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65. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 290, K06, V

1:15:22
 
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Mit welchen Mechanismen bewältigen Funktionssysteme Komplexität? Selbst erzeugte Komplexität lässt sich reduzieren, indem man sie temporalisiert. Eine Entscheidung gilt nur noch solange, bis sie durch eine andere aufgehoben wird. Ein Beispiel dafür ist, dass es im Rechtssystem kein „ewiges“ Recht mehr gibt, sondern nur noch positives, menschgemachtes Recht. Und hier gilt: Neues Recht annulliert altes. Ein weiterer Mechanismus zur Bewältigung intern erzeugter Komplexität besteht darin, die Varietät der Operationen zu steigern. Das System lernt, mehr verschiedenartige Operationen durchzuführen. Der Nachteil ist: Die Redundanz sinkt. Entscheidungen sind zwangsläufig weniger konsistent; sie werden folglich als weniger gerecht empfunden. Das wohl wichtigste Beispiel für diesen Mechanismus ist: Durch die Entwicklung eines einklagbaren Rechtsanspruchs, der auch den Privatwillen umfasst, erhöhte das Recht im 19. Jh. seine Varietät. Es passte seine „Bandbreite“ den Bedürfnissen der sich zunehmend funktional differenzierenden Gesellschaft an. Dass private Verträge einen Rechtsanspruch begründen können, führte dazu, dass eine Klage nur gegen eine Person möglich ist. Man kann nicht gegen gesellschaftliche Bedingungszusammenhänge klagen oder gegen Gruppen. Ein Kollektiv kann nicht für einen Schaden haften, den ein Individuum verursacht hat. In der Folge kommt es zur Personalisierung der Rechtslagen. Das gesamte Rechtssystem muss sich darauf umstellen. Auf dieser Basis entstand die Figur der subjektiven Rechte. Diese können eingeschränkt werden. Das Recht macht sich die Paradoxie handhabbar, dass Freiheit notwendigerweise bedingt, dass sie eingeschränkt werden kann. Durch die Figur der „juristischen Person“ können dann auch Rechtsansprüche gegen Organisationen geltend gemacht werden. Personalisierung verlangt auch, dass die Rechtsfähigkeit nicht mehr von sozialer Herkunft abhängen darf. Jeder muss Anspruch auf Zugang zum Rechtsverfahren haben. Verfahrensrecht und materielles Recht müssen an diese Erfordernisse angepasst und miteinander abgestimmt werden. Was uns heute normal erscheint, bedeutet evolutionstheoretisch eine Überwindung von Unwahrscheinlichkeit. Denn in der tribalen Gesellschaft und bis hin in die Ständegesellschaft war es üblich gewesen, dass Familie und Verbündete im Rechtsstreit Beistand leisten. Heute ist es umgekehrt. Das klagende und das angeklagte Individuum sind ausschließlich auf das Rechtssystem angewiesen. Der einzige zulässige Rechtsbeistand ist – Rechtsbeistand. Zugleich existieren die sozialen Bindungen, die ein Individuum zur Familie oder zu Organisationen hat, natürlich weiterhin. Das Rechtssystem hat auch darauf reagiert. Soziale Bindungen wurden dekomponiert, um sie mit den Mitteln des Rechts neu aufzubauen. So fungieren z.B. Rechtsschutzversicherungen oder Berufsverbandsrecht wie eine Art Ersatzleistung für den verlorenen Beistand durch Familie und Stämme. Indem das Recht jeden sozialen Einfluss auf die Rechtsentscheidung abscheidet, verbietet es sich zugleich selbst, dass soziale Bindungen den Richter beeinflussen dürften. Auf diese Weise wird erstmals Korruption innerhalb des Rechts überhaupt als Problem benennbar. Subjektive Rechte sind nicht nur bedeutsam für den Zugang zum Recht, sondern für den Zugang zu allen Funktionssystemen. So hat zwar jeder das Recht auf Teilnahme am Erziehungssystem durch Schulbesuch oder zur Teilnahme an politischen Wahlen. Doch schon einfache Regeln, die sich Institutionen systemintern geben, können verhindern, dass die Rechte wahrgenommen werden können. Z.B., wenn es für die „Teilhabe“ einen festen Wohnsitz braucht. Das Recht auf Zugang zu Politik, Wirtschaft, Medizin usw. muss individuell mit rechtlichen Mitteln erstritten werden. Vollständiger Text: auf https://luhmaniac.de
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