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Shashlyk Mashlyk (07): Tadschikistan im Krisenmodus

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Lange hat Tadschikistan geschwiegen: Offiziell gab es das Coronavirus dort nicht. Berichte aus dem Land ließen jedoch anderes vermuten. Erst Ende April bestätigte die Regierung den Ausbruch der Lungenkrankheit. Seitdem schnellen die Infektionszahlen in die Höhe. In ganz Zentralasien hat Tadschikistan die meisten Todesopfer zu beklagen.

Das ärmste Land der ehemaligen Sowjetunion wirkt im Kampf gegen Corona komplett überfordert. Gleichzeitig bereitet Präsident Emomalij Rachmon den Machtransfer an seinen Sohn vor. Anlass genug, in der siebenten Folge von Shashlyk Mashlyk in einer Länderfolge nach Tadschikistan zu schauen.

Fest im Griff der Coronakrise

Es ist erst wenige Wochen her, dass die Regierung in Tadschikistan zugegeben hat, dass es Corona im Land gibt. Bis zum 30. April leugnete sie dies stets. Dabei mehrten sich schon seit Wochen die Berichte über Todesopfer mit Anzeichen der Covid-19. Offiziell starben Menschen jedoch an Lungenentzündungen, Tuberkulose oder Herzversagen – alles nur kein Corona.

Dass die Regierung ihre Linie änderte, hing mit einer Ankündigung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen, die eine Delegation nach Tadschikistan schicken wollte. Seitdem werden regelmäßig Zahlen veröffentlicht. Innerhalb eines Monats haben sich offiziell mehr als 3600 Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, 47 sind an den Folgen gestorben. Ob die Zahlen stimmen, wird aber nach wie vor angezweifelt. Im Internet kusieren alternative Listen, die viel mehr Opfer ausweisen.

Lange blieb eine Reaktion auf die Pandemie aus. Während die Nachbarstaaten Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan ihre Grenzen schlossen, Großveranstaltungen absagten, Schüler und Angestellte ins Home Office schickten, tat die tadschikische Regierung: fast nichts. Ein Grund für die lange Untätigkeit mag auch im schwachen Gesundheitssystem liegen.

Springe zu: 12:18 Aktuelle Lage in Tadschikistan

Ein Krankenhaus in der Autonomen Region Gorno-Badachschan. | Foto: Edda Schlager

Quarantäne & Massenveranstaltungen

Laut Medienberichten wurden zwischen Februar und April fast 11.000 Menschen unter Quarantäne gestellt, allerdings kaum Tests durchgeführt. Neben den Quarantänemaßnahmen haben die tadschikischen Behörden u.a. Busfahrer dazu aufgefordert, Masken zu tragen. Ansonsten ging das Leben seinen gewohnten Gang.

Ende März wurde das Frühlingsfest Nauryz mit Massenveranstaltungen gefeiert. Präsident Emomalij Rachmon ließ es sich bei dieser Gelegenheit nicht entgehen, ein Bad in der Menge zu nehmen. Er schüttelte Hände, umarmte Besucher und küsste Kinder. Nach dem Ende der Frühlingsferien gingen die Schüler wieder zum Unterricht. Immerhin erhielt die nationale Fußballliga plötzlich weltweit Beachtung, da Tadschikistan als eines von nur fünf Ländern weltweit weiterhin Sportveranstaltungen zuließ.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Nauryz_TJ-1024x538.jpg
Nauryz in Chudschand 2020. | Foto: president.tj

Mittlerweile wurden zwar entsprechende Maßnahmen getroffen, um Corona einzudämmen, allerdings mit schwerwiegenden Folgen. Schüler und Studenten wurden bis September in die Ferien geschickt. Fernunterricht? Fehlanzeige. Arbeitsmigranten, die mit ihren Rücküberweisungen zu mehr als einem Drittel des Brutto-Sozial-Produkts beitragen, sitzen arbeitslos im Ausland oder eben in Tadschikistan fest. Im ärmsten Land der ehemaligen Sowjetunion kam es zu Hamsterkäufen besorgter Bürger, was die Lebensmittelpreise für Grundgüter wie Kartoffeln oder Zwiebeln nach oben schnellen ließ.

Springe zu: 16:33 Warum wurde so lange geleugnet?

Geplanter Machtwechsel?

Mit der Coronakrise ist es fraglich, ob nun wie geplantim Herbst die Präsidentschaftswahlen stattfinden können. Dabei gehen Experten davon aus, dass Rahmon in diesem Jahr die Machtübergabe an seinen Sohn Rustam Emomali geplant hatte.

Rustam Emomali hat in den vergangenen Jahren eine immer größere Rolle in der tadschikischen Politik übernommen. Er ist seit 2017 Bürgermeister von Duschanbe, am 17. April dieses Jahres wurde er zum Senatssprecher gewählt. Von dieser Position aus würde er laut Verfassung automatisch Präsident, sollte seinem Vater etwas passieren oder würde dieser zurücktreten. Zudem wurde bereits 2016 per Referendum das Mindestalter für das Präsidentenamt von 35 auf 30 Jahre herabgesetzt. Rustam ist heute 32.

Die Coronakrise, die eklatante Managementfehler der Regierung aufzeigt, wird im Wahlkampf nun von Rachmon instrumentalisiert. So werden Hilfslieferungen aus dem Ausland von den Staatsmedien als Spenden der Präsidentenfamilie ausgegeben. Anfang Mai berichtete das tadschikische Fernsehen zum Beispiel, dass eine Arzneimittelsendung aus Deutschland nur dank des Präsidenten in Tadschikistan angekommen sei. Dabei wurden die Medikamente mit Hilfe des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen nach Tadschikistan geliefert.

Springe zu: 27:24 Es bleibt in der Familie

Tadschikistan
Mit deutscher Hilfe werden Hilfsgüter in Tadschikistan verteilt (2008). | Foto: Edda Schlager

Repressives Regime

Die Unfähigkeit die Coronakrise zu managen, wird mit Repressionen überspielt. Vor allem in den vergangenen Jahren hat die Unterdrückung und Verfolgung von Opposiionellen und Journalisten extrem zugenommen.

Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine unabhängige Medien mehr im Land. Kritische Journalisten werden verfolgt, inhaftiert und attakiert. Der Journalist Abdulloh Ghurbati, der für die unabhängige Nachrichtenagentur ASIA-Plus arbeiet, wurde allein im Mai zwei Mal angegriffen. Reporter ohne Grenzen listet Tadschikistan in der im April erschienenen Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 161 von 180.

Abdulloh Ghurbati, a 23-year-old reporter for the Asia-Plus news agency says he was attacked and beaten by unknown assailants. https://t.co/nQqbh6v1SB.

— PEN America (@PENamerica) May 13, 2020

Auch die politische Opposition erlebt schiwerige Zeiten. 2015 wurde die größte Oppositionspartei, die Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans (IRPT), verboten und aus dem Parlament geschmissen. Das war vor allem deshalb ein extremer Schritt, da damit der Friedensvertrag nach dem Bürgerkrieg von Rachmon praktisch aufgekündigt wurde.

Bürgerkrieg im jungen Tadschikistan

Der Bürkerkrieg, der von 1992 bis 1997 tobte, prägt das Land noch bis heute. Es ist ein nationales Trauma. Etliche Menschen, vor allem Anghörige anderer Nationalitäten wie zum Beispiel Russen oder Deutsche, flüchteten aus Tadschikistan. Für den heutigen Präsidenten Emomalij Rahmon ebnete der Bürgerkrieg jedoch de Weg an die Macht.

Nach der Unabhängigkeit Tadschikistans von der Sowjetunion wurde Rachmon Nabijew im Dezember 1991 zum ersten Präsidenten gewählt. Die neu gebildete Regierung bestand vor allem aus Vertretern der Regionen Chudschand und Kulob. Gegen die Regierung wandten sich Gruppen aus dem Osten anderen Regionen, insbesondere aus Gorno-Badachschan. Die Rebellen wurden von einer Mischung aus liberal-demokratischen Reformern und Islamisten angeführt, die später zur Vereinigten Tadschikischen Opposition formierten. Die Regierung wurde wiederum von russischen Soldaten und aus Usbekistan unterstützt.

Nabaijew wurde gefangen genommen und zum Rücktritt gezwungen. Wenig später starb er unter ungeklärten Umständen. An seine Stelle trat Rachmon, der damals noch Rachmonow hieß [ow – slaw. Endung]. Dieser hielt 1994 Präsidentschaftswahlen ab, die er haushoch gewann. Rachmon ist damit der am längsten regierende Staatschef in Zentralasien. 1997 wurde ein Friedenabkommen in Moskau unterzeichnet. Wie viele Tote es genau gab, ist bis heute nicht klar. Schätzungen gehen von 20.000 bis 100.000 Opfern aus.

Springe zu: 36:11 Othmara über den Bürgerkrieg

Keine Perspektiven

Die in der Sowjetunion erbaute Infrastruktur, die selbst abgelegenste Regionen mit dem Zentrum verband, wurde im Krieg zerstört und vielerorts bis heute nicht wieder errichtet. Für die Regierung ist der Bürgerkrieg oft eine willkommene Ausrede dafür, warum im Land vieles nicht rund läuft. Korruption und Drogenschmuggel aus dem benachbarten Afghanistan sind an der Tagesordnung.

Junge Leute verlassen Tadschikistan, weil sie kaum Perspektiven für sich sehen. Als Arbeitsmigranten schuften sie in Russland, Kasachstan oder Usbekistan – unter wiedrigsten Bedingungen. Andere wenden sich extremistischen Organisationen wie dem “Islamischen Staat” zu. Dieser reklamierte im Sommer 2018 einen Anschlag auf eine Gruppe ausländische Radfahrer für sich.

Erst kürzlich wurden vier Männer aus Tadschikistan festgenommen, weil sie zum IS gehören und einen Terroranschlag geplant haben sollen.

Tadschikistan
Ein afghanischer Händler auf dem Basar in Ishkashim in Gorno-Badakhshan. | Foto: Edda Schlager

Einfluss aus China wächst

Als eines der ärmsten Länder Asiens ist Tadschikistan von ausländischen Geldgebern abhängig. Dazu gehören westliche Organisationen und Staaten, aber auch der große Nachbar China. In den vergangenen zehn Jahren hat Peking Tadschikistan etwa 1,5 Milliarden US-Dollar geliehen. Mit dem Geld wurden Schulen, Straßen und Tunnel gebaut. Allerdings besteht somit fast die Hälfte der gesamten Auslandsverschuldung Tadschikistans gegenüber China.

Um die Schulden zu bezahlen, vergibt man zum Beispiel Abbaulizenzen. So hat sich eine chinesische Firma bereits die Abbaulizenzen für zwei Goldminen gesichert – für die nächsten 30 Jahre. Eine der Lizenzen gab es im Austausch für den Bau eines Wärmekraftwerks in der Hauptstadt Duschanbe. Ein weiteres Unternehmen hat sich die Rechte zur Erschließung eines großen Silbervorkommens in der Nähe von Murgab gesichert. Einige Experten warnen bereits davor, dass der Einfluss Chinas nicht bei Rohstoffen aufhört. Peking hat bereits mehrere Militärposten an der tadschikisch-afghanischen Grenze errichtet.

Springe zu: 47:50 Was macht China in Tadschikistan?

Touristisches Potenzial

Wir hoffen, dass Tadschikistan die Krise halbwegs gut übersteht und wir nach der Krise wieder nach Tadschikistan reisen können. Denn für Touristen hat das Land einiges zu bieten, zum Beispiel eine Reise auf dem Pamir-Highway. Formate wie “Community Based Tourism” sind im Kommen. Anlaufstellen sind zum Beispiel die Pamirs Eco-Cultural Tourism Association oder die Zarafshan Tourism Development Association.

Edda hat über die tadschikische Hauptstadt den Architekturführer Duschanbe geschrieben. Dort schildert sie auch einige ihrer Erlebnisse in Tadschikistan – sicherlich ein guter Einstieg, um etwas mehr über das Land zu erfahren. Das Buch ist beim Verlag Dom Publishers erhältlich.

Springe zu: 51:25 Trotz allem ein tolles Reiseland!

Tadschikistan
Im Pamirgebirge. | Foto: Othmara Glas

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Lange hat Tadschikistan geschwiegen: Offiziell gab es das Coronavirus dort nicht. Berichte aus dem Land ließen jedoch anderes vermuten. Erst Ende April bestätigte die Regierung den Ausbruch der Lungenkrankheit. Seitdem schnellen die Infektionszahlen in die Höhe. In ganz Zentralasien hat Tadschikistan die meisten Todesopfer zu beklagen.

Das ärmste Land der ehemaligen Sowjetunion wirkt im Kampf gegen Corona komplett überfordert. Gleichzeitig bereitet Präsident Emomalij Rachmon den Machtransfer an seinen Sohn vor. Anlass genug, in der siebenten Folge von Shashlyk Mashlyk in einer Länderfolge nach Tadschikistan zu schauen.

Fest im Griff der Coronakrise

Es ist erst wenige Wochen her, dass die Regierung in Tadschikistan zugegeben hat, dass es Corona im Land gibt. Bis zum 30. April leugnete sie dies stets. Dabei mehrten sich schon seit Wochen die Berichte über Todesopfer mit Anzeichen der Covid-19. Offiziell starben Menschen jedoch an Lungenentzündungen, Tuberkulose oder Herzversagen – alles nur kein Corona.

Dass die Regierung ihre Linie änderte, hing mit einer Ankündigung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen, die eine Delegation nach Tadschikistan schicken wollte. Seitdem werden regelmäßig Zahlen veröffentlicht. Innerhalb eines Monats haben sich offiziell mehr als 3600 Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, 47 sind an den Folgen gestorben. Ob die Zahlen stimmen, wird aber nach wie vor angezweifelt. Im Internet kusieren alternative Listen, die viel mehr Opfer ausweisen.

Lange blieb eine Reaktion auf die Pandemie aus. Während die Nachbarstaaten Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan ihre Grenzen schlossen, Großveranstaltungen absagten, Schüler und Angestellte ins Home Office schickten, tat die tadschikische Regierung: fast nichts. Ein Grund für die lange Untätigkeit mag auch im schwachen Gesundheitssystem liegen.

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Ein Krankenhaus in der Autonomen Region Gorno-Badachschan. | Foto: Edda Schlager

Quarantäne & Massenveranstaltungen

Laut Medienberichten wurden zwischen Februar und April fast 11.000 Menschen unter Quarantäne gestellt, allerdings kaum Tests durchgeführt. Neben den Quarantänemaßnahmen haben die tadschikischen Behörden u.a. Busfahrer dazu aufgefordert, Masken zu tragen. Ansonsten ging das Leben seinen gewohnten Gang.

Ende März wurde das Frühlingsfest Nauryz mit Massenveranstaltungen gefeiert. Präsident Emomalij Rachmon ließ es sich bei dieser Gelegenheit nicht entgehen, ein Bad in der Menge zu nehmen. Er schüttelte Hände, umarmte Besucher und küsste Kinder. Nach dem Ende der Frühlingsferien gingen die Schüler wieder zum Unterricht. Immerhin erhielt die nationale Fußballliga plötzlich weltweit Beachtung, da Tadschikistan als eines von nur fünf Ländern weltweit weiterhin Sportveranstaltungen zuließ.

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Nauryz in Chudschand 2020. | Foto: president.tj

Mittlerweile wurden zwar entsprechende Maßnahmen getroffen, um Corona einzudämmen, allerdings mit schwerwiegenden Folgen. Schüler und Studenten wurden bis September in die Ferien geschickt. Fernunterricht? Fehlanzeige. Arbeitsmigranten, die mit ihren Rücküberweisungen zu mehr als einem Drittel des Brutto-Sozial-Produkts beitragen, sitzen arbeitslos im Ausland oder eben in Tadschikistan fest. Im ärmsten Land der ehemaligen Sowjetunion kam es zu Hamsterkäufen besorgter Bürger, was die Lebensmittelpreise für Grundgüter wie Kartoffeln oder Zwiebeln nach oben schnellen ließ.

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Geplanter Machtwechsel?

Mit der Coronakrise ist es fraglich, ob nun wie geplantim Herbst die Präsidentschaftswahlen stattfinden können. Dabei gehen Experten davon aus, dass Rahmon in diesem Jahr die Machtübergabe an seinen Sohn Rustam Emomali geplant hatte.

Rustam Emomali hat in den vergangenen Jahren eine immer größere Rolle in der tadschikischen Politik übernommen. Er ist seit 2017 Bürgermeister von Duschanbe, am 17. April dieses Jahres wurde er zum Senatssprecher gewählt. Von dieser Position aus würde er laut Verfassung automatisch Präsident, sollte seinem Vater etwas passieren oder würde dieser zurücktreten. Zudem wurde bereits 2016 per Referendum das Mindestalter für das Präsidentenamt von 35 auf 30 Jahre herabgesetzt. Rustam ist heute 32.

Die Coronakrise, die eklatante Managementfehler der Regierung aufzeigt, wird im Wahlkampf nun von Rachmon instrumentalisiert. So werden Hilfslieferungen aus dem Ausland von den Staatsmedien als Spenden der Präsidentenfamilie ausgegeben. Anfang Mai berichtete das tadschikische Fernsehen zum Beispiel, dass eine Arzneimittelsendung aus Deutschland nur dank des Präsidenten in Tadschikistan angekommen sei. Dabei wurden die Medikamente mit Hilfe des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen nach Tadschikistan geliefert.

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Tadschikistan
Mit deutscher Hilfe werden Hilfsgüter in Tadschikistan verteilt (2008). | Foto: Edda Schlager

Repressives Regime

Die Unfähigkeit die Coronakrise zu managen, wird mit Repressionen überspielt. Vor allem in den vergangenen Jahren hat die Unterdrückung und Verfolgung von Opposiionellen und Journalisten extrem zugenommen.

Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine unabhängige Medien mehr im Land. Kritische Journalisten werden verfolgt, inhaftiert und attakiert. Der Journalist Abdulloh Ghurbati, der für die unabhängige Nachrichtenagentur ASIA-Plus arbeiet, wurde allein im Mai zwei Mal angegriffen. Reporter ohne Grenzen listet Tadschikistan in der im April erschienenen Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 161 von 180.

Abdulloh Ghurbati, a 23-year-old reporter for the Asia-Plus news agency says he was attacked and beaten by unknown assailants. https://t.co/nQqbh6v1SB.

— PEN America (@PENamerica) May 13, 2020

Auch die politische Opposition erlebt schiwerige Zeiten. 2015 wurde die größte Oppositionspartei, die Islamische Partei der Wiedergeburt Tadschikistans (IRPT), verboten und aus dem Parlament geschmissen. Das war vor allem deshalb ein extremer Schritt, da damit der Friedensvertrag nach dem Bürgerkrieg von Rachmon praktisch aufgekündigt wurde.

Bürgerkrieg im jungen Tadschikistan

Der Bürkerkrieg, der von 1992 bis 1997 tobte, prägt das Land noch bis heute. Es ist ein nationales Trauma. Etliche Menschen, vor allem Anghörige anderer Nationalitäten wie zum Beispiel Russen oder Deutsche, flüchteten aus Tadschikistan. Für den heutigen Präsidenten Emomalij Rahmon ebnete der Bürgerkrieg jedoch de Weg an die Macht.

Nach der Unabhängigkeit Tadschikistans von der Sowjetunion wurde Rachmon Nabijew im Dezember 1991 zum ersten Präsidenten gewählt. Die neu gebildete Regierung bestand vor allem aus Vertretern der Regionen Chudschand und Kulob. Gegen die Regierung wandten sich Gruppen aus dem Osten anderen Regionen, insbesondere aus Gorno-Badachschan. Die Rebellen wurden von einer Mischung aus liberal-demokratischen Reformern und Islamisten angeführt, die später zur Vereinigten Tadschikischen Opposition formierten. Die Regierung wurde wiederum von russischen Soldaten und aus Usbekistan unterstützt.

Nabaijew wurde gefangen genommen und zum Rücktritt gezwungen. Wenig später starb er unter ungeklärten Umständen. An seine Stelle trat Rachmon, der damals noch Rachmonow hieß [ow – slaw. Endung]. Dieser hielt 1994 Präsidentschaftswahlen ab, die er haushoch gewann. Rachmon ist damit der am längsten regierende Staatschef in Zentralasien. 1997 wurde ein Friedenabkommen in Moskau unterzeichnet. Wie viele Tote es genau gab, ist bis heute nicht klar. Schätzungen gehen von 20.000 bis 100.000 Opfern aus.

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Keine Perspektiven

Die in der Sowjetunion erbaute Infrastruktur, die selbst abgelegenste Regionen mit dem Zentrum verband, wurde im Krieg zerstört und vielerorts bis heute nicht wieder errichtet. Für die Regierung ist der Bürgerkrieg oft eine willkommene Ausrede dafür, warum im Land vieles nicht rund läuft. Korruption und Drogenschmuggel aus dem benachbarten Afghanistan sind an der Tagesordnung.

Junge Leute verlassen Tadschikistan, weil sie kaum Perspektiven für sich sehen. Als Arbeitsmigranten schuften sie in Russland, Kasachstan oder Usbekistan – unter wiedrigsten Bedingungen. Andere wenden sich extremistischen Organisationen wie dem “Islamischen Staat” zu. Dieser reklamierte im Sommer 2018 einen Anschlag auf eine Gruppe ausländische Radfahrer für sich.

Erst kürzlich wurden vier Männer aus Tadschikistan festgenommen, weil sie zum IS gehören und einen Terroranschlag geplant haben sollen.

Tadschikistan
Ein afghanischer Händler auf dem Basar in Ishkashim in Gorno-Badakhshan. | Foto: Edda Schlager

Einfluss aus China wächst

Als eines der ärmsten Länder Asiens ist Tadschikistan von ausländischen Geldgebern abhängig. Dazu gehören westliche Organisationen und Staaten, aber auch der große Nachbar China. In den vergangenen zehn Jahren hat Peking Tadschikistan etwa 1,5 Milliarden US-Dollar geliehen. Mit dem Geld wurden Schulen, Straßen und Tunnel gebaut. Allerdings besteht somit fast die Hälfte der gesamten Auslandsverschuldung Tadschikistans gegenüber China.

Um die Schulden zu bezahlen, vergibt man zum Beispiel Abbaulizenzen. So hat sich eine chinesische Firma bereits die Abbaulizenzen für zwei Goldminen gesichert – für die nächsten 30 Jahre. Eine der Lizenzen gab es im Austausch für den Bau eines Wärmekraftwerks in der Hauptstadt Duschanbe. Ein weiteres Unternehmen hat sich die Rechte zur Erschließung eines großen Silbervorkommens in der Nähe von Murgab gesichert. Einige Experten warnen bereits davor, dass der Einfluss Chinas nicht bei Rohstoffen aufhört. Peking hat bereits mehrere Militärposten an der tadschikisch-afghanischen Grenze errichtet.

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Touristisches Potenzial

Wir hoffen, dass Tadschikistan die Krise halbwegs gut übersteht und wir nach der Krise wieder nach Tadschikistan reisen können. Denn für Touristen hat das Land einiges zu bieten, zum Beispiel eine Reise auf dem Pamir-Highway. Formate wie “Community Based Tourism” sind im Kommen. Anlaufstellen sind zum Beispiel die Pamirs Eco-Cultural Tourism Association oder die Zarafshan Tourism Development Association.

Edda hat über die tadschikische Hauptstadt den Architekturführer Duschanbe geschrieben. Dort schildert sie auch einige ihrer Erlebnisse in Tadschikistan – sicherlich ein guter Einstieg, um etwas mehr über das Land zu erfahren. Das Buch ist beim Verlag Dom Publishers erhältlich.

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Tadschikistan
Im Pamirgebirge. | Foto: Othmara Glas

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