen 15 Uhr an jenem kalten Samstag, als die ersten Soldaten der Roten Armee Auschwitz erreichten. Unter ihnen: Hauptmann Alexander Woronzow – ein Frontkameramann: „Am Stacheldrahtzaun standen hunderte von Menschen und schauten auf unsere Soldaten. Sie hatten Angst in den Augen, denn sie wussten nicht, dass es sowjetische Soldaten waren, dass es Befreier waren.“

Die Soldaten waren nicht auf Auschwitz vorbereitet

Das erzählte der ehemalige sowjetische Frontkameramann Woronzow in den 1980er-Jahren einem Dokumentarfilm-Team. Obwohl Stalins Soldaten bei ihrem Vormarsch gen Westen zuvor andere Konzentrationslager befreit hatten, waren sie nicht auf Auschwitz vorbereitet, sagt die Historikerin Mirjam Zadoff vom NS-Dokumentationszentrum in München zur Lage vor Ort am 27.Januar 1945: „Es war natürlich das größte Vernichtungslager. Und es war auch ein Lager, in dem noch viel vorgefunden wurde.“

Großteil der Deportierten auf den sogenannten „Todesmärschen“

Mirjam Zadoff ergänzt ihrer Beschreibung der Situation: „Ein Großteil der Deportierten war nicht im Lager, weil sie sich auf sogenannten „Todesmärschen“ befanden. Also: Man hatte sie aus dem Lager in den Westen geschickt.“

Die Aufnahmen zeigten das ganze Ausmaß der industriellen Massenvernichtung

Nur noch knapp 6.000 Häftlinge fanden die Befreier. Vier Wochen lang drehten die Filmleute in Uniform im Anschluss, was die SS-Wachmannschaften hinterlassen hatten. Erste Sequenzen, aus Flugzeugen aufgenommen, zeigten hunderte Baracken, Fabrikschlote der IG-Farben im Außenlager Monowitz, Krematorien in Birkenau. Dann folgten Innenaufnahmen – total abgemagerte Überlebende, Skelette von Verhungerten und Ermordeten, das ganze Grauen industrieller Massenvernichtung kam zum Vorschein.
Ich glaube, dass das Ausmaß der Verbrechen in diesem größten KZ nicht einmal unser Armeekommando ahnte. Diese Erinnerungen habe ich für mein restliches Leben behalten. Das war das Eindrucksvollste und das Schrecklichste, das ich im Kriege gesehen und aufgenommen habe.

Quelle: Frontkameramann Alexander Woronzow dokumentierte als einer der ersten die Grauen von Auschwitz

Die Situation in den Lagern war schon vor der Befreiung bekannt

Was die Welt damals bereits ahnte, halten Experten bis heute für ein heißes Eisen: Von den Mordaktionen in den KZ gab es zuvor Berichte polnischer Agenten. Die wenigen Häftlinge, denen die Flucht aus Auschwitz gelungen war, hatten die Schrecken dort erzählt. Im Sommer 1944 machten amerikanische und britische Flieger Luftaufnahmen des Auschwitz-Komplexes – doch Bomben-Angriffe blieben aus. Als die Deutschen Anfang Mai 1945 kapitulierten, war im Radio zu hören, was eine sowjetische Kommission in Auschwitz ermittelt, hatte: „Diesem Bericht gemäß übertraf das Lager alle bekannten deutschen Vernichtungslager in Bezug auf Ausrüstung, Organisation und die massenweise Hinrichtung seiner unglücklichen Opfer.“

Erste Schätzungen gingen von vier Millionen Toten aus

Allein 45.000 Säcke mit Haaren lagen in so genannten „Effekten-Lagern“, hunderttausende Brillen, Millionen Paar Schuhe. Wie viele Menschen in den Gaskammern ermordet wurden, konnte man damals nur schätzen. Anfangs war von vier Millionen die Rede – eine Zahl, die Experten später nach unten korrigierten. Kein Trost, vor allem nicht für die Deutschen.

Verurteilung der Täter kam zu spät

Der Versuch, die Täter zu belangen, kam zu spät und glückte nur teilweise. Der Frankfurter Auschwitz-Prozess ab 1963 bemühte sich, Richter und Staatsanwälte reisten zur Beweisaufnahme sogar an den Tatort, obwohl die Bundesrepublik und Polen noch keine diplomatischen Beziehungen unterhielten. Im Museum von Auschwitz sah die Delegation aus Frankfurt auch jene Aufnahmen der sowjetischen Kameraleute vom Januar 1945. Doch drei der 23 Angeklagten musste das Gericht am Ende freisprechen.

Bundespräsident Roman Herzog erklärte den 27. Januar zum Feiertag

Auschwitz blieb das Synonym für den rasseideologischen Vernichtungswillen Hitler-Deutschlands. 1996 machte Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum bundesweiten, gesetzlich verankerten Gedenktag. Ein Versuch, das ungeheuerliche Geschehen durch Erinnerung wachzuhalten. Für mehr war es da längst zu spät.
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Es war gegen 15 Uhr an jenem kalten Samstag, als die ersten Soldaten der Roten Armee Auschwitz erreichten. Unter ihnen: Hauptmann Alexander Woronzow – ein Frontkameramann: „Am Stacheldrahtzaun standen hunderte von Menschen und schauten auf unsere Soldaten. Sie hatten Angst in den Augen, denn sie wussten nicht, dass es sowjetische Soldaten waren, dass es Befreier waren.“

Die Soldaten waren nicht auf Auschwitz vorbereitet

Das erzählte der ehemalige sowjetische Frontkameramann Woronzow in den 1980er-Jahren einem Dokumentarfilm-Team. Obwohl Stalins Soldaten bei ihrem Vormarsch gen Westen zuvor andere Konzentrationslager befreit hatten, waren sie nicht auf Auschwitz vorbereitet, sagt die Historikerin Mirjam Zadoff vom NS-Dokumentationszentrum in München zur Lage vor Ort am 27.Januar 1945: „Es war natürlich das größte Vernichtungslager. Und es war auch ein Lager, in dem noch viel vorgefunden wurde.“

Großteil der Deportierten auf den sogenannten „Todesmärschen“

Mirjam Zadoff ergänzt ihrer Beschreibung der Situation: „Ein Großteil der Deportierten war nicht im Lager, weil sie sich auf sogenannten „Todesmärschen“ befanden. Also: Man hatte sie aus dem Lager in den Westen geschickt.“

Die Aufnahmen zeigten das ganze Ausmaß der industriellen Massenvernichtung

Nur noch knapp 6.000 Häftlinge fanden die Befreier. Vier Wochen lang drehten die Filmleute in Uniform im Anschluss, was die SS-Wachmannschaften hinterlassen hatten. Erste Sequenzen, aus Flugzeugen aufgenommen, zeigten hunderte Baracken, Fabrikschlote der IG-Farben im Außenlager Monowitz, Krematorien in Birkenau. Dann folgten Innenaufnahmen – total abgemagerte Überlebende, Skelette von Verhungerten und Ermordeten, das ganze Grauen industrieller Massenvernichtung kam zum Vorschein.
Ich glaube, dass das Ausmaß der Verbrechen in diesem größten KZ nicht einmal unser Armeekommando ahnte. Diese Erinnerungen habe ich für mein restliches Leben behalten. Das war das Eindrucksvollste und das Schrecklichste, das ich im Kriege gesehen und aufgenommen habe.

Quelle: Frontkameramann Alexander Woronzow dokumentierte als einer der ersten die Grauen von Auschwitz

Die Situation in den Lagern war schon vor der Befreiung bekannt

Was die Welt damals bereits ahnte, halten Experten bis heute für ein heißes Eisen: Von den Mordaktionen in den KZ gab es zuvor Berichte polnischer Agenten. Die wenigen Häftlinge, denen die Flucht aus Auschwitz gelungen war, hatten die Schrecken dort erzählt. Im Sommer 1944 machten amerikanische und britische Flieger Luftaufnahmen des Auschwitz-Komplexes – doch Bomben-Angriffe blieben aus. Als die Deutschen Anfang Mai 1945 kapitulierten, war im Radio zu hören, was eine sowjetische Kommission in Auschwitz ermittelt, hatte: „Diesem Bericht gemäß übertraf das Lager alle bekannten deutschen Vernichtungslager in Bezug auf Ausrüstung, Organisation und die massenweise Hinrichtung seiner unglücklichen Opfer.“

Erste Schätzungen gingen von vier Millionen Toten aus

Allein 45.000 Säcke mit Haaren lagen in so genannten „Effekten-Lagern“, hunderttausende Brillen, Millionen Paar Schuhe. Wie viele Menschen in den Gaskammern ermordet wurden, konnte man damals nur schätzen. Anfangs war von vier Millionen die Rede – eine Zahl, die Experten später nach unten korrigierten. Kein Trost, vor allem nicht für die Deutschen.

Verurteilung der Täter kam zu spät

Der Versuch, die Täter zu belangen, kam zu spät und glückte nur teilweise. Der Frankfurter Auschwitz-Prozess ab 1963 bemühte sich, Richter und Staatsanwälte reisten zur Beweisaufnahme sogar an den Tatort, obwohl die Bundesrepublik und Polen noch keine diplomatischen Beziehungen unterhielten. Im Museum von Auschwitz sah die Delegation aus Frankfurt auch jene Aufnahmen der sowjetischen Kameraleute vom Januar 1945. Doch drei der 23 Angeklagten musste das Gericht am Ende freisprechen.

Bundespräsident Roman Herzog erklärte den 27. Januar zum Feiertag

Auschwitz blieb das Synonym für den rasseideologischen Vernichtungswillen Hitler-Deutschlands. 1996 machte Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum bundesweiten, gesetzlich verankerten Gedenktag. Ein Versuch, das ungeheuerliche Geschehen durch Erinnerung wachzuhalten. Für mehr war es da längst zu spät.
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