Mit dir, Herr, will ich es wagen
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„Kann alleinig!“ So mein allzeit beliebtester Spruch. Ich erinnere das nicht genau, weiß es aber aus den Erzählungen meiner Eltern. Hartnäckig wollte ich die Schuhe alleine anziehen, meine Haare alleine kämmen, alleine essen und vieles mehr, obwohl ich eigentlich noch zu klein dafür war. Sie können sich vorstellen, wie oft mir das alles misslang. Und dann schmollte ich, weil ich mir helfen lassen musste. Ein kleines, eigenwilliges Mädchen.
Ganz anders der Jünger Petrus, der stets vorneweg ging und nichts und niemand scheute, weil er eben groß und stark war. Keiner musste ihm, dem Fischer, helfen. Das Leben hatte ihn geschult und zu einem zupackenden Menschen gemacht. Jesus konnte froh sein, einen solchen Menschen in seinem Team zu haben. Petrus, ein Fels in der Brandung des Lebens. Ist das so? - Gewiss, aber es war nicht immer so.
Jesus hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Am See Genezareth waren sehr viele Menschen zusammen geeilt, um ihm zuzuhören. Dabei vergaßen alle ihren Hunger, bis der Magen knurrte. Jesus sorgt schließlich dafür, dass etwa 5000 Menschen satt werden. Und danach schickt er seine Jünger mit dem Boot über den See ans gegenüberliegende Ufer. Er bleibt zurück. Vielleicht wollte er sich bloß ausruhen und mit Gott alleine sein. Wie auch immer. Die Jünger geraten in Seenot. Ihr Boot schaukelt bedrohlich in Wind und Wellen. Sie haben Angst. Sie vermissen Jesus. Der macht sich gegen vier Uhr morgens auf den Weg zu ihnen. Die Jünger im Boot trauen ihren Augen nicht. Sie denken, ein Gespenst kommt ihnen entgegen. Aber es ist Jesus, auf den Wellen, im Sturm, unterwegs zu ihnen. Er beruhigt die Jünger: „Ich bin es doch. Habt keine Angst!“, sagt er. Da springt Petrus, der nichts und niemand scheut, und nicht lange fackelt, vom Boot. Und, o Wunder, er hält sich über Wasser. Ja, er geht sogar ein paar Schritte. Doch dann sieht er die hohen Wellen um sich herum und droht zu versinken. Verzweifelt schreit er in den Sturm: „Herr, hilf mir!“ Jesus streckt ihm die Hand entgegen, ergreift ihn und sagt: „Hast du so wenig Glauben, Petrus? Vertraue mir doch!“ Sicher gelangen sie beide ins Boot.
Der Sturm hatte sich gelegt und die übrigen Jünger erkannten Jesus als den Sohn Gottes.
Diese Geschichte vom sinkenden Petrus fordert mich dazu auf, das eigene Leben mit dem Boot auf den Wellen im Sturm zu vergleichen. Die Angst unterzugehen, den Halt zu verlieren, wenn z.B. ein lieber Mensch stirbt oder eine schreckliche Krankheit Freunde oder Familie trifft. Dann kann es sein, dass ich Jesus bloß im Nebel meiner bodenlosen Angst als Gespenst wahrnehme. Sehe seine Hand nicht, bis sie mich ergreift und an Land zieht. Wie geht das? - Durch liebe Menschen. Durch den Gottesdienst. Und durch die Erkenntnis, es nicht allein schaffen zu müssen.
Anders als mein kindliches „Kann alleinig“ weiß mein kindlicher Glaube: Ohne Gott, ohne Jesus, kann ich nichts alleine, muss ich auch nicht. Und das ist wahrlich keine Schande.
Autor: Mag. Theol. Rositta Krämer
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