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Glückshormone - Komplexe Botenstoffe mit viel Wirkung

22:52
 
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Sauer macht lustig, Schokolade macht glücklich, Sport macht euphorisch. Hinter diesen Volksweisheiten stecken ein bisschen Wahrheit - und vor allem: Glückshormone. Was bewirken sie? Und wo wird ihnen zu viel Einfluss nachgesagt? Können wir uns mit Ernährung, Bewegung oder auch Lachen glücklich machen? (BR 2021) Bernd-Uwe Gutknecht

Credits
Autor/in dieser Folge: Bernd-Uwe Gutknecht
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Katja Amberger, Andreas Neumann, Constanze Fennel
Technik: Robin Auld
Redaktion: Matthias Eggert

Im Interview:
Prof. Dr. Ingo Froböse, Professor für Rehabilitation und Prävention an der Deutschen Sporthochschule Köln;
Prof. Dr. Henriette Uhlenhaut, Molekularbiologin an der TU München;
Prof. Dr. Inga Neumann, Neurobiologin an der Universität Regensburg;
Caroline Rauscher, Apothekerin und Ernährungsberaterin in Kelheim

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

ATMO 1 Stadion

Zusp. 1 Thomas Müller:

„Dadurch dass ich Dinge von mir selbst abverlange, verlange ich die auch von meinen Mitspielern. Denn am Ende des Tages will ich erfolgreich sein, dann gehe ich glücklich ins Bett und am Ende geht es nur um die Glückshormone.“

SPRECHERIN:

Fußball-Star Thomas Müller ist glücklich, wenn er gewinnt. Trifft er selbst ins Tor, dann sprudeln die Glückshormone besonders üppig! Vor allem der Hormonspiegel von Dopamin und Serotonin, den wichtigsten Botenstoffen in Zusammenhang mit Glücksmomenten und Euphorie wie etwa beim Torjubel Tausender Fans. Insgesamt kennt die Forschung sechs Hormone, die uns glücklich machen. Aber noch weiß sie über sie noch lange nicht alles.

ATMO 2 Reporter

Zusp.2 Sieg:

„Natürlich macht auch ein Sieg im Sport, ein Torschuss, ein Erfolg innerhalb des Sports erstmal glücklich. Es bedeutet eine erbrachte Leistung während der sportlichen Aktivität, auch das macht positive Stimmung. Und dadurch ist letztendlich das große Spektrum der unterschiedlichsten Sportarten in der Lage, positive Effekte auf unsere Glückshormone auszuüben.“

SPRECHER:

Sagt Dr. Ingo Froböse, Professor für Rehabilitation und Prävention an der Deutschen Sporthochschule Köln:

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:17)

Zitator:

Dopamin

SPRECHER:

Dopamin ist körpereigenes Doping! Glückshormone - und natürlich auch ihre Gegenspieler, die Stresshormone – stellt der Körper selbst her. Sie sind nicht mal unter dem Mikroskop zu sehen. Winzig, aber wichtig!

SPRECHERIN:

Glückshormone bestehen aus Aminosäuren, also aus chemischen Verbindungen mit Stickstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff. Prof. Dr. Henriette Uhlenhaut, Molekularbiologin an der TU München, erklärt, dass das System der Glückshormone ein bisschen wie früher die Rohrpost im Büro funktioniert:

Zusp. 6 Brief:

„Ein Glückshormon oder irgendein Hormon ist ein Botenstoff, d.h. Hormone werden irgendwo im Körper – da gibt`s z.B. bestimmte Drüsen – produziert und die werden dann über den Kreislauf, über die Blutbahn zu allen anderen Organen im Körper hin transportiert, um dort eine Botschaft zu übermitteln. D.h. zum Beispiel im Gehirn wird ein Signal losgeschickt, oh, wir müssen jetzt unbedingt den Muskeln was sagen, dann wird eine hormonproduzierende Drüse dieses Hormon ausschütten, das schwimmt sozusagen durch den Blutkreislauf zum Zielorgan hin, schwimmt tatsächlich wie ein Brief durch unsere Blutbahn und docken dann an einem Briefkasten, einem Rezeptor an.“

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:13) und:

MUSIK: „There‘s somebody out“ – Z9382788#004 (0:21)

ATMO 3 Schrei

SPRECHER:

Eine Mutprobe an der Skisprungschanze im slowenischen Planica (sprich: Planitza, Betonung auf erster Silbe). Im Sommer dürfen hier Laien, an einem Drahtseil gesichert, runterspringen. Hier kommt das Signal für die Hormonausschüttung von den Augen der jungen Frau, die oben steht und sich mutig in die Tiefe stürzt.

SPRECHERIN:

Die Augen nehmen also die potentielle Gefahr wahr und schicken diese Botschaft durch die Blutbahnen an die Rezeptoren:

Zusp. 7 Rezeptoren:

„Und diese Rezeptoren sitzen fast überall in unserem Körper, in unseren Zellen: Muskelzellen, Leberzellen, Hautzellen, im Gehirn usw. und reagieren dann auf diese Botschaft. Sie hören diese Botschaft sozusagen und schalten dann Prozesse im Inneren der Zelle an.“

SPRECHER:

Botschaft angekommen: Achtung Abgrund! Vorsicht Gefahr! Jetzt geht der Körper in die Alarmhaltung über:

Zusp. 8 Flucht:

„Wenn jetzt ein Stresssignal den Körper erreicht, dann gibt es diese Hormondrüsen, das sind die Nebennieren, die produzieren dann auf ein Signal vom Gehirn hin das Cortisol und schütten es in die Blutbahn aus. D.h. unser ganzer Körper wird mit dem Cortisol überschwemmt und der Cortisol-Rezeptor geht dann in den Zellkern und schaltet Gen-Programme aus oder an, d.h. im Zellkern würden dann ganz viele Prozesse angesteuert, die wiederum Energie freisetzen z.B., wenn ich gestresst bin und ich muss mich wehren unter Umständen, fight or flight, Kampf oder Flucht, das würde als Antwort auf das Hormon passieren.“

SPRECHERIN:

Bei der Frau an dem Drahtseil ist Flucht nicht angesagt...zumal sie den Sprung in die Tiefe ja frei gewählt und dafür bezahlt hat. Nun mischen sich ihre Stress- und Glückshormone:

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:18)

Zusp. 9 Kampf:

„Diese Hormonrezeptoren setzen jeweils im Inneren der Zelle sogenannte Signal-Kaskaden in Gang, d.h. innerhalb der Zelle bewegen sich jetzt ganz viele kleine Proteine, schalten was an oder aus und schicken Signale hin und zurück und das wird alles in den Zellkern geleitet, wo dann der ganze Prozess integriert wird. Es kommt im Zellkern, auf dem Chromatin, das ist unser genetisches Material, da würde dieser Kampf sozusagen stattfinden. Und was am Ende dabei herauskommt, bestimmt dann, wer den Kampf gewonnen hat. Also wer schaltet mehr Programme ein oder aus?“

SPRECHER:

An der Skisprungschanze heißt die hormonelle Frage: hat es der Frau Spaß gemacht oder eher Stress bereitet?

SPRECHERIN:

Dopamin nur als oberflächlichen Glücklichmacher zu definieren, würde der Bedeutung dieses Transmitters aber nicht gerecht werden. Nervenzellen, in denen Dopamin gespeichert ist, heißen „dopaminerg“. Solche Neuronen kommen unter anderem im Zentralen Nervensystem vor und wandern etwa vom Mittelhirn ins Zwischenhirn und ins Endhirn. Ist der Dopaminhaushalt gestört, kann es zu schweren Erkrankungen wie Parkinson oder Schizophrenie kommen.

SPRECHER:

Auch im Vegetativen Nervensystem spielt Dopamin eine wichtige Rolle: es reguliert die Durchblutung der Bauch-Organe und wirkt bei der Steuerung der Nieren mit, hat also lebensnotwendige Funktionen.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:17)

Zitator:

Serotonin

SPRECHERIN:

Auch das im Volksmund als Glückshormon bezeichnete Serotonin ist ein vielseitiger Akteur des menschlichen Körpers! Es beeinflusst die Spannung der Blutgefäße und somit den Blutdruck, auch den Augen-Innendruck, unterstützt die Magen-Darm-Tätigkeit und hilft bei der Blutgerinnung mit. Ohne Serotonin wäre unser Leben nicht möglich. Selbst Einzeller wie Amöben produzieren Serotonin. Sogar Pflanzen bauen auf das Gewebshormon. So kommt die brennende Wirkung der Haare auf den Brennnessel-Blättern von Serotonin.

SPRECHER:

Durch das Stimulieren von Regionen der Großhirnrinde, die unsere Emotionen stark beeinflussen, ist das Serotonin für die Stimmungslage zuständig. Eine ausreichende Konzentration des Neurotransmitters kann Ängste, Aggressionen, depressive Zustände lindern, wie Prof. Dr. Inga Neumann, Neurobiologin an der Universität Regensburg, erklärt:

Zusp. 10 Serotonin:

„Serotonin wird in vielen Regionen des limbischen Systems freigesetzt, es wird im Nukleus raphe produziert und z.B. wenn wir glücklich sind, wenn wir frohen Mutes sind und aktiv sind, dann spielt das eine wichtige Rolle. Im Umkehrschluss, bei Patienten, die Depressionen haben z.B., da geht man davon aus, dass das Serotoninsystem generell unterversorgt ist oder eher nicht so aktiv ist. Deshalb ist eine Behandlungs-Strategie bei klinisch manifester Depression, dass man hier das Serotoninsystem beeinflusst, indem man praktisch die Verfügbarkeit des Serotonins im Gehirn verlängert oder verstärkt.“

SPRECHERIN:

Bei schweren Depressionen kann Serotonin medikamentös verabreicht werden. Die richtige Hormon-Einstellung im Krankheitsfall ist aber eine medizinische Kunst! Zumal die Wechselwirkungen der einzelnen Hormone bisher noch nicht klar erforscht sind.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:09)

Zitator:

Oxytocin

SPRECHER:

Neben Serotonin und Dopamin ist auch das Hormon Oxytocin für das körperliche und seelische Wohlbefinden wichtig. Oxytocin ist ein Neuropeptid, also ein Botenstoff, der von Nervenzellen freigesetzt wird. Da es aus neun Aminosäuren aufgebaut ist, wird Oxytocin auch als Nonopeptid definiert. Inga Neumann beschäftigt sich intensiv mit den Wechselwirkungen der verschiedenen Hormone:

Zusp. 11 Neuropeptide:

„Im Zentrum unserer Forschung steht die Frage, wie Emotionen, also z.B. Angst, Furcht oder depressives Verhalten im gesunden Organismus, aber auch unter pathologischen Bedingungen, z.B. bei psychischer Erkrankung, reguliert werden.

SPRECHERIN:

Ihre Untersuchungen haben ergeben, dass ausreichend Glückshormone das seelische Gleichgewicht fördern, aber umgekehrt ein intaktes soziales Umfeld auch den Glückshormonspiegel steigern kann. Einsamkeit etwa wirkt negativ auf das Oxytocin-System, während ein glückliches Familienleben zusätzlich Oxytocin aktivieren kann:

Zusp. 12 Berührung:

„Oxytocin wird freigesetzt in bestimmten Situationen, z.B. sozialer Interaktion, aber auch bei Berührung oder auch bei Sex oder wenn man sich in die Augen schaut, also in bestimmten Situationen, und agiert da auch mit anderen Botenstoffen wie dem Dopamin oder dem Serotonin, die ja auch in die Kategorie Glückshormone gezählt werden.“

Zusp. 13 Kuschel:

„Oxytocin wird in den Medien als Kuschelhormon bezeichnet und in der Tat: Oxytocin fördert Sozialverhalten, es fördert die Mutter-Kind-Bindung und das macht es für mich auch so spannend, dass es einmal die Wirkung als Hormon hat, dass das Muttertier oder die Mutter tatsächlich die Milch geben kann und auf der anderen Seite im Gehirn wirkt es, damit die Mutter sich auch um den Nachwuchs oder das Baby kümmern möchte, dass es die Motivation hat und die Motivation kommt aus dieser Mutter-Kind-Bindung.“

SPRECHER:

Oxytocin ist für seine Wirkung während der Geburt bekannt: es bringt die Gebärmutter dazu, sich zusammenzuziehen, löst dadurch die Wehen aus und leitet den Geburtsvorgang ein. Bei der klinischen Geburtshilfe kann Oxytocin als Tablette, Nasenspray oder mit einer Spritze verabreicht werden.

SPRECHERIN:

Außerdem regt Oxytocin die Brustdrüsen der Mutter an, Milch abzugeben. Diese hormonell gesteuerte Mutter-Kind-Bindung bildet wohl die Grundlage für spätere soziale Beziehungen. Neurochemiker- und Biologen vermuten, dass die Fähigkeit zu Liebe, Zuneigung oder Vertrauen auch von diesem Konglomerat aus neun Aminosäuren abhängt.

Zusp. 14 bewirken:

„Und es geht sicher nicht nur um die Menge des verfügbaren Oxytocins, das beträfe die Synthese, die Bildung des Oxytocins in Nervenzellen, sondern es geht auch darum, wo ziehen diese Nervenzellen hin, welche Fasern gibt es in welchen Gehirnregionen und wie intensiv werden diese Fasern auch genutzt. Hier geht es also auch um Oxytocin-Transport. Dann geht es natürlich auch um Oxytocin-Freisetzung aus diesen Nervenzellen, also um die neuronale Freisetzung in den Gehirnregionen. Die kann unterschiedlich sein. Und last but not least sind es natürlich auch die Rezeptoren, d.h. die Erkennungsstrukturen in den Regionen. Also wir gehen vor allem davon aus, dass es die Rezeptoren sind oder Unterschiede in den Rezeptoren sind, die auch Unterschiede im Sozialverhalten, Unterschiede im emotionalen Verhalten bewirken können.“

SPRECHER:

Noch sind viele Fragen offen, wie genau dieses hochkomplexe System von hormonellen Mit - und Gegenspielern funktioniert. Eines ist aber erwiesen: ein guter, als glücklich empfundener Lebensstil ist auch gut für unsere Gesundheit, sagt Inga Neumann:

Zusp. 15 Dopamin:

„Also z.B. wenn wir ein gutes Essen zu uns nehmen oder uns schon darauf freuen, oder eine gute Flasche Wein trinken und noch in netter Gesellschaft sind, dann sind das alles Sachen, die uns gut tun und das Belohnungssystem uns signalisiert dann dem Körper: davon bitte mehr! Das ist natürlich eine Motivation zu all diesen Sachen, die wir gerne mögen. Dazu gehört natürlich auch Sozialverhalten, dazu gehört auch Sexualverhalten, da wird das Dopaminsystem hochaktiv im Nukleus accumbens und in den entsprechenden Zielregionen der dopaminergen Neuronen. Und hier kommt es dann auch zu einer engen Interaktion mit dem Oxytocinsystem, d.h. Paarung zum Beispiel, Sexualverhalten triggert nicht nur das Dopaminsystem, sondern auch das Oxytocinsystem, die sich dann auch noch gegenseitig ergänzen.“

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:09)

Zitator:

Noradrenalin

SPRECHERIN:

Ein anderes Hormon, das manchmal als Stress – manchmal als Glückshormon bezeichnet wird, ist Noradrenalin, das im Nebennierenmark gebildet wird. Es wurde erst 1948 entdeckt und wird als Auslöser des Fluchtreflexes gesehen. In Gefahren – oder anderen Ausnahmesituationen - verengt es die Blutgefäße und treibt damit den Blutdruck nach oben. Das macht den Menschen sehr schnell wach und agil. Solch einen gesteigerten Tatendrang empfindet jeder etwas anders.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:05)

Zitator:

Endorphine

MUSIK: „There‘s somebody out“ – Z9382788#004 (0:51) und

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:19)

SPRECHER:

Ähnliche Effekte haben auch Endorphine. Chemisch betrachtet sind das Opioid-Peptide. Wenn man so will: selbstproduziertes Opium. Endorphine entstehen im Hypothalamus und in der Hypophyse, also im Gehirn, und können ein Glücksempfinden hervorrufen, das im Extremfall an Drogeneinfluss erinnert. Bekanntes Beispiel aus dem Sport ist das Läufer-High, eine Euphorie, die zum Beispiel am Ende eines Marathons jedes Schmerzgefühl übertüncht. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht geklärt, aber vermutlich verhindern die Endorphinrezeptoren im Rückenmark, dass ein Schmerzreiz ins Gehirn weitergeleitet wird.

SPRECHERIN:

Als wäre das Zusammenspiel der Glücks-Hormone nicht schon kompliziert genug, mischt sich auch noch unser Essen ein, z.B. Proteine, also Eiweiß!

Zusp. 16 Teller:

„Vom Teller kommt`s in den Mund, wird zerkaut, zerlegt und das Eiweiß ist quasi ein langes Wort und dieses Wort wird in seine Buchstaben zerlegt im Darm, nämlich in die Aminosäuren und diese Buchstaben werden dann wieder zu neuen Wörtern zusammengesetzt und aus diesen Wörtern macht unser Körper beispielsweise Muskelprotein, Organprotein oder eben diese Botenstoffe.“

SPRECHER:

Caroline Rauscher aus dem niederbayerischen Kelheim ist Apothekerin und Ernährungsberaterin. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Wirkung verschiedener Lebensmittel auf den Organismus und speziell auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Sportlern. Diese hängt natürlich auch mit der emotionalen Verfassung des Athleten zusammen.

Zusp. 17 Darm:

„Die Ernährung liefert uns die Bausteine für unsere Glückshormone.

Grundsätzlich ist der Ansatz natürlich richtig, dass unser Denken durch unsere Ernährung beeinflusst wird, aber das wäre einen Ticken zu einfach, wenn ich nur die richtige Suppe oder das richtig Gericht esse und schon bin ich auf Wolke sieben!“

SPRECHERIN:

Sauer macht lustig, sagen die Einen. Schokolade macht glücklich, meinen die Anderen. Leider stimmen die Botschaften nur sehr bedingt:

Zusp. 18 Schoki:

„Natürlich hat die Schokolade auch Ausgangsstoffe drin, die sich positiv auf unser Glücksgefühl auswirken, aber um da wirklich pharmakologische Effekte zu erzielen, müsste man an die 100 Kilo Schokolade essen, am Tag! Das Serotonin wird zwar in der Darmschleimhaut aufgenommen, kann aber nicht in unser Gehirn gelangen, weil das Tryptophan, so heißt diese Aminosäure, um ins Gehirn zu gelangen und dort Serotonin produzieren zu können, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke passieren muss.“

SPRECHER:

Und diese Schranke hat einen lebensnotwendigen Schließmechanismus, wie Biologin Inga Neumann erläutert:

Zusp. 19 Schranke:

„Die wenigsten Neurotransmitter des Gehirns gelangen einfach so durch die Blut-Hirn-Schranke, das wäre auch schlimm, denn ansonsten würde es in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme, wenn wir gerade ein dickes Steak gegessen haben das durch den Magen-Darm-Kanal in seine Einzelteile, sprich in seinen einzelnen Aminosäuren zerlegt werden. Und wenn wir gerade einen Cocktail an solchen Aminosäuren im Blut haben und die gelangten alle ins Gehirn, dann würden wir da ganz schön durcheinanderkommen. D.h. das Gehirn ist sehr gut geschützt vor solchen peripher zirkulierenden Substanzen, es bekommt deshalb solche Schwankungen, die nahrungsbedingt auftreten, nicht mit.“

SPRECHERIN:

Ernährungs-Expertin Caroline Rauscher unterstützt Profisportler bei ihrer athletengerechten Ernährung. Einigen von ihnen musste sie den Trend zu eiweißreicher und kohlenhydratarmer Ernährung ausreden. Manche Lifestyle-Magazine empfehlen sogar, Kohlenhydrate komplett wegzulassen. Davor warnt die Pharmazeutin, auch in Hinblick auf Glückshormone:

Zusp. 20 Tür:

„Wenn ich jetzt dominant in der Eiweiß-Zufuhr bin, dann habe ich ein hohes Aufkommen von Aminosäuren im Blut und dann haben wir genau diese Konkurrenz-Situation mit dieser Tür, die ins Gehirn hineingeht. Jetzt stehen ganz viele andere Kandidaten noch an, die eben durch diese Tür wollen.“

SPRECHER:

Damit das Gehirn Serotonin bilden kann, braucht es dessen Vorstufe Tryptophan. Die Aminosäure Tryptophan wiederum ist auf Insulin angewiesen und das bildet der Körper aus Kohlenhydraten.

Zusp. 21 Insulin:

„Insulin ist ein Türöffner für das Tryptophan ins Gehirn. Wenn ich Kohlenhydrate esse, dann steigt der Blutzuckerspiegel an und Insulin wird ausgeschüttet. Man kann diesen physiologisch leichten Anstieg von Insulin auch dadurch bewirken, dass man sich mit gesunden, komplexen Kohlenhydraten ernährt, sprich Vollkornbrot, Hülsenfrüchte etc. und damit den Punkt hat, dass ein gewisses Insulinspiegel-Niveau da ist.“

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:18)

SPRECHERIN:

Neben Nahrungsmitteln können auch Genussmittel oder Drogen die Glückshormone in Gang bringen. Nur führt das früher oder später in eine Abhängigkeit. Dr. Inga Neumann:

Zusp. 22 Droge:

„Das fängt mit Alkohol an, das können aber auch andere Drogen sein, Nikotin natürlich genauso, d.h. das Dopaminsystem wird auch dadurch aktiviert und das Problem ist, dass es dann immer mehr von der Droge braucht, dass das Dopamin auf das hohe Level gepusht wird. Dann ist die Konsequenz, dass die Einnahme der Droge steigt oder steigen muss, damit derjenige dasselbe Glücksgefühl intern erlebt.“

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (1:01)

SPRECHER:

Dann doch lieber ein anregender Sprung ins eisige Wasser beim Canyoning, um Dopamin oder Noradrenalin freizusetzen. Oder – wie Sportwissenschaftler Ingo Froböse empfiehlt – mäßiger, aber regelmäßiger Sport:

Zusp. 23 entstresst:

„Nach zwei bis drei Monaten bin ich durchaus in der Lage, und das bedeutet ungefähr 20 bis 30 Trainingseinheiten, um diese Glückshormone bewusster wahrzunehmen und entsprechende biochemische Prozesse ausgelöst zu haben. Und das verändert langfristig unseren Lebensstil und auch unser Verhalten. Und da muss man sagen: das ist doch gar nicht so viel! Das dauert zwar einige Wochen, aber dann bin ich genau da, wo ich nämlich sein wollte, entspannt, entstresst und glücklich.“

SPRECHERIN:

Denn die Muskulatur, die bei Bewegung aktiviert wird, ist das größte Stoffwechselorgan des Menschen. Wird sie regelmäßig und über einen längeren Zeitraum benutzt, beeinflusst das den Hormonspiegel erheblich. Der Körper macht dabei einen Lernprozess durch. Deshalb wird Sport auch in Psycho-Therapien wirkungsvoll eingesetzt.

SPRECHER:

Auch Lachen oder Singen kann Glückshormone aufwecken. In entsprechenden Lach – oder Sing-Seminaren wird das zelebriert.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (1:00)

SPRECHERIN:

Egal, ob sich die Forscher aus psychologischer, chemischer, ernährungs-oder sportwissenschaftlicher Perspektive mit dem Phänomen Glückshormone befassen: das System der glücklich machenden Aminosäuren ist faszinierend und noch weitgehend unerforscht, resümiert Molekularbiologin Henriette Uhlenhaut:

Zusp. 24 faszinierend:

„Generell finde ich es wahnsinnig spannend, wie komplex das ist. Wir haben das immer noch nicht verstanden, was Hormone alles bewirken können, was die alles draufhaben! Die regulieren gleichzeitig Zehntausende von Genen und kontrollieren so unterschiedliche Prozesse gleichzeitig: Stoffwechsel, Immunreaktionen, unser Verhalten. Jeder von uns ist den ganzen Tag über hormongesteuert. Wenn man sich das mal verdeutlicht, ist es unglaublich, was in unserem Zellinneren abgeht.“

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Sauer macht lustig, Schokolade macht glücklich, Sport macht euphorisch. Hinter diesen Volksweisheiten stecken ein bisschen Wahrheit - und vor allem: Glückshormone. Was bewirken sie? Und wo wird ihnen zu viel Einfluss nachgesagt? Können wir uns mit Ernährung, Bewegung oder auch Lachen glücklich machen? (BR 2021) Bernd-Uwe Gutknecht

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Autor/in dieser Folge: Bernd-Uwe Gutknecht
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Katja Amberger, Andreas Neumann, Constanze Fennel
Technik: Robin Auld
Redaktion: Matthias Eggert

Im Interview:
Prof. Dr. Ingo Froböse, Professor für Rehabilitation und Prävention an der Deutschen Sporthochschule Köln;
Prof. Dr. Henriette Uhlenhaut, Molekularbiologin an der TU München;
Prof. Dr. Inga Neumann, Neurobiologin an der Universität Regensburg;
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ATMO 1 Stadion

Zusp. 1 Thomas Müller:

„Dadurch dass ich Dinge von mir selbst abverlange, verlange ich die auch von meinen Mitspielern. Denn am Ende des Tages will ich erfolgreich sein, dann gehe ich glücklich ins Bett und am Ende geht es nur um die Glückshormone.“

SPRECHERIN:

Fußball-Star Thomas Müller ist glücklich, wenn er gewinnt. Trifft er selbst ins Tor, dann sprudeln die Glückshormone besonders üppig! Vor allem der Hormonspiegel von Dopamin und Serotonin, den wichtigsten Botenstoffen in Zusammenhang mit Glücksmomenten und Euphorie wie etwa beim Torjubel Tausender Fans. Insgesamt kennt die Forschung sechs Hormone, die uns glücklich machen. Aber noch weiß sie über sie noch lange nicht alles.

ATMO 2 Reporter

Zusp.2 Sieg:

„Natürlich macht auch ein Sieg im Sport, ein Torschuss, ein Erfolg innerhalb des Sports erstmal glücklich. Es bedeutet eine erbrachte Leistung während der sportlichen Aktivität, auch das macht positive Stimmung. Und dadurch ist letztendlich das große Spektrum der unterschiedlichsten Sportarten in der Lage, positive Effekte auf unsere Glückshormone auszuüben.“

SPRECHER:

Sagt Dr. Ingo Froböse, Professor für Rehabilitation und Prävention an der Deutschen Sporthochschule Köln:

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:17)

Zitator:

Dopamin

SPRECHER:

Dopamin ist körpereigenes Doping! Glückshormone - und natürlich auch ihre Gegenspieler, die Stresshormone – stellt der Körper selbst her. Sie sind nicht mal unter dem Mikroskop zu sehen. Winzig, aber wichtig!

SPRECHERIN:

Glückshormone bestehen aus Aminosäuren, also aus chemischen Verbindungen mit Stickstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff. Prof. Dr. Henriette Uhlenhaut, Molekularbiologin an der TU München, erklärt, dass das System der Glückshormone ein bisschen wie früher die Rohrpost im Büro funktioniert:

Zusp. 6 Brief:

„Ein Glückshormon oder irgendein Hormon ist ein Botenstoff, d.h. Hormone werden irgendwo im Körper – da gibt`s z.B. bestimmte Drüsen – produziert und die werden dann über den Kreislauf, über die Blutbahn zu allen anderen Organen im Körper hin transportiert, um dort eine Botschaft zu übermitteln. D.h. zum Beispiel im Gehirn wird ein Signal losgeschickt, oh, wir müssen jetzt unbedingt den Muskeln was sagen, dann wird eine hormonproduzierende Drüse dieses Hormon ausschütten, das schwimmt sozusagen durch den Blutkreislauf zum Zielorgan hin, schwimmt tatsächlich wie ein Brief durch unsere Blutbahn und docken dann an einem Briefkasten, einem Rezeptor an.“

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:13) und:

MUSIK: „There‘s somebody out“ – Z9382788#004 (0:21)

ATMO 3 Schrei

SPRECHER:

Eine Mutprobe an der Skisprungschanze im slowenischen Planica (sprich: Planitza, Betonung auf erster Silbe). Im Sommer dürfen hier Laien, an einem Drahtseil gesichert, runterspringen. Hier kommt das Signal für die Hormonausschüttung von den Augen der jungen Frau, die oben steht und sich mutig in die Tiefe stürzt.

SPRECHERIN:

Die Augen nehmen also die potentielle Gefahr wahr und schicken diese Botschaft durch die Blutbahnen an die Rezeptoren:

Zusp. 7 Rezeptoren:

„Und diese Rezeptoren sitzen fast überall in unserem Körper, in unseren Zellen: Muskelzellen, Leberzellen, Hautzellen, im Gehirn usw. und reagieren dann auf diese Botschaft. Sie hören diese Botschaft sozusagen und schalten dann Prozesse im Inneren der Zelle an.“

SPRECHER:

Botschaft angekommen: Achtung Abgrund! Vorsicht Gefahr! Jetzt geht der Körper in die Alarmhaltung über:

Zusp. 8 Flucht:

„Wenn jetzt ein Stresssignal den Körper erreicht, dann gibt es diese Hormondrüsen, das sind die Nebennieren, die produzieren dann auf ein Signal vom Gehirn hin das Cortisol und schütten es in die Blutbahn aus. D.h. unser ganzer Körper wird mit dem Cortisol überschwemmt und der Cortisol-Rezeptor geht dann in den Zellkern und schaltet Gen-Programme aus oder an, d.h. im Zellkern würden dann ganz viele Prozesse angesteuert, die wiederum Energie freisetzen z.B., wenn ich gestresst bin und ich muss mich wehren unter Umständen, fight or flight, Kampf oder Flucht, das würde als Antwort auf das Hormon passieren.“

SPRECHERIN:

Bei der Frau an dem Drahtseil ist Flucht nicht angesagt...zumal sie den Sprung in die Tiefe ja frei gewählt und dafür bezahlt hat. Nun mischen sich ihre Stress- und Glückshormone:

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:18)

Zusp. 9 Kampf:

„Diese Hormonrezeptoren setzen jeweils im Inneren der Zelle sogenannte Signal-Kaskaden in Gang, d.h. innerhalb der Zelle bewegen sich jetzt ganz viele kleine Proteine, schalten was an oder aus und schicken Signale hin und zurück und das wird alles in den Zellkern geleitet, wo dann der ganze Prozess integriert wird. Es kommt im Zellkern, auf dem Chromatin, das ist unser genetisches Material, da würde dieser Kampf sozusagen stattfinden. Und was am Ende dabei herauskommt, bestimmt dann, wer den Kampf gewonnen hat. Also wer schaltet mehr Programme ein oder aus?“

SPRECHER:

An der Skisprungschanze heißt die hormonelle Frage: hat es der Frau Spaß gemacht oder eher Stress bereitet?

SPRECHERIN:

Dopamin nur als oberflächlichen Glücklichmacher zu definieren, würde der Bedeutung dieses Transmitters aber nicht gerecht werden. Nervenzellen, in denen Dopamin gespeichert ist, heißen „dopaminerg“. Solche Neuronen kommen unter anderem im Zentralen Nervensystem vor und wandern etwa vom Mittelhirn ins Zwischenhirn und ins Endhirn. Ist der Dopaminhaushalt gestört, kann es zu schweren Erkrankungen wie Parkinson oder Schizophrenie kommen.

SPRECHER:

Auch im Vegetativen Nervensystem spielt Dopamin eine wichtige Rolle: es reguliert die Durchblutung der Bauch-Organe und wirkt bei der Steuerung der Nieren mit, hat also lebensnotwendige Funktionen.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:17)

Zitator:

Serotonin

SPRECHERIN:

Auch das im Volksmund als Glückshormon bezeichnete Serotonin ist ein vielseitiger Akteur des menschlichen Körpers! Es beeinflusst die Spannung der Blutgefäße und somit den Blutdruck, auch den Augen-Innendruck, unterstützt die Magen-Darm-Tätigkeit und hilft bei der Blutgerinnung mit. Ohne Serotonin wäre unser Leben nicht möglich. Selbst Einzeller wie Amöben produzieren Serotonin. Sogar Pflanzen bauen auf das Gewebshormon. So kommt die brennende Wirkung der Haare auf den Brennnessel-Blättern von Serotonin.

SPRECHER:

Durch das Stimulieren von Regionen der Großhirnrinde, die unsere Emotionen stark beeinflussen, ist das Serotonin für die Stimmungslage zuständig. Eine ausreichende Konzentration des Neurotransmitters kann Ängste, Aggressionen, depressive Zustände lindern, wie Prof. Dr. Inga Neumann, Neurobiologin an der Universität Regensburg, erklärt:

Zusp. 10 Serotonin:

„Serotonin wird in vielen Regionen des limbischen Systems freigesetzt, es wird im Nukleus raphe produziert und z.B. wenn wir glücklich sind, wenn wir frohen Mutes sind und aktiv sind, dann spielt das eine wichtige Rolle. Im Umkehrschluss, bei Patienten, die Depressionen haben z.B., da geht man davon aus, dass das Serotoninsystem generell unterversorgt ist oder eher nicht so aktiv ist. Deshalb ist eine Behandlungs-Strategie bei klinisch manifester Depression, dass man hier das Serotoninsystem beeinflusst, indem man praktisch die Verfügbarkeit des Serotonins im Gehirn verlängert oder verstärkt.“

SPRECHERIN:

Bei schweren Depressionen kann Serotonin medikamentös verabreicht werden. Die richtige Hormon-Einstellung im Krankheitsfall ist aber eine medizinische Kunst! Zumal die Wechselwirkungen der einzelnen Hormone bisher noch nicht klar erforscht sind.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:09)

Zitator:

Oxytocin

SPRECHER:

Neben Serotonin und Dopamin ist auch das Hormon Oxytocin für das körperliche und seelische Wohlbefinden wichtig. Oxytocin ist ein Neuropeptid, also ein Botenstoff, der von Nervenzellen freigesetzt wird. Da es aus neun Aminosäuren aufgebaut ist, wird Oxytocin auch als Nonopeptid definiert. Inga Neumann beschäftigt sich intensiv mit den Wechselwirkungen der verschiedenen Hormone:

Zusp. 11 Neuropeptide:

„Im Zentrum unserer Forschung steht die Frage, wie Emotionen, also z.B. Angst, Furcht oder depressives Verhalten im gesunden Organismus, aber auch unter pathologischen Bedingungen, z.B. bei psychischer Erkrankung, reguliert werden.

SPRECHERIN:

Ihre Untersuchungen haben ergeben, dass ausreichend Glückshormone das seelische Gleichgewicht fördern, aber umgekehrt ein intaktes soziales Umfeld auch den Glückshormonspiegel steigern kann. Einsamkeit etwa wirkt negativ auf das Oxytocin-System, während ein glückliches Familienleben zusätzlich Oxytocin aktivieren kann:

Zusp. 12 Berührung:

„Oxytocin wird freigesetzt in bestimmten Situationen, z.B. sozialer Interaktion, aber auch bei Berührung oder auch bei Sex oder wenn man sich in die Augen schaut, also in bestimmten Situationen, und agiert da auch mit anderen Botenstoffen wie dem Dopamin oder dem Serotonin, die ja auch in die Kategorie Glückshormone gezählt werden.“

Zusp. 13 Kuschel:

„Oxytocin wird in den Medien als Kuschelhormon bezeichnet und in der Tat: Oxytocin fördert Sozialverhalten, es fördert die Mutter-Kind-Bindung und das macht es für mich auch so spannend, dass es einmal die Wirkung als Hormon hat, dass das Muttertier oder die Mutter tatsächlich die Milch geben kann und auf der anderen Seite im Gehirn wirkt es, damit die Mutter sich auch um den Nachwuchs oder das Baby kümmern möchte, dass es die Motivation hat und die Motivation kommt aus dieser Mutter-Kind-Bindung.“

SPRECHER:

Oxytocin ist für seine Wirkung während der Geburt bekannt: es bringt die Gebärmutter dazu, sich zusammenzuziehen, löst dadurch die Wehen aus und leitet den Geburtsvorgang ein. Bei der klinischen Geburtshilfe kann Oxytocin als Tablette, Nasenspray oder mit einer Spritze verabreicht werden.

SPRECHERIN:

Außerdem regt Oxytocin die Brustdrüsen der Mutter an, Milch abzugeben. Diese hormonell gesteuerte Mutter-Kind-Bindung bildet wohl die Grundlage für spätere soziale Beziehungen. Neurochemiker- und Biologen vermuten, dass die Fähigkeit zu Liebe, Zuneigung oder Vertrauen auch von diesem Konglomerat aus neun Aminosäuren abhängt.

Zusp. 14 bewirken:

„Und es geht sicher nicht nur um die Menge des verfügbaren Oxytocins, das beträfe die Synthese, die Bildung des Oxytocins in Nervenzellen, sondern es geht auch darum, wo ziehen diese Nervenzellen hin, welche Fasern gibt es in welchen Gehirnregionen und wie intensiv werden diese Fasern auch genutzt. Hier geht es also auch um Oxytocin-Transport. Dann geht es natürlich auch um Oxytocin-Freisetzung aus diesen Nervenzellen, also um die neuronale Freisetzung in den Gehirnregionen. Die kann unterschiedlich sein. Und last but not least sind es natürlich auch die Rezeptoren, d.h. die Erkennungsstrukturen in den Regionen. Also wir gehen vor allem davon aus, dass es die Rezeptoren sind oder Unterschiede in den Rezeptoren sind, die auch Unterschiede im Sozialverhalten, Unterschiede im emotionalen Verhalten bewirken können.“

SPRECHER:

Noch sind viele Fragen offen, wie genau dieses hochkomplexe System von hormonellen Mit - und Gegenspielern funktioniert. Eines ist aber erwiesen: ein guter, als glücklich empfundener Lebensstil ist auch gut für unsere Gesundheit, sagt Inga Neumann:

Zusp. 15 Dopamin:

„Also z.B. wenn wir ein gutes Essen zu uns nehmen oder uns schon darauf freuen, oder eine gute Flasche Wein trinken und noch in netter Gesellschaft sind, dann sind das alles Sachen, die uns gut tun und das Belohnungssystem uns signalisiert dann dem Körper: davon bitte mehr! Das ist natürlich eine Motivation zu all diesen Sachen, die wir gerne mögen. Dazu gehört natürlich auch Sozialverhalten, dazu gehört auch Sexualverhalten, da wird das Dopaminsystem hochaktiv im Nukleus accumbens und in den entsprechenden Zielregionen der dopaminergen Neuronen. Und hier kommt es dann auch zu einer engen Interaktion mit dem Oxytocinsystem, d.h. Paarung zum Beispiel, Sexualverhalten triggert nicht nur das Dopaminsystem, sondern auch das Oxytocinsystem, die sich dann auch noch gegenseitig ergänzen.“

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:09)

Zitator:

Noradrenalin

SPRECHERIN:

Ein anderes Hormon, das manchmal als Stress – manchmal als Glückshormon bezeichnet wird, ist Noradrenalin, das im Nebennierenmark gebildet wird. Es wurde erst 1948 entdeckt und wird als Auslöser des Fluchtreflexes gesehen. In Gefahren – oder anderen Ausnahmesituationen - verengt es die Blutgefäße und treibt damit den Blutdruck nach oben. Das macht den Menschen sehr schnell wach und agil. Solch einen gesteigerten Tatendrang empfindet jeder etwas anders.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:05)

Zitator:

Endorphine

MUSIK: „There‘s somebody out“ – Z9382788#004 (0:51) und

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (0:19)

SPRECHER:

Ähnliche Effekte haben auch Endorphine. Chemisch betrachtet sind das Opioid-Peptide. Wenn man so will: selbstproduziertes Opium. Endorphine entstehen im Hypothalamus und in der Hypophyse, also im Gehirn, und können ein Glücksempfinden hervorrufen, das im Extremfall an Drogeneinfluss erinnert. Bekanntes Beispiel aus dem Sport ist das Läufer-High, eine Euphorie, die zum Beispiel am Ende eines Marathons jedes Schmerzgefühl übertüncht. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht geklärt, aber vermutlich verhindern die Endorphinrezeptoren im Rückenmark, dass ein Schmerzreiz ins Gehirn weitergeleitet wird.

SPRECHERIN:

Als wäre das Zusammenspiel der Glücks-Hormone nicht schon kompliziert genug, mischt sich auch noch unser Essen ein, z.B. Proteine, also Eiweiß!

Zusp. 16 Teller:

„Vom Teller kommt`s in den Mund, wird zerkaut, zerlegt und das Eiweiß ist quasi ein langes Wort und dieses Wort wird in seine Buchstaben zerlegt im Darm, nämlich in die Aminosäuren und diese Buchstaben werden dann wieder zu neuen Wörtern zusammengesetzt und aus diesen Wörtern macht unser Körper beispielsweise Muskelprotein, Organprotein oder eben diese Botenstoffe.“

SPRECHER:

Caroline Rauscher aus dem niederbayerischen Kelheim ist Apothekerin und Ernährungsberaterin. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Wirkung verschiedener Lebensmittel auf den Organismus und speziell auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Sportlern. Diese hängt natürlich auch mit der emotionalen Verfassung des Athleten zusammen.

Zusp. 17 Darm:

„Die Ernährung liefert uns die Bausteine für unsere Glückshormone.

Grundsätzlich ist der Ansatz natürlich richtig, dass unser Denken durch unsere Ernährung beeinflusst wird, aber das wäre einen Ticken zu einfach, wenn ich nur die richtige Suppe oder das richtig Gericht esse und schon bin ich auf Wolke sieben!“

SPRECHERIN:

Sauer macht lustig, sagen die Einen. Schokolade macht glücklich, meinen die Anderen. Leider stimmen die Botschaften nur sehr bedingt:

Zusp. 18 Schoki:

„Natürlich hat die Schokolade auch Ausgangsstoffe drin, die sich positiv auf unser Glücksgefühl auswirken, aber um da wirklich pharmakologische Effekte zu erzielen, müsste man an die 100 Kilo Schokolade essen, am Tag! Das Serotonin wird zwar in der Darmschleimhaut aufgenommen, kann aber nicht in unser Gehirn gelangen, weil das Tryptophan, so heißt diese Aminosäure, um ins Gehirn zu gelangen und dort Serotonin produzieren zu können, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke passieren muss.“

SPRECHER:

Und diese Schranke hat einen lebensnotwendigen Schließmechanismus, wie Biologin Inga Neumann erläutert:

Zusp. 19 Schranke:

„Die wenigsten Neurotransmitter des Gehirns gelangen einfach so durch die Blut-Hirn-Schranke, das wäre auch schlimm, denn ansonsten würde es in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme, wenn wir gerade ein dickes Steak gegessen haben das durch den Magen-Darm-Kanal in seine Einzelteile, sprich in seinen einzelnen Aminosäuren zerlegt werden. Und wenn wir gerade einen Cocktail an solchen Aminosäuren im Blut haben und die gelangten alle ins Gehirn, dann würden wir da ganz schön durcheinanderkommen. D.h. das Gehirn ist sehr gut geschützt vor solchen peripher zirkulierenden Substanzen, es bekommt deshalb solche Schwankungen, die nahrungsbedingt auftreten, nicht mit.“

SPRECHERIN:

Ernährungs-Expertin Caroline Rauscher unterstützt Profisportler bei ihrer athletengerechten Ernährung. Einigen von ihnen musste sie den Trend zu eiweißreicher und kohlenhydratarmer Ernährung ausreden. Manche Lifestyle-Magazine empfehlen sogar, Kohlenhydrate komplett wegzulassen. Davor warnt die Pharmazeutin, auch in Hinblick auf Glückshormone:

Zusp. 20 Tür:

„Wenn ich jetzt dominant in der Eiweiß-Zufuhr bin, dann habe ich ein hohes Aufkommen von Aminosäuren im Blut und dann haben wir genau diese Konkurrenz-Situation mit dieser Tür, die ins Gehirn hineingeht. Jetzt stehen ganz viele andere Kandidaten noch an, die eben durch diese Tür wollen.“

SPRECHER:

Damit das Gehirn Serotonin bilden kann, braucht es dessen Vorstufe Tryptophan. Die Aminosäure Tryptophan wiederum ist auf Insulin angewiesen und das bildet der Körper aus Kohlenhydraten.

Zusp. 21 Insulin:

„Insulin ist ein Türöffner für das Tryptophan ins Gehirn. Wenn ich Kohlenhydrate esse, dann steigt der Blutzuckerspiegel an und Insulin wird ausgeschüttet. Man kann diesen physiologisch leichten Anstieg von Insulin auch dadurch bewirken, dass man sich mit gesunden, komplexen Kohlenhydraten ernährt, sprich Vollkornbrot, Hülsenfrüchte etc. und damit den Punkt hat, dass ein gewisses Insulinspiegel-Niveau da ist.“

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (0:18)

SPRECHERIN:

Neben Nahrungsmitteln können auch Genussmittel oder Drogen die Glückshormone in Gang bringen. Nur führt das früher oder später in eine Abhängigkeit. Dr. Inga Neumann:

Zusp. 22 Droge:

„Das fängt mit Alkohol an, das können aber auch andere Drogen sein, Nikotin natürlich genauso, d.h. das Dopaminsystem wird auch dadurch aktiviert und das Problem ist, dass es dann immer mehr von der Droge braucht, dass das Dopamin auf das hohe Level gepusht wird. Dann ist die Konsequenz, dass die Einnahme der Droge steigt oder steigen muss, damit derjenige dasselbe Glücksgefühl intern erlebt.“

MUSIK: „Celloverse“ – Z8014390#113 (1:01)

SPRECHER:

Dann doch lieber ein anregender Sprung ins eisige Wasser beim Canyoning, um Dopamin oder Noradrenalin freizusetzen. Oder – wie Sportwissenschaftler Ingo Froböse empfiehlt – mäßiger, aber regelmäßiger Sport:

Zusp. 23 entstresst:

„Nach zwei bis drei Monaten bin ich durchaus in der Lage, und das bedeutet ungefähr 20 bis 30 Trainingseinheiten, um diese Glückshormone bewusster wahrzunehmen und entsprechende biochemische Prozesse ausgelöst zu haben. Und das verändert langfristig unseren Lebensstil und auch unser Verhalten. Und da muss man sagen: das ist doch gar nicht so viel! Das dauert zwar einige Wochen, aber dann bin ich genau da, wo ich nämlich sein wollte, entspannt, entstresst und glücklich.“

SPRECHERIN:

Denn die Muskulatur, die bei Bewegung aktiviert wird, ist das größte Stoffwechselorgan des Menschen. Wird sie regelmäßig und über einen längeren Zeitraum benutzt, beeinflusst das den Hormonspiegel erheblich. Der Körper macht dabei einen Lernprozess durch. Deshalb wird Sport auch in Psycho-Therapien wirkungsvoll eingesetzt.

SPRECHER:

Auch Lachen oder Singen kann Glückshormone aufwecken. In entsprechenden Lach – oder Sing-Seminaren wird das zelebriert.

MUSIK: „White wherever you look“ – ARD-AROMA (1:00)

SPRECHERIN:

Egal, ob sich die Forscher aus psychologischer, chemischer, ernährungs-oder sportwissenschaftlicher Perspektive mit dem Phänomen Glückshormone befassen: das System der glücklich machenden Aminosäuren ist faszinierend und noch weitgehend unerforscht, resümiert Molekularbiologin Henriette Uhlenhaut:

Zusp. 24 faszinierend:

„Generell finde ich es wahnsinnig spannend, wie komplex das ist. Wir haben das immer noch nicht verstanden, was Hormone alles bewirken können, was die alles draufhaben! Die regulieren gleichzeitig Zehntausende von Genen und kontrollieren so unterschiedliche Prozesse gleichzeitig: Stoffwechsel, Immunreaktionen, unser Verhalten. Jeder von uns ist den ganzen Tag über hormongesteuert. Wenn man sich das mal verdeutlicht, ist es unglaublich, was in unserem Zellinneren abgeht.“

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