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Ist die Temperaturskala nach oben offen?

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Nach oben keine Grenzen

Es gibt für Temperaturen den absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius. Aber wie es bei den natürlichen Zahlen auch ist: Es gibt eine Null, aber nach oben gibt es keine Grenze. Warum das so ist, lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man sich anschaut, wie die Wissenschaft darauf gekommen ist. Wissenschaftler haben vor ein paar hundert Jahren festgestellt, dass sich Gase, je wärmer sie sind, ausdehnen: Man hat ein bestimmtes Volumen von einem Gas, man erwärmt dieses Gas und es dehnt sich aus. Beim Messen stellt man fest, dass sich das Gas linear ausdehnt – je wärmer es wird, desto ausgedehnter wird das Gas. Wenn man ein Diagramm zeichnet und zu jeder Temperatur das dazugehörige Volumen einträgt, ergibt sich eine Linie. Wenn man diese Linie zurückverfolgt, es also immer kälter werden lässt, dann schrumpft das Gas in sich zusammen. Irgendwann würde sich ein Punkt ergeben, an dem es nach dieser Gesetzmäßigkeit überhaupt keine Ausdehnung mehr hätte.

Am Nullpunkt hat das Gas kein Volumen mehr

Man kann also ausrechnen, wo dieser Punkt wäre, und so hat man damals diesen absoluten Nullpunkt errechnet. Der wäre dort, wo das Volumen des Gases praktisch null ist. Aber diese Nullausdehnung kann man sich nicht vorstellen. Irgendeinen Raum muss jeder Stoff einnehmen. Der Nullpunkt ist also nicht erreichbar, und kleiner als Null geht nicht. Das war die erste Annäherung an das Problem. Jetzt könnte man sagen: Das ist sowieso kein reales Bild. Denn bei Gasen ist es ja auch so: Wenn es kälter wird, werden sie erst flüssig und dann fest. Dieses idealtypische Gasmodell funktioniert also in der Praxis gar nicht. Wissenschaftshistorisch gesehen kam dann der nächste Ansatz.

Was ist denn überhaupt Temperatur?

Was wir als Temperatur fühlen, ist ja im Grunde die Bewegungsenergie – die Bewegung der einzelnen Moleküle in einem Gas, aber auch in einem Festkörper. Auch in einem Festkörper gibt die Temperatur an, wie schnell die einzelnen Moleküle, die einzelnen Atome "wackeln". Auch da kann man ausrechnen, dass der absolute Nullpunkt der Punkt ist, an dem diese völlig zur Ruhe kommen, wo sich also nichts mehr bewegt. Diesen Punkt, an dem nichts mehr wackelt, kann man experimentell nicht erzeugen. Es ist eine theoretische Größe. Man kann die Atome und die Moleküle nicht zur absoluten Bewegungslosigkeit "verdammen" – dagegen steht zum Beispiel auch die Heisenbergsche Unschärferelation: Man kann nie sagen, dass ein Teilchen völlig starr ganz genau an einem bestimmten Ort ist. Es hat immer diese Unschärfe. Und die sorgt dafür, dass die Bewegungsenergie nie Null ist. Dieser absolute Nullpunkt ist deshalb ein theoretischer Punkt und nie erreichbar in der Praxis.

Sind Trilliarden Grade denkbar?

Rein theoretisch schon. Aber wie will man die in der Praxis erzeugen? Man müsste Geräte haben, die das aushalten. Solche Temperaturen gab es meines Wissens nur einmal: nämlich Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall, danach nicht mehr. Aber rein physikalisch kann es solche Temperaturen geben.

Weil der Raum auch unendlich ist, in dem sich die Moleküle ausdehnen können?

Das muss gar nicht der Raum sein, das kann ja auch der Druck sein, den man immer weiter erhöht und in dem die sich dann immer schneller bewegen. Zum Vergleich: Im Inneren der Sonne sind es etwa 15 Millionen Grad. Nicht weil der Raum unendlich groß ist, sondern weil so ein enormer Druck herrscht.

Nachtrag: "Aber die Lichtgeschwindigkeit!"

Als wir diese Antwort publizierten, kamen mehrere Zuschriften mit einem zunächst einleuchtenden Einwand: Laut Einstein bewegt sich nichts schneller als Lichtgeschwindigkeit. Wenn die Temperatur von der Geschwindigkeit der Moleküle abhängt, müsste doch die Höchsttemperatur erreicht sein, wenn die Moleküle sich annähernd mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Der Haken an dieser Argumentation: Zwar steigt die Temperatur tatsächlich mit der Durchschnittsgeschwindigkeit der Teilchen, doch dabei hängt streng genommen die Temperatur nicht von der Geschwindigkeit als solcher ab, sondern von der Energie der Teilchen. Bei Zimmertemperatur läuft das letztlich aufs Gleiche hinaus. Doch sobald sich die Geschwindigkeit der Teilchen tatsächlich der Lichtgeschwindigkeit nähert, strebt laut Einstein ihre Bewegungsenergie gegen unendlich (weshalb sie die Lichtgeschwindigkeit auch nie erreichen können) – und das Gleiche würde dann nach diesen Gesetzen auch für die Temperatur gelten. Richtig ist allerdings: In solchen Fällen kann man "Temperaturen" kaum noch sinnvoll definieren, abschätzen oder gar messen. Denn bei solchen astronomisch hohen Temperaturen hätten sich jegliche Atome ohnehin längst in Strahlungsenergie aufgelöst. Bzw. die Teilchen würden ein Schwarzes Loch erzeugen. Dabei würde theoretisch eine Temperatur von 1,4 x 10³² °C entstehen – die sogenannte Planck-Temperatur, die in der Theorie auch unmittelbar nach dem Urknall herrschte. Insofern gibt es tatsächlich Temperaturen, die in unserem Weltall nicht überschritten werden, aber das ist keine Frage der "Skala".
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Es gibt für Temperaturen den absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius. Aber wie es bei den natürlichen Zahlen auch ist: Es gibt eine Null, aber nach oben gibt es keine Grenze. Warum das so ist, lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man sich anschaut, wie die Wissenschaft darauf gekommen ist. Wissenschaftler haben vor ein paar hundert Jahren festgestellt, dass sich Gase, je wärmer sie sind, ausdehnen: Man hat ein bestimmtes Volumen von einem Gas, man erwärmt dieses Gas und es dehnt sich aus. Beim Messen stellt man fest, dass sich das Gas linear ausdehnt – je wärmer es wird, desto ausgedehnter wird das Gas. Wenn man ein Diagramm zeichnet und zu jeder Temperatur das dazugehörige Volumen einträgt, ergibt sich eine Linie. Wenn man diese Linie zurückverfolgt, es also immer kälter werden lässt, dann schrumpft das Gas in sich zusammen. Irgendwann würde sich ein Punkt ergeben, an dem es nach dieser Gesetzmäßigkeit überhaupt keine Ausdehnung mehr hätte.

Am Nullpunkt hat das Gas kein Volumen mehr

Man kann also ausrechnen, wo dieser Punkt wäre, und so hat man damals diesen absoluten Nullpunkt errechnet. Der wäre dort, wo das Volumen des Gases praktisch null ist. Aber diese Nullausdehnung kann man sich nicht vorstellen. Irgendeinen Raum muss jeder Stoff einnehmen. Der Nullpunkt ist also nicht erreichbar, und kleiner als Null geht nicht. Das war die erste Annäherung an das Problem. Jetzt könnte man sagen: Das ist sowieso kein reales Bild. Denn bei Gasen ist es ja auch so: Wenn es kälter wird, werden sie erst flüssig und dann fest. Dieses idealtypische Gasmodell funktioniert also in der Praxis gar nicht. Wissenschaftshistorisch gesehen kam dann der nächste Ansatz.

Was ist denn überhaupt Temperatur?

Was wir als Temperatur fühlen, ist ja im Grunde die Bewegungsenergie – die Bewegung der einzelnen Moleküle in einem Gas, aber auch in einem Festkörper. Auch in einem Festkörper gibt die Temperatur an, wie schnell die einzelnen Moleküle, die einzelnen Atome "wackeln". Auch da kann man ausrechnen, dass der absolute Nullpunkt der Punkt ist, an dem diese völlig zur Ruhe kommen, wo sich also nichts mehr bewegt. Diesen Punkt, an dem nichts mehr wackelt, kann man experimentell nicht erzeugen. Es ist eine theoretische Größe. Man kann die Atome und die Moleküle nicht zur absoluten Bewegungslosigkeit "verdammen" – dagegen steht zum Beispiel auch die Heisenbergsche Unschärferelation: Man kann nie sagen, dass ein Teilchen völlig starr ganz genau an einem bestimmten Ort ist. Es hat immer diese Unschärfe. Und die sorgt dafür, dass die Bewegungsenergie nie Null ist. Dieser absolute Nullpunkt ist deshalb ein theoretischer Punkt und nie erreichbar in der Praxis.

Sind Trilliarden Grade denkbar?

Rein theoretisch schon. Aber wie will man die in der Praxis erzeugen? Man müsste Geräte haben, die das aushalten. Solche Temperaturen gab es meines Wissens nur einmal: nämlich Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall, danach nicht mehr. Aber rein physikalisch kann es solche Temperaturen geben.

Weil der Raum auch unendlich ist, in dem sich die Moleküle ausdehnen können?

Das muss gar nicht der Raum sein, das kann ja auch der Druck sein, den man immer weiter erhöht und in dem die sich dann immer schneller bewegen. Zum Vergleich: Im Inneren der Sonne sind es etwa 15 Millionen Grad. Nicht weil der Raum unendlich groß ist, sondern weil so ein enormer Druck herrscht.

Nachtrag: "Aber die Lichtgeschwindigkeit!"

Als wir diese Antwort publizierten, kamen mehrere Zuschriften mit einem zunächst einleuchtenden Einwand: Laut Einstein bewegt sich nichts schneller als Lichtgeschwindigkeit. Wenn die Temperatur von der Geschwindigkeit der Moleküle abhängt, müsste doch die Höchsttemperatur erreicht sein, wenn die Moleküle sich annähernd mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Der Haken an dieser Argumentation: Zwar steigt die Temperatur tatsächlich mit der Durchschnittsgeschwindigkeit der Teilchen, doch dabei hängt streng genommen die Temperatur nicht von der Geschwindigkeit als solcher ab, sondern von der Energie der Teilchen. Bei Zimmertemperatur läuft das letztlich aufs Gleiche hinaus. Doch sobald sich die Geschwindigkeit der Teilchen tatsächlich der Lichtgeschwindigkeit nähert, strebt laut Einstein ihre Bewegungsenergie gegen unendlich (weshalb sie die Lichtgeschwindigkeit auch nie erreichen können) – und das Gleiche würde dann nach diesen Gesetzen auch für die Temperatur gelten. Richtig ist allerdings: In solchen Fällen kann man "Temperaturen" kaum noch sinnvoll definieren, abschätzen oder gar messen. Denn bei solchen astronomisch hohen Temperaturen hätten sich jegliche Atome ohnehin längst in Strahlungsenergie aufgelöst. Bzw. die Teilchen würden ein Schwarzes Loch erzeugen. Dabei würde theoretisch eine Temperatur von 1,4 x 10³² °C entstehen – die sogenannte Planck-Temperatur, die in der Theorie auch unmittelbar nach dem Urknall herrschte. Insofern gibt es tatsächlich Temperaturen, die in unserem Weltall nicht überschritten werden, aber das ist keine Frage der "Skala".
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