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Agnes Heller - 'Du hast immer die Wahl!‘

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Verfolgt von den Nationalsozialisten, bedroht von den Kommunisten: Die ungarische Jüdin Agnes Heller hat sich zeitlebens als Philosophin der Freiheit und politische Kämpferin für Demokratie gesehen. Autorin: Daniela Remus (BR 2021)

Credits
Autorin dieser Folge: Daniela Remus
Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Xenia Tiling, Hemma Michel, Peter Veit
Technik: Susanne Herzig
Redaktion: Bernhard Kastner

Im Interview:
Prof. Csaba Olay, Philosoph, Eötvös Loránd Universität Budapest;
Dr. Ludger Hagedorn, Philosoph, Institut für die Wissenschaften vom Menschen, Wien;
Dr. Georg Hauptfeld, Historiker, Edition Konturen Verlag, Wien

Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion:

Wie wir ticken - Euer Psychologie Podcast
Wie gewinne ich die Kraft der Zuversicht? Warum ist es gesund, dankbar zu sein? Der neue Psychologie Podcast von SWR2 Wissen und Bayern 2 radioWissen gibt Euch Antworten. Wissenschaftlich fundiert und lebensnah nimmt Euch „Wie wir ticken“ mit in die Welt der Psychologie. Konstruktiv und auf den Punkt. Immer mittwochs, exklusiv in der ARD Audiothek.
ZUM PODCAST

Literaturtipps:

Heller, Agnes: Eine kurze Geschichte meiner Philosophie. Edition Konturen, Wien 2017.

Hauptfeld, Georg: Der Wert des Zufalls. Agnes Heller über ihr Leben und ihre Zeit. Edition Konturen, Wien 2018.

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
RadioWissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | RadioWissen
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

Atmo (Tagesschau Jingle dann Ausschnitt 2. Mai 1989)

„Ungarn hat heute damit begonnen, die seit 40 Jahren zu Österreich bestehenden Grenzbefestigungen abzubauen. Auf mehreren Kilometern wurden elektrische Signalanlagen demontiert und Stacheldraht niedergerissen.”

MUSIK 1: Z8035223303 John Frizell: Frank’s Parents 0‘37

Sprecherin:

Am 2. Mai 1989 beginnt Ungarn als erstes osteuropäisches Land, den sogenannten ‚Eisernen Vorhang‘, Stück für Stück zu öffnen. Was danach folgt ist allgemein bekannt: Tausende Flüchtlinge verlassen über Ungarn die DDR. Nach und nach löst sich ein Land nach dem anderen aus der sowjetischen Umklammerung. Freies Umherreisen zwischen Ost und West ist wieder möglich. Und davon machen auch viele Emigranten Gebrauch, die Jahrzehnte vorher in den Westen geflohen waren. So wie die ungarische Philosophin Agnes Heller.

Take 1 (O-Ton Hagedorn)

Sie liebte das Land, sie liebte die Sprache. Ich bin eine ungarische Jüdin und ich liebe die ungarische Sprache! Ist der Satz, den sie immer wieder gesagt hat, das war wichtig für sie.

MUSIK 2: Z8035223304 John Frizell: The Blackouts 0‘37

Sprecherin:

Agnes Heller kehrt voller Freude und Enthusiasmus nach jahrzehntelangem Exil zurück nach Ungarn, erzählt Ludger Hagedorn, Mitarbeiter am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Und begleitet in den kommenden Jahrzehnten kritisch und meinungsstark die Entwicklung der ungarischen Gesellschaft. Für viele Intellektuelle wird sie so zur Grande Dame der ungarischen Philosophie, für viele Konservative und Rechte dagegen wird sie eine verhasste politische Kommentatorin.

Take 2 (O-Ton A. Heller)

Das ist meine wichtigste Geschichte, die einzige kontinuierliche Geschichte, ich habe sehr viele Geschichten, ich kann schreiben die Geschichte meiner politischen Engagements, die Geschichte meiner Lieben, sehr viele Geschichten hat man doch …

Sprecherin:

Erzählt Agnes Heller 2017 in einem Interview mit Ludger Hagedorn im Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien.

Take 3 (O-Ton A. Heller)

Aber das ist die einzige kontinuierliche Geschichte, das ist meine Lebensgeschichte, das ist wichtigste Sache in meinem Leben, dass ich eine Philosophin geworden bin und auch geblieben bin!

MUSIK 3: ZE002570106 Bela Bartok (Corinna Simon): Spottlied 0‘20

Sprecherin:

1929 wird Agnes Heller in Budapest geboren, als Tochter assimilierter jüdischer Eltern. Ihr Vater ist Rechtsanwalt, die Mutter Hutmacherin. Kultur, deutsche und ungarische Literatur, Philosophie und Musik sind wichtig im Hause Heller, auch wenn es der Familie finanziell nicht besonders gut geht. Agnes Heller ist ein wissbegieriges Kind, spricht und liest Deutsch und Ungarisch, schreibt Geschichten und diskutiert mit ihrem Vater stundenlang über Politik, schreibt sie in ihren Erinnerungen Der Wert des Zufalls:

Zitatorin:

„Meine Kindheit war sehr glücklich, meine Eltern verstanden sich wunderbar. Wir waren wirklich arm, es kam vor, dass wir kein Mittagessen hatten. Gehen lernte ich sehr langsam, als ich ein Jahr alt war, konnte ich noch immer nicht richtig laufen. Sprechen konnte ich schon mit neun Monaten, und seither habe ich damit nicht mehr aufgehört.” (S. 11 Zufall)

MUSIK 4: Z803522330 John Frizell: Edgewood Arsenal 0‘35

Sprecherin:

Ungarn ist damals ein wirtschaftlich erschöpftes und politisch zerstrittenes Land: Nach dem Ersten Weltkrieg, den es an der Seite von Österreich verloren hat, sind rund zwei Drittel seines Territoriums durch die Friedensverträge verloren. Millionen von Ungarn leben in den angrenzenden Ländern. Die kommunistische Räterepublik wird von einer rechten Regierung abgelöst, die diese Folgen rückgängig machen will und sich deshalb mit den Nationalsozialisten verbündet.

Atmo (Musik aus Wochenschau G0028030Z00 Deutsch Wochenschau-Fanfaren von 1945)

Sprecherin:

Aber das Bündnis endet 1944. Weil die Ungarn, die, Zitat „ jüdische Frage” nicht im Sinne der Nationalsozialisten lösen, marschiert die Wehrmacht ins Land.

Agnes Heller, mittlerweile 15 Jahre alt, lebt mit ihrer Familie im Budapester Ghetto, als der Vater von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz deportiert wird. Dort stirbt er Anfang 1945. Agnes und ihre Mutter sollen mitten in Budapest am Ufer der Donau mit Tausenden anderer ungarischer Juden erschossen werden. Aber durch glückliche Umstände und Zufälle, gelingt ihr gemeinsam mit ihrer Mutter die Flucht - und das Überleben bis zum Eintreffen der Roten Armee.

MUSIK 5: R0103330W01 Bela Bartok: Bilder aus Ungarn für Orchester, Sz 97 0‘39

Sprecherin:

Nach der Befreiung engagiert sich Agnes Heller zunächst bei den Zionisten, wo sie István Hermann kennen- und lieben lernt. 1948 wird sie ihn mit 19 Jahren heiraten. Kurz davor hat sie begonnen in Budapest Chemie und Physik zu studieren. Aber nachdem sie durch ihren späteren Ehemann eine Philosophievorlesung gehört hat, wech¬selt sie begeistert zur Philosophie. Ihr Lehrer und Mentor ist der ungarische Marxist und Philosoph György oder Georg Lukács.

Zitatorin:

„Zu jener Zeit war ich noch nicht ganz bei mir, eher ein philosophischer Embryo. Als achtzehnjährige Universitätsstudentin schrieb ich Seminararbeiten unter anderem über Kant, Hegel und Spinoza. Zum Glück sind sie nicht erhalten.” (S. 16 Philosophie)

Sprecherin:

So selbstironisch beschreibt Agnes Heller Jahrzehnte später in Eine kleine Geschichte meiner Philosophie ihren Einstieg in die Welt der Philosophie, die sie durch György Lukács kennenlernt.

Zitatorin:

„Seine Schülerin zu werden war das größte Glück meines Lebens. Ohne ihn wäre ich nie Philosophin geworden, sondern wäre bei meinem ursprünglichen Vorhaben geblieben, Chemie zu studieren.” (S. 17 Philosophie)

Sprecherin:

Agnes Heller ist, wie viele ihrer Zeitgenossen in ganz Europa, zutiefst davon überzeugt, dass der Kommunismus die richtige Antwort auf die Erfahrung des Holocaust und der nationalsozialistischen Ver¬wüstung Europas ist.

Take 4 (O-Ton Heller)

Wir lebten nach dem Krieg in einer Illusion, wir wollten doch die Erlösung. Nach diesem Krieg mit unseren Erlebnissen, ob es der Holocaust war oder nur der Zweite Weltkrieg gewesen war, wir hatten unsere Toten, wir hatten unsere Wunden. Alle von uns wollten die Erlösung, alle!

MUSIK 6: Z9358598008 Moby: Scream Pilots 0‘35

Sprecherin:

Aber die Hoffnung auf Erlösung durch den Kommunismus nach marxistisch-leninistischem Vorbild hält nicht lange an.

Und als 1956 die Rote Armee die ungarische Revolution mit Panzern blutig niedergewalzt, werden auch Intellektuelle wie Lukács und Heller, die sich den Demonstranten und Reformern angeschlossen hatten, verhört, kurzfristig verhaftet, aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen und als Universitätsdozenten entlassen. Säuberungen durchziehen das Land, viele Demonstranten werden zum Tode verurteilt. Agnes Heller verliert ihre Stelle als Assistentin von Lukács und muss fünf Jahre lang als Lehrerin an einer Schule arbeiten. In dieser Zeit geht auch ihre Ehe mit István Hermann in die Brüche. Der Vater ihrer Tochter Zsuzsa, die 1952 geboren wird, plädiert dafür, sich mit dem Regime zu arrangieren. Für Agnes Heller unmöglich. Nicht nur politisch geht sie einen anderen Weg, auch privat: Sie lernt ihren zweiten Ehemann, den Historiker Ferenc Fehér kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod zusammenlebt. 1963 heiraten sie, 1964 wird ihr Sohn György geboren.

Take 5 (O-Ton Hauptfeld)

Ich seh es so, dass sie von großen idealistischen Hoffnungen der Revolution 1956 Schritt für Schritt von einem orthodoxen Marxismus weggegangen ist, dann in den 70er Jahren noch gehofft hat, dass eine neue Linke eine bessere Art von Marxismus entwickeln kann und sich dann in den späten 80er und 90er Jahren sich endgültig davon verabschiedet hat.

Sprecherin.

So zeichnet Georg Hauptfeld, Geschäftsführer des Verlags Edition Konturen in Wien, der seit Jahren die Bücher von Agnes Heller publiziert, ihren intellektuellen Werdegang skizzenhaft nach.

Als die ungarische Regierung in den 60er Jahren Lukács und auch Agnes Heller rehabilitiert, geht sie zurück an die Universität und wird Teil der sogenannten ‚Budapester Schule‘, bis heute die einflussreichste Strömung ungarischer Philosophen.

Take 6 (O-Ton Olay)

Die Budapester Schule ist eine Schule bestehend aus den engeren Schülern von Georg Lukács, der wichtigste Philosoph ungarischer Abstammung ist, und Lukács selber hat (…) vier Denker als die Budapester Schule bezeichnet, das ist Agnes Heller, Michael Vajda, der zweite Ehemann von Heller Ferenc Fehér und György Márkus.

Sprecherin:

Erklärt Csaba Olay, Professor für Philosophie an der Eötvös Loránd Universität in Budapest.

Take 7 (O-Ton Olay)

Diese Leute, alle geboren in den 20er und 30er sammelten sich um Lucács herum und bemühten sich um eine Renaissance des Marxismus. (…) Es war ganz klar, dass diese Formel Renaissance des Marxismus und Rückkehr zu den Quellen gegen einen starren Stalinismus gerichtet war, aber was das theoretisch bedeuten sollte, das war viel weniger deutlich.

MUSIK 7: Z8035223312 John Frizell: Laurel Canyon 0‘30

Sprecherin:

Das Eintreten für eine Renaissance des Marxismus, das Suchen nach Reformen ohne das linke Gesellschaftsmodell völlig aufzugeben, hatte keine Chance in Ungarn. Genauso wenig wie in den anderen Ostblock-Staaten zur Zeit des Kalten Kriegs.

Die Intellektuellen der Budapester Schule wurden zu Dissidenten im eigenen Land, mit Publikations- und Lehrverboten. Schließlich konnte Agnes Heller emigrieren, 1977 nach Australien, wo sie eine Professur für Soziologie innehatte, knapp zehn Jahre später erhielt sie einen Ruf auf den Lehrstuhl von Hannah-Arendt in New York.

MUSIKENDE

Sprecherin:

Das Denken von Agnes Heller war und ist untrennbar verwoben mit ihrer Biographie: Als Jüdin von den Nationalsozialisten verfolgt, als abweichende Denkerin zur Dissidentin in Ungarn geworden, ein Star der Neuen Linken in Westeuropa und den USA. Und in ihren späten Jahren die Ikone der Demokraten gegen die europa- und demokratiefeindliche Politik Viktor Orbans. Diese gegensätzlichen Erfahrungen haben ihr philosophisches Denken grund¬legend geprägt, so Csaba Olay:

Take 8 (O-Ton Olay)

Ich würde das so auf den Punkt bringen, dass wir zwei Hauptthemen bei Agnes Heller finden: Einmal die Ethik, in einem weiten Sinne (…) und zum zweiten die Theorie der Moderne. (…) Und man kann sagen, dass die tragische Erfahrung des Holocaust und des real existierenden Sozialismus eben beide Fragen motivieren können. Und Agnes Heller hat selber kurz und bündig ihr Denken so charakterisiert: Sie suchte Antworten auf die Katastrophen ihres Jahrhunderts!

Sprecherin:

Und das heißt, sie wollte diese Katastrophen des 20. Jahrhunderts verstehen, sagt Ludger Hagedorn:

Take 9 (O-Ton Hagedorn)

Verstehen heißt für sie, einen Umgang damit finden, Erklärungen zu finden, vor allem Erklärungen zu finden, wie solche Systeme funktionieren konnten, nicht aber, wie sie immer gesagt hat, die Menschen, die daran beteiligt waren, zu hassen.

Sprecherin:

Das Feld, auf dem sie diese totalitären Systeme intellektuell durchdringen und verstehen wollte, waren die philosophischen Teildisziplinen Ethik und Moral¬philosophie. In drei Bänden hat Agnes Heller ihre Überlegungen dazu ausgearbeitet.

Take 10 (O-Ton Heller)

Im ersten Buch beschäftige ich mich mit den Traditionen ethischer Themen, mit Absichten und Konsequenzen, was man in Frage stellen kann, was ist gut was ist böse usw. Im zweiten Buch, (…) was in den verschiedenen Situationen ein Vorbild tat oder tun kann und im dritten Buch, das ist Ethik der Persönlichkeit.

Sprecherin:

Der Philosoph Csaba Olay, der zehn Jahre lang mit ihr in Budapest an der Universität zusammengearbeitet hat, ordnet Hellers Ansatz philosophiehistorisch so ein:

Take 11 (O- Ton Olay)

Es ist keine politische Ethik oder keine Ethik für überindividuelle Entitäten oder Größen.

Und es ist auch ein weiteres Verständnis von moralischen Phänomenen, in dem Sinne, dass sich Heller nicht nur fragt, was ist (…) das Grundprinzip der Ethik, sondern auch solche Fragen stellt, wie ethische Forderungen in ein gutes, gelingendes Leben einpassen? Wie man ein gerechter Mensch wird?

Sprecherin:

Dreh- und Angelpunkt in Hellers Philosophie ist der Begriff der Freiheit. Nach Hellers Lesart bedeutet Freiheit, sich zu entscheiden und frei zu wählen. Und zwar als existentielle Möglichkeit zu handeln, die jedem Menschen zukommt, unabhängig von Bildung, Herkunft oder Geschlecht. Jede und jeder hat immer die Wahl! Davon ist die Philosophin überzeugt, selbst in Umständen und Situationen, die äußerlich unfrei erscheinen. Als Beispiel verweist sie auf ihre eigene Erfahrung: Als sie 1944 am Ufer der Donau steht, darauf wartend von den ungarischen Faschisten erschossen zu werden, habe sie sich entschieden, kurz vor ihrer Erschießung in die Donau zu springen. Eine solche Entscheidung treffen zu können, mache die individuelle Freiheit aus, selbst in Unfreiheit.

MUSIK 8: Z8035223304 John Frizell: The Blackouts 0‘29

Sprecherin:

Aber Agnes Heller hat diesen Freiheitsbegriff nicht zum Bestandteil eines philosophischen Systems gemacht, wie es beispielsweise Spinoza, Kant oder Hegel getan haben. Komplexe und v.a. systematische Theoriegebäude hat sie abgelehnt, sie führten zwangsläufig zu einem totalitaristischen Anspruch, so ihr Vorbehalt, erklärt Philosoph Ludger Hagedorn, vom Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Take 12 (O-Ton Hagedorn)

Das ist für sie ein Impuls, der ein philosophischer Impuls gewesen ist, sich nicht einem -ismus zu verschreiben. Sie hatte ja große Schwierigkeiten mit den -ismen hat sie immer gesagt, sogar mit dem Feminismus, der ihr von allen vielleicht noch der sympathischste war und der Humanismus auch. Selbst diese -ismen wollte sie nicht unterschreiben. Wenn du in einem -ismus bist, dann musst du alles unterschreiben oder alles glauben, was die Menschen glauben, die in einem -ismus sind, so hat sie das öfter formuliert.

MUSIK 9: Z8035223321 John Frizell: Fake It 0‘53

Sprecherin:

Aber nicht nur Hellers Skepsis gegenüber allumfassenden Welt¬er-klärungssystemen hat dazu geführt, dass sie ihr Denken nicht als philosophisches System angelegt hat, sondern auch die Tatsache, dass sie jegliche Art von Metaphysik ablehnte. Eine Welt hinter der sinnlich Erfahrbaren anzunehmen und damit die letzten Fragen nach Sinn und Zweck des menschlichen Lebens beantworten zu können, verneinte sie.

Zitatorin:

„Gewöhnlich verlassen sich Philosophen bei der Ausarbeitung ihrer Systeme auf eine Grundlage, ein Fundament, auf unbezweifelbare Prinzipien, zum Beispiel den höchsten Gott oder die höchste Wahrheit, und demonstrieren daran ihren Entwurf. Der Trick dabei ist, dass da Ergebnis der Demonstration bereits vorausgesetzt wird, bevor das Verfahren beginnt. ” (S. 80 Philosophie)

Sprecherin:

Und deshalb sei sie zu der Einsicht gelangt, dass moderne Philosophinnen und Philosophen diesen grundlegenden Welterklärungsansatz nicht mehr erfüllen könnten. Selbst von ihrem Lieblingsphilosophen Immanuel Kant hat sie sich in dieser Hinsicht deutlich distanziert:

Take 13 (O-Ton Heller)

Ich bin doch ein moderner Mensch, moderne Frau das heißt Metaphysik kann ich nicht annehmen. Dass es zwei verschiedene Welten sind, die Welt der Natur und die Welt der Freiheit, das kann man heute nicht mehr annehmen, das tut mir leid, Kant konnte es annehmen wir können es nicht!

Sprecherin:

Und das bedeutet, die Kantische Aufforderung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, vollkommen ernst zu nehmen so ihr Verleger Georg Hauptfeld. Und zwar individuell, auf allen Ebenen des mensch-lichen Zusammenlebens.

Take 14 (O-Ton Hauptfeld)

Es gibt bei ihr keinen Bezug außerhalb dieser Welt, es gibt da keinen Gott, den man fragen kann, wie man handeln soll, sondern man muss sich das unbedingt selber fragen.

Sprecherin:

Das bedeutet für Agnes Heller aber nicht, dass alles beliebig ist, dass jedes Verhalten gleichermaßen zu rechtfertigen sei. Oder, dass es lediglich subjektive Wahrheiten geben könnte.

Im Gegenteil, so der Budapester Philosoph Csaba Olay, Agnes Heller hat sehr konkrete Vorstellungen davon, was den einzelnen Menschen zu einem gerechten und guten Menschen macht.

Take 15 (O-Ton Olay)

Die Auszeichnung eines guten Menschen liegt in der existentiellen Selbstwahl. Es liegt darin, dass jemand sich entschließt, ein guter, ein gerechter Mensch zu werden, und das ist das Konzept, was Agnes Heller im Anschluss an Kierkegaard (…) ausführt.

Sprecherin:

Jeder Mensch könne sich entscheiden, ob er gut oder böse sein wolle. Dazu bedürfe es keiner theoretischen Erkenntnisse, sondern vielmehr einer ethisch-moralischen Praxis das Gute tun zu wollen, so Agnes Heller:

Take 16 (O-Ton Heller)

Es gibt gute Menschen in allen Gesellschaften und auf diesen guten Menschen stütze ich meine Ethik.

MUSIK 10: CD603370024 Polish Military Orchestra: National Anthem Of Hungary 0‘23

Zitatorin:

„Der Fall des Eisernen Vorhangs erfüllte mich mit Freude. Endlich änderte sich das Antlitz der Welt, die Eiszeit, die mein Leben viel zu lang geprägt hatte war vorbei. Wir fühlten uns auf der Seite der Wahrheit gegen ein System voller Lügen und Verfälschung der Realität.” (S. 171 Zufall)

Sprecherin:

1989 macht Ungarn als erstes osteuropäisches Land seine Grenzen nach Westen auf und beschleunigt damit den Niedergang der sowjetischen Herrschaft über Osteuropa.

MUSIK 11: Z8035223306 John Frizell: Studio Z 0‘36

Agnes Heller nutzt diese Möglichkeit und reist neugierig nach Ungarn, das erste Mal seit ihrer Emigration nach Australien. Und ist voller Hoffnung und Vorfreude, weil sie davon überzeugt ist, dass ihr Heimatland jetzt endlich demokratisch, frei und rechtsstaatlich werde. Heller sucht in Budapest eine Wohnung, bekommt eine Stelle als Philosophieprofessorin an der Eötvös Loránd Universität in Budapest und pendelt in den nächsten 20 Jahren zwischen ihrer Professur in New York und der in Budapest hin und her. 2009 zieht sie komplett nach Budapest und begleitet dort meinungsstark und furchtlos die politische Entwicklung Ungarns und Europas.

Zitatorin:

„Die Regierungen nach der Systemwende und auch wir glaubten, das größte Bedürfnis der Menschen sei die Freiheit, sei ein Rechtsstaat, es würde genügen, liberal-demokratische Institutionen zu schaffen. Doch den Menschen war Wohlstand wichtiger als Demokratie. Sie hatten keine Ahnung, dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand hätten nehmen können. Das Ergebnis war Orbán und der Orbánismus.” (S. 173, Zufall)

Sprecherin:

In Ungarn machte sie sich dadurch viele Feinde, vor allem seit Viktor Orbán dort das Sagen hatte.

Take 17 (O-Ton Hagedorn)

Agnes Heller war eine Symbolfigur in Ungarn auch gerade im Ungarn der letzten 15-20 Jahre, hatte häufig auch unter politischen Angriffen und Attacken zu leiden und hat versucht, sie weitestgehend zu ignorieren, denen nicht allzu viel Bedeutung beizumessen.

Sprecherin:

Agnes Heller wurde antisemitisch verunglimpft, nicht nur privat, sondern auch auf den Titelseiten der regierungsnahen Tageszeitung. Man warf ihr vor, korrupt zu sein und beschimpfte sie als vom Ausland finanzierte Kritikerin der Regierung. Aber Agnes Heller, mittlerweile über 80 Jahre alt, ließ sich nicht einschüchtern. Sie lebte unverdrossen weiter in Budapest, gab Interviews, lehrte an der Universität, reiste auf Kongresse, hielt Vorträge, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und lud einmal pro Monat in ein Szene-Restaurant im jüdischen Viertel, um über Philosophie und Politik zu diskutieren.

Take 18 (O-Ton Olay)

Zusammenfassend würde ich sagen, dass sie eine sehr liebenswürdige Person war, unbestreitbar war und ist sie die international am meisten bekannte Philosophin von Ungarn, das ist eine Tatsache, mit Büchern, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden, das ist einfach nicht zu leugnen.

Sprecherin:

Alle, die sie kennenlernen durften, wie Csaba Olay, waren von ihrer Energie, ihrem Mut und ihrer gedanklichen Schnelligkeit, selbst im hohen Alter, maximal beeindruckt. Auch Ludger Hagedorn:

Take 19 (O-Ton Hagedorn)

Das hat Agnes Heller ganz deutlich ausgezeichnet, diese Distanz, die sie zu ihrem eigenen Denken immer hatte. Und die sie auch geschafft hat glaubhaft zu machen, gerade auch in Gesprächen, wenn man ihr begegnet ist, das hatte immer so einen Witz und eine Schnelligkeit, eine Verve, mit der sie das artikuliert hat, dass man gesehen hat, wie ernst ihr das war und dass ihr das auch gelungen ist diese Distanz zu sich selber zu haben.

Sprecherin:

Dennoch ist Agnes Heller mit ihrer Philosophie, die sie immer wieder selbstkritisch hinterfragt, revidiert und verändert hat, in der intel¬lek-tuellen Welt weitaus weniger präsent, als mit ihrem politischen Denken. Georg Hauptfeld, ihr Wiener Verleger, ist der Ansicht, dass sie unterschätzt wird, eben deshalb, weil sie die herkömmlichen Spielregeln der akademischen Philosophie nicht wirklich eingehalten habe:

Take 20 (O-Ton Hauptfeld)

Sie war in der akademischen Welt in vieler Hinsicht ein Quer- und Andersdenkender, die nicht wirklich akzeptiert wurde in vielen akademischen Kreisen. Und sie hat auch andererseits viele Philosophen nicht sehr geschätzt, Habermas, Foucault und Derrida waren für sie ganz große Philosophen, aber sonst war sie in der akademischen Welt nicht wirklich akzeptiert.

MUSIK 12: Z8035223320 John Frizell: Frank’s Business Perspective 0‘32

Sprecherin:

Zeit ihres Lebens ging Agnes Heller jeden Morgen Schwimmen. So auch am 19. Juli 2019.

Die mittlerweile 90jährige Philosophin verbrachte den Sommer am Balaton, dem Plattensee, schwamm auf den See und kehrte nicht zurück.

Take 21 (O-Ton Hauptfeld)

Das letzte, was man von ihr weiß, ist, dass sie zu ihrer Freundin, die gesagt hat sie will umkehren, gesagt hat, das Wasser ist heute so schön, ich schwimme noch eine Weile.

MUSIKENDE

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Literaturtipps:

Heller, Agnes: Eine kurze Geschichte meiner Philosophie. Edition Konturen, Wien 2017.

Hauptfeld, Georg: Der Wert des Zufalls. Agnes Heller über ihr Leben und ihre Zeit. Edition Konturen, Wien 2018.

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„Ungarn hat heute damit begonnen, die seit 40 Jahren zu Österreich bestehenden Grenzbefestigungen abzubauen. Auf mehreren Kilometern wurden elektrische Signalanlagen demontiert und Stacheldraht niedergerissen.”

MUSIK 1: Z8035223303 John Frizell: Frank’s Parents 0‘37

Sprecherin:

Am 2. Mai 1989 beginnt Ungarn als erstes osteuropäisches Land, den sogenannten ‚Eisernen Vorhang‘, Stück für Stück zu öffnen. Was danach folgt ist allgemein bekannt: Tausende Flüchtlinge verlassen über Ungarn die DDR. Nach und nach löst sich ein Land nach dem anderen aus der sowjetischen Umklammerung. Freies Umherreisen zwischen Ost und West ist wieder möglich. Und davon machen auch viele Emigranten Gebrauch, die Jahrzehnte vorher in den Westen geflohen waren. So wie die ungarische Philosophin Agnes Heller.

Take 1 (O-Ton Hagedorn)

Sie liebte das Land, sie liebte die Sprache. Ich bin eine ungarische Jüdin und ich liebe die ungarische Sprache! Ist der Satz, den sie immer wieder gesagt hat, das war wichtig für sie.

MUSIK 2: Z8035223304 John Frizell: The Blackouts 0‘37

Sprecherin:

Agnes Heller kehrt voller Freude und Enthusiasmus nach jahrzehntelangem Exil zurück nach Ungarn, erzählt Ludger Hagedorn, Mitarbeiter am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Und begleitet in den kommenden Jahrzehnten kritisch und meinungsstark die Entwicklung der ungarischen Gesellschaft. Für viele Intellektuelle wird sie so zur Grande Dame der ungarischen Philosophie, für viele Konservative und Rechte dagegen wird sie eine verhasste politische Kommentatorin.

Take 2 (O-Ton A. Heller)

Das ist meine wichtigste Geschichte, die einzige kontinuierliche Geschichte, ich habe sehr viele Geschichten, ich kann schreiben die Geschichte meiner politischen Engagements, die Geschichte meiner Lieben, sehr viele Geschichten hat man doch …

Sprecherin:

Erzählt Agnes Heller 2017 in einem Interview mit Ludger Hagedorn im Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien.

Take 3 (O-Ton A. Heller)

Aber das ist die einzige kontinuierliche Geschichte, das ist meine Lebensgeschichte, das ist wichtigste Sache in meinem Leben, dass ich eine Philosophin geworden bin und auch geblieben bin!

MUSIK 3: ZE002570106 Bela Bartok (Corinna Simon): Spottlied 0‘20

Sprecherin:

1929 wird Agnes Heller in Budapest geboren, als Tochter assimilierter jüdischer Eltern. Ihr Vater ist Rechtsanwalt, die Mutter Hutmacherin. Kultur, deutsche und ungarische Literatur, Philosophie und Musik sind wichtig im Hause Heller, auch wenn es der Familie finanziell nicht besonders gut geht. Agnes Heller ist ein wissbegieriges Kind, spricht und liest Deutsch und Ungarisch, schreibt Geschichten und diskutiert mit ihrem Vater stundenlang über Politik, schreibt sie in ihren Erinnerungen Der Wert des Zufalls:

Zitatorin:

„Meine Kindheit war sehr glücklich, meine Eltern verstanden sich wunderbar. Wir waren wirklich arm, es kam vor, dass wir kein Mittagessen hatten. Gehen lernte ich sehr langsam, als ich ein Jahr alt war, konnte ich noch immer nicht richtig laufen. Sprechen konnte ich schon mit neun Monaten, und seither habe ich damit nicht mehr aufgehört.” (S. 11 Zufall)

MUSIK 4: Z803522330 John Frizell: Edgewood Arsenal 0‘35

Sprecherin:

Ungarn ist damals ein wirtschaftlich erschöpftes und politisch zerstrittenes Land: Nach dem Ersten Weltkrieg, den es an der Seite von Österreich verloren hat, sind rund zwei Drittel seines Territoriums durch die Friedensverträge verloren. Millionen von Ungarn leben in den angrenzenden Ländern. Die kommunistische Räterepublik wird von einer rechten Regierung abgelöst, die diese Folgen rückgängig machen will und sich deshalb mit den Nationalsozialisten verbündet.

Atmo (Musik aus Wochenschau G0028030Z00 Deutsch Wochenschau-Fanfaren von 1945)

Sprecherin:

Aber das Bündnis endet 1944. Weil die Ungarn, die, Zitat „ jüdische Frage” nicht im Sinne der Nationalsozialisten lösen, marschiert die Wehrmacht ins Land.

Agnes Heller, mittlerweile 15 Jahre alt, lebt mit ihrer Familie im Budapester Ghetto, als der Vater von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz deportiert wird. Dort stirbt er Anfang 1945. Agnes und ihre Mutter sollen mitten in Budapest am Ufer der Donau mit Tausenden anderer ungarischer Juden erschossen werden. Aber durch glückliche Umstände und Zufälle, gelingt ihr gemeinsam mit ihrer Mutter die Flucht - und das Überleben bis zum Eintreffen der Roten Armee.

MUSIK 5: R0103330W01 Bela Bartok: Bilder aus Ungarn für Orchester, Sz 97 0‘39

Sprecherin:

Nach der Befreiung engagiert sich Agnes Heller zunächst bei den Zionisten, wo sie István Hermann kennen- und lieben lernt. 1948 wird sie ihn mit 19 Jahren heiraten. Kurz davor hat sie begonnen in Budapest Chemie und Physik zu studieren. Aber nachdem sie durch ihren späteren Ehemann eine Philosophievorlesung gehört hat, wech¬selt sie begeistert zur Philosophie. Ihr Lehrer und Mentor ist der ungarische Marxist und Philosoph György oder Georg Lukács.

Zitatorin:

„Zu jener Zeit war ich noch nicht ganz bei mir, eher ein philosophischer Embryo. Als achtzehnjährige Universitätsstudentin schrieb ich Seminararbeiten unter anderem über Kant, Hegel und Spinoza. Zum Glück sind sie nicht erhalten.” (S. 16 Philosophie)

Sprecherin:

So selbstironisch beschreibt Agnes Heller Jahrzehnte später in Eine kleine Geschichte meiner Philosophie ihren Einstieg in die Welt der Philosophie, die sie durch György Lukács kennenlernt.

Zitatorin:

„Seine Schülerin zu werden war das größte Glück meines Lebens. Ohne ihn wäre ich nie Philosophin geworden, sondern wäre bei meinem ursprünglichen Vorhaben geblieben, Chemie zu studieren.” (S. 17 Philosophie)

Sprecherin:

Agnes Heller ist, wie viele ihrer Zeitgenossen in ganz Europa, zutiefst davon überzeugt, dass der Kommunismus die richtige Antwort auf die Erfahrung des Holocaust und der nationalsozialistischen Ver¬wüstung Europas ist.

Take 4 (O-Ton Heller)

Wir lebten nach dem Krieg in einer Illusion, wir wollten doch die Erlösung. Nach diesem Krieg mit unseren Erlebnissen, ob es der Holocaust war oder nur der Zweite Weltkrieg gewesen war, wir hatten unsere Toten, wir hatten unsere Wunden. Alle von uns wollten die Erlösung, alle!

MUSIK 6: Z9358598008 Moby: Scream Pilots 0‘35

Sprecherin:

Aber die Hoffnung auf Erlösung durch den Kommunismus nach marxistisch-leninistischem Vorbild hält nicht lange an.

Und als 1956 die Rote Armee die ungarische Revolution mit Panzern blutig niedergewalzt, werden auch Intellektuelle wie Lukács und Heller, die sich den Demonstranten und Reformern angeschlossen hatten, verhört, kurzfristig verhaftet, aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen und als Universitätsdozenten entlassen. Säuberungen durchziehen das Land, viele Demonstranten werden zum Tode verurteilt. Agnes Heller verliert ihre Stelle als Assistentin von Lukács und muss fünf Jahre lang als Lehrerin an einer Schule arbeiten. In dieser Zeit geht auch ihre Ehe mit István Hermann in die Brüche. Der Vater ihrer Tochter Zsuzsa, die 1952 geboren wird, plädiert dafür, sich mit dem Regime zu arrangieren. Für Agnes Heller unmöglich. Nicht nur politisch geht sie einen anderen Weg, auch privat: Sie lernt ihren zweiten Ehemann, den Historiker Ferenc Fehér kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod zusammenlebt. 1963 heiraten sie, 1964 wird ihr Sohn György geboren.

Take 5 (O-Ton Hauptfeld)

Ich seh es so, dass sie von großen idealistischen Hoffnungen der Revolution 1956 Schritt für Schritt von einem orthodoxen Marxismus weggegangen ist, dann in den 70er Jahren noch gehofft hat, dass eine neue Linke eine bessere Art von Marxismus entwickeln kann und sich dann in den späten 80er und 90er Jahren sich endgültig davon verabschiedet hat.

Sprecherin.

So zeichnet Georg Hauptfeld, Geschäftsführer des Verlags Edition Konturen in Wien, der seit Jahren die Bücher von Agnes Heller publiziert, ihren intellektuellen Werdegang skizzenhaft nach.

Als die ungarische Regierung in den 60er Jahren Lukács und auch Agnes Heller rehabilitiert, geht sie zurück an die Universität und wird Teil der sogenannten ‚Budapester Schule‘, bis heute die einflussreichste Strömung ungarischer Philosophen.

Take 6 (O-Ton Olay)

Die Budapester Schule ist eine Schule bestehend aus den engeren Schülern von Georg Lukács, der wichtigste Philosoph ungarischer Abstammung ist, und Lukács selber hat (…) vier Denker als die Budapester Schule bezeichnet, das ist Agnes Heller, Michael Vajda, der zweite Ehemann von Heller Ferenc Fehér und György Márkus.

Sprecherin:

Erklärt Csaba Olay, Professor für Philosophie an der Eötvös Loránd Universität in Budapest.

Take 7 (O-Ton Olay)

Diese Leute, alle geboren in den 20er und 30er sammelten sich um Lucács herum und bemühten sich um eine Renaissance des Marxismus. (…) Es war ganz klar, dass diese Formel Renaissance des Marxismus und Rückkehr zu den Quellen gegen einen starren Stalinismus gerichtet war, aber was das theoretisch bedeuten sollte, das war viel weniger deutlich.

MUSIK 7: Z8035223312 John Frizell: Laurel Canyon 0‘30

Sprecherin:

Das Eintreten für eine Renaissance des Marxismus, das Suchen nach Reformen ohne das linke Gesellschaftsmodell völlig aufzugeben, hatte keine Chance in Ungarn. Genauso wenig wie in den anderen Ostblock-Staaten zur Zeit des Kalten Kriegs.

Die Intellektuellen der Budapester Schule wurden zu Dissidenten im eigenen Land, mit Publikations- und Lehrverboten. Schließlich konnte Agnes Heller emigrieren, 1977 nach Australien, wo sie eine Professur für Soziologie innehatte, knapp zehn Jahre später erhielt sie einen Ruf auf den Lehrstuhl von Hannah-Arendt in New York.

MUSIKENDE

Sprecherin:

Das Denken von Agnes Heller war und ist untrennbar verwoben mit ihrer Biographie: Als Jüdin von den Nationalsozialisten verfolgt, als abweichende Denkerin zur Dissidentin in Ungarn geworden, ein Star der Neuen Linken in Westeuropa und den USA. Und in ihren späten Jahren die Ikone der Demokraten gegen die europa- und demokratiefeindliche Politik Viktor Orbans. Diese gegensätzlichen Erfahrungen haben ihr philosophisches Denken grund¬legend geprägt, so Csaba Olay:

Take 8 (O-Ton Olay)

Ich würde das so auf den Punkt bringen, dass wir zwei Hauptthemen bei Agnes Heller finden: Einmal die Ethik, in einem weiten Sinne (…) und zum zweiten die Theorie der Moderne. (…) Und man kann sagen, dass die tragische Erfahrung des Holocaust und des real existierenden Sozialismus eben beide Fragen motivieren können. Und Agnes Heller hat selber kurz und bündig ihr Denken so charakterisiert: Sie suchte Antworten auf die Katastrophen ihres Jahrhunderts!

Sprecherin:

Und das heißt, sie wollte diese Katastrophen des 20. Jahrhunderts verstehen, sagt Ludger Hagedorn:

Take 9 (O-Ton Hagedorn)

Verstehen heißt für sie, einen Umgang damit finden, Erklärungen zu finden, vor allem Erklärungen zu finden, wie solche Systeme funktionieren konnten, nicht aber, wie sie immer gesagt hat, die Menschen, die daran beteiligt waren, zu hassen.

Sprecherin:

Das Feld, auf dem sie diese totalitären Systeme intellektuell durchdringen und verstehen wollte, waren die philosophischen Teildisziplinen Ethik und Moral¬philosophie. In drei Bänden hat Agnes Heller ihre Überlegungen dazu ausgearbeitet.

Take 10 (O-Ton Heller)

Im ersten Buch beschäftige ich mich mit den Traditionen ethischer Themen, mit Absichten und Konsequenzen, was man in Frage stellen kann, was ist gut was ist böse usw. Im zweiten Buch, (…) was in den verschiedenen Situationen ein Vorbild tat oder tun kann und im dritten Buch, das ist Ethik der Persönlichkeit.

Sprecherin:

Der Philosoph Csaba Olay, der zehn Jahre lang mit ihr in Budapest an der Universität zusammengearbeitet hat, ordnet Hellers Ansatz philosophiehistorisch so ein:

Take 11 (O- Ton Olay)

Es ist keine politische Ethik oder keine Ethik für überindividuelle Entitäten oder Größen.

Und es ist auch ein weiteres Verständnis von moralischen Phänomenen, in dem Sinne, dass sich Heller nicht nur fragt, was ist (…) das Grundprinzip der Ethik, sondern auch solche Fragen stellt, wie ethische Forderungen in ein gutes, gelingendes Leben einpassen? Wie man ein gerechter Mensch wird?

Sprecherin:

Dreh- und Angelpunkt in Hellers Philosophie ist der Begriff der Freiheit. Nach Hellers Lesart bedeutet Freiheit, sich zu entscheiden und frei zu wählen. Und zwar als existentielle Möglichkeit zu handeln, die jedem Menschen zukommt, unabhängig von Bildung, Herkunft oder Geschlecht. Jede und jeder hat immer die Wahl! Davon ist die Philosophin überzeugt, selbst in Umständen und Situationen, die äußerlich unfrei erscheinen. Als Beispiel verweist sie auf ihre eigene Erfahrung: Als sie 1944 am Ufer der Donau steht, darauf wartend von den ungarischen Faschisten erschossen zu werden, habe sie sich entschieden, kurz vor ihrer Erschießung in die Donau zu springen. Eine solche Entscheidung treffen zu können, mache die individuelle Freiheit aus, selbst in Unfreiheit.

MUSIK 8: Z8035223304 John Frizell: The Blackouts 0‘29

Sprecherin:

Aber Agnes Heller hat diesen Freiheitsbegriff nicht zum Bestandteil eines philosophischen Systems gemacht, wie es beispielsweise Spinoza, Kant oder Hegel getan haben. Komplexe und v.a. systematische Theoriegebäude hat sie abgelehnt, sie führten zwangsläufig zu einem totalitaristischen Anspruch, so ihr Vorbehalt, erklärt Philosoph Ludger Hagedorn, vom Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Take 12 (O-Ton Hagedorn)

Das ist für sie ein Impuls, der ein philosophischer Impuls gewesen ist, sich nicht einem -ismus zu verschreiben. Sie hatte ja große Schwierigkeiten mit den -ismen hat sie immer gesagt, sogar mit dem Feminismus, der ihr von allen vielleicht noch der sympathischste war und der Humanismus auch. Selbst diese -ismen wollte sie nicht unterschreiben. Wenn du in einem -ismus bist, dann musst du alles unterschreiben oder alles glauben, was die Menschen glauben, die in einem -ismus sind, so hat sie das öfter formuliert.

MUSIK 9: Z8035223321 John Frizell: Fake It 0‘53

Sprecherin:

Aber nicht nur Hellers Skepsis gegenüber allumfassenden Welt¬er-klärungssystemen hat dazu geführt, dass sie ihr Denken nicht als philosophisches System angelegt hat, sondern auch die Tatsache, dass sie jegliche Art von Metaphysik ablehnte. Eine Welt hinter der sinnlich Erfahrbaren anzunehmen und damit die letzten Fragen nach Sinn und Zweck des menschlichen Lebens beantworten zu können, verneinte sie.

Zitatorin:

„Gewöhnlich verlassen sich Philosophen bei der Ausarbeitung ihrer Systeme auf eine Grundlage, ein Fundament, auf unbezweifelbare Prinzipien, zum Beispiel den höchsten Gott oder die höchste Wahrheit, und demonstrieren daran ihren Entwurf. Der Trick dabei ist, dass da Ergebnis der Demonstration bereits vorausgesetzt wird, bevor das Verfahren beginnt. ” (S. 80 Philosophie)

Sprecherin:

Und deshalb sei sie zu der Einsicht gelangt, dass moderne Philosophinnen und Philosophen diesen grundlegenden Welterklärungsansatz nicht mehr erfüllen könnten. Selbst von ihrem Lieblingsphilosophen Immanuel Kant hat sie sich in dieser Hinsicht deutlich distanziert:

Take 13 (O-Ton Heller)

Ich bin doch ein moderner Mensch, moderne Frau das heißt Metaphysik kann ich nicht annehmen. Dass es zwei verschiedene Welten sind, die Welt der Natur und die Welt der Freiheit, das kann man heute nicht mehr annehmen, das tut mir leid, Kant konnte es annehmen wir können es nicht!

Sprecherin:

Und das bedeutet, die Kantische Aufforderung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, vollkommen ernst zu nehmen so ihr Verleger Georg Hauptfeld. Und zwar individuell, auf allen Ebenen des mensch-lichen Zusammenlebens.

Take 14 (O-Ton Hauptfeld)

Es gibt bei ihr keinen Bezug außerhalb dieser Welt, es gibt da keinen Gott, den man fragen kann, wie man handeln soll, sondern man muss sich das unbedingt selber fragen.

Sprecherin:

Das bedeutet für Agnes Heller aber nicht, dass alles beliebig ist, dass jedes Verhalten gleichermaßen zu rechtfertigen sei. Oder, dass es lediglich subjektive Wahrheiten geben könnte.

Im Gegenteil, so der Budapester Philosoph Csaba Olay, Agnes Heller hat sehr konkrete Vorstellungen davon, was den einzelnen Menschen zu einem gerechten und guten Menschen macht.

Take 15 (O-Ton Olay)

Die Auszeichnung eines guten Menschen liegt in der existentiellen Selbstwahl. Es liegt darin, dass jemand sich entschließt, ein guter, ein gerechter Mensch zu werden, und das ist das Konzept, was Agnes Heller im Anschluss an Kierkegaard (…) ausführt.

Sprecherin:

Jeder Mensch könne sich entscheiden, ob er gut oder böse sein wolle. Dazu bedürfe es keiner theoretischen Erkenntnisse, sondern vielmehr einer ethisch-moralischen Praxis das Gute tun zu wollen, so Agnes Heller:

Take 16 (O-Ton Heller)

Es gibt gute Menschen in allen Gesellschaften und auf diesen guten Menschen stütze ich meine Ethik.

MUSIK 10: CD603370024 Polish Military Orchestra: National Anthem Of Hungary 0‘23

Zitatorin:

„Der Fall des Eisernen Vorhangs erfüllte mich mit Freude. Endlich änderte sich das Antlitz der Welt, die Eiszeit, die mein Leben viel zu lang geprägt hatte war vorbei. Wir fühlten uns auf der Seite der Wahrheit gegen ein System voller Lügen und Verfälschung der Realität.” (S. 171 Zufall)

Sprecherin:

1989 macht Ungarn als erstes osteuropäisches Land seine Grenzen nach Westen auf und beschleunigt damit den Niedergang der sowjetischen Herrschaft über Osteuropa.

MUSIK 11: Z8035223306 John Frizell: Studio Z 0‘36

Agnes Heller nutzt diese Möglichkeit und reist neugierig nach Ungarn, das erste Mal seit ihrer Emigration nach Australien. Und ist voller Hoffnung und Vorfreude, weil sie davon überzeugt ist, dass ihr Heimatland jetzt endlich demokratisch, frei und rechtsstaatlich werde. Heller sucht in Budapest eine Wohnung, bekommt eine Stelle als Philosophieprofessorin an der Eötvös Loránd Universität in Budapest und pendelt in den nächsten 20 Jahren zwischen ihrer Professur in New York und der in Budapest hin und her. 2009 zieht sie komplett nach Budapest und begleitet dort meinungsstark und furchtlos die politische Entwicklung Ungarns und Europas.

Zitatorin:

„Die Regierungen nach der Systemwende und auch wir glaubten, das größte Bedürfnis der Menschen sei die Freiheit, sei ein Rechtsstaat, es würde genügen, liberal-demokratische Institutionen zu schaffen. Doch den Menschen war Wohlstand wichtiger als Demokratie. Sie hatten keine Ahnung, dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand hätten nehmen können. Das Ergebnis war Orbán und der Orbánismus.” (S. 173, Zufall)

Sprecherin:

In Ungarn machte sie sich dadurch viele Feinde, vor allem seit Viktor Orbán dort das Sagen hatte.

Take 17 (O-Ton Hagedorn)

Agnes Heller war eine Symbolfigur in Ungarn auch gerade im Ungarn der letzten 15-20 Jahre, hatte häufig auch unter politischen Angriffen und Attacken zu leiden und hat versucht, sie weitestgehend zu ignorieren, denen nicht allzu viel Bedeutung beizumessen.

Sprecherin:

Agnes Heller wurde antisemitisch verunglimpft, nicht nur privat, sondern auch auf den Titelseiten der regierungsnahen Tageszeitung. Man warf ihr vor, korrupt zu sein und beschimpfte sie als vom Ausland finanzierte Kritikerin der Regierung. Aber Agnes Heller, mittlerweile über 80 Jahre alt, ließ sich nicht einschüchtern. Sie lebte unverdrossen weiter in Budapest, gab Interviews, lehrte an der Universität, reiste auf Kongresse, hielt Vorträge, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und lud einmal pro Monat in ein Szene-Restaurant im jüdischen Viertel, um über Philosophie und Politik zu diskutieren.

Take 18 (O-Ton Olay)

Zusammenfassend würde ich sagen, dass sie eine sehr liebenswürdige Person war, unbestreitbar war und ist sie die international am meisten bekannte Philosophin von Ungarn, das ist eine Tatsache, mit Büchern, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden, das ist einfach nicht zu leugnen.

Sprecherin:

Alle, die sie kennenlernen durften, wie Csaba Olay, waren von ihrer Energie, ihrem Mut und ihrer gedanklichen Schnelligkeit, selbst im hohen Alter, maximal beeindruckt. Auch Ludger Hagedorn:

Take 19 (O-Ton Hagedorn)

Das hat Agnes Heller ganz deutlich ausgezeichnet, diese Distanz, die sie zu ihrem eigenen Denken immer hatte. Und die sie auch geschafft hat glaubhaft zu machen, gerade auch in Gesprächen, wenn man ihr begegnet ist, das hatte immer so einen Witz und eine Schnelligkeit, eine Verve, mit der sie das artikuliert hat, dass man gesehen hat, wie ernst ihr das war und dass ihr das auch gelungen ist diese Distanz zu sich selber zu haben.

Sprecherin:

Dennoch ist Agnes Heller mit ihrer Philosophie, die sie immer wieder selbstkritisch hinterfragt, revidiert und verändert hat, in der intel¬lek-tuellen Welt weitaus weniger präsent, als mit ihrem politischen Denken. Georg Hauptfeld, ihr Wiener Verleger, ist der Ansicht, dass sie unterschätzt wird, eben deshalb, weil sie die herkömmlichen Spielregeln der akademischen Philosophie nicht wirklich eingehalten habe:

Take 20 (O-Ton Hauptfeld)

Sie war in der akademischen Welt in vieler Hinsicht ein Quer- und Andersdenkender, die nicht wirklich akzeptiert wurde in vielen akademischen Kreisen. Und sie hat auch andererseits viele Philosophen nicht sehr geschätzt, Habermas, Foucault und Derrida waren für sie ganz große Philosophen, aber sonst war sie in der akademischen Welt nicht wirklich akzeptiert.

MUSIK 12: Z8035223320 John Frizell: Frank’s Business Perspective 0‘32

Sprecherin:

Zeit ihres Lebens ging Agnes Heller jeden Morgen Schwimmen. So auch am 19. Juli 2019.

Die mittlerweile 90jährige Philosophin verbrachte den Sommer am Balaton, dem Plattensee, schwamm auf den See und kehrte nicht zurück.

Take 21 (O-Ton Hauptfeld)

Das letzte, was man von ihr weiß, ist, dass sie zu ihrer Freundin, die gesagt hat sie will umkehren, gesagt hat, das Wasser ist heute so schön, ich schwimme noch eine Weile.

MUSIKENDE

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