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Expl0448: Glyphosat

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In dem Wimmelbilderbuch von Ali Mitgutsch, das ich als kleiner Junge so liebte, war die Welt auf dem Bauernhof noch in Ordnung. Die hysterische Diskussion um das weit verbreitete Herbizid Glyphosat zeigt aber deutlich, dass längst nicht alles heile Welt ist, wenn es um unsere Lebensmittel geht. Das schauen wir uns mal in Ruhe an.


Download der Episode hier.
Opener: ?Monsanto-Lobbyist: Glyphosat ist trinkbar!? von uncutnews.ch
Closer: ?Old McDonald Had A Farm? von Super Simple Songs – Nursery Rhymes & More
Musik: ?Farm Life? von ROMAN RAM LOBASHKOV / CC BY-SA 3.0



Fachleute, gerne auch Experten genannt, sind ein bisschen wie Heuschrecken. Nimmt man ein Thema wie z.B. ein bestimmtes Herbizid, regt sich Jahrzehnte lang gar nichts. Ruhe, Frieden. Doch plötzlich verdunkelt sich der Himmel, bei einigen auch der Verstand und ein Riesenschwarm Experten frisst alles Vernünftige auf. Und hinterlässt Leere und Dummheit.

Ganze Stammtische streiten zur Zeit um Glyphosat. Denn dieses hochpopuläre Pflanzengift steht vor der Neuzulassung in Europa. Und ein Gremium der Weltgesundheitsbehörde hat es als krebserregend eingestuft. Moment, genauer: Als wahrscheinlich krebserregend.

Aber die WHO, die gleiche Behörde hat Glyphosat auch als nicht krebserregend eingestuft. Das ist sehr verwirrend und bringt die Leute auch ganz schön durcheinander. Sowohl Pro-Glyphosatler als auch Anti-Glyphosatler können die WHO jetzt für ihre Seite beanspruchen.

Das sind genau die Art von Meldungen, die der Wissenschaft richtig schaden und kein bisschen nützen. Unbedarfte Passanten zucken bei solchen Medienkeilereien halt einfach die Schultern. Und es bleibt der Eindruck übrig, dass Wissenschaft eben keine objektiven Ergebnisse erzielt. Sondern alles im Auge des Betrachters liegt. Oder im Auge desjenigen, der die Studie bezahlt hat.

Aber so ist Wissenschaft eigentlich nur in den Medien. Und selbst die WHO widerspricht sich nicht. Die hat einfach zu zwei verschiedenen Fragen zwei Expertenteams beauftragt. Da ist zum einen eine Wissenschaftlergruppe im IARC, also bei der Internationalen Krebsforschungsagentur. Die hat man gefragt: Hey, ist dieses Glyphosat möglicherweise krebserregend?

Und die haben dann geforscht und viele Tiere vergiftet und kamen dann zu dem Ergebnis, dass das böse Herbizid möglicherweise krebserregend ist. Es gäbe ?begrenzte Hinweise? für eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen. Wie sie das zum Beispiel zur UV-Strahlung allgemein oder zu rotem Fleisch auch schon gesagt haben. Oder zu Alkohol. Oder zur Wurst. Damals allerdings hat niemand gefordert, die Sonne abzuschalten, alle Winzer zu verhaften oder alle Rinder freizulassen.

Und dann wollte man natürlich wissen, ob das auch für die Konzentrationen gilt, die in unseren Lebensmitteln und in unseren Körpern vorkommen. Und deswegen hat die WHO das BfR beauftragt, das mal rauszubekommen. BfR = Bundesamt für Risikobewertung. Die haben dieses Mal keine Tiere mit Herbiziden besprüht, sondern fleißig gelesen. Und zwar mehr als 150 neue Studien und die 220 Studien für die Erstzulassung, die noch relevant waren und oben drauf noch mehr als 900 Literaturstellen gesammelt.
Das Ergebnis: Bei den Restmengen, die in unseren Lebensmitteln bleiben, z.B. und gerade im Wein, besteht keinerlei Risiko, davon Krebs zu bekommen. Mehr noch, es heißt dort wörtlich: Glyphosat ist nicht krebserregend, nicht erbgutschädigend, nicht fortpflanzungsschädigend, nicht fruchtschädigend, nicht nervengiftig.
So einfach ist das also: Glyphosat ist gleichzeitig krebserregend und nicht krebserregend. Sachlich und nüchtern betrachtet ist dieser Pflanzenkiller also gefährlich und auch nicht. Viele der Farben, mit dem unsere Süßigkeiten gefärbt werden, sind genau auf diese Art krebserregend und auch nicht. Blaue M&Ms können einen theoretisch umbringen, wenn man an die 500 Kilo am Tag isst. (Zahlen sind frei erfunden, bitte nicht zitieren. Sozusagen Science Fiction.)
Gut, jetzt wo sich alle wieder beruhigt haben, können wir ja ‘mal kucken, was das überhaupt ist, dieses Glyphosat. Und warum es so oft eingesetzt wird. Und ob es das braucht. Das ist ja eine ganz andere Debatte.
Dieses Mittel der verhasstesten Firma der Welt, Monsanto, ist ein Breitband-Herbizid, genau genommen sogar ein Totalherbizid. Weil es dem Phosphoenolpyruvat ähnlich kuckt, verwenden es Pflanzen, aber auch andere Mikroorganismen, um die Aminosäuren Phenylalanin, Tryptophan und Tyrosin zu bauen.
Geht aber nicht, weil es ja nicht wirklich PSP ist, sondern eben Glyphosat. Und in dem Moment, in dem das Unkraut seinen Fehler erkennt, sinkt es schon röchelnd zu Boden. Das Mittel ist also ein Allestotmacher.
Bauern verwenden es vor der Aussaat. Alles unerwünscht Wachsende wird also getötet, damit dann die Nutzpflanze unbehelligt wachsen kann. Das hat mehrere Vorteile. Zum Beispiel baut man Zwischenfrüchte an, die die Qualität des Bodens verbessern. Die tötet man dann ab und die Wirkstoffe bleiben an der Oberfläche. Man muss nicht pflügen, der Erosion wird Einhalt geboten.
Allgemein muss man auch weniger spritzen, wenn der Boden mit Glyphosat sterilisiert wurde. Weil es halt weniger schädliche Pflanzen auf dem Acker gibt.
Im Boden wird das Gift von Mikroorganismen abgebaut. Seine Halbwertszeit liegt dabei bei 14 Tagen, so dass schon bald nach der Behandlung die Saat ausgebracht werden kann.
Das ist alles sehr praktisch und dabei nicht einmal teuer. Weswegen Glyphosat auf der ganzen Welt eingesetzt wird und bei weitem das verbreitetste Herbizid der Welt ist. Der Wirkstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Spätphase der sogenannten ?Grünen Revolution?, über die ich in der Folge 421 gesendet habe.
Es ist aus der modernen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Wenn wir das jetzt verbieten, weil es wahrscheinlich krebserregend ist, dann kostet das halt. Die Universität Gießen schätzt, dass die Erträge so um die 5% niedriger ausfallen würden. Die Göttinger schätzen die Mehrkosten alleine für Deutschland auf 200 Millionen Euro im Jahr.
Das Julius-Kühn-Institut, das Bundesforschungs-Institut für Kulturpflanzen, hält ein Glyphosat-Verbot unter bestimmten Bedingungen für umsetzbar. Aber einfach ist es nicht. Zum einen wird dann eben wieder vermehrt auf das Pflügen zugegriffen und so die Bodenerosion wieder befördert. Es wird mehr gespritzt werden. Und zum anderen werden bestimmte Nutzpflanzen dann sehr viel teurer werden. Winterweizen wird dann wohl kaum noch angebaut werden. Und Äpfel und Wein werden sich drastisch im Preis erhöhen.
Das sind so im Großen und Ganzen die Fakten. Wer also will, dass alles beim Alten bleibt, muss sich, wie die meisten Landwirte, eigentlich für Glyphosat entscheiden. Denn, nachdem es seit 1973 im Einsatz ist, steht es mittlerweile ja eigentlich für die gute, alte Zeit.
Aber, bei aller Objektivität, muss man auch erwähnen, dass jede Wirkung eine Nebenwirkung hat. Der dauernde, flächige Einsatz von diesem Pflanzenkiller wird durchaus teuer bezahlt. Auch wenn er noch nicht im Grundwasser gefunden wurde, wie öfter behauptet, so sorgen Wind und Regen natürlich dafür, dass er auch da wirkt, wo er eigentlich nicht geplant war.
Bestimmte Wildpflanzen geraten durch den massiven Einsatz von Herbiziden an den Rand des Aussterbens. Und das hat auch Konsequenzen für die Insekten, und damit für die Vögel und so weiter und so fort.
Eine nachhaltige und umweltschonende Landwirtschaft ist natürlich möglich. Und viele betreiben das ja schon. Greenpeace hat in keinem Bio-Wein Spuren von Glyphosat gefunden, aber in über 60% der anderen Weine und Traubensäfte. Auch Äpfel oder Winterweizen kann man ohne Herbizide anbauen.
Das ist dann bloß aufwendiger, teurer und bringt eine geringere Ernte. Und damit ist es schlecht für die Gewinnspanne. Und die moderne Landwirtschaft ist eine Industrie wie jede andere. Basta. Der Grund dafür, überhaupt noch etwas anzubauen, ist Geld. Das ist so völlig normal und in Ordnung.
Es gibt gute Gründe auf Glyphosat zu verzichten. Es ist in Wirklichkeit eine barbarische Art der Landwirtschaft, ein brutaler Eingriff in großflächige Ökosysteme und eine Bedrohung für die Artenvielfalt bei Wildpflanzen und Tieren. Alles für einen möglichst großen Gewinn. Für Kohle.
Um dann mehr zu produzieren, als wir verbrauchen. Bezuschusst, subventioniert. Das wiederum werfen wir dann kollektiv und individuell einfach weg. Glyphosat ist ein ein wunderschönes Symbol für eine verfehlte Agrarpolitik, die immer noch auf Überproduktion und Export ausgerichtet ist.
Aber Krebs ist eben kein gutes Argument. Höchstwahrscheinlich ist es in der Summe sogar gesundheitsgefährdender, wenn die Bauern wieder vermehrt spritzen werden müssen.
Allgemein brauchen wir eine neue, nachhaltige Landwirtschaft. Das könnte man bei der Gelegenheit besprechen. Anstatt zu behaupten, Monsanto und die Regierung wollen uns vergiften. Was schon ein bisserl so Richtung Chemtrails klingt…

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Musik: ?Farm Life? von ROMAN RAM LOBASHKOV / CC BY-SA 3.0



Fachleute, gerne auch Experten genannt, sind ein bisschen wie Heuschrecken. Nimmt man ein Thema wie z.B. ein bestimmtes Herbizid, regt sich Jahrzehnte lang gar nichts. Ruhe, Frieden. Doch plötzlich verdunkelt sich der Himmel, bei einigen auch der Verstand und ein Riesenschwarm Experten frisst alles Vernünftige auf. Und hinterlässt Leere und Dummheit.

Ganze Stammtische streiten zur Zeit um Glyphosat. Denn dieses hochpopuläre Pflanzengift steht vor der Neuzulassung in Europa. Und ein Gremium der Weltgesundheitsbehörde hat es als krebserregend eingestuft. Moment, genauer: Als wahrscheinlich krebserregend.

Aber die WHO, die gleiche Behörde hat Glyphosat auch als nicht krebserregend eingestuft. Das ist sehr verwirrend und bringt die Leute auch ganz schön durcheinander. Sowohl Pro-Glyphosatler als auch Anti-Glyphosatler können die WHO jetzt für ihre Seite beanspruchen.

Das sind genau die Art von Meldungen, die der Wissenschaft richtig schaden und kein bisschen nützen. Unbedarfte Passanten zucken bei solchen Medienkeilereien halt einfach die Schultern. Und es bleibt der Eindruck übrig, dass Wissenschaft eben keine objektiven Ergebnisse erzielt. Sondern alles im Auge des Betrachters liegt. Oder im Auge desjenigen, der die Studie bezahlt hat.

Aber so ist Wissenschaft eigentlich nur in den Medien. Und selbst die WHO widerspricht sich nicht. Die hat einfach zu zwei verschiedenen Fragen zwei Expertenteams beauftragt. Da ist zum einen eine Wissenschaftlergruppe im IARC, also bei der Internationalen Krebsforschungsagentur. Die hat man gefragt: Hey, ist dieses Glyphosat möglicherweise krebserregend?

Und die haben dann geforscht und viele Tiere vergiftet und kamen dann zu dem Ergebnis, dass das böse Herbizid möglicherweise krebserregend ist. Es gäbe ?begrenzte Hinweise? für eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen. Wie sie das zum Beispiel zur UV-Strahlung allgemein oder zu rotem Fleisch auch schon gesagt haben. Oder zu Alkohol. Oder zur Wurst. Damals allerdings hat niemand gefordert, die Sonne abzuschalten, alle Winzer zu verhaften oder alle Rinder freizulassen.

Und dann wollte man natürlich wissen, ob das auch für die Konzentrationen gilt, die in unseren Lebensmitteln und in unseren Körpern vorkommen. Und deswegen hat die WHO das BfR beauftragt, das mal rauszubekommen. BfR = Bundesamt für Risikobewertung. Die haben dieses Mal keine Tiere mit Herbiziden besprüht, sondern fleißig gelesen. Und zwar mehr als 150 neue Studien und die 220 Studien für die Erstzulassung, die noch relevant waren und oben drauf noch mehr als 900 Literaturstellen gesammelt.
Das Ergebnis: Bei den Restmengen, die in unseren Lebensmitteln bleiben, z.B. und gerade im Wein, besteht keinerlei Risiko, davon Krebs zu bekommen. Mehr noch, es heißt dort wörtlich: Glyphosat ist nicht krebserregend, nicht erbgutschädigend, nicht fortpflanzungsschädigend, nicht fruchtschädigend, nicht nervengiftig.
So einfach ist das also: Glyphosat ist gleichzeitig krebserregend und nicht krebserregend. Sachlich und nüchtern betrachtet ist dieser Pflanzenkiller also gefährlich und auch nicht. Viele der Farben, mit dem unsere Süßigkeiten gefärbt werden, sind genau auf diese Art krebserregend und auch nicht. Blaue M&Ms können einen theoretisch umbringen, wenn man an die 500 Kilo am Tag isst. (Zahlen sind frei erfunden, bitte nicht zitieren. Sozusagen Science Fiction.)
Gut, jetzt wo sich alle wieder beruhigt haben, können wir ja ‘mal kucken, was das überhaupt ist, dieses Glyphosat. Und warum es so oft eingesetzt wird. Und ob es das braucht. Das ist ja eine ganz andere Debatte.
Dieses Mittel der verhasstesten Firma der Welt, Monsanto, ist ein Breitband-Herbizid, genau genommen sogar ein Totalherbizid. Weil es dem Phosphoenolpyruvat ähnlich kuckt, verwenden es Pflanzen, aber auch andere Mikroorganismen, um die Aminosäuren Phenylalanin, Tryptophan und Tyrosin zu bauen.
Geht aber nicht, weil es ja nicht wirklich PSP ist, sondern eben Glyphosat. Und in dem Moment, in dem das Unkraut seinen Fehler erkennt, sinkt es schon röchelnd zu Boden. Das Mittel ist also ein Allestotmacher.
Bauern verwenden es vor der Aussaat. Alles unerwünscht Wachsende wird also getötet, damit dann die Nutzpflanze unbehelligt wachsen kann. Das hat mehrere Vorteile. Zum Beispiel baut man Zwischenfrüchte an, die die Qualität des Bodens verbessern. Die tötet man dann ab und die Wirkstoffe bleiben an der Oberfläche. Man muss nicht pflügen, der Erosion wird Einhalt geboten.
Allgemein muss man auch weniger spritzen, wenn der Boden mit Glyphosat sterilisiert wurde. Weil es halt weniger schädliche Pflanzen auf dem Acker gibt.
Im Boden wird das Gift von Mikroorganismen abgebaut. Seine Halbwertszeit liegt dabei bei 14 Tagen, so dass schon bald nach der Behandlung die Saat ausgebracht werden kann.
Das ist alles sehr praktisch und dabei nicht einmal teuer. Weswegen Glyphosat auf der ganzen Welt eingesetzt wird und bei weitem das verbreitetste Herbizid der Welt ist. Der Wirkstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Spätphase der sogenannten ?Grünen Revolution?, über die ich in der Folge 421 gesendet habe.
Es ist aus der modernen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Wenn wir das jetzt verbieten, weil es wahrscheinlich krebserregend ist, dann kostet das halt. Die Universität Gießen schätzt, dass die Erträge so um die 5% niedriger ausfallen würden. Die Göttinger schätzen die Mehrkosten alleine für Deutschland auf 200 Millionen Euro im Jahr.
Das Julius-Kühn-Institut, das Bundesforschungs-Institut für Kulturpflanzen, hält ein Glyphosat-Verbot unter bestimmten Bedingungen für umsetzbar. Aber einfach ist es nicht. Zum einen wird dann eben wieder vermehrt auf das Pflügen zugegriffen und so die Bodenerosion wieder befördert. Es wird mehr gespritzt werden. Und zum anderen werden bestimmte Nutzpflanzen dann sehr viel teurer werden. Winterweizen wird dann wohl kaum noch angebaut werden. Und Äpfel und Wein werden sich drastisch im Preis erhöhen.
Das sind so im Großen und Ganzen die Fakten. Wer also will, dass alles beim Alten bleibt, muss sich, wie die meisten Landwirte, eigentlich für Glyphosat entscheiden. Denn, nachdem es seit 1973 im Einsatz ist, steht es mittlerweile ja eigentlich für die gute, alte Zeit.
Aber, bei aller Objektivität, muss man auch erwähnen, dass jede Wirkung eine Nebenwirkung hat. Der dauernde, flächige Einsatz von diesem Pflanzenkiller wird durchaus teuer bezahlt. Auch wenn er noch nicht im Grundwasser gefunden wurde, wie öfter behauptet, so sorgen Wind und Regen natürlich dafür, dass er auch da wirkt, wo er eigentlich nicht geplant war.
Bestimmte Wildpflanzen geraten durch den massiven Einsatz von Herbiziden an den Rand des Aussterbens. Und das hat auch Konsequenzen für die Insekten, und damit für die Vögel und so weiter und so fort.
Eine nachhaltige und umweltschonende Landwirtschaft ist natürlich möglich. Und viele betreiben das ja schon. Greenpeace hat in keinem Bio-Wein Spuren von Glyphosat gefunden, aber in über 60% der anderen Weine und Traubensäfte. Auch Äpfel oder Winterweizen kann man ohne Herbizide anbauen.
Das ist dann bloß aufwendiger, teurer und bringt eine geringere Ernte. Und damit ist es schlecht für die Gewinnspanne. Und die moderne Landwirtschaft ist eine Industrie wie jede andere. Basta. Der Grund dafür, überhaupt noch etwas anzubauen, ist Geld. Das ist so völlig normal und in Ordnung.
Es gibt gute Gründe auf Glyphosat zu verzichten. Es ist in Wirklichkeit eine barbarische Art der Landwirtschaft, ein brutaler Eingriff in großflächige Ökosysteme und eine Bedrohung für die Artenvielfalt bei Wildpflanzen und Tieren. Alles für einen möglichst großen Gewinn. Für Kohle.
Um dann mehr zu produzieren, als wir verbrauchen. Bezuschusst, subventioniert. Das wiederum werfen wir dann kollektiv und individuell einfach weg. Glyphosat ist ein ein wunderschönes Symbol für eine verfehlte Agrarpolitik, die immer noch auf Überproduktion und Export ausgerichtet ist.
Aber Krebs ist eben kein gutes Argument. Höchstwahrscheinlich ist es in der Summe sogar gesundheitsgefährdender, wenn die Bauern wieder vermehrt spritzen werden müssen.
Allgemein brauchen wir eine neue, nachhaltige Landwirtschaft. Das könnte man bei der Gelegenheit besprechen. Anstatt zu behaupten, Monsanto und die Regierung wollen uns vergiften. Was schon ein bisserl so Richtung Chemtrails klingt…

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