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23. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 104, K. 02

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Zuletzt hat Luhmann gezeigt, dass Rechtsgeltung ein Symbol ist, das die Einheit des Rechtssystems erzeugt. Sie ist keine Norm, sondern die Form, in der das System seine Operationen sich selbst zuordnet. Nun fügt Luhmann den Faktor Zeit hinzu. Warum „Rechtsgeltung“ nur zeitlich zu verstehen ist, erschließt sich durch das Formkalkül („distinction and indication“) von George Spencer Brown. Zugrunde liegt der Gedanke, dass man, um etwas bezeichnen zu können, es von allem anderen („unmarked space“) unterscheiden muss. Indem man etwas bezeichnet, zieht man eine Grenze zwischen dem Bezeichnetem und dem Rest. Diese Grenze ist als Form zu verstehen, bildlich als Strich. Bei der Unterscheidung von Geltung/Nichtgeltung kreuzt das System die Grenze dieser Form. Und dafür benötigt es Zeit! Denn es ist immer nur eine Bezeichnung möglich. „Geltung“ ist die Innenseite der Form, „Nichtgeltung“ die Außenseite, sie verweist in die Umwelt. „Nichtgeltung“ erscheint zudem als Reflexionswert, den das System nur braucht, um die Kommunikation auf das zu lenken, was gilt. Der positive Wert ist der bevorzugte, denn er verheißt Anschlussfähigkeit, während negative Werte (unwahr, keine Liebe, nicht zahlen) nicht erfolgversprechend sind. Solange man an eine göttliche Ordnung glaubte, brauchte es kein Symbol für Geltung. Die Begründung wurde extern gesucht. Gott, Natur, Autorität, Vernunft oder „Volksgeist“ dienten als „Quelle“. Was rechtens war, galt als Frage der Erkenntnisfähigkeit. Bei dieser Ausgangslage konnte sich das Rechtssystem gar nicht selbst als Produzent der Geltung erkennen. Erst als es sich zum autonomen Funktionssystem ausdifferenzierte, wurde ein Symbol gebraucht. Mit diesem beweist das System, dass es die Geltung selbst laufend ändern kann. Das Geltungssymbol verweist ins Innere, stiftet Identität und stabilisiert die Dynamik. Geltung erscheint nun als zeitabhängig: Sie ist solange von Dauer, bis sie widerrufen wird. Es handelt sich um einen permanenten Umgeltungsprozess, den das System selbst erzeugt. Frühere Geltungstheorien suchten das Gegenteil: etwas Stabiles, das „Bestand“ haben sollte. Dass der Negativwert „Nichtgeltung“ keine eigenen Anschlussmöglichkeiten erzeugt, unterscheidet ihn von dem ebenfalls negativen Wert „Unrecht“. Letzerer verlangt durchaus Anschluss, z.B. Diskussion über das Strafmaß. Das Geltungssymbol verknüpft die Kommunikation über Recht und Unrecht, denn in beiden Fällen ist geltendes Recht anzuwenden. Z.B. haben Strafgefangene bestimmte Rechte. Der Begriff Geltung fungiert somit als „Verschieber“. Ähnlich, wie die Personalpronomen ich, du, er, sie, es bei jedem Gebrauch eine andere Person bezeichnen können, kann sich Geltung mal auf Recht, mal auf Unrecht beziehen. Die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht ergibt erst dann Sinn, wenn man sich in beiden Fällen auf geltendes Recht beziehen kann. Das Symbol verknüpft die wichtigsten Operationen des Systems. So ist Rechtsgeltung nur als Zirkel zu begreifen, nicht asymmetrisch, wie es die Verfassung der USA von 1787 tat. Diese „konstituiert“ nur die Einheit des Volkes und seiner Regierung. Die individuellen Grundrechte jedoch werden nur anerkannt und der Umgang damit dem Rechtssystem überlassen. D.h. man unterschied zwischen einer Art überpositivem Recht auf Verfassungsebene und positivem Recht, das für den Rest zuständig wäre. Solche Asymmetrisierungen ersetzt die Theorie sozialer Systeme durch den Begriff der Autopoiesis. Das System reproduziert sich selbst durch Kommunikation. Geltung ist nur temporal zu begreifen. „Hierarchie“ wird durch Zeit ersetzt. Zeit ist die Form, in der das System operiert, in der es sich selbst beobachtet, seine Individualität gewinnt und über Geltung oder Nichtgeltung disponiert.
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