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Episode 65 - Fairness in Verhandlungen

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An einem regnerischem Abend im November 2019 saß ich mit, ich nenne ihn mal Chris, zusammen. Er hatte ein gutes Steakhouse ausgewĂ€hlt – keine Kette, sondern einen kleines, uriges argentinisches Steakhouse in der Innenstadt. Das Fleisch war der Hammer und obwohl ich schon hĂ€ufig in sehr guten Restaurants gegessen habe, hat mich diese QualitĂ€t nochmal zusĂ€tzlich ĂŒberrascht, denn – auch wenn ich mich jetzt wiederhole - es war einfach der Hammer. Er hatte nicht zu viel versprochen, als er sagte, dass dieses Fleisch alles andere in den Schatten stellen werde – und das ganze drum herum war ebenfalls ein sehr gutes Ambiente. Dass wir uns dort getroffen haben, war ĂŒbrigens Bestandteil eines Deals, den wir vereinbart hatten. Erstes Sidelearning fĂŒr Dich: Eine Einladung zum Essen kann zum einen „dazu gehören“ es kann jedoch auch eine Forderung sein – wichtig – wenn du im AngestelltenverhĂ€ltnis bist: Achte darauf, dass es euren Compliance Richtlinien entspricht! Meine Forderung lautete hier in etwa „Einladung in das beste Steakhouse der Stadt – Lawyers Cut & Premium Drinks incl. Übernachtung“ und es war eine grĂŒne Forderung 😉 Chris ist Partner bei – naja, ich umschreibe es mal als „Anbieter fĂŒr Rechtsdienstleistungen“ und ĂŒber seinen Tisch laufen verschiedene Angelegenheiten. Zu Beginn seiner Karriere war er meistens in M&A Deals eingebunden, spĂ€ter wurde er intern zu einer Art rechtlichem Key-Account, der einen großen Kunden rundum betreut. „Die waren mein Sprungbrett zur Partnerschaft“ sagt er noch heute darĂŒber. Bevor er diesen Kunden gewonnen hatte, hat er einiges an Lehrgeld bezahlen dĂŒrfen. Einmal, als Chris mit einem anderen, namhaften Kunden in die ersten GesprĂ€che einstieg, war neben Experten der Rechtsabteilung auch direkt ein Vertreter des Einkaufs des Kunden mit von der Partie. Side-Learning = das ist eine sehr professionelle Vorgehensweise, denn als Einkauf solltest Du darauf achten, so frĂŒh wie möglich in den Prozess eingebunden zu werden und als Vertrieb bzw. als die Lieferanten-Seite (nur, damit sich auch die anderen angesprochen fĂŒhlen 😉) tust Du gut daran, den Einkauf direkt mit einzubinden. Wieso, erfĂ€hrst Du u.a. in dem Interview mit Frank Poggendorff 😁 ZurĂŒck an den Tisch – auf der einen Seite sitzt Chris, maßgeschneiderter Anzug, sauber geschnittenes Haar, perfekt gebundene Krawatte – mit seinem Mont-Blanc macht er seine Notizen in seinem Cartier-Gebundenen Notizblock und seine Patek-Philippe glitzert an seinem Handgelenk. Auf der anderen Seite sitzen 2 MĂ€nner in AnzĂŒgen von der Stange, die Haarschnitte lassen vermuten, dass es auch 2019 schon einen Lockdown gegeben hat und wĂ€hrend der Experte seine Notizen in sein Tablet tippt, notiert sich der EinkĂ€ufer seine Punkte auf einem Block mit Firmenpapier, allerdings mit einem Werbe-Kulli, den er wohl bei einer Konferenz oder einem Workshop erhalten haben muss. Der Experte und Chris tauschen sich gut aus und beide stellen rasch fest, dass sie offenbar vom gleichen Schlag sind – der EinkĂ€ufer schweigt die meiste Zeit. Nach knapp 25min meldet er sich dann zu Wort und was er sagt, trifft Chris bis ins Knochenmark: „Ihr Angebot ist ja eigentlich ganz gut – aber wir erwarten natĂŒrlich einen fairen Preis.“ Was bei Chris ankommt ist „Du bist unfair“ Sein Puls wird schneller – seine HĂ€nde schwitziger, denn dieser Vorwurf ist brutal fĂŒr ihn. „Was denkt der Vogel eigentlich wer er ist?“ geht ihm durch den Kopf – auch wenn er weiß, dass er diesen Gedanken eigentlich gar nicht haben darf. Er ist trotzdem da. Und außerdem stimmt es ja auch – sagt zumindest seine innere Stimme. Der EinkĂ€ufer starrt ihn schweigend an. Chris merkt, wie sein Mund trockener wird als es normalerweise der Fall ist – was daran liegt, dass er diesen leicht geöffnet hat. „Dieser Preis ist absolut fair!“ Der EinkĂ€ufer runzelt seine Stirn und zieht eine Augenbraue hoch – er blickt Chris skeptisch an. „Wissen Sie, ich habe gestern genau das gleiche GesprĂ€ch gefĂŒhrt – aber der Preis auf dem Angebot hat mir besser gefallen.“ Chris fĂŒhlt sich ĂŒberrumpelt – „und halten Sie es fĂŒr fair, mich hier mittlerweile knapp 45min zappeln zu lassen?“ „35 – und wir lassen Sie nicht zappeln. Das Einzigste, was wir machen, ist, ein faires Angebot von Ihnen zu verlangen – das sollte fĂŒr jemanden wie Sie doch leicht umsetzbar sein
“ Chris kocht – ist es auch – und es heißt das einzige – nicht das Einzigste! Danke, und wie lautet nun der faire Preis? Auch wenn sich gerade vieles in Chris dagegen strĂ€ubt, mit diesem Typen ins GeschĂ€ft zu kommen – er braucht den Deal, um seinen Jahresbonus zu erreichen und außerdem ist er doch der KlĂŒgere – und der gibt ja bekanntlich nach. Er rechnet kurz im Kopf durch – den Rabatt hier, hole ich bei Kunden XY schon wieder rein. Ok, ich gebe 5% als Initial-Discount auf den Tagessatz – dann haben wir einen fairen Preis. Der EinkĂ€ufer grinst ein wenig und sagt – gut, dass sehe ich auch so. Meine Arbeit ist dann hier getan – er bedankt sich bei Chris und verabschiedet sich mit den Worten „Den Rest schafft ihr beide ja sicherlich allein – ich muss zum nĂ€chsten Termin.“ Dann verlĂ€sst er den Raum. Chris und der Experte klĂ€ren alles weitere ab – Formsache. Als Chris mir zum ersten Mal diese Story im Rahmen unserer Vorbereitung auf unseren ersten gemeinsamen Fall erzĂ€hlte, wusste ich, dass ich darĂŒber mal in einer Episode sprechen werde. Allerdings wurde dabei auch deutlich, dass er zwar wusste, womit der EinkĂ€ufer ihn getriggert hat, jedoch kannte er bis dato kein probates Mittel, um damit klar zu kommen. Der Vorwurf, unfair zu sein oder zu agieren ist hart – zumindest in meiner Wahrnehmung. Dennoch ist Fairness absolut subjektiv! Wenn ich „Papa – das ist unfair“ zu hören bekomme, weil ich gerade bei Mensch Ă€rger dich nicht eine der Figuren meiner kleinen rausgeschmissen habe, dann löst das eher ein schmunzeln bei mir aus. Sprechen wir ĂŒber Fußball, dann lande ich da schnell in einer Grauzone. Gebe ich meinem Gegenspieler einen leichten Rempler bei einer Ecke, um mir so ein wenig Platz zu verschaffen, dann ist das fĂŒr mich noch ok. Werde ich allerdings selbst geschubst, dann ist das natĂŒrlich was anderes. Prominente Beispiele fĂŒr Cleverness & Unfairness gibt es, LEIDER, Massenweise. Schwalben, Schubser, Provokationen und Theatralik gehören schon seit lĂ€ngerem zum Profi-Fußball dazu. Inwieweit das Fair ist, darfst Du natĂŒrlich selbst beurteilen. Und im GeschĂ€ftsleben ist das nicht anders. Nur gibt es da seltener einen Schiedsrichter
 Der Vorwurf meiner Tochter – allerdings mit anderer Ansprache – war in geschĂ€ftlichen Verhandlungen lange auch fĂŒr mich sehr hart. Ich reagierte meistens ĂŒberrascht auf diesen Vorwurf, schließlich hatte ich vorher ausreichend Beziehungsaufbau betrieben. Zumindest dachte ich das
 Mich störte das ebenso, wie es Chris störte – also musste ich etwas Ă€ndern. Nur was? Die GesprĂ€che mit meinen Mentoren waren nicht soo hilfreich wie erhofft – denn die RatschlĂ€ge gingen ĂŒber „Das kommt mit der Erfahrung“ und „Du musst mehr Vertrauen aufbauen – dann wirft dir das keiner mehr vor“ bis hin zu „dann agierst Du zu offensiv“ oder „taktisch unklug“. Alles sicherlich richtig, jedoch hat es mir den Kern meiner Frage erstmal nicht beantwortet. Bei Chris Voss, einem der, in meinen Augen fĂŒhrenden Verhandlungsexperten, habe ich einen Ratschlag erhalten, der sich fĂŒr mich mittlerweile als eine Art Königsweg entpuppt hat – und deshalb auch ein fester Bestandteil meiner VerhandlungsfĂŒhrung wurde. Chris definiert sehr frĂŒh in seinen Verhandlungen gemeinsam mit seinem GegenĂŒber die – ich nenne sie mal – Spielregeln fĂŒr die Verhandlung. Mit „ich möchte, dass Sie sich zu jederzeit fair behandelt fĂŒhlen. Sollten Sie das GefĂŒhl haben, ich sei Ihnen gegenĂŒber unfair, lassen Sie es mich bitte sofort wissen, damit wir dieses Problem dann gemeinsam lösen können.“ legt er eine ganz entscheidende Spielregel fest – und seitdem ich dies auch leicht abgewandelt in den meisten meiner Verhandlungen so mache, habe ich noch kein einziges mal jemanden GegenĂŒber gehabt, der mir widersprochen hat und gesagt hat – Nein Andreas oder nein Herr Schrader, ich werde es nicht sagen, wenn ich mich unfair behandelt fĂŒhle, damit wir das dann lösen können. Der Vorwurf der Unfairness kam ĂŒbrigens auch nicht mehr, seitdem ich so vorgehe. Das ist demnach auch schon gleichzeitig die Lösung fĂŒr das – ĂŒberspitzt gesagt – „Fairness“ Problem. Und mit dieser Vorgehensweise schlĂ€gst Du noch 2 zusĂ€tzliche Fliegen mit einer Klappe: Du bestimmst die Regeln – wodurch du nahezu automatisch einen entscheidenden Teil der Macht an dich nimmst Und Du baust Vertrauen durch Augenhöhe auf – natĂŒrlich nur, wenn Du dich an deine Spielregeln hĂ€ltst – wozu ich dir dringend rate! Die Fragen Ob und inwieweit Du tatsĂ€chlich unfair in deinen Verhandlungen vorgehst und was ĂŒberhaupt unfair ist, bleiben offen. TatsĂ€chlich kannst nur Du diese fĂŒr Dich selbst beantworten. So ist das nun mal mit der SubjektivitĂ€t. Was dir, so zumindest meine Erfahrungen – dazu verhilft als Fair wahrgenommen zu werden sind Respekt eine angemessene Höflichkeit ZuverlĂ€ssigkeit Verbindlichkeit und einer meiner Lieblingspunkte Augenhöhe. Fairness ist nicht verhandelbar! Das GefĂŒhl „fair behandelt zu werden“ ist, gerade in Verhandlungen essenziell – deshalb ist es auch gleichzeitig ein effektiver Trigger bei den meisten deiner GegenĂŒber. Das hat auch Chris fĂŒr sich entdeckt, der zum einen fast gar nicht mehr mit Aussagen wie „Machen Sie mir doch mal einen fairen Preis“ konfrontiert wird, zum anderen nutzt er die Fairness Frage hĂ€ufiger in seinen Verhandlungen – allerdings ĂŒberwiegend in internen Verhandlungen – darĂŒber gibt es vielleicht bald auch eine eigene Episode. Was kannst Du also aus dieser Episode fĂŒr dich mitnehmen? Die Grenze zwischen Unfairness vs. Cleverness ist sehr schmal Lege Spielregeln fest – halte dich daran Gebe deinem GegenĂŒber die Chance, Probleme offen anzusprechen. Graubereiche sind Ermessenssache Agiere stets: respektvoll mit einer angemessenen Höflichkeit zuverlĂ€ssig verbindlich und auf Augenhöhe und der Vorwurf der Unfairness wird dir deutlich seltener begegnen – und wenn er dennoch kommt, dann weißt Du nun, wie Du mit diesem Vorwurf umgehen kannst. Wenn Du jetzt auch nur einen dieser Punkte mit in deine nĂ€chste Verhandlung einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit BESSER VERHANDELN. GefĂ€llt Dir was Du hier hörst oder hat es Dir vielleicht sogar schon weitergeholfen? Dann empfehle meinen Podcast doch deinen Freunden und Bekannten, damit auch diese von den Tipps meiner GĂ€ste sowie von meinen Tipps profitieren. Und falls Du diesen Podcast noch nicht abonniert hast – dann wird es jetzt höchste Zeit 😉 Ich wĂŒnsch dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen. Besten Gruß & bleib gesund Links Andreas Schrader
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An einem regnerischem Abend im November 2019 saß ich mit, ich nenne ihn mal Chris, zusammen. Er hatte ein gutes Steakhouse ausgewĂ€hlt – keine Kette, sondern einen kleines, uriges argentinisches Steakhouse in der Innenstadt. Das Fleisch war der Hammer und obwohl ich schon hĂ€ufig in sehr guten Restaurants gegessen habe, hat mich diese QualitĂ€t nochmal zusĂ€tzlich ĂŒberrascht, denn – auch wenn ich mich jetzt wiederhole - es war einfach der Hammer. Er hatte nicht zu viel versprochen, als er sagte, dass dieses Fleisch alles andere in den Schatten stellen werde – und das ganze drum herum war ebenfalls ein sehr gutes Ambiente. Dass wir uns dort getroffen haben, war ĂŒbrigens Bestandteil eines Deals, den wir vereinbart hatten. Erstes Sidelearning fĂŒr Dich: Eine Einladung zum Essen kann zum einen „dazu gehören“ es kann jedoch auch eine Forderung sein – wichtig – wenn du im AngestelltenverhĂ€ltnis bist: Achte darauf, dass es euren Compliance Richtlinien entspricht! Meine Forderung lautete hier in etwa „Einladung in das beste Steakhouse der Stadt – Lawyers Cut & Premium Drinks incl. Übernachtung“ und es war eine grĂŒne Forderung 😉 Chris ist Partner bei – naja, ich umschreibe es mal als „Anbieter fĂŒr Rechtsdienstleistungen“ und ĂŒber seinen Tisch laufen verschiedene Angelegenheiten. Zu Beginn seiner Karriere war er meistens in M&A Deals eingebunden, spĂ€ter wurde er intern zu einer Art rechtlichem Key-Account, der einen großen Kunden rundum betreut. „Die waren mein Sprungbrett zur Partnerschaft“ sagt er noch heute darĂŒber. Bevor er diesen Kunden gewonnen hatte, hat er einiges an Lehrgeld bezahlen dĂŒrfen. Einmal, als Chris mit einem anderen, namhaften Kunden in die ersten GesprĂ€che einstieg, war neben Experten der Rechtsabteilung auch direkt ein Vertreter des Einkaufs des Kunden mit von der Partie. Side-Learning = das ist eine sehr professionelle Vorgehensweise, denn als Einkauf solltest Du darauf achten, so frĂŒh wie möglich in den Prozess eingebunden zu werden und als Vertrieb bzw. als die Lieferanten-Seite (nur, damit sich auch die anderen angesprochen fĂŒhlen 😉) tust Du gut daran, den Einkauf direkt mit einzubinden. Wieso, erfĂ€hrst Du u.a. in dem Interview mit Frank Poggendorff 😁 ZurĂŒck an den Tisch – auf der einen Seite sitzt Chris, maßgeschneiderter Anzug, sauber geschnittenes Haar, perfekt gebundene Krawatte – mit seinem Mont-Blanc macht er seine Notizen in seinem Cartier-Gebundenen Notizblock und seine Patek-Philippe glitzert an seinem Handgelenk. Auf der anderen Seite sitzen 2 MĂ€nner in AnzĂŒgen von der Stange, die Haarschnitte lassen vermuten, dass es auch 2019 schon einen Lockdown gegeben hat und wĂ€hrend der Experte seine Notizen in sein Tablet tippt, notiert sich der EinkĂ€ufer seine Punkte auf einem Block mit Firmenpapier, allerdings mit einem Werbe-Kulli, den er wohl bei einer Konferenz oder einem Workshop erhalten haben muss. Der Experte und Chris tauschen sich gut aus und beide stellen rasch fest, dass sie offenbar vom gleichen Schlag sind – der EinkĂ€ufer schweigt die meiste Zeit. Nach knapp 25min meldet er sich dann zu Wort und was er sagt, trifft Chris bis ins Knochenmark: „Ihr Angebot ist ja eigentlich ganz gut – aber wir erwarten natĂŒrlich einen fairen Preis.“ Was bei Chris ankommt ist „Du bist unfair“ Sein Puls wird schneller – seine HĂ€nde schwitziger, denn dieser Vorwurf ist brutal fĂŒr ihn. „Was denkt der Vogel eigentlich wer er ist?“ geht ihm durch den Kopf – auch wenn er weiß, dass er diesen Gedanken eigentlich gar nicht haben darf. Er ist trotzdem da. Und außerdem stimmt es ja auch – sagt zumindest seine innere Stimme. Der EinkĂ€ufer starrt ihn schweigend an. Chris merkt, wie sein Mund trockener wird als es normalerweise der Fall ist – was daran liegt, dass er diesen leicht geöffnet hat. „Dieser Preis ist absolut fair!“ Der EinkĂ€ufer runzelt seine Stirn und zieht eine Augenbraue hoch – er blickt Chris skeptisch an. „Wissen Sie, ich habe gestern genau das gleiche GesprĂ€ch gefĂŒhrt – aber der Preis auf dem Angebot hat mir besser gefallen.“ Chris fĂŒhlt sich ĂŒberrumpelt – „und halten Sie es fĂŒr fair, mich hier mittlerweile knapp 45min zappeln zu lassen?“ „35 – und wir lassen Sie nicht zappeln. Das Einzigste, was wir machen, ist, ein faires Angebot von Ihnen zu verlangen – das sollte fĂŒr jemanden wie Sie doch leicht umsetzbar sein
“ Chris kocht – ist es auch – und es heißt das einzige – nicht das Einzigste! Danke, und wie lautet nun der faire Preis? Auch wenn sich gerade vieles in Chris dagegen strĂ€ubt, mit diesem Typen ins GeschĂ€ft zu kommen – er braucht den Deal, um seinen Jahresbonus zu erreichen und außerdem ist er doch der KlĂŒgere – und der gibt ja bekanntlich nach. Er rechnet kurz im Kopf durch – den Rabatt hier, hole ich bei Kunden XY schon wieder rein. Ok, ich gebe 5% als Initial-Discount auf den Tagessatz – dann haben wir einen fairen Preis. Der EinkĂ€ufer grinst ein wenig und sagt – gut, dass sehe ich auch so. Meine Arbeit ist dann hier getan – er bedankt sich bei Chris und verabschiedet sich mit den Worten „Den Rest schafft ihr beide ja sicherlich allein – ich muss zum nĂ€chsten Termin.“ Dann verlĂ€sst er den Raum. Chris und der Experte klĂ€ren alles weitere ab – Formsache. Als Chris mir zum ersten Mal diese Story im Rahmen unserer Vorbereitung auf unseren ersten gemeinsamen Fall erzĂ€hlte, wusste ich, dass ich darĂŒber mal in einer Episode sprechen werde. Allerdings wurde dabei auch deutlich, dass er zwar wusste, womit der EinkĂ€ufer ihn getriggert hat, jedoch kannte er bis dato kein probates Mittel, um damit klar zu kommen. Der Vorwurf, unfair zu sein oder zu agieren ist hart – zumindest in meiner Wahrnehmung. Dennoch ist Fairness absolut subjektiv! Wenn ich „Papa – das ist unfair“ zu hören bekomme, weil ich gerade bei Mensch Ă€rger dich nicht eine der Figuren meiner kleinen rausgeschmissen habe, dann löst das eher ein schmunzeln bei mir aus. Sprechen wir ĂŒber Fußball, dann lande ich da schnell in einer Grauzone. Gebe ich meinem Gegenspieler einen leichten Rempler bei einer Ecke, um mir so ein wenig Platz zu verschaffen, dann ist das fĂŒr mich noch ok. Werde ich allerdings selbst geschubst, dann ist das natĂŒrlich was anderes. Prominente Beispiele fĂŒr Cleverness & Unfairness gibt es, LEIDER, Massenweise. Schwalben, Schubser, Provokationen und Theatralik gehören schon seit lĂ€ngerem zum Profi-Fußball dazu. Inwieweit das Fair ist, darfst Du natĂŒrlich selbst beurteilen. Und im GeschĂ€ftsleben ist das nicht anders. Nur gibt es da seltener einen Schiedsrichter
 Der Vorwurf meiner Tochter – allerdings mit anderer Ansprache – war in geschĂ€ftlichen Verhandlungen lange auch fĂŒr mich sehr hart. Ich reagierte meistens ĂŒberrascht auf diesen Vorwurf, schließlich hatte ich vorher ausreichend Beziehungsaufbau betrieben. Zumindest dachte ich das
 Mich störte das ebenso, wie es Chris störte – also musste ich etwas Ă€ndern. Nur was? Die GesprĂ€che mit meinen Mentoren waren nicht soo hilfreich wie erhofft – denn die RatschlĂ€ge gingen ĂŒber „Das kommt mit der Erfahrung“ und „Du musst mehr Vertrauen aufbauen – dann wirft dir das keiner mehr vor“ bis hin zu „dann agierst Du zu offensiv“ oder „taktisch unklug“. Alles sicherlich richtig, jedoch hat es mir den Kern meiner Frage erstmal nicht beantwortet. Bei Chris Voss, einem der, in meinen Augen fĂŒhrenden Verhandlungsexperten, habe ich einen Ratschlag erhalten, der sich fĂŒr mich mittlerweile als eine Art Königsweg entpuppt hat – und deshalb auch ein fester Bestandteil meiner VerhandlungsfĂŒhrung wurde. Chris definiert sehr frĂŒh in seinen Verhandlungen gemeinsam mit seinem GegenĂŒber die – ich nenne sie mal – Spielregeln fĂŒr die Verhandlung. Mit „ich möchte, dass Sie sich zu jederzeit fair behandelt fĂŒhlen. Sollten Sie das GefĂŒhl haben, ich sei Ihnen gegenĂŒber unfair, lassen Sie es mich bitte sofort wissen, damit wir dieses Problem dann gemeinsam lösen können.“ legt er eine ganz entscheidende Spielregel fest – und seitdem ich dies auch leicht abgewandelt in den meisten meiner Verhandlungen so mache, habe ich noch kein einziges mal jemanden GegenĂŒber gehabt, der mir widersprochen hat und gesagt hat – Nein Andreas oder nein Herr Schrader, ich werde es nicht sagen, wenn ich mich unfair behandelt fĂŒhle, damit wir das dann lösen können. Der Vorwurf der Unfairness kam ĂŒbrigens auch nicht mehr, seitdem ich so vorgehe. Das ist demnach auch schon gleichzeitig die Lösung fĂŒr das – ĂŒberspitzt gesagt – „Fairness“ Problem. Und mit dieser Vorgehensweise schlĂ€gst Du noch 2 zusĂ€tzliche Fliegen mit einer Klappe: Du bestimmst die Regeln – wodurch du nahezu automatisch einen entscheidenden Teil der Macht an dich nimmst Und Du baust Vertrauen durch Augenhöhe auf – natĂŒrlich nur, wenn Du dich an deine Spielregeln hĂ€ltst – wozu ich dir dringend rate! Die Fragen Ob und inwieweit Du tatsĂ€chlich unfair in deinen Verhandlungen vorgehst und was ĂŒberhaupt unfair ist, bleiben offen. TatsĂ€chlich kannst nur Du diese fĂŒr Dich selbst beantworten. So ist das nun mal mit der SubjektivitĂ€t. Was dir, so zumindest meine Erfahrungen – dazu verhilft als Fair wahrgenommen zu werden sind Respekt eine angemessene Höflichkeit ZuverlĂ€ssigkeit Verbindlichkeit und einer meiner Lieblingspunkte Augenhöhe. Fairness ist nicht verhandelbar! Das GefĂŒhl „fair behandelt zu werden“ ist, gerade in Verhandlungen essenziell – deshalb ist es auch gleichzeitig ein effektiver Trigger bei den meisten deiner GegenĂŒber. Das hat auch Chris fĂŒr sich entdeckt, der zum einen fast gar nicht mehr mit Aussagen wie „Machen Sie mir doch mal einen fairen Preis“ konfrontiert wird, zum anderen nutzt er die Fairness Frage hĂ€ufiger in seinen Verhandlungen – allerdings ĂŒberwiegend in internen Verhandlungen – darĂŒber gibt es vielleicht bald auch eine eigene Episode. Was kannst Du also aus dieser Episode fĂŒr dich mitnehmen? Die Grenze zwischen Unfairness vs. Cleverness ist sehr schmal Lege Spielregeln fest – halte dich daran Gebe deinem GegenĂŒber die Chance, Probleme offen anzusprechen. Graubereiche sind Ermessenssache Agiere stets: respektvoll mit einer angemessenen Höflichkeit zuverlĂ€ssig verbindlich und auf Augenhöhe und der Vorwurf der Unfairness wird dir deutlich seltener begegnen – und wenn er dennoch kommt, dann weißt Du nun, wie Du mit diesem Vorwurf umgehen kannst. Wenn Du jetzt auch nur einen dieser Punkte mit in deine nĂ€chste Verhandlung einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit BESSER VERHANDELN. GefĂ€llt Dir was Du hier hörst oder hat es Dir vielleicht sogar schon weitergeholfen? Dann empfehle meinen Podcast doch deinen Freunden und Bekannten, damit auch diese von den Tipps meiner GĂ€ste sowie von meinen Tipps profitieren. Und falls Du diesen Podcast noch nicht abonniert hast – dann wird es jetzt höchste Zeit 😉 Ich wĂŒnsch dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen. Besten Gruß & bleib gesund Links Andreas Schrader
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